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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.11.2019, RV/4100539/2016

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liegt im Ermessen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin R in der Beschwerdesache der BF , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Klagenfurt vom über die Festsetzung einer Zwangsstrafe zu Recht: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird  ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die mit dem angefochtenen Bescheid gegenüber der Beschwerdeführerin (BF) gemäß § 111 der Bundesabgabenordnung (BAO) erfolgte Festsetzung einer Zwangsstrafe von Euro 300,-- wegen Nichteinreichung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 zu Recht erfolgt ist.

Diesem Erkenntnis liegt der folgende, aktenkundige und unbestrittene Sachverhalt zugrunde:

Die steuerlich unvertretene BF bezog erstmals im Jahre 2014 Einkünfte, und zwar als Gesellschafterin der OG. Die Einkünfte beliefen sich (entsprechend der letztlich eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014) auf Euro 5.285,29, weswegen keine Einkommensteuer (Festsetzung mit Euro 0,00) angelaufen ist.

Der Festsetzung der eingangs angesprochenen Zwangsstrafe gingen die nachstehenden Anträge und Erledigungen voraus:


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Bescheid, mit dem die BF aufgefordert wurde, eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 bis zum einzureichen.
Antrag der BF, die Frist zur Einreichung der Steuererklärung bis zum zu verlängern. Begründung: Die BF war im Jahr 2014 als Gesellschafterin der OG beteiligt. Dieser Gesellschaft sei eine Frist zur Einreichung der Steuererklärungen ebenfalls bis zum verlängert worden.
Bescheid, mit dem der Antrag auf Fristverlängerung abgewiesen wurde, verbunden mit der Aufforderung, die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 unverzüglich beim Finanzamt einzureichen. Begründung: Da bereits ein vorangegangenes Ansuchen um Fristverlängerung unter Setzung einer Nachfrist abgewiesen wurde und berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 294 der BAO nicht vorliegen, konnte dem Ansuchen nicht entsprochen werden und war eine weitere Nachfrist nicht zu setzen.
Bescheid, mit dem die BF aufgefordert wurde, eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 bis zum einzureichen. Sollte die BF dieser Aufforderung nicht Folge leisten, wurde der BF im Sinne des § 111 Abs. 2 BAO angedroht, dass gegen die BF eine Zwangsstrafe von Euro 300 festgesetzt werden könne. Begründet wurde dieser Bescheid nicht.
Neuerlicher Antrag der BF, die Frist zur Einreichung der Steuererklärung bis zum zu verlängern. Begründung: Da der OG eine Frist zur Einreichung der Steuererklärungen bis zum eingeräumt worden sei, sei es der BF nicht möglich, ihre Einkommensteuererklärung bis zum abzugeben.
26. 11. .2015
Bescheid, mit dem der Antrag auf Fristverlängerung abgewiesen wurde. Hingewiesen wurde darauf, dass die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014, so sie bis zum beim Finanzamt eingereicht werde, als fristgerecht eingebracht gelte. Begründung: Da bereits ein vorangegangenes Ansuchen um Fristverlängerung unter Setzung einer Nachfrist abgewiesen wurde und berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 294 der BAO nicht vorliegen, konnte dem Ansuchen nicht entsprochen werden und war eine weitere Nachfrist nicht zu setzen.
angefochtener Bescheid über die Festsetzung der angedrohten Zwangsstrafe. Begründung: Die Festsetzung der Zwangsstrafe war erforderlich, weil die BF die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 nicht bis zum beim Finanzamt eingereicht hat. Mit diesem Bescheid erging auch die Aufforderung an die BF, die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 bis zum Finanzamt einzureichen.

Am reichte die BF die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 schließlich (in Papierform) beim Finanzamt ein. Am 25. Jänner 2017 erging der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014. Die Einkommensteuer wurde – wie eingangs erwähnt - mit Euro 0,00 festgesetzt, weil die BF lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von Euro 5.285,29 (als Beteiligte an der OG) erzielt hat.

Das von der BF ins Treffen geführte Ansuchen auf Erstreckung der Frist für die Einreichung der Steuererklärungen der OG ist unter Setzung einer Nachfrist bis zum abgewiesen worden. Der im Weiteren ergangenen Aufforderung, diese Erklärungen bis zum einzureichen, wurde entsprochen.

In der Beschwerde wird ausgeführt, dass der OG eine Frist zur Abgabe der Steuererklärungen bis zum eingeräumt worden sei. Der BF sei es daher nicht möglich gewesen, ihre Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 fristgerecht abzugeben.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab. Nach Wiedergabe der oben dargestellten Anträge und Bescheide führte das Finanzamt begründend Folgendes aus:

„Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen bis Ende April jeden Folgejahres einzureichen. Erfolgt die Übermittlung der Abgabenerklärungen elektronisch, so verlängert sich die Frist für die Abgabe bis Ende Juni des Folgejahres.

Gemäß § 111 BAO dürfen Zwangsstrafen zur Erzwingung aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden. Darunter fällt beispielsweise auch die Einreichung von Abgabenerklärungen ().

Die Zwangsstrafe bezweckt nicht, ein unrechtmäßiges Verhalten zu bestrafen, sondern eine abgabenrechtliche gebotene Leistung herbeizuführen. Die Zwangsstrafe soll nicht in der Vergangenheit begangenes Unrecht ahnden, sondern die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele unterstützen und die Abgabenpflichtigen zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten verhalten.

Gemäß § 133 Abs. 1 BAO ist zur Einreichung der Abgabenerklärungen verpflichtet, wer hierzu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird.

Die Festsetzung der Zwangsstrafe war gerechtfertigt, weil die BF ihren Verpflichtungen trotz Erinnerungsverfahren nicht nachgekommen ist.“

Die BF begehrte die Vorlage ihre Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Im Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht wies das Finanzamt erstmalig darauf hin, dass die Festsetzung einer Zwangsstrafe dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde liege. Bei der Ermessensübung seien im Fall der Nichteinreichung von Abgabenerklärungen unter anderem das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, der Grad des Verschuldens und die Höhe einer allfälligen Steuernachforderung zu berücksichtigen.

Im gegenständlichen Fall sei das Finanzamt dem Grunde nach zur Androhung und sodann zur Festsetzung einer Zwangsstrafe unzweifelhaft berechtigt gewesen, weil es die BF verabsäumt habe, den wiederholten Aufforderungen zur Einreichung ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 Folge zu leisten.

Der in der Beschwerde vorgebrachte Grund für die Nichteinreichung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 (der OG sei eine Fristerstreckung zu nehmen ihre Steuererklärungen eingeräumt worden) reiche in Anbetracht der langen Zeitspanne zwischen dem gesetzlichen Abgabetermin ( der Abgabenerklärungen Papierform) und der Festsetzung der Zwangsstrafe () für die Annahme der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Bildung der verlangten Leistung nicht aus.

Die Abgabe der Einkommensteuererklärung sei für einen an einer Gesellschaft beteiligten Abgabepflichtigen auch ohne Vorliegen des Jahresabschlusses der Gesellschaft möglich (Gewinn-/Verlustanteil: „Betrag unbekannt“). Die Veranlagung zur Einkommensteuer ergehe vorerst ohne die Beteiligung an der Gesellschaft. Sobald der Feststellungsbescheid der Gesellschaft ergehe, werde der Einkommensteuerbescheid gemäß § 295 Abs. 1 BAO geändert.

Der BF seien wiederholt Fristverlängerungen gewährt worden. Durch die Festsetzung der Zwangsstrafe erst am habe das Finanzamt der BF de facto noch eine weitere Fristverlängerung (bis zum ) eingeräumt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Nach § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörde berechtigt, die Befolgung ihrer aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zu Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen zählt auch – wie das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht ausführt - die Einbringung von Abgabenerklärungen.

Die Festsetzung einer Zwangsstrafe liegt (dem Grunde und der Höhe nach) im Ermessen der Abgabenbehörde (Ritz, BAO6, Anm. 10 zu § 111).

Zu Ermessensübung führte das Finanzamt (erstmalig im Vorlagebericht) aus, im Fall der Nichteinreichung von Abgabenerklärungen sei unter anderem das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, der Grad des Verschuldens und die Höhe einer allfälligen Steuernachforderung zu berücksichtigen. Im gegenständlichen Fall habe das Finanzamt demnach unzweifelhaft die Berechtigung zur Festsetzung einer Zwangsstrafe gehabt, weil die BF den wiederholten Aufforderungen zur Einreichung ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 nicht gefolgt sei.

Der Umstand der Nichteinreichung der Abgabenerklärung mag nun zwar Auslöser für die Androhung und letztlich auch die Verhängung einer Zwangsstrafe sein. Als Begründung für die Ermessensübung vermag dieser jedoch nicht herangezogen zu werden.

Bei der Ermessensübung ist vielmehr – wie auch das Finanzamt selbst hervorhebt – die bisherige Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten, der Grad des Verschuldens der Partei und im Falle der Nichteinreichung von Steuererklärungen die Höhe allfälliger Abgabennachforderungen zu berücksichtigen (Ritz, a.a.O.).

Im gegenständlichen Fall ist zu berücksichtigen, dass die steuerlich nicht vertretene BF im Jahr 2014 erstmalig mit der Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen konfrontiert war. Dazu kommt noch, dass die von der BF zu erklärenden Einkünfte ausschließlich aus der Beteiligung an der OG resultierten. Es ist daher verständlich, dass die BF (im ersten Jahr ihrer diesbezüglichen Verpflichtung) die Meinung vertreten hat, ihre Steuererklärung erst gleichzeitig mit jenen der Gesellschaft abgeben zu können. Dieser Auffassung hat die BF letztlich auch entsprochen (Einreichung der Einkommensteuererklärung gleichzeitig mit den Steuererklärungen der Gesellschaft am , dem letzten Tag der der Gesellschaft vom Finanzen eingereichten Nachfrist). Letztlich war auf Grund der Geringfügigkeit der von der BF erzielten Einkünfte auch Einkommensteuern nicht festzusetzen.

Aus all diesen Gründen in ihrer Gesamtheit, insbesondere jedoch unter Bedachtnahme darauf, dass die BF erstmalig mit der Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen konfrontiert war, konnte von der Festsetzung einer Zwangsstrafe Abstand genommen werde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zwangsstrafe
Ermessen
Verweise

Ritz, BAO6, Anm. 10 z. § 111
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100539.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at