Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 31.10.2019, RV/7104531/2018

Die Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift im Umsatzsteuerbescheid ist kein Bestandteil des Bescheidspruches und daher nicht rechtsmittelfähig;

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers , gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 der belangten Behörde FinanzamtXX vom Umsatzsteuer beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (= kurz Bf.) zahlte auf sein Abgabenkonto im Wege der Post einen Betrag von 289,91 Euro ein, ohne auf dem Zahlungsbeleg eine Verrechnungsweisung für Umsatzsteuervorauszahlung 05/2017 zu erteilen.
Diese Einzahlung wurde auf seinem Abgabenkonto am als Einzahlung ohne Verrechnungsweisung verbucht.
Rückblickend ist aus dem Vorbringen des Bf. erkennbar, dass diese Zahlung für die Tilgung der Umsatzsteuervorauszahlung 5/2017 geleistet worden war.

Zum Zeit der Verbuchung der Zahlung befand sich auf dem Abgabenkonto des Bf. ein Guthaben in Höhe von 1.736,69 Euro, welches sich nach Verbuchung der als Umsatzsteuervorauszahlung gedachten Zahlung in Höhe von 289,91 Euro auf 2.026,60 erhöhte.

Mit Umsatzsteuerbescheid 2017 vom setzte das Finanzamt gemäß der Erklärung des Bf. die Umsatzsteuer 2017 mit 2.547,77 Euro fest.
Die Rubrik „Bisher vorgeschriebene Umsatzsteuer“ (=Vorsoll) wurde im Bescheid mit 2.257,88 Euro beziffert und auf die festgesetzte Umsatzsteuer in Höhe von 2.547,77 Euro angerechnet.
Nach der Anrechnung des sogenannten Vorsolls in Höhe von 2.257,88 Euro verblieb eine ausgewiesene Abgabennachforderung in Höhe von 289,91 Euro.
Der Bescheid enthält keine neue Fälligkeit.

Diese Nachforderung entspricht genau der als Umsatzsteuervorauszahlung 05/2017 gedachten Einzahlung in Höhe von 289,91 Euro, welche am auf dem Abgabenkonto des Bf. als Gutschrift ohne Verrechnungsweisung verbucht worden war.
Die Nachforderung wurde gleichzeitig mit dem auf dem Abgabenkonto des Bf. befindlichem Guthaben, in dem ua. auch die als Umsatzsteuervorauszahlung 05/2017 gedachte Einzahlung in Höhe von 289,91 Euro enthalten war.

Der Bf. bracht mit Schriftsatz vom Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2017 ein.
Der Bf. listete in der Beschwerde die laut seinen Kontoauszügen erfolgten monatlichen Einzahlungen der Umsatzsteuervorauszahlungen auf.
In Summe ergebe sich danach exakt die mit Jahresbescheid festgesetzte Umsatzsteuerschuld 2017 von 2.547,77 Euro.

Dieser Betrag sei im Umsatzsteuerbescheid 2017 als Vorsoll anzurechnen gewesen, und sei daher die ausgewiesene Abgabennachforderung in Höhe von 289,91 Euro rechtswidrig.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung gemäß § 260 BAO wegen Unzulässigkeit zurück.
Die Zurückweisung erfolgte, da die Beschwerde aus folgendem Grund nicht zulässig ist;

Gemäß §198 Abs. 2 BAO habe ein Abgabenbescheid im Spruch die Person zu nennen, an die er ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO).
Darüber hinaus haben Abgabenbescheide im Spruch zu enthalten;
* Art und Höhe der Abgaben
* Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben und
* die Bemessungsgrundlagen.

Eine Beschwerde sei dann zurückzuweisen, wenn sie unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Beschwerde sei unter anderem gegeben, wenn sie sich nicht gegen den Spruch eines Bescheides richtet. Nur der Spruch des Bescheides erziele eine normative Wirkung und sei der Rechtskraft fähig; daher könne auch nur der Spruch eines Bescheides angefochten werden.
Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis , über einen völlig identen Rechtsfall abgesprochen. In diesem Erkenntnis habe der Gerichtshof die Ansicht vertreten, dass das „Vorsoll" (also die Summe der bisher entrichteten Umsatzsteuervorauszahlungen) keinen Spruchbestandteil darstelle.
 

In der Folge brachte der Bf. einen Vorlageantrag ein und führte darin aus:

Es sei weder gesetzlich noch gerichtlich vorgesehen, eine bereits einmal bezahlte Steuer ein weiteres Mal zu bezahlen zu müssen. Auch gemäß Position des Finanzamtes selbst sei die Beschwerdevorentscheidung („Vorsoll“ usw.) unrichtig, weil die Umsatzsteuerzahlung für Mai 2017 in Höhe von 289,91 Euro vom Finanzamt selbst mit Buchungsmitteilung Nr. 1 / 2018 vom bestätigt worden ist („Zahlung vom = -289,91“, vom Finanzamt angegebener Buchungstag ). Eine vom Finanzamt sogar selbst bestätigte Zahlung könne nicht zum wiederholten Mal gefordert werden.
Die für 2017 insgesamt bezahlte Umsatzsteuer betrage, wie auch vom Finanzamt selbst bestätigt, 2.547,77 Euro (einschließlich 289,91 Euro)

 

Rechtslage:


Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde nach § 198 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

Abgabenbescheide haben gemäß § 198 Abs. 2 BAO im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.

Aus § 21 Abs. 1 UStG 1994 ergibt sich, dass der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen hat, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Nach § 21 Abs. 4 UStG 1994 wird der Unternehmer nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Enden mehrere Veranlagungszeiträume in einem Kalenderjahr (§ 20 Abs. 1 und 3), so sind diese zusammenzufassen. Der Unternehmer hat für das abgelaufene Kalenderjahr eine Steuererklärung abzugeben, die alle in diesem Kalenderjahr endenden Veranlagungszeiträume zu umfassen hat.
 

Erwägungen



Im Beschwerdefall ist die Berücksichtigung der vom Bf. intendierten Umsatzsteuervorauszahlungen 05/2017 bei der Berechnung der Abgabennachforderung 2017 strittig.
Nach den vorliegenden Akten erfolgte die Einzahlung der Umsatzsteuervorauszahlung 05/2017 ohne Verrechnungsweisung auf dem Abgabenkonto des Bf.

Auf diese Weise wurde zwar eine Gutschrift gebucht, aber nicht die korrespondierende Belastung der Umsatzsteuervorauszahlung.
Auf diesen Umstand wurde in der Beschwerdevorentscheidung deutlich hingewiesen. Der Bf. geht in seinen Einwendungen auf diese Feststellung des Finanzamtes nicht ein.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2017 spricht nicht über eine kassenmäßige Gebarung ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde weder über einen Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides nach § 216 BAO abgesprochen noch stehen die Wirkungen des angefochtenen Bescheides der Erlassung eines solchen Abrechnungsbescheides entgegen.

Die Bf. geht davon aus, dass der Ausweis der Abgabennachforderung als Differenz des festgesetzten Abgabenanspruches und der bisher erklärten Umsatzsteuervoranmeldungen im Umsatzsteuerbescheid 2017 einen Teil des Bescheidspruches darstelle.

Die Worte "Bisher vorgeschriebene Umsatzsteuer“ oder "Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift" im angefochtenen Bescheid gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () nicht zum Spruch des Bescheides.
Der Aussage über die bisher vorgeschriebene Umsatzsteuer und die Differenz zwischen der bisher vorgeschriebenen Umsatzsteuer und der Abgabenhöhe kommt jedenfalls dann ausschließlich Informationscharakter zu, wenn für diese Differenz keine Fälligkeit festgesetzt wird. Dieser Teil des Bescheides bringt in einem solchen Fall keinen normativen Willen der Behörde zum Ausdruck.
Nur der Spruch eines Bescheids ist der Rechtskraft fähig, daher kann nur der Spruch (Teile des Spruchs) Anfechtungsgegenstand sein (Fischerlehner, Abgabenverfahren (2013), § 250 Anm. 3; , ).

Genau dieser Sachverhalt liegt im Beschwerdefall vor.
Der Teil des angefochtenen Bescheides, nämlich der Ausweis der Abgabennachforderung ist nicht der Rechtskraft fähig, er ist kein Spruchbestandteil. Daher konnte dieser Bescheidteil nicht die Rechte des Bf. verletzen. Damit kann auch sein Vorbringen nicht zur Abänderung oder Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit führen.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

Zur Klarstellung wird ergänzend ausgeführt:
Der Bf. irrt, wenn er vermeint, die Umsatzsteuervorauszahlung doppelt bezahlen zu müssen. Er hat die Zahlung nur einmal geleistet und wurde diese seinem Abgabenkonto gutgeschrieben. Mangels Verrechnungsweisung wurde aber das Abgabenkonto des Bf. nicht mit der Umsatzsteuervorauszahlung 05/2017 belastet, weshalb diese Vorauszahlung auch nicht in der Rubrik „Bisher vorgeschriebenen Umsatzsteuer“ (Vorsoll) laut Bescheid enthalten sein kann. Deshalb ergab sich auch in der Folge die bestrittene Abgabennachforderung, die aber wiederum mit dem bestehenden Guthaben, in dem auch die Gutschrift in Höhe von 289,91 Euro enthalten war, verrechnet wurde.

Unzulässigkeit der Revision

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bezüglich der Rechtsfrage, ob die Worte "bisher war vorgeschrieben" oder "Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift" eines Bescheidteiles ein normativer Willen der Behörde beizumessen ist, liegt eine unzweifelhafte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor ().

Gleiches gilt für die Frage, ob neben dem Spruch eines Bescheids auch andere Teile eines Bescheides der Rechtskraft fähig sind ().

Da im gegenständlichen Fall in keiner Rechtsfrage entschieden wurde, der grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG zukommt, ist eine Revision unzulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104531.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at