Feststellungsbescheid gem. § 8 Abs 8 SBBG
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. RI über die Beschwerde vom
der Bf s.r.o., vertreten durch Herrn Dr. ATF OLK, Rechtsanwalt in BUI, gegen den Feststellungsbescheid des Finanzamtes FA gem. § 8 SBBG vom
den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Beschluss gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig (§ 25 a Abs 1 VwGG).
Entscheidungsgründe
I.) Ablauf des Verfahrens:
In ihrem ausgefüllten Fragebogen für eine Betriebsanmeldung (Verf 16) teilte die Beschwerdeführerin (Bf) Bf s.r.o. dem Finanzamt mit, dass sich ihre inländische Betriebsstätte in der ETL Straße 2, FA befände (ausgefüllter Fragebogen, unterfertigt am , beim Finanzamt eingelangt am ).
Das Finanzamt hat ein Schreiben [Verdachtsmitteilung des Finanzamtes an die Bf gem. § 8 Abs 4 zweiter Satz Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) vom ] an die Beschwerdeführerin (Bf) adressiert,welchesam (AV vom mit drei Fotos) durch ein Zustellungsorgan des Finanzamtesan der inländischen Abgabestelle und Betriebstätte (§ 2 Z 4 ZustellG;§ 8 Abs 6 SBBG; § 81 Abs 1 EstG 1988) der Bf in der ETL Straße 2 (durch die Bf ausgefüllter Fragebogen Verf 16 vom ) zurückgelassen (§ 8 Abs 6 erster Satz SBBG i.V.m. § 26 Abs 1 ZustellG) worden ist.
Im Text dieses Schreibens bringt das Finanzamt zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführerin (Bf) mitgeteilt werde, dass in Bezug auf die Bf der Verdacht bestehe, dass es sich bei der Bf um ein Scheinunternehmen i.S. des § 8 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) handle.
Diese Mitteilung wurde vom Finanzamt wie folgt begründet: Es bestehe der Verdacht, dass insbesondere Lohnabgaben und Beiträge zur Sozialversicherung oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmern verkürzt worden seien. Es bestehe auch der Verdacht, dass Personen zur Sozialversicherung angemeldet worden seien, um Versicherungs- Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese Personen keine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hätten.
Eine elektronische Zustellung dieses Schreibens gem § 8 Abs 5 SBBG war nicht möglich (Mail des Vertreters der Bf vom ). An der Abgabestelle wurde kein Vertreter der Bf gem. § 13 Abs 3 ZustellG und auch kein Ersatzempfänger (§ 16 Abs 1 ZustellG) angetroffen (AV des Zustellorgans vom mit drei Fotos).
Dieses Schreiben (Verdachtsmitteilung gem. § 8 Abs 4 SBBG vom ) ist durch ein Zustellorgan des Finanzamtes am an der versperrten Eingangstüre des Geschäftslokals der Bf in der ETL Straße 2 (durch die Bf ausgefüllter Fragebogen Verf 16 vom ), angeklebt worden ( Aktenvermerk über die Zurücklassung des Schreibens vom an der Abgabestelle samt drei Fotos) (vgl. § 8 Abs 6 erster Satz SBBG, § 26 Abs 1 ZustellG).
An der Abgabestelle wurde durch das Zustellorgan weder ein Vertreter der Bf gem. § 13 Abs 3 ZustellG noch ein Ersatzempfänger (§ 16 Abs 1 ZustellG) angetroffen . Eines der im Zusammenhang mit der versuchten Zustellung angefertigten Fotos zeigt das Zustellorgan stehend vor der Eingangstüre, an welcher dieses Schreiben angeklebt worden ist (AV vom mit drei Fotos).
Die Bf hat diese durch das Finanzamt als wirksame Zustellung vom angesehene Vorgangsweise (vgl. Bescheid vom ) erkennbar bestritten, indem sie vorbrachte (E-Mail vom ), das Anheften eines Schreibens an eine Tür sei keine wirksame Zustellung. Könne ein Schriftstück an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, sei es zu hinterlegen (vgl. allerdings § 8 Abs 6 erster Satz SBBG i.V.m. § 26 Abs 1 ZustellG).
Innerhalb einer Woche ( vgl. § 8 Abs 7 SBBG) ab dem (Zeitpunkt der Zurücklassung der Mitteilung vom an der Abgabestelle der Bf in FA) erhob die Bf keinen Widerspruch. Die Bf erhob auch später keinen Widerspruch.
Das Finanzamt verfasste sodann am einen Bescheid an die Bf , durch welchen es feststellte, dass das Unternehmen der Bf als Scheinunternehmen gelte. Das Finanzamt stützte diese behördliche Erledigung erkennbar auf § 8 Abs 8 SBBG (Feststellungsbescheid vom ).
Eine elektronische Zustellung dieser behördlichen Erledigung vom war nicht möglich (E-Mail des Vertreters der Bf vom ).
An der inländischen Abgabestelle wurde am durch das Zustellorgan des Finanzamtes kein Vertreter der Bf gem. § 13 Abs 3 ZustellG und auch kein Ersatzempfänger gem. § 16 Abs 1 ZustellG angetroffen (AV vom mit drei Fotos).
Dieses in einem Kuvert liegende Schriftstück (Feststellungsbescheid vom ) wurde am an der Eingangstüre des Geschäftslokals der Bf in der ETL Straße 2 (durch die Bf ausgefüllter Fragebogen Verf 16 vom ) angeklebt (vgl. § 8 Abs 8 zweiter Satz, § 8 Abs 6 erster Satz SBBG, § 26 Abs 1 ZustellG) (Aktenvermerk über die Zurücklassung des Schriftstückes vom mit Fotos). Das Finanzamt sieht in seinem Vorlagebericht vom entgegen dem Vorbringen der Bf (Mail vom ; Vorlageantrag vom ) dieses Zurücklassen des Schriftstückes an der Abgabestelle vom als wirksame Zustellung an (vgl. § 8 Abs 6 erster Satz SBBG i.V.m. § 8 Abs 8 zweiter Satz SBBG i. V.m. § 26 Abs 1 ZustellG). Die Bf ist der Ansicht, dass eine Hinterlegung i.S. des § 17 ZustellG hätte erfolgen müssen (Mail des Anwaltes der Bf vom an das BFG).
Das Finanzamt begründete diesen Bescheid vom wie folgt: Die Sozialversicherungsbeiträge seien nicht vollständig geleistet worden. Es bestehe der Verdacht, dass insbesondere Lohnabgaben und Beiträge zur Sozialversicherung oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmern verkürzt worden seien. Es bestehe auch der Verdacht, dass Personen zur Sozialversicherung angemeldet worden seien, um Versicherungs- Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese Personen zum Teil keine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufgenommen hätten.
Die Bf hat bestritten, dass dieser vom Finanzamt behauptete Zustellvorgang vom tatsächlich wirksam geworden sei. Sie brachte vor, das Anheften eines Schreibens an eine Tür sei keine wirksame Zustellung. Könne ein Schriftstück an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, sei es zu hinterlegen (Vorlageantrag vom ; Mail des Anwaltes der Bf vom ).
Die Bf räumte aber ein, das Schriftstück tatsächlich am vor dem Geschäftslokal der Bf liegend vorgefunden zu haben (Vorlageantrag vom ).
An der Eingangstüre oder in deren Nahbereich war am 13.8. und am keine Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach, Briefeinwurf) angebracht (Aktenvermerke über die Zurücklassung der Schriftstücke vom und vom samt Fotos) .
Die Bf brachte am eine Beschwerde gegen diesen Bescheid vom ein. Eine Entscheidung des Senates des BFG wurde nicht begehrt.
Diese Beschwerde ist außerhalb der einwöchigen (§ 8 Abs 12 Z 2 erster Satz SBBG) Beschwerdefrist erfolgt, weil der Beginn der Beschwerdefrist der (Zeitpunkt des Zurücklassens des Bescheides an der Abgabestelle, vgl. § 8 Abs 8 zweiter Satz SBBG i.V.m. § 8 Abs 6 erster Satz SBBG i.V.m. § 26 Abs 1 ZustellG) gewesen ist.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom wurde diese Beschwerde als verspätet zurückgewiesen (§ 260 BAO).
Mit Vorlageantrag vom begehrte die Bf, die Beschwerde dem BFG vorzulegen. Eine Entscheidung des Senates des BFG wurde nicht begehrt. Der Bescheid sei nicht am in FA zugestellt worden. Tatsächlich sei der Bescheid am vor dem Lokal liegend vorgefunden worden. Daher sei die Beschwerde nicht verspätet.
Das BFG hat über die Beschwerde der Bf durch den Einzelrichter zu entscheiden (§ 8 Abs 12 erster Satz SBBG i.V.m. § 272 Abs 2 BAO).
Mit Vorlagebericht des Finanzamtes vom wurde dem BFG mitgeteilt, dass die Beschwerde verspätet eingebracht worden sei.
Mit Schreiben des an die Bf (Ergänzungsauftrag) wurde der Bf die Frage gestellt, ob sie seit jemals bei einem Zustelldienst gem. § 33 ZustellG angemeldet gewesen sei.
Das BFG erließ ferner am einen Mängelbehebungsauftrag, da der Bescheidbeschwerde vom und dem Vorlageantrag vom jeweils die Unterschrift fehlte.
Dem Mängelbehebungsauftrag wurde am durch die Bf entsprochen (Schreiben der Bf vom mit verbesserter Beschwerde und verbessertem Vorlageantrag).
Die Bf beantwortete den Ergänzungsauftrag mit E-Mail vom wie folgt: Es sei nicht bekannt, dass die Bf bei einem elektronischen Zustelldienst gem. § 33 ZustellG angemeldet gewesen sei. Das Anheften eines Schreibens an eine Tür stelle keine wirksame Zustellung dar. Könne ein Schriftstück an der Abgabestelle nicht zugestellt werden, sei es zu hinterlegen.
Das BFG stellte am (zugestellt am ) an den VfGH die Anträge, insbesondere § 8 Abs 4 zweiter Satz, § 8 Abs 5 bis 8, § 8 Abs 9 erster Satz, § 8 Abs 12 Z 2 erster Satz Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) als verfassungswidrig aufzuheben.
Der VfGH hat diesen Antrag mit Erkenntnis vom , G 117/2019 abgewiesen.
II. ) Über die Beschwerde wurde erwogen:
a.)Zeitpunkt der Zustellung des bekämpften Bescheides:
Eine elektronische Zustellung des Feststellungsbescheides vom war nicht möglich:
Mit Schreiben des an die Bf (Ergänzungsauftrag) wurde der Bf die Frage gestellt, ob sie seit jemals bei einem Zustelldienst gem. § 33 ZustellG angemeldet gewesen sei. Dieser Ergänzungsauftrag wurde am zugestellt (RSb vom ; E-Mail des Vertreters der Bf vom ).
Die Bf beantwortete den Ergänzungsauftrag mit E-Mail vom wie folgt: Es sei nicht bekannt, dass die Bf bei einem elektronischen Zustelldienst gem. § 33 ZustellG angemeldet gewesen sei.
Daraus folgt, dass nicht festgestellt werden kann, dass die Bf seit jemals bei einem Zustelldienst gem. § 33 ZustellG angemeldet gewesen ist. Daher war eine elektronische Zustellung des bekämpften Bescheides nicht möglich (§ 34 Abs 1 ZustellG).
Am wurde der bekämpfte Feststellungsbescheid an der Abgabestelle zurückgelassen, indem er an die Eingangstüre der Abgabestelle geklebt worden ist (AV vom mit Fotodokumentation, bestehend aus drei Fotos).
Die Zustellung des Bescheides durch Zurücklassen des Bescheides an der Abgabestelle am (§ 26 Abs 1 ZustellG i.V.m. § 8 Abs 6 erster Satz SBBG i.V.m. § 8 Abs 8 zweiter Satz SBBG) ist wirksam gewesen.
b.) Versäumung der Beschwerdefrist?
Da der Bescheid bereits am wirksam zugestellt worden ist, hat die Bf durch ihre Beschwerde vom die Beschwerdefrist von einer Woche (§ 8 Abs 12 Z 2 erster Satz SBBG) versäumt. Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen (§ 260 BAO). Wegen der erforderlichen Zurückweisung durfte die beantragte mündliche Verhandlung entfallen (§ 274 Abs 3 und 5 BAO).
III.) Begründung gemäß § 25 a Abs 1 VwGG:
Durch diesen Beschluss werden keinerlei Rechtsfragen iS von Art 133 Abs 4 B-VG berührt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Es ist strittig, ob die Beschwerde der Bf vom gegen den Feststellungsbescheid gem. § 8 Abs 8 SBBG , der der Bf am durch Hinterlassen an der Abgabestelle, dokumentiert durch drei Fotos und einen Aktenvermerk, zugestellt worden ist (§ 8 Abs 8 zweiter Satz SBBG i.V.m. § 8 Abs 6 erster Satz SBBG), rechtzeitig war. Da die Beschwerdefrist von einer Woche versäumt worden ist, war die Beschwerde verspätet (§ 8 Abs 12 Z 2 erster Satz SBBG.
Weder § 8 Abs 6 erster Satz, noch § 8 Abs 8 zweiter Satz, noch § 8 Abs 12 Z 2 erster Satz SBBG sind verfassungswidrig ().
Daher ist die Beschwerde zurückzuweisen.
Erhebliche Rechtsfragen i.S. von Art 133 Abs 4 B-VG haben sich nicht ergeben. Daher ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 8 Abs. 8 SBBG, Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz, BGBl. I Nr. 113/2015 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100027.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at