Schmutzzulage bei Vulkaniseur
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache des Herrn a b, c 17, d e , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Feldkirch vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer ist Grenzgänger in die Schweiz. Er arbeitet als Vulkaniseur. Bei dieser Arbeit entsteht große Hitze und Dampf. Temperaturen von 35 — 40° C am Arbeitsplatz und bis zu 165° C im Arbeitsplatzumfeld sind prozessbedingt permanent vorhanden.
Werkstücke die vulkanisiert werden, haben meist ein großes Gewicht (bis zu 60 kg).
Der Aktenvermerk vom hat im Wesentlichen folgenden Wortlaut:
„Sehr geehrter Herr b
Wie soeben besprochen erhalten Sie per eine monatliche Gehaltszulage von CHF 500.00 (12x pro Jahr).
Diese Zulage steht im Zusammenhang mit zusätzlichen Arbeiten und mehr Verantwortung. D.h. Sie sind ab sofort für die Einhaltung der Qualität und Betreuung der Gummierung verantwortlich:
Unterstützung der Gummierung und bei Bedarf auch Mithilfe
Rechtzeitige Fertigstellung der Wickel (1 Tag vor dem Vulkanisieren)
Kontrolle ggf. dem Vulkanisieren: Dicke und Qualität
Sauberes (Metallabrieb, Späne, Abdrücke...) vulkanisieren
Kontrolle der Qualität nach dem Vulkanisieren, schlechte Ware separieren und Abweichungen melden
Innerhalb der vereinbarten Wochenarbeitszeit - ohne Überstunden – arbeiten“
Der Beschwerdeführer hat als einziger Mitarbeiter im Streitjahr eine Erschwerniszulage von 800,00 CHF pro Monat erhalten.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 beantragte der Beschwerdeführer die steuerfreie Behandlung der von ihm bezogenen Erschwerniszulage in Höhe von 9.600,00 CHF.
Im Einkommensteuerbescheid vom wurde die Erschwerniszulage nicht gewährt. Das Finanzamt hat auf die Begründung der Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuer 2013 verwiesen.
In der Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
„Sehr geehrte Damen und Herren! Hiermit beantrage ich eine Beschwerde gegen den Bescheid 2015. Ich beantrage meine Schmutzzulagen wie laut übermittelten Detaillohnzettel steuerlich zu berücksichtigen und einen neuen Bescheid zu erlassen. Die Schmutzzulage wurde mir vom Finanzamt bereits steuerlich zuerkannt.“
Die Beschwerde wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung brachte das Finanzamt im Wesentlichen vor:
„Mit Beschwerde vom wird die Berücksichtigung der SEG-Zulage unter Hinweis auf die vom Finanzamt bereits in den Vorjahren zuerkannte Begünstigung beantragt. Dazu wird Folgendes ausgeführt:
Bereits im Zuge des Beschwerdeverfahrens 2013 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Gewährung der SEG-Zulage im gegenständlichen Fall nicht vorliegen. Die im Jahr 2014 im Erstbescheid zunächst ohne weitere inhaltliche Prüfung berücksichtigte SEG-Zulage von 5% des Grundlohnes wurde mit Bescheid vom nachträglich aberkannt. Zudem wird darauf hingewiesen, dass von einer zu Unrecht gewährten Begünstigung kein Rechtsanspruch auf eine (rechtswidrige) Weitergewährung der Begünstigung abgeleitet werden kann.
Gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 sind unter anderen Schmutzzulagen bis 360 Euro monatlich steuerfrei.
Gem. § 68 Abs. 5 leg. cit. sind unter Schmutzzulagen jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm zu leistenden Arbeiten überwiegend unter Umständen erfolgen, die in erheblichem Maße zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken.
Die zitierte Bestimmung ist nach der herrschenden Lehre so auszulegen, dass für eine begünstigte Besteuerung von Schmutzzulagen im Wesentlichen drei Bedingungen erfüllt sein müssen.
Die erste Voraussetzung ist funktioneller Art. Sie ist erfüllt, wenn eine Zulage neben dem Grundlohn gewährt wird. Daraus ist zum einen abzuleiten, dass Zulagen nicht auf Kosten einer unzulässigen Kürzung des Grundlohnes gehen dürfen. Zum anderen bedeutet es, dass es unzulässig wäre, Zulagen lediglich rechnerisch aus dem Grundlohn herauszuschälen. Im gegenständlichen Fall beträgt die SEG-Zulage 800 SFR und wird laut Kumulativjournal laufend monatlich ausbezahlt.
Die zweite Voraussetzung für eine begünstigte Besteuerung von Zulagen ist formeller Art. Anspruch auf Steuerbegünstigung besteht nach dieser Voraussetzung nur, wenn Zulagen zumindest innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird. Es ist nicht erforderlich, dass eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wurde. Vielmehr genügt die Tatsache, dass die Zulage innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern gewährt wird.
Im gegenständlichen Fall liegt offensichtlich keine Betriebsvereinbarung vor. Laut einer Bestätigung Ihres Arbeitgebers vom wird angeführt, dass Sie als Vulkaniseur unbefristet tätig sind und als einziger Mitarbeiter eine solche Zulage erhalten. Da davon auszugehen ist, dass mehrere Mitarbeiter mit dem Vulkanisieren beschäftigt sind, Sie jedoch als einziger eine Zulage erhalten, liegen die Voraussetzungen formeller Art nicht vor.
Zusätzlich zu den beiden erstgenannten Voraussetzungen ist für eine Steuerfreistellung von Zulagen auch die Erfüllung einer dritten, der sogenannten materiellen Voraussetzungen erforderlich. Der Arbeitnehmer muss auch tatsächlich Tätigkeiten verrichten, die nach ihrer Art und ihrem Ausmaß die gewährte Zulage dem Grunde und der Höhe nach rechtfertigen. In einer vorliegenden Aktennotiz vom zwischen Ihnen und Herrn f wird erläutert, dass die betreffende Zulage (500 SFR ab ) im Zusammenhang mit zusätzlichen Arbeiten und mehr Verantwortung steht.
Konkret wurde dazu festgehalten:
„Sie sind ab sofort für die Einhaltung der Qualität und Betreuung der Gummierung verantwortlich:
Unterstützung der Gummierung und bei Bedarf auch Mithilfe
Rechtzeitige Fertigstellung der Wickel (1 Tag vor dem Vulkanisieren)
Kontrolle vor dem Vulkanisieren: Dicke und Qualität
Sauberes (Metallabrieb, Späne, Abdrücke,…) vulkanisieren
Kontrolle der Qualität nach dem Vulkanisieren, schlechte Ware separieren und Abweichungen melden
Innerhalb der vereinbarten Wochenarbeitszeit (ohne Überstunden) arbeiten“
In mehreren Ergänzungsersuchen (siehe 2013) wurden Sie ersucht, das Verhältnis der erschwerenden Arbeiten zu Ihrer gesamten Tätigkeit nachweislich bekanntzugeben. Wie aus dem oben angeführten Vermerk entnommen werden kann, ist die Tätigkeit des Vulkanisierens, für die allenfalls eine Steuerfreistellung der Zulage gewährt werden könnte, nur ein Teil Ihrer Tätigkeit und Gesamtverantwortung.
Da die Voraussetzungen für die Gewährung der SEG-Zulage insgesamt nicht vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.“
Im Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
„Anbei übermittle ich Ihnen den Sachverhalt über meinen Arbeitsplatz. Mein Arbeitsbeginn ist um 6:45, dann arbeite ich den ganzen Tag um 9 Maschinen die Konstant 160 Grad Celsius haben bis Arbeitsende ca. 16:00. Dabei beträgt die Raumtemperatur zwischen 30 bis ca. 40 Grad im Sommer. Die Einzelteile die vulkanisiert werden müssen, haben ein Gewicht von 2 -60 Kg. Der ganze Raum riecht stark nach Gummi und ich sehe am Abend aus wie ein Kaminfeger. Da ich als einziger Mitarbeiter diese Tätigkeit in diesem Betrieb mache, bekommen ich auch als einziger bei dieser Firma die monatliche SEG Zulage von CHF 500,-- wie bereits übermittelt. Meine Arbeitskollegen meiden meinen Arbeitsplatz mit gutem Grund aufgrund der sehr hohen Hitze und der starken körperlichen Verschmutzung.
Da mir in der Schweiz vom Arbeitgeber die SEG Zulagen gewährt werden, bin ich auch der Ansicht, dass dies auch im österreichischen Steuerrecht aufgrund meiner Tätigkeit die Schmutz- bzw. Gefahrenzulagen anzuerkennen ist.
Sämtliche Arbeitsplatzbeschreibungen von meinem Arbeitgeber sowie Lohnzetteldetails habe ich Ihnen bereits übermittelt.“
Auf Vorhalt teilte das Finanzamt dem BFG mit, dass nach Überprüfung des Veranlagungsaktes seitens des Finanzamtes keine Bedenken bestehen, als erwiesen anzunehmen dass dem Beschwerdeführer als einzigem Mitarbeiter eine SEG-Zulage zustand bzw. die entsprechenden Voraussetzungen für eine SEG-Zulage erfüllt waren. Die SEG-Zulage sei aber mit 5% des Bruttolohnes zu begrenzen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist der einzige Mitarbeiter im Betrieb seines Arbeitgebers, der als Vulkaniseur überwiegend mit Arbeiten betraut ist, bei denen große Hitze herrscht und die zu einer beträchtlichen Verschmutzung führen. Die SEG-Zulage wird neben dem Grundlohn gewährt.
Dieser unstrittige Sachverhalt wird vom Bundesfinanzgericht rechtlich folgendermaßen beurteilt:
§ 68 Abs. 1 EStG lautet:
„Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sowie Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge sind insgesamt bis 360 Euro steuerfrei.“
§ 68 Abs. 5 EStG lautet:
„Unter Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen sind jene Teile des Arbeitslohnes zu verstehen, die dem Arbeitnehmer deshalb gewährt werden, weil die von ihm geleistete Arbeit überwiegend unter Umständen erfolgt, die
• in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des Arbeitnehmers und seiner Kleidung bewirken,
• im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Erschwernis darstellen, oder
• infolge der schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Gasen, Dämpfen, Säuren, Laugen, Staub oder Erschütterungen oder infolge einer Sturz- oder anderen Gefahr zwangsläufig eine Gefährdung von Leben, Gesundheit oder körperlicher Sicherheit des Arbeitnehmers mit sich bringen.
Diese Zulagen sind nur begünstigt, soweit sie
1. auf Grund gesetzlicher Vorschriften,
2. auf Grund von Gebietskörperschaften erlassener Dienstordnungen,
3. auf Grund aufsichtsbehördlich genehmigter Dienst(Besoldungs)ordnungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts,
4. auf Grund der vom Österreichischen Gewerkschaftsbund für seine Bediensteten festgelegten Arbeitsordnung,
5. auf Grund von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen, die auf Grund besonderer kollektivvertraglicher Ermächtigungen abgeschlossen worden sind,
6. auf Grund von Betriebsvereinbarungen, die wegen Fehlens eines kollektivvertragsfähigen Vertragsteiles (§ 4 des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974) auf der Arbeitgeberseite zwischen einem einzelnen Arbeitgeber und dem kollektivvertragsfähigen Vertragsteil auf der Arbeitnehmerseite abgeschlossen wurden,
7. innerbetrieblich für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern
gewährt werden.“
Voraussetzungen für die Begünstigung sind daher:
•die Zahlung neben dem Grundlohn (funktionelle Voraussetzung),
•die im Gesetz umschriebene Arbeitserschwernis (materielle Voraussetzung),
•die Zahlung aufgrund einer sog lohngestaltenden Vorschrift oder Zahlung an alle bzw. bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern (formelle Voraussetzung),
•der Nachweis der tatsächlichen Arbeitsverrichtung,
•die Angemessenheit der Zulage.
Sämtliche ob Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall unstrittiger maßen gegeben.
Allerdings kann die SEG-Zulage gemäß § 68 Abs. 1 EStG nur mit 360,00 € monatlich als steuerfrei behandelt werden.
Der Beschwerde ist daher teilweise stattzugeben.
Die Einkommensteuerbemessungsgrundlage und die Einkommensteuer errechnen sich daher folgendermaßen:
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Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | |
Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug | 129.602,45 |
Pendlerpauschale | -1.476,00 |
Sonstige Werbungskosten ohne Anrechnung auf das Pendlerpauschale | -13.390,50 |
Werbungskostenpauschale | -132,00 |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 114.603,95 |
Sonderausgabenpauschbetrag | -60,00 |
Kirchenbeitrag | -196,94 |
Einkommen | 114.347,01 |
Die Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 EStG beträgt | |
(114.347,01-60.000)*0,5+20.235 | 47.408,51 |
Verkehrsabsetzbetrag | -291,00 |
Pendlereuro | -54,00 |
Grenzgängerabsetzbetrag | -54,00 |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 47.009,51 |
Steuer sonstige Bezüge | 435,64 |
Einkommensteuer | 47.445,15 |
Ausländische Steuer | -10.019,72 |
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG | -0,43 |
Festgesetzte Einkommensteuer | 37.425,00 |
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall sind alle Rechtfragen bereits durch den Verwaltungsgerichtshof geklärt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 68 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100600.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at