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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2019, RV/7101675/2019

Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Gasse, B., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes B. Mödling vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Familienbeihilfe für das Kind X. A., geb. xxx, ab August 2018 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) Bf. reiste mit ihrem Sohn am  in Österreich ein. Am stellte die Bf. den Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfefür ihr Kind X. A., geb. xxx, ab der Einreise nach Österreich. Sie erklärte, dass Sie und ihr Sohn, die schwedische Staatbürgerschaft hätten, dass sie ledig sei und dass sie mit ihrem Sohn in B. wohne und sie Arbeitslosengeld beziehe.

Laut Behördenabfrage hatte die Bf. ihren Wohnsitz von - in der Straße 23 St. 2/8, B. (Wohnsitz des Gatten seit ), von  - in der CGasse 10, in B., von bis wieder in der oa. Straße und ab in der Gasse, B..
Ihr Sohn A. und der Kindesvater wohnen ebenfalls seit an diesem Wohnsitz (Gasse).

Laut der Bestätigung vom ist ihr Kind in B. für einen Kindergartenplatz angemeldet.

Die Bf. und ihr Sohn haben eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen und Schweizer Bürger/innen gemäß dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vom .

Das Finanzamt ersuchte die Bf. mit Ergänzungsvorhalt um Vorlage folgender Unterlagen:
(Kopien genügen, sofern nicht ausdrücklich ein Original verlangt wird)
Übersetzung der schwedischen Nachweise (von Skatteverket und von
Fösäringskassan).
Staatsbügerschaftsnachweis bzw. Bescheid über Verleihung der Staatsbürgerschaft
für Sie und das Kind.
Geburtsurkunde Kind.
Bitte um Nachweis der AMS Bezüge in Schweden.
Einkommensnachweis Familie,
Kindergartenbestätigung für Kind.
Vorlage Mietverträge ab Feber 2018 und Nachweis Mietezahlungen 2018.
Abmeldenachweis der Meldebehörde in Schweden.
Nachweis, dass kein bzw. für welchen Zeitraum Anspruch auf eine der österr. Familienbeihilfe gleichzusetzenden ausländische Beihilfe bestand/besteht.

Weiters ersuchte das Finanzamt die Bf. um schriftliche Stellungnahme: wie lange der Aufenthalt in Österreich geplant sei und wie die Bf. den Lebensunterhalt der Familie bestreite.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Familienbeihilfe für ihr Kind X. A., geb. xxx, ab Aug. 2018, ab.

Begründend führte das Finanzamt aus:
"Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 2 Abs. 8 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich haben.
Da Sie trotz Aufforderung der abverlangten Unterlagen diese nicht eingebracht haben und dadurch ihre Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sind, muss angenommen werden, dass im oben genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat bzw. besteht."

Die Bf. brachte gegen den Bescheid Beschwerde ein und führte aus:

"Die Begründung war dass ich trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht haben. Ich hatte einen Brief nach Hause erhalten, in dem ich die Daten melden würde. Ich habe das Finanzamt einen Tag vor dem angegebenen Termin besucht und die Unterlagen zur Verfügung gestellt.
Ich bin nach Österreich umgezogen, weil der Vater meines Kindes in Österreich lebt. Wir leben derzeit im selben Haushalt, sind aber nicht miteinander verheiratet. Ich lebe und arbeite hier seit dem 4. August, aber momentan bekomme ich Arbeitslosengeld von AMS in Österreich.
Ich habe keinen Mietvertrag weil wir momentan zusammen mit den Großeltern meines Sohnes leben in dem gleichen Haushalt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass ich seit sechs Jahren bei der AMS in Schweden gearbeitet habe. Ich lege meinen Arbeitsvertrag ohne Übersetzung bei, obwohl ich diesen nicht vorlegen muss.
Ich werde die ganzen Unterlagen wieder bei der Finanzamt übergeben, obwohl ich alle Dokumente einmal hinterlassen habe.
* Formular E-104 auf Schwedisch mit deutscher Übersetzung.
- Das Formular ist in ganz Europa gültig. Ich lege aber eine deutsche Kopie bei (von Krankenkassen Website).
* Geburtsurkunde haben wir in Schweden nicht. Deswegen lege ich was wir im Schweden haben bzw. EXRACT OF THE POPULATION REGISTER
* Informationen der Schwedischen Steuerbehörde, dass wir dort nicht mehr wohnen.
Ich lebe in Österreich weil der Vater meines Sohnes ihn Österreich lebt. Deswegen habe ich mich entschieden in Österreich zu leben bzw. auch in der Zukunft werde ich in Österreich leben."

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder, Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz
oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige
Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf
ausgebildet werden.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, Anspruch nur dann auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben und sich die Kinder ständig im
Bundesgebiet aufhalten. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem
Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Hinsichtlich des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen" treten nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen hinter die persönlichen Bindungen eindeutig zurück.
Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt somit in der Regel eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu. Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt.
Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in einer Person liegenden Gründen auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bestehen im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebt.
Sie sind laut Ihren Angaben im August 2018 mit Ihrem Sohn A. nach Österreich
eingereist, seit September 2018 mit Hauptwohnsitz in B., CGasse 10/2/3
gemeldet.
Sie beziehen derzeit seit Arbeitslosengeld, davor waren Sie 14 Tage bei der
Firma Z. in Wiener Neustadt beschäftigt.
Der Kindesvater X. L. war im Jahr 2018 geringfügig in Österreich beschäftigt,
danach als arbeitsuchend gemeldet, ab ist er bei der Firma H. und
K. GmbH in Dorf tätig.
Sie beziehen daher in Österreich durch Erwerbstätigkeit kein den Familienunterhalt
gewährleistendes Einkommen. Ihr Leben finanzieren Sie überwiegend aus
Transferleistungen. Von einer wirtschaftlichen Verfestigung in Österreich kann daher nicht gesprochen werden.
Sie haben keine eigene Wohnung in Österreich, sondern leben in der Wohnung der Großeltern Ihres Sohnes. Es ergibt sich aus der Aktenlage kein Hinweis, dass die sozialen Kontakte nach Österreich verlagert wurden.
Allein der Wunsch in Österreich zu leben, reicht als Nachweis, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland liegt nicht aus.
Fehlt es aber am Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet, so steht § 2 Abs 8 FLAG 1967 einem Familienbeihilfenanspruch entgegen.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Die Bf. stellte den Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht:

Die Bf. führte unter Hinweis auf ihre Beschwerde und nach Wiederholung der Ausführungen in der abweisenden Beschwerdevorentscheidung ergänzend aus:

"Die Abweisung meiner Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung erfolgte zu
Unrecht, denn entgegen der Behauptung der Behörde lebe ich seit in
Österreich, habe meinen Lebensmittelpunkt in Österreich begründet und meine
sozialen Kontakte nach Österreich verlagert.
Die Behörde bergründet das Nichtvorliegen des Lebensmittelpunktes in Österreich
unter anderem damit, dass ich keine eigene Wohnung in Österreich habe, sondern in
der Wohnung der Großeltern meines Sohnes lebe. Diese Begründung geht völlig ins
Leere bzw. verdeutlicht ganz im Gegenteil meine persönlich starke Verfestigung zu
dem Ort, an dem ich mit meiner Familie zusammenlebe.
Es ist zwar richtig, dass ich kein durch Erwerbstätigkeit den Familienunterhalt
gewährleistendes Einkommen, sondern dzt. arbeitslosenversicherungsrechtliche
Leistungen beziehe. Aus der höchstgerichtlichen Judikatur geht jedoch klar hervor,
dass die wirtschaftlichen Beziehungen eine untergeordnete Rolle spielen und hinter
die persönlichen Bindungen zurücktreten.
Es gibt keine gesetzliche Definition zum Lebensmittelpunkt selbst, er ist aber
jedenfalls „der Mittelpunkt der Lebensinteressen“, also im wörtlichen Sinne „der
Mittelpunkt und Zentrum des persönlichen Lebens, der Existenz“. Der
Lebensmittelpunkt ist jedenfalls mehr, als das Vorhandensein einer
Hauptwohnsitzmeldung oder das Vorhandensein einer eigenen Wohnung und/oder
Vorliegen der österreichischen Staatsbürgerschaft. Für die Annahme eines
Lebensmittelpunktes ist eine Gesamtabwägung erforderlich: Es kommt auf „enge
persönliche und wirtschaftliche Beziehungen“ an. Der VwGH stellt sogar die
Bedeutung der persönlichen Beziehungen über jene der wirtschaftlichen. Aus der
höchstgerichtlichen Judikatur ergibt sich zudem:
„Ob Letzteres der Fall ist, lässt sich nur aus einer kombinierten Betrachtung von
objektiven und subjektiven Kriterien beurteilen: ,Die Festlegung des
Hauptwohnsitzes soll aus einer Kombination von objektiven und subjektiven
Kriterien erfolgen‘. In subjektiver Hinsicht erfordert die Aufrechterhaltung des
Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet die Beibehaltung des "animus domiciliandi",
also der Absicht des Verleihungswerbers, den Lebensmittelpunkt in Österreich zu haben. Wird ein solcher Wille aufgegeben, vermag auch das Fortbestehen von Lebensbeziehungen zu Österreich einen Hauptwohnsitz im Inland nicht aufrecht zu erhalten. Umgekehrt reicht der bloße Wille, seinen Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet zu erhalten, oder die Absicht, (irgendwann) nach Österreich zurückzukehren, zur Beibehaltung eines Hauptwohnsitzes nicht aus, wenn objektive Anknüpfungspunkte für einen solchen in Österreich nicht (mehr) gegeben sind (vgl. dazu ).
"Der Mittelpunkt der Lebensinteressen einer Person richtet sich also danach, zu welchem Staat sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat. Für die Beantwortung dieser Frage sind sowohl der subjektive Gesichtspunkt der Absicht einer Person, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in einem bestimmten Staat zu begründen, als auch die dafür sprechenden objektiven Umstände entscheidend. Dabei muss sich aber auch der subjektive Gesichtspunkt der Absicht einer Person, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in einem bestimmten Staat zu begründen, anhand objektiver Umstände verifizieren lassen, also aus unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen sein (vgl. dazu Erkenntnis des )“.
In meinem Antrag und der Beschwerde habe ich ausreichend dargelegt, dass ich den Mittelpunkt meiner Lebensinteressen in Österreich begründet habe und die Absicht habe, diesen beizubehalten. Diese subjektive Absicht lässt sich vor allem anhand durch die in der Beschwerde angeführten objektiven Umstände ausreichend verifizieren. Dabei sprechen insbesondere die dargelegten verwandtschaftlichen Beziehungen (Großeltern, Lebensgefährte, Kind im gemeinsamen Haushalt) eindeutig für ein Überwiegen der persönlichen Beziehungen zu Österreich.
Da ich den Mittelpunkt meiner Lebensinteressen in Österreich habe und das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für einen Beihilfenanspruch unstrittig sind, ersuche ich mir die Familienbeihilfe durch Entscheidung des Bundesfinanzgerichts antragsgemäß zu gewähren.
Ich beantrage eine mündliche Verhandlung und/oder die Entscheidung durch den Senat."

Die Bf. legte dem Bundesfinanzgericht Folgende Unterlagen vor:

eine Kopien der schwedischen Pässe,
Hauptmietvertrag betreffend die Wohnung in der Straße 23/2/8, Hauptmieter L. X.,
Überlassungsmitteilung nach § 13 AÜG, betreffend L. X.,
Anmeldebescheinigung für EWR-Bürgerinnen... betreffend A. X.
Anmeldebescheinigung Bf.,
Extract of the Population Register, A. X.
E 104
Pass von A. X..

Die Bf. führte in der mündlichen Verhandlung aus, dass der Kindesvater im Jahr 2018 und 2019 gearbeitet habe und nicht nur gering angestellt gewesen sei.
Sie legte eine Überlassungsmitteilung gemäß § 12 Abs. 1 AÜG, betreffend einen Überlassungslohn in Höhe von € 9,6 pro Stunde vor.

Die Bf. führte weiters aus,
- dass sie seit Mai 2019 eine eigene Gemeindewohnung hätten und bis dahin in der Wohnung der Eltern des Kindesvaters in Österreich gelebt hätten,
- dass ihre Eltern in Schweden lebten;
- dass sie und ihre Eltern am  in Schweden ein Aufenthaltsvisum bekommen hätten;
- dass ihr nunmehriger Bezug zu Armenien nur noch darin bestehe, dass sie den Urlaub in Armenien verbringen würde;
- dass ihr Kind seit den Kindergarten in B.besuche;
- dass es für das Kind einen Mutter-Kind-Pass gäbe.

Sie habe 2 Sprachkurse absolviert und legte das Zeugnis zur Integrationsprüfung vor. Den Kurs A1 habe sie im Jahr 2018, den Kurs B1 im Jahr 2019 absolviert.

Laut dem vorliegenden Sozialversicherungsauszug ist die Bf. seit  bis laufend als arbeitslos gemeldet.

Lt. vorgelegtem Schreiben der Swedish Tax Agency ist die Bf. am xxx emigriert.

Die Bf. gibt weiters an, dass sie keinerlei Beziehungen (Finanzamt, Versicherung) mehr mit Schweden habe, nur noch ihre Eltern im Urlaub in Schweden besuchen würde.
Sie und ihr Kind hielten sich laufend in Österreich auf und die Urlaube in Schweden und Armenien würden höchstens ein bis zwei Wochen dauern.

Der Kindesvater führte zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen aus, dass er bis Frühjahr 2019 von seiner Familie unterstützt worden sei. Derzeit verdiene er monatlich brutto € 1.600,00.

Die Bf. führte abschließend aus, dass sie in Österreich ihre Zukunft sehe. Sie habe in Schweden ihren Job aufgegeben und keinerlei Bezug mehr zu Schweden.

Die FA-Vertreterin führte aus, dass keine Zweifel bestünden, dass das Kind sich in Österreich aufhält und den Kindergarten besucht.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde zu legen ist, ergibt sich aus den im Akt aufliegenden Unterlagen, den Feststellungen des Finanzamtes, den Beschwerdeausführungen und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung:

Die Beschwerdeführerin (Bf.) Bf. reiste mit ihrem Sohn am  in Österreich ein.
Am stellte die Bf. den Antrag auf Zuerkennung von Familienbeihilfe für ihr Kind  X. A., geb. xxx, ab der Einreise nach Österreich am .

Die Bf. ist am XX.XX.1987 in Armenien geboren.
Die Bf. und ihre Eltern haben im Jahr 1999 in Schweden ein Aufenthaltsvisum erhalten.
Ihr Sohn ist am xxx in Schweden geboren.
Die Bf. und ihr Sohn haben die schwedische Staatsangehörigkeit.
Die Eltern der Bf. leben in Schweden.

Laut vorgelegten Schreiben des Swedish Tax Agency ist die Bf. am xxx aus Schweden ausgereist.

Die Bf. ist ledig.
Derzeit bezieht die Bf. Arbeitslosengeld. Davor war sie vom bis bei einer Firma in Wr. Neustadt beschäftigt.

Laut Behördenabfrage hatte die Bf. ihren Wohnsitz von 05.02.1018 - in der Straße 23 St. 2/8 (Wohnsitz des Gatten seit ), von  - in der CGasse 10, von bis wieder in der oa. Straße und ab in der Gasse.

Ihr Sohn A. und der Kindesvater wohnen ebenfalls seit in dieser Wohnung.

Laut dem vorgelegten Mietvertrag ist der Kindesvater Hauptmieter der Wohnung in der Gasse.

Der Vater des Kindes X. L. ist am XX.XX.1985 in Armenien geboren.
Laut Auszug des Zentralen Melderegister hat er in Österreich seit 2000 seinen Hauptwohnsitz an verschiedenen Adressen in B..
Die Eltern des Kindesvaters leben in Österreich.

Der Kindesvater ist in Österreich laut der vorgelegten "Überlassungsmitteilung nach § 12 AÜG"  seit bei der C. GmbH beschäftigt, vorher hat er ab bei der Firma H. und K. GmbH in Dorf gearbeitet.

Laut Ausführungen des Kindesvaters ist er die Zeit davor von seiner Familie unterstützt worden.

Das Kind ist laut der Bestätigung vom in B. in einen Kindergarten angemeldet.

Laut vorgelegtem Mutter-Kind-Pass fand am eine Kontrolluntersuchung statt.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen für Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen Wohnsitz haben, haben gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ab August 2018 ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 in Österreich hatte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen iSd § 2 Abs. 8 FLAG haben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden. Der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person wird regelmäßig am Ort des Aufenthaltes ihrer Familie zu finden sein. Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindungen zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus. Bei von der Familie getrennter Haushaltsführung kommt es auf die Umstände der Lebensführung, wie etwa eine eigene Wohnung, einen selbständigen Haushalt, gesellschaftliche Bindungen, aber auch auf den Pflichtenkreis einer Person und hier insbesondere auf ihre objektive und subjektive Beziehung zu diesem an (ständige Rechtsprechung seit ).

In seinem Erkenntnis vom , 93/16/0138, vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass im Falle des Vorliegens mehrerer Wohnsitze der Mittelpunkt der Lebensinteressen bei einer verheirateten Person regelmäßig am Orte des Aufenthaltes der Familie zu finden sein wird (vgl. dazu z.B. ; , 88/16/0229; , 88/16/0068; , 86/16/0198 und , 83/16/0177), wobei es auf die gemeinsame Haushaltsführung ankommt (vgl. ).

Bei verheirateten Personen, die einen gemeinsamen Haushalt führen, besteht die stärkste persönliche Beziehung in der Regel zu dem Ort, an dem sie mit ihrer Familie leben. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen könnte auch dann in Österreich liegen, wenn die Absicht bestünde, Österreich nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen. Ein Zuzug für immer ist nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2008/13/0218). Diese Annahme setzt allerdings im Regelfall die Führung eines gemeinsamen Haushaltes sowie das Fehlen ausschlaggebender und stärkerer Bindung zu einem anderen Ort, etwa aus beruflichen oder gesellschaftlichen Gründen, voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0325).

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Unstrittig ist, dass die Bf. im Streitzeitraum nur einen Wohnsitz und zwar in B. bei Wien hatte und diesen mit ihrem Sohn und dem Kindesvater bewohnte.

Bei Bestimmung des Mittelpunktes der Lebensinteressen kommt es auf persönliche und wirtschaftliche Beziehungen an. Die persönlichen Beziehungen schlagen sich insbesondere in der Gestaltung des Familienlebens sowie in gesellschaftlichen, religiösen und sozialen Interessen und Aktivitäten nieder.

Der Kindesvater und die Bf. sind beide in Armenien geboren, das gemeinsame Kind ist in Schweden geboren.

Der Kindesvater hat die armenischer Staatsangehörigkeit, er hat seinen Hauptwohnsitz seit 2000 in Österreich und ist in Österreich beschäftigt. Er wohnte in Österreich bei seinen Großeltern.

Die Bf. ist im Jahr 1999 nach Schweden zugezogen und hat die schwedische Staatsangehörigkeit. Das gemeinsame Kind ist am xxx in Schweden geboren und hat ebenfalls die schwedische Staatsbürgerschaft. Die Bf. hat mit ihrem Kind in Schweden gewohnt.

Die Bf. ist 2018 mit dem gemeinsame Kind zu dem Kindesvater, der schon seit 2000 in Österreich wohnt, gezogen, um in einem gemeinsamen Familienhaushalt zu wohnen.

Eine persönliche Beziehung der Bf. zu Schweden, die noch aufrecht ist, wurde von der Bf. nicht erwähnt und ist auch aus dem Vorgebrachten nicht erkennbar.

Eine persönliche Beziehung des Kindesvaters zu Österreich lässt sich auf Grund des doch schon langen Aufenthaltes in Österreich ableiten. Auch das Bewohnen der Wohnung der Großeltern in B. lässt auf eine familiäre Bindung in Österreich schließen.

Dass die Bf. zu dem Kindesvater nach Österreich gezogen ist, spricht - der Rechtsprechung folgend - für die Begründung des Familienwohnsitzes und des Lebensmittelpunktes in Österreich. Die Bf., das Kind und der Kindesvater führen einen gemeinsamen Haushalt, eine anderweitige Bindung zu einem anderen Ort ist für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar. Eine Befristung des Aufenthaltes liegt nicht vor.

Die von der Rechtsprechung vorausgesetzte subjektive Absicht in Österreich den Mittelpunkt der Lebensinteressen zu begründen, lässt sich vor allem anhand der in der mündlichen Verhandlung ausgeführten Stellungnahme ausreichend verifizieren. Dabei sprechen insbesondere die dargelegten verwandtschaftlichen Beziehungen, die Familie des Kindesvaters und der Kindesvater leben seit fast 20 Jahren in Österreich. (vgl. dazu ).

Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde und im Vorlageantrag betont, dass sie stets die Absicht gehabt hat, den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich zu begründen.

Wirtschaftliche Beziehungen der Beschwerdeführerin zu Armenien oder Schweden waren seit der Einreise nach Österreich nicht mehr gegeben.

Dafür, dass die stärkeren persönlichen Beziehungen nicht zu Österreich, sondern zu Schweden oder Armenien bestanden hätten, sprechen nach freier Beweiswürdigung keinerlei Gründe.

Die Bf. und ihr Kind sind in Österreich gemeldet, sie ist in Österreich versichert, das Kind geht in Österreich in den Kindergarten.

Da die Beschwerdeführerin somit ausreichend dargetan hat, dass sie im beschwerdegegenständlichen Zeitraum den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich hatte und hat, und das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen für einen Beihilfenanspruch ab August 2018 unstrittig ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Beschwerde war stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Wien, am

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