Maßnahmenbeschwerde, Durchsuchung PKW
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/17/0008. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. H.K in der Beschwerdesache M.S., J, Slo, vertreten durch Dr. P.L, MMag. D.P., Rechtsanwälte, K.Str 8/4, 12df H.H, über die Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1.) Maßnahmenbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG:
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) erhob mit Schriftsatz vom an das Bundesfinanzgericht eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs 1 Z 2 B-VG wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und der Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten und einfachgesetzlichen Rechten.
Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, dass er am im Zuge einer Glückspielkontrolle bei der A. GmbH in KL von der Landespolizeidirektion B in der Nähe der V.Str 90 in KL (gemeint: am Parkplatz vor dem Geschäftslokal in der V.Str) angetroffen und durchsucht worden sei.
Dabei hätten Organe der Finanzpolizei, Team Nr.1, den vom Bf. gehaltenen PKW durchsucht.
In der Folge sei er (angeblich) gemäß § 143 BAO als eine zur Auskunft verpflichtete Person einvernommen worden.
Zum Beweis dieses Vorbringens wurde die
- Niederschrift gemäß § 143 BAO über die Einvernahme vom vorgelegt,
- Einholung des Gegenstandsaktes der Landespolizeidirektion und des Finanzamtes G.St beantragt,
- sowie die Einvernahme aller an dieser Maßnahme beteiligten Personen als Zeugen beantragt.
Beantragt wurde, dem Finanzamt aufzutragen die Dienstnummern aller an der Amtshandlung (Durchsuchung des Fahrzeuges) anwesend gewesenen Personen, deren Namen und ladungsfähigen Adressen bekannt zu geben. Die Vorlage sämtlicher angefertigter Dokumentationen und Lichtbilder wurde verlangt. Begründet wurde die Beschwerde damit, dass die Durchsuchung des vom Bf. gehaltenen PKWs nicht zulässig gewesen sei. Es gebe keinen Grund für die Durchsuchung (Beschwerdegründe, Seite 3).
Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Fällung nachstehenden Erkenntnisses:
1. Die am von der Finanzpolizei für das Finanzamt erfolgte Durchsuchung des vom Bf. gehaltenen PKWs mit dem slowenischen Kennzeichen, Kennz., in der Nähe der V.Str 90 ist rechtswidrig gewesen.
2. Der Bund als Rechtsträger der belangten Behörde ist gemäß § 35 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 VwGVG ivm § 1 Z 2 und Z 2 VwG-AEV schuldig, dem Beschwerdeführer die Kosten für diese Maßnahmenbeschwerde im gesetzlichen und durch Verordnung festgesetzten Ausmaß (Schriftsatz- und allfälliger Verhandlungsaufwand; sowie Eingabegebühr) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Vorgelegt wurden die Kopie der Niederschrift gemäß § 143 BAO vom (Beginn der Amtshandlung: 17.05) über die ordnungspolitische Kontrolle und allgemeine Steueraufsichtsmaßnahme und Befragung des Bf. als Auskunftsperson im Beisein der Dolmetscherin für die Slowenische Sprache, Mag.a A.H.Lt, zu nachstehendem festgehaltenen Sachverhalt:
"Im Zuge einer Glückspielkontrolle am um 15:50 wurde Herr D.L in seinem PKW, Marke BVC I, Schwarz, Kennzeichen Kennz., Slowenisch, Zulassungsbesitzer, D.D.K, Vater, in der Nähe der V.Str 90, PLZ KL durch die LKA KL angetroffen und durchsucht. Im PKW auf dem Rücksitz in einem blauen A4-Ordner wurden verschiedene Briefe, betreffend der Firma G.GmbH, B.G 5, PLZ KL, aufgefunden. Aufgrund der Tatsache, dass im Rahmen dieser Kontrollen die oa Firma an der oa Firmenadresse zeitgleich durch die FinPol kontrolliert wurde, wird Herr D.L, geb. am TTMMJahr, slowenischer StA, zum Sachverhalt befragt, warum diese Briefe in seinem PKW liegen.
....."
In der Niederschrift wurde der Bf. im Beisein der Dolmetscherin zur A. Gmbh, zu seinem Verhältnis zu Herrn A.JÜ und dem Umstand, wie der Ordner mit Geschäftsbriefen der A. GmbH in sein Auto gelangt sei, befragt.
Der Bf. gab an, seinen Freund besuchen zu wollen. Wie der Ordner (mit Geschäftsbriefen an die GmbH) in sein Auto gelangt sei, könne er nicht sagen; der Ordner gehöre nicht ihm. Die Einvernahme erfolgte nach der NOVA Kontrolle und dauerte am von 17Uhr05 bis 18Uhr05.
2. Gegenschrift des Finanzamtes G.St vom :
Das Finanzamt führte in der Gegenschrift vom aus, dass im Zuge einer Schwerpunktaktion der PKW mit dem behördlichen Kennzeichen Kennz. durch Organe der Polizei (Landeskriminalamt) angehalten und eine Fahrzeug- und Lenkerkontrolle durchgeführt wurde. Laut Landeskriminalamt lagen Hinweise vor, wonach sich im Fahrzeug mit dem slowenischen Kennzeichen Kennz. Suchtgift befinden könnte. Dieser Verdacht konnte bei der Kontrolle durch Beamte des LKA nicht erhärtet werden.
Daraus ergebe sich, dass die Durchsuchung des Fahrzeuges keinesfalls in der Sphäre der Organe der Finanzpolizei gelegen sei. Die Beschwerde sei daher unbegründet.
Schriftlich wurde ausgeführt:
"Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass aufgrund des Inverkehrsbringens eines Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen der Verdacht der Übertretung nach § 82 Abs. 8 KFG im Raum stand, es wurde sohin das Tea1x hinzugezogen und in weiterer Folge durch dieses entsprechende NOVA-Ermittlungen aufgenommen. Im Rahmen dieser Erhebungen wurden neben der Durchführung einer ZMR-Abfrage Kopien der Lenker- und Fahrzeugpapiere angefertigt, diese sind der Gegenschrift als Anlage angeschlossen. Ein Verstoß gegen das Normverbrauchsabgabegesetz wurde hierbei nicht festgestellt."
Im Rahmen der durch Beamte des LKA B durchgeführten Kontrolle wurde auf der Rückbank des Fahrzeuges ein blauer Ordner mit an die A. GmbH adressierten Briefen gefunden. Aufgrund des Umstandes dass Organe der FinPol gerade bei der A. GmbH eine Kontrolle nach dem Glückspielgesetz durchgeführt haben, wurde der Bf. zu möglichen Verbindungen zu der kontrollierten GmbH als Auskunftsperson gemäß § 143 BAO befragt.
Der Gegenschrift wurden nachstehende Unterlagen in Kopie beigeschlossen:
- Erhebungsblatt NOVA der FinPol, , Uhrzeit: 15:50 am Parkplatz V.Str 90 ;
- Empfangsbestätigung über die Amtshandlung und über die Aushändigung eines Informationsblattes zur Kontrolle;
- Ablichtung slowenischen Reisepass und Führerschein des Bf.;
- Behördenabfrage aus dem Zentralen Melderegister.
Hiezu replizierte der Bf. schriftlich am :
"Bereits aus der erstatteten Gegenschrift des FA G.St zeigt sich die Begründetheit der verfahrensgegenständlichen Maßnahmenbeschwerde. So u.a. wenn sich aus der Gegenschrift klar ergibt, dass Organe der Finanzpolizei u.a. einen blauen Ordner durchsucht und in die an die G.GmbH adressierten Briefe Einsicht genommen haben."
3. Mitteilung der Landespolizeidirektion vom :
Die Landespolizeidirektion B teilte mit Schreiben vom zur Maßnahmenbeschwerde mit, dass das Fahrzeug des Bf. am in der V.Str 90 von Beamten des Landeskriminalamtes B unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 Z 3 iVm § 16 Abs. 2 Z 4 Sicherheitspolizeigesetz (Suchtmittelverdacht) durchsucht worden ist.
Der Bf. gab zu dieser Mitteilung am folgende Stellungnahme ab:
"Es mag sein, dass die Durchsuchung des Pkw zunächst durch Organe des LPD B auf der vermeintlichen Grundlage des SPG erfolgte. Wie sich aufgrund der Aktenvermerke zeigt, wäre aller Wahrscheinlichkeit nach auch diese Maßnahme über eine eingebrachte Maßnahmenbeschwerde als rechtswidrig erkannt worden, da die Voraussetzungen einer Durchsuchung nach dem SPG (im Aktenvermerk ist einzig von einem nicht näher genannten Hinweis auf angebliche Suchtmittel die Rede) offenkundig nicht vorgelegen sind.
Die Maßnahme gegen die sich die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde richtet, ist jedoch die Durchsuchung des PKW durch die Finanzpolizei. Die Durchsuchung des "blauen Ordners" durch Organe der Finanzpolizei hat ganz offenkundig nichts mit der Amtshandlung der LPD B wegen eines angeblichen Suchtgiftmitteldelikts zu tun und wurde dies von der belangten Behörde in der Gegenschrift auch nicht behauptet."
4. Mündlichen Verhandlung am und :
In der mündlichen Verhandlung vom gab der Finanzpolizist S.F als Zeuge befragt an, dass er und sein Kollege K.R am zur V.Str 90 in KL zwecks Durchführung einer NOVA Kontrolle des Bf. betreffend den PKW mit slowenischen Kennzeichen beordert wurden.
Als sie dort angekommen sind, wurde der PKW von Beamten des Landeskriminalamtes nach Suchtgift untersucht. Alle Türen waren geöffnet. Er sei von den Polizisten darauf aufmerksam gemacht worden, dass sich auf der Rücksitzbank ein Ordner mit Geschäftsbriefen der A. GmbH befindet, die für die Finanzpolizei möglicherweise interessant sein können.
Zum blauen Ordner führte der Zeuge aus, er habe diesen mit den teils geöffneten und nicht geöffneten Briefen durchgeblättert. Er und sein Kollege sind dann gemeinsam mit dem Bf. zu einer niederschriftlichen Einvernahme zum Einsatzort B.G gefahren, weil dort der Bürowagen gestanden ist. Zuvor hat er noch die Dolmetscherin Frau Mag.a A.H.Lt verständigt, damit auch sie zum B.G zwecks Übersetzung der Einvernahme komme.
Zur Nova Kontrolle gab der Zeuge an, dass der Kollege eine Wohnsitzabfrage nach dem Melderegister durchgeführt hat, welche negativ verlaufen war.
Der einschreitende Rechtsanwalt Dr. P.L verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass der Aktenvermerk des Zeugen S.F nachträglich erst am nach Erhebung der Maßnahmenbeschwerde vom angefertigt worden ist. Der Finanzpolizist hat nicht nur den blauen Ordner an sich genommen, sondern auch Briefe, die aus seiner Sicht von Bedeutung waren, zur Einvernahme am B.G mitgenommen.
In der mündlichen Verhandlung am gab Finanzpolizist K.R als Zeuge befragt an, dass er mit seinem Kollgen S.F in die V.Str 90 zwecks Durchführung einer NOVA Kontrolle gefahren sei. Er habe eine Wohnsitzabfrage betreffend den Bf. gemacht, welche negativ war. Dann habe ihm sein Kollege mitgeteilt, dass er einen blauen Ordner mit Geschäftsbriefen bekommen habe und gefragt, was er nun mit diesem machen soll. Er habe ihn auf den Einsatzleiter verwiesen. Danach seien beide zum B.G zur Einsatzleitung gefahren, um den Bf. im Beisein der Dolmetscherin zu befragen. Auf die Frage ob er Briefe geöffnet habe, gab er an, dass er keine Briefe geöffnet bzw. an sich genommen habe.
Die Zeugin ADir. R.Kl gab an, dass der Finanzpolizist S.F die Geschäftsbriefe zum Einsatzfahrzeug B.G mitgebracht hat. Man habe mit der Einvernahme des Bf. bis zum Eintreffen der Dolmetscherin um 17.05 Uhr gewartet. Er hat die Briefe und den blauen Ordner ihr gegeben. Sie habe die Briefe bis auf einen, eine Mahnung, nicht angeschaut. Während der Einvernahme haben die Kollegen die Briefe kopiert bzw. fotografiert.
Die Amtsvertreterin OR.DW. verwies auf die Gegenschrift zur Maßnahmenbeschwerde und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass die Finanzpolizei lediglich eine Kontrolle nach dem Kraftfahrzeuggesetz durchgeführt und in weiterer Folge den Bf. als Auskunftsperson befragt hat. Die Finanzpolizei habe das Fahrzeug des Bf. nicht durchsucht. Auf den von der Polizei im PKW vorgefundenen Unterlagen sei die Firmenanschrift des Unternehmens angebracht gewesen, welches gerade aufgrund einer anonymen Anzeige einer Kontrolle nach dem Glückspielgesetz unterzogen wurde. Der Bf. sei durch die Befragung nicht in seinen Rechten verletzt worden.
Der einschreitende Vertreter RA MMag. D.P. beantragte aufgrund des Umstandes, dass die Beamten die Geschäftsbriefe kopiert und fotografiert haben, die Stattgabe der Beschwerde, weil der Bf. bereits durch diese Maßnahme der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt in seinen verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sei.
Am wurden die Ablichtungen der Briefe von der Finanzpolizei dem BFG übermittelt. Dabei handelt es sich zum Teil um geöffnete Geschäftsbriefe, welche von einer Versicherung, Bank, einem Kaffelieferanten stammen, sowie um einen Beschluss eines Gerichtes, die an die GmbH adressiert waren. Die Briefe datieren vom (Kaffelieferant), (Versicherung/Haushalt), (Zahlscheine), (Zahlscheine).
Der Bf. führte dazu aus, dass diese Geschäftsbriefe sich in seiner Gewahrsame befunden haben und die Finanzpolizisten zu keinem Zeitpunkt ermächtigt gewesen sind, den blauen Ordner zu durchsuchen, von den Kuverts Ablichtungen herzustellen, und Schriftsücke bzw. Briefe aus den Kuverts herauszunehmen und abzulichten (Schriftsatz vom ).
Folgender Sachverhalt steht fest:
Im vorliegenden Sachverhalt steht für den erkennenden Richter aufgrund der Aktenlage fest, dass Organe des Landeskriminalamtes unter den Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 Ziff 3 iVm § 16 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (Suchtmittelverdacht) das Fahrzeug des Bf. am Parkplatz vor Geschäftslokal der A. GmbH in der V.Str 90 durchsucht und den Ordner mit Geschäftsbriefen an der Rücksitzbank des Autos gefunden haben (Anfragebeantwortung des LKA vom ).
Zu diesem Zeitpunkt fanden in allen drei Geschäftslokalen der GmbH in KL Kontrollen nach dem Glückspielgesetz durch die Finanzpolizei und weitere Behörden statt. Zeitgleich wurden die Kontrollen auch an den Standorten B.G 5, KL (Firmensitz) und in K.Dorf, F.K.LStr 39, durchgeführt.
Als die beiden Organe der Finanzpolizei, welche zwecks Durchführung einer NOVA Kontrolle betreffend dem Bf. zum Parkplatz V.Str 90 beordert wurden, eintrafen, wurden sie von den Polizisten auf den blauen Ordner mit Geschäftsbriefen auf der Rücksitzbank des Autos aufmerksam gemacht.
In der Folge nahm der Finanzpolizist den Ordner mit den Geschäftsbriefen an sich, blätterte ihn durch und stellte fest, dass sich darin geöffnete und nicht geöffnete Briefe betreffend die A. GmbH befanden.
Nachdem die Beamten eine Hauptwohnsitzabfrage durchgeführt haben, welche negativ ausgefallen ist, bestand kein weiterer Anlass für die Fortsetzung der NOVA Kontrolle.
In der Folge fuhren die beiden Finanzpolizisten und der Bf. zwecks Einvernahme als Auskunftsperson gemäß § 143 BAO zum weiteren Einsatzort (Firmensitz) am B.G, weil sich dort das Einsatzfahrzeug (mobile Büro) befunden hat und die Dolmetscherin für die Slowenische Sprache anwesend war.
Der Finanzpolizist nahm die Geschäftsbriefe mit zur Einvernahme. Die Befragung des Bf. erfolgte nach dem Eintreffen der Dolmetscherin um 17.05. Gegenstand der Befragung war sein Verhältnis zur GmbH und deren möglichen Machthabern sowie die Frage, wie der blauen Ordners mit den Geschäftsbriefen des kontrollierten Unternehmens in sein Auto gelangt sei.
Sitrittig ist, ob das Ansichnehmen des Ordners, nach dem Hinweis der Polizisten des LKA, die Herausnahme der offenen Geschäftsbriefe aus den Klarsichtfolien bzw. Kuverts, deren Ablichtung während der Einvernahme als Auskunftsperson eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt ist, die den Bf. in seinen verfassungsgesetzlich und einfachgesetzlich geschützen Rechten verletzt haben. Strittig ist weiters, ob diese Handlungen bereits eine Durchsuchung des PKWs durch Organe der Finanzpolizei darstellen.
Vorweg steht aufgrund der Aktenlage fest, dass die Geschäftsbriefe an die A. GmbH und nicht an den Bf. adressiert gewesen sind. Die zum Teil geöffneten und nicht geöffneten Briefe wurden im Zuge der Einvernahme des Bf. abgelichtet.
Rechtslage:
§ 283 BAO, Maßnahmenbeschwerde, lautet:
§ 283. (1) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abgabenbehörden kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde (Maßnahmenbeschwerde) erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
(2) Die Maßnahmenbeschwerde ist innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird die Maßnahmenbeschwerde innerhalb der Frist gemäß § 245 bei einem anderen Verwaltungsgericht oder bei einer Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; solche Maßnahmenbeschwerden sind unverzüglich an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten.
(3) Die Maßnahmenbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes;
b) soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat;
c) den Sachverhalt;
d) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;
e) das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären;
f) die Angaben, die zur Beurteilung der fristgerechten Einbringung der Maßnahmenbeschwerde erforderlich sind.
(4) Der angefochtene Verwaltungsakt ist vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis für rechtswidrig zu erklären, wenn die Maßnahmenbeschwerde nicht mit Beschluss bzw. mit Erkenntnis
a) als nicht zulässig oder nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos zu erklären ist (§ 256 Abs. 3) oder
c) als unbegründet abzuweisen ist.
(5) Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den dem Erkenntnis entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die belangte Behörde.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 245 Abs. 1 erster Satz, 3, 4 und 5 (Frist),
b) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
c) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
d) § 265 Abs. 4 und 6 (Verständigungspflichten),
e) § 266 (Vorlage der Akten),
f) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
g) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
h) § 271 (Aussetzung der Entscheidung),
i) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
j) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses)."
Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahme) wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Prüfungsmaßstab ist die Rechtswidrigkeit; Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die nachträgliche Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer derartigen behördlichen Maßnahme an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung der Amtshandlungen (nähere Ausführungen siehe z.B. Fischerlehner, Abgabenverfahren2 [2016] § 283 Anm 1).
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde ist es, dass sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung gerichtet ist. Es wird daher insoweit die Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch gefordert, andernfalls die Beschwerde zurückzuweisen ist (vgl. z.B. , B757/88 [hier: das schlichte Fotografieren oder eine Identitätsfeststellung im Zuge einer Amtshandlung]; [hier: das Anbringen einer Organstrafverfügung an einem Kraftfahrzeug]; [hier: das Abstempeln eines Reisepasses]; - hier das Abstempeln einer Ausfuhrbescheinigung mit dem Vermerk "Ungültig"]; [fernmündliche Mitteilung des Prüfungstermines durch den für unzuständig gehaltenen Betriebsprüfer]; etc.).
Ein Verwaltungsakt der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt lediglich dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten ein Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - als faktische Amtshandlungen in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (z.B. ; ; siehe dazu Ritz, BAO5, § 283 Tz 5 ff mit entsprechenden praktischen Beispielen).
Läge zwar die Ausübung einer Befehls- und Zwangsgewalt vor, fände diese aber wiederum ihre Deckung in erlassenen Bescheiden, bestünden keine faktischen Amtshandlungen. Mit Beschwerde bekämpfbar, wenn solches zugelassen, wären vielmehr die dem behördlichen Wirken zugrundeliegenden Bescheide.
§ 143. (1) Zur Erfüllung der im § 114 bezeichneten Aufgaben ist die Abgabenbehörde berechtigt, Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann, auch wenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflicht handelt.
(2) Die Auskunft ist wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Verpflichtung zur Auskunftserteilung schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.
(3) Die Bestimmungen der §§ 170 bis 174 finden auf Auskunftspersonen (Abs. 1) sinngemäß Anwendung.
(4) Die Bestimmungen über Zeugengebühren (§ 176) gelten auch für Auskunftspersonen, die nicht in einer ihre persönliche Abgabepflicht betreffenden Angelegenheit herangezogen werden.
Aufgrund der Mitteilung des Landeskriminalamtes vom , der Gegenschrift zur Maßnahmenbeschwerde und der Zeugenaussagen in der mündlichen Verhandlung steht für den erkennenden Richter fest, dass die Organe der Finanzpolizei entgegen dem Beschwerdevorbringen (Beschwerdebegründung, Seite 3) den PKW des Bf. nicht durchsucht haben. Die Durchsuchung des PKWs erfolgte ausschließlich durch Organe des Landeskriminalamtes nach dem Sicherheitspolizeigesetz.
Dementsprechend haben Organe des LKA im Zuge der Durchsuchung des PKW den Ordner mit Geschäftsbriefen auf der Rücksitzbank entdeckt.
Dies deckt sich mit der Mitteilung des LKA vom und den Aussagen der Finanzpolizisten als Zeugen im Zuge der mündlichen Verhandlung, wonach sie am zum Einsatzort V.Str 90 beordert wurden, um dort eine NOVA-Kontrolle durchzuführen.
Wenn nun die beiden Finanzpolizisten den Bf. als Auskunftsperson gemäß § 143 BAO zu den von den Beamten des Landeskriminalamtes gefundenen Ordner Geschäftsbriefen befragen und einvernehmen, so handelt es sich bei dieser Einvernahme aus Sicht des erkennenden Richters um eine Maßnahme der Steueraufsicht, welche in § 143 BAO ihre Begründung findet.
Gemäß § 143 Abs. 2 BAO hat eine Auskunftsperson die Auskunft wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Die Auskunftserteilung schließt die Verpflichtung in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen, die für die Feststellung von Abgabenansprüchen von Bedeutung sind, vorzulegen oder die Einsichtnahme zu gestatten.
Die Geschäftsbriefe (Erlagscheine, Mahnungen, Gerichtsbeschlüsse, Versicherungsanbot) und sein Verhältnis zur GmbH bildeten den Gegenstand der Einvernahme. Dazu gab der Bf. an, dass er von der A. GmbH niemanden kenne und nicht wisse, wie der Ordner mit den Geschäftsbriefen in sein Fahrzeug gelangt sei.
Schließlich hat der Bf. die Einsichtnahme in den Ordner durch Organe der Finanzpolizei auch nicht verweigert.
Die Entgegennahme eines Ordners mit Geschäftsbriefen einer GmbH, welcher durch Beamte des Landeskriminalamtes im Zuge deren Durchsuchung eines Fahrzeuges nach dem Sicherheistspolizeigesetz gefunden wird, und die Einsichtnahme in die Geschäftsbriefe durch die Finanzpolizei, begründet noch keine Durchsuchung des Fahrzeuges durch die Finanzpolizei.
Die Schlussfolgerung des Bf., die beiden Finanzpolizisten hätten dadurch den PKW durchsucht, trifft im vorliegenden Sachverhalt nicht zu, weil das Fahrzeug ausschließlich von Organen des LKA durchsucht worden ist.
Nach Ansicht des erkennenden Richters sind diese Handlungen durch die Bestimmung des § 143 BAO gerechtfertigt, wonach die Abgabenbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben berechtigt sind von jedermann Auskunft über alle für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Die Auskunftspflicht trifft jedermann und schließt die Verbindlichkeit in sich, Urkunden und andere schriftliche Unterlagen vorzulegen oder die Einsichtnahme in diese zu gestatten.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die Einsichtnahme in Geschäftsbriefe, welche durch Organe des Landeskriminalamtes gefunden wurden, stellt nach Ansicht des erkennenden Richters keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechtes des Bf. dar, sodass die ordentliche Revision als nicht zulässig erachtet wird.
Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dieses Erkenntnis hängt nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ab, sodass die Voraussetzungen für die ordentliche Revision als nicht gegeben erachtet werden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 143 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 132 Abs. 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 16 Abs. 2 Z 4 SPG, Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 § 39 Abs. 3 Z 3 SPG, Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 § 82 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 |
Schlagworte | PKW Durchsuchung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RM.4100002.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at