Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.11.2019, RV/7103766/2014

Gebührenschuldner, an den kein Bescheid gerichtet wurde, ist nicht beschwerdelegitimiert

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache VORNAME FAMILIENNAME-NEU (vormals VORNAME FAMILIENNAME-ALT), Adresse, vertreten durch Mag. RÄ, ADRESSE2, gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr.*** betreffend Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG und Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen. 

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensablauf

Amtlicher Befund vom  

Am langte ein vom Verwaltungsgerichtshof aufgenommener Befund vom beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (kurz FA) ein, dass für die am eingebrachte Verwaltungsgerichtshofbeschwerde der Frau VORNAME FAMILIENNAME-ALT (nunmehr VORNAME FAMILIENNAME-NEU, kurz Bf.), vertreten durch Rechtsanwältin Mag. RÄ (kurz Rechtsanwältin) gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates Steiermark  Zl*** vom keine Gebühr entrichtet worden sei.

Gebührenbescheid und Bescheid über Gebührenerhöhung vom  

In der Folge erließ das Finanzamt am gegenüber der Rechtsanwältin für die oben angeführte Beschwerde einen Gebührenbescheid und einen Bescheid über eine Gebührenerhöhung und setzte

1. eine Gebühr gemäß § 24 Abs. 3 VwGG in Höhe von € 240,00 und

2. eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 1 GebG in Höhe von € 120,00 (50% der nicht entrichteten Gebühr) fest. 

Die Bescheide enthalten folgende Begründungen:

1. Gebührenbescheid: 

"Die Festsetzung erfolgt, weil die Gebühr nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde. 

Nach § 13 Abs. 3 GebG ist zur Entrichtung der festen Gebühren zur ungeteilten Hand mit den im § 13 Abs. 1 GebG genannten Personen verpflichtet, wer im Namen eines anderen Eingaben oder Beilagen überreicht oder gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder Protokolle oder Amtshandlunge veranlasst."

2. Bescheid über eine Gebührenerhöhung: 

"Wird eine feste Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 vH der verkürzten Gebühr zu erheben."

Beschwerde vom  

Dagegen wurde eine Beschwerde eingebracht, in der im Rubrum als Beschwerdeführer sowohl die Bf. als auch die Rechtsanwältin mit Namen und Adresse anführt werden und sodann „vertreten durch Mag. RÄ, … “.

Auch am Ende des Schriftsatzes werden sowohl der Name der Bf, als auch jener der Rechtsanwältin angeführt.

Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des Gebührenbescheides.  Der Bescheid sei rechtsgrundlos erstellt worden. Die Bf. habe die Pauschalgebühr in Höhe von € 240,00 am 30.122013 auf das Konto des VwGH unter dem Verwendungszweck „Zahl***“ zur Überweisung gebracht. Diese Überweisung sei aufgrund der Aufforderung des VwGH auf dessen Konto erfolgt.

Zum Beweis wurden Kopien des Überweisungsbeleges und des Aufforderungsschreibens des VwGH vorgelegt. 

Beschwerdevorentscheidung an die Bf. vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde der Bf. mit folgender Begründung zurückgewiesen.

"Die Zurückweisung erfolgte, weil die Eingabe aus folgenden Gründen nicht zulässig ist:
Da der Bescheid nicht an Sie (FAMILIENNAME-ALT VORNAME) erging, war Ihre Beschwerde mangels Aktivlegitimation unzulässig und daher gem. § 260 BAO zurückzuweisen.

Die bereits entrichtete feste Gebühr in der Höhe von € 240,00 wird auf dem Abgabenkonto gutgeschrieben.“

Vorlageantrag der Bf. und der Rechtsanwältin vom

Im Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde ergänzend ausgeführt, dass der Beschwerde eindeutig zu entnehmen sei, dass als Beschwerdeführerin auch RÄ, Rechtsanwältin angeführt sei. Dass beide Beschwerdeführer durch die Rechtsanwältin RÄ vertreten sind, rechtfertige die Zurückweisung nicht.

weiteres Verfahren mit der Rechtsanwältin

Am erließ das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung an die Rechtsanwältin. Im der Folge brachte die Rechtsanwältin am ebenfalls einen Vorlageantrag ein.

Vorlagen der Beschwerden an das BFG

Mit Vorlageberichten vom legte das Finanzamt die  Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Übergang der Zuständigkeit auf die Gerichtsabteilung 1062

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom nahm der Geschäftsverteilungsausschuss (ua) die gegenständlichen Rechtssachen gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der Gerichtsabteilung 1080 ab und wurden diese der Gerichtsabteilung 1062 zur Erledigung zugewiesen. 

Beweiserhebung durch das BFG

Von der nunmehr zuständigen Richterin wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die elektronisch vom Finanzamt vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ErfNr.***.

Dadurch konnten die oben angeführten Feststellungen über den Sachverhalt und den Verfahrensablauf getroffen werden.

II. Rechtslage und Erwägungen

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt idR durch Zustellung. Nach der Judikatur ist der Adressat namentlich zu nennen (vgl. ) und gehört das Adressfeld zum Bescheidspruch (vgl. zB ).

Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

Gemäß § 257 Abs. 1 BAO kann einer Bescheidbeschwerde, über die noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist, beitreten, wer nach Abgabenvorschriften für die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Abgabe als Gesamtschuldner oder als Haftungspflichtiger in Betracht kommt. Wer einer Beschwerde beigetreten ist, kann gemäß § 257 Abs. 2 BAO die gleichen Rechte geltend machen, die dem Beschwerdeführer zustehen.

§ 6 Abs. 1 BAO bestimmt, dass Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB) sind.

Nach § 13 Abs. 1 GebG sind zur Entrichtung der Stempelgebühren verpflichtet:

1. bei Eingaben, deren Beilagen und den die Eingaben vertretenden Protokollen sowie sonstigen gebührenpflichtigen Protokollen derjenige, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht oder das Protokoll verfasst wird;

2. bei amtlichen Ausfertigungen und Zeugnissen derjenige, für den oder in dessen Interesse diese ausgestellt werden;

3. bei Amtshandlungen derjenige, in dessen Interesse die Amtshandlung erfolgt.

Trifft die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelgebühr zwei oder mehrere Personenen, so sind sie nach § 13 Abs. 2 GebG zur ungeteilten Hand verpflichtet.

Nach § 13 Abs. 3 GebG ist weiters zur Entrichtung der Stempelgebühren zur ungeteilten Hand verpflichtet, wer im Namen eines anderen eine Eingabe oder Beilage überreicht oder eine gebührenpflichtige amtliche Ausfertigung oder ein Protokoll oder eine Amtshandlung veranlasst.

Auch bei Gesamtschuldverhältnissen ist nur der in Anspruch genommene Gesamtschuldner bzw. der in Anspruch genommene Haftungspflichtige zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde berechtigt. Noch nicht herangezogene Gesamtschuldner oder Haftungspflichtige sind nicht beschwerdebefugt, sondern allenfalls gem. § 257 beitrittsberechtigt (vgl. Ritz, BAO6, § 246 Tz 5 unter Hinweis auf ; , 92/13/0016; , 2001/16/0253).

Aus dem Beitrittsrecht lässt sich nicht das Recht ableiten, das Rechtsmittel selbst zu ergreifen (vgl. Ritz, BAO6, § 257 Tz 9 unter Hinweis auf ).

Bringt der Beitrittsberechtigte im eigenen Namen eine Bescheidbeschwerde ein, so ist dies nicht als Beitrittserklärung anzusehen (; , 94/17/0320, 0321; , 2005/17/0077), eine solche Beschwerde wäre gem. § 260 Abs. 1 lit. a zurückzuweisen (vgl. Ritz, BAO6, § 258 Tz 2).

Nach § 258 Abs. 1 BAO ist der Beitritt bei der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu erklären. Es ist eine förmliche Prozesserklärung notwendig. Die bloße Anführung des Beitrittsberechtigten in der Bescheidbeschwerde bzw. im Vorlageantrag stellt keine Beitrittserklärung dar (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf VwGH 17.9.1192, 91/16/0094). Ein Vorlageantrag ist nicht als Beitrittserklärung zu verstehen (vgl. Ritz, BAO5, § 258 Tz 2 unter Hinweis auf ). Durch Beitritt (§ 257) wird auch der Beigetretene berechtigt, einen Vorlageantrag zu stellen (vgl. Ritz, BAO6, § 264 Tz 2 unter Hinweis auf ).

§ 260 Abs. 1 BAO sieht vor, dass eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§262) oder mit Beschluss (278) zurückzuweisen ist, wenn sie

a) nicht zulässig oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Ist zweifelhaft, wem ein Anbringen zuzurechnen ist, ist die Behörde zu entsprechenden Ermittlungen verpflichtet (vgl. ).

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Parteienvertreter, der eine Berufung gegen einen Bescheid einbringt, dies im Namen jener Person tut, die zur Erhebung der Berufung legitimiert ist. Wenn der Parteienvertreter zweifelsfrei namens einer nicht legitimierten Person tätig wird, erübrigt sich eine Klarstellung und die Berufung ist ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall ist aus der Gestaltung des Beschwerdeschriftsatzes eindeutig zu erkennen, dass die Beschwerde von der Rechtsanwältin nicht nur im eigenen Namen sondern auch als Vertreterin der Bf. eingebracht wurde. Auch im Vorlageantrag vom wurde ausdrücklich ausgeführt, dass die Beschwerde für zwei Beschwerdeführerinnen eingebracht wurde.

Da der Bescheid vom Finanzamt an die Rechtsanwältin persönlich adressiert war (als Gebührenschuldnerin iSd § 13 Abs. 3 GebG), war nur diese und nicht auch die Bf.  rechtsmittellegitimiert.

Die von der Bf. eingebrachte Bescheidbeschwerde ist daher mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Bemerkt wird, dass über die Beschwerde der Rechtsanwältin unter der Geschäftszahl RV/7103765/2014 entschieden wird.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Entscheidungswesentlich war hier die Lösung der Fragen, an wen der angefochtene Bescheid gerichtet war und von wem die Beschwerde eingebracht wurde. Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ua. ), dass ein von einem hiezu nicht Legitimierten eingebrachtes Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103766.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at