Zulässige Bescheidbehebung nach § 299 BAO eines stattgebenden Wiedereinsetzungsbescheides (§ 308 BAO)
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0016. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache der Berschwerdeführerin über die Beschwerde vom gegen den nach § 299 BAO ergangenen Bescheid der belangten Behörde Finanzamt X vom betreffend Aufhebung des Bescheides vom über die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Im anhängigen Verfahren ist die Zulässigkeit einer Bescheidaufhebung auf Basis des § 299 BAO zu klären.
Mit dem zur oa. Gz beim BFG angefochtenen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom hob das Finanzamt X (FA) einen am an die beschwerdeführende Partei (Bf) ergangenen Bescheid auf, mit welchem einem Wiedereinsetzungsantrag der Bf vom im Feststellungsverfahrens nach § 188 BAO der Bf für 2010 stattgegeben worden war.
Der Bescheid vom enthält folgende Begründung:
„Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit eine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen.
Dem Bescheid vom , mit welchem dem laut Poststempel am eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin stattgegeben wurde, Iiegt eine Berechnung der Dreimonatsfrist des § 308 Abs. 3 BAO ab Zustellung des zurückweisenden Beschlusses des Bundesfinanzgerichts im Verfahren RV/2101167/2017 am zu Grunde.
Nach § 308 Abs. 3 BAO beginnt der Lauf der Frist zur Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages mit Wegfall jenes Hindernisses, das der fristwahrenden Setzung der betreffenden Maßnahme (hier: die fristgerechte Einbringung eines Vorlageantrages) entgegenstand. Fristrelevant ist dabei, wann die Fristversäumung erstmals zumutbar erkennbar war (vgl. Ritz BAO Kommentar 6.Auflage 2017 zu § 308, Rz 22 mit Judikaturverweisen).
Zuletzt formulierte der Verwaltungsgerichtshof zum Beginn des Fristenlaufes nach § 308 Abs. 3 BAO bei verspäteter Einbringung eines Rechtsmittels folgenden Rechtssatz:
”Besteht das unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis in einem Irrtum über den einzubringenden Rechtsbehelf so fällt dieses Hindernis weg, sobald die Partei diesen Irrtum als solchen erkennen konnte und musste. Für den Lauf der Wiedereinsetzungsfrist kommt es somit auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit des Irrtums an“ ( mit Verweis auf das Erkenntnis vom , 2003/14/0005).
Im hier zu beurteilenden Fall ging das Finanzamt bereits in dem zum BFG-Verfahren RV/2101167/2017 verfassten Vorlagebericht vom explizit von einem verspätet eingereichten und daher vom Bundesfinanzgericht zurückzuweisenden Vorlageantrag der Beschwerdeführerin aus. Das Finanzamt war von der Verspätung so überzeugt, dass sie dem Vorlagebericht die zur inhaltlichen Bearbeitung des Rechtsmittels erforderlichen Aktenteile ganz bewusst nicht anschloss (vgl. Stellungnahme des Finanzamtes im Vorlagebericht vom ).
Mit dem Erhalt einer Ausfertigung dieses Vorlageberichts bestand für die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin zweifellos dringende Veranlassung zur Überprüfung jener für die Fristenwahrung des Vorlageantrages relevanten Daten, die den im Wiedereinsetzungsantrag, beim Bundesfinanzgericht eingelangt am , dargestellten Fehler bei der Abfertigung bzw. Versand des Vorlageantrages zu Tage führte.
Nach den Angaben in diesem Wiedereinsetzungsantrag wurde diese Überprüfung allerdings erst nach Zugehen des Zurückweisungsbeschlusses im BFG-Verfahren RV/2101167/2017 vorgenommen. Tatsächlich geht die Beschwerdeführerin laut Wiedereinsetzungsantrag seit dieser Nachkontrolle ebenfalls vom Ablauf der Frist des § 264 Abs. 1 BAO vor Einbringung des Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung vom aus.
Da bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage der Fristenlauf des § 308 Abs. 3 BAO spätestens mit der Zustellung einer Ausfertigung des Vorlageberichts vom an die Vertretung der Beschwerdeführerin begann, erweist sich der Spruch des Bescheides vom , mit welchem dem am eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben wurde, als unrichtig.
Bei der im Zuge einer derartigen Korrekturmaßnahme vorzunehmenden Ermessensentscheidung erscheint es aus Sicht des Finanzamtes geboten, auf die Personenidentität zwischen einem Gesellschafter der Beschwerdeführerin und deren steuerlicher Vertretung Bedacht zu nehmen, zumal aus dem angefochtenen Bescheid bzw. der dazu ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom gerade für diese Person Rechtsfolgen von beträchtlicher wirtschaftlicher Relevanz resultieren und insofern besondere Veranlassung zu erhöhter Aufmerksamkeit bei Verfahrensschritten bestand.
Der Bescheid war daher gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufzuheben.“
Die innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde begründete der Bf wie folgt:
„Richtig ist, dass im BFG-Verfahren, RV2101167/2017, im verfassten Vorlagebericht vom auf eine angebliche Verspätung des Vorlageantrages hingewiesen wurde.
Unrichtig ist jedoch, dass dies von Seiten der Finanzbehörde explizit durchgeführt und als erwiesen angeführt wurde, sondern wurde im angesprochenen Vorlagebericht an das Bundefinanzgericht lediglich die Vermutung einer verspäteten Einreichung des Vorlageberichtes eingewandt und überdies dem BFG die Beurteilung dieser angeblichen Verspätung überlassen und die daraus folgenden Rechtsfolgen.
Richtig ist auch, dass von Seiten der Finanzbehörde dem Vorlagebericht keine Akten übermittelt wurden und dies entgegen den gesetzlichen Bestimmungen des § 266 BAO, der ausführt, dass die Abgabenbehörde rechtzeitig mit der Vorlage der Bescheidbeschwerde die Akten vorzulegen hat.
Die Bestimmung des § 266 BAO geben hier keinen Spielraum von Ermessensentscheidungen der Finanzbehörde wonach Akten dem Vorlagebericht anzuschließen sind oder nicht, sondern sind diese jedenfalls dem Vorlagebericht anzuschließen.
Richtig ist auch, dass mit Erhalt einer Ausfertigung dieses Vorlageberichtes für die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin zur Veranlassung zur Überprüfung jener für die Fristenwahrung des Vorlageantrages relevanten Daten bestanden hat.
Unrichtig ist, jedoch, dass die Finanzbehörde im nunmehr angefochtenen Aufhebungsbescheid behauptet, dass dies von Seiten der steuerlichen Vertretung nicht durchgeführt wurde.
Richtig ist vielmehr, dass selbstverständlich die Vertreter der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin diesem im Vorlagebericht angeblichen Verspätungsfolgen sehr wohl nachgegangen wurde und die entsprechenden Kanzleimitarbeiter, die mit der Ausfertigung der Postabfertigung zuständig und betraut waren, hierzu zu befragen.
Die Befassung und Aufarbeitung dieses Vorganges in der Kanzleiverwaltung führte dahin, dass von Seiten der beauftragten Mitarbeiterin jedenfalls glaubhaft versichert und durch Vorlage der Dokumentation die Fristen bzw. des Postausgangsbuches der EDV-Listen des steuerlichen Vertreter die Abfertigung des Vorlageantrages unzweifelhaft mit in den EDV-Listen und Büchern der steuerlichen Vertretung als durchgeführt vermerkt ist und somit von Seiten der Vertreter der steuerlichen Vertretung und der vorliegenden zu dem Zeitpunkt nicht anzuzweifelnden Tatsachen des Vorliegens der rechtzeitigen Abfertigung und Postversendung des Vorlageberichtes der Beschwerdeführerin gegeben war (siehe Beilage Postausgangsbuch vom ).
Überdies wurden die von Seiten der Finanzbehörde im Vorlagebericht angeführten angeblichen Verspätungsfolgen nicht durch entsprechende Beweismittel dokumentiert und wurde überdies von Seiten der mit der Entscheidung befassten Bundefinanzgerichtes keine weiteren Erhebungen des Sachverhalts und der Aufklärung, respektive Dokumentation des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens von Verspätungsfolgen, weder von Seiten der Finanzbehörde, noch des Bundesfinanzgerichtes geführt.
Da die der Dokumentation des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens des Fristversäumnisses notwendigen Unterlagen mit dem versehenen Poststempel von Seiten der Finanzbehörde weder behauptet, noch diese vorgelegt wurden, sind die Vertreter der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin in puncto der Ausführungen der möglichen Fristversäumnis davon ausgegangen, dass die Finanzbehörde hier lediglich den Versuch unternommen hat, ein Abgabenverfahren durch behauptete und das angebliche Vorliegen von Formalfehlern zu beschleunigen.
Dieser Umstand und das tatsächliche Vorliegen dieser Vorgangsweise wurde überdies in den Überlegungen der Vertreter der steuerlichen Vertreter der Beschwerdeführerin dadurch genährt und gestärkt, dass offensichtlich aufgrund der Recherchen und Nachforschungen in den EDV-Listen und der dazu zuständigen Postformalabläufe sich eindeutig die Postabfertigung des maßgeblichen Schriftsatzes, nämlich der Vorlageantrag vom und somit rechtzeitig als dokumentiert erwiesen hat (siehe Beilage).
Für weitere Recherchen von Seiten der steuerlichen Vertretung ersah man, da, wie bereits oben ausgeführt, weder von Seiten der Finanzbehörde, noch von Seiten des BFG keine weiteren Erhebungsmaßnahmen durchgeführt wurden, es zu dem Zeitpunkt nicht notwendig an, zumal keine Veranlassung für die Vertreter der steuerlichen Vertretung dafür bestand, die Echtheit der Dokumentation der rechtzeitigen Postabfertigung des maßgeblichen Schriftsatzes zu diesem Zeitpunkt anzuzweifeln.
Erst mit Zugehen des Zurückweisungsbeschlusses im BFG-Verfahren zu RV/2101167/2017, vom und der in diesem Zurückweisungsbeschluss nunmehr für die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin offensichtlich keinen Zweifel am Vorliegen von verspäteten Eingaben des Vorlageberichtes auszugehen waren, wurde nochmals um der Fristenwahrung der Bestimmungen des § 308 Abs 3 BAO zu entsprechen und diese zu wahren, weitere und tiefergreifende Recherchen von Seiten der Vertreter der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin durchgeführt und hat sich nach diesen tiefergreifenden Recherchen nunmehr ergeben, dass die beauftragte Mitarbeiterin, die mit der Postabfertigung des Vorlageantrages am beauftragt war, offensichtlich aus Furcht vor weitreichenden Folgen und Konsequenzen auf ihr bestehendes Dienstverhältnis die tatsächlichen Vorgänge bereits zum Zeitpunkt der postalischen Abfertigung und andererseits auch nochmals im Zuge der Recherchen aufgrund des Vorbringens der Finanzbehörde im Vorlagebericht vom unmissverständlich und bis zu diesem damaligen Zeitpunkt für die Vertreter der steuerlichen Vertretung nicht anzweifelbaren Rechtszeitigkeit der postalischen Abfertigung des Vorlageantrages beharrt und diese auch durch die den EDV-Listen dokumentierten Angaben in der Postverwaltung des EDV-Systems der steuerlichen Vertretung nachweisbaren Abfertigung mit entsprechend beharrt.
Mit entsprechendem Nachdruck aufgrund der Ausführungen des Zurückweisungsbescheides des BFG und dem Hinweis, dass offensichtlich die postalische Abfertigung des Vorlagberichtes nicht am 02.10. sondern am erfolgt sein musste, wurde von Seiten der Mitarbeiterin der steuerlichen Vertretung dies nunmehr im Zuge der vorliegenden durchgeführten Recherchen und Nachforschungen zugegeben und ihre diesbezüglichen Gründe und Ursachen ihres bisherigen beharrlichen Abstreitens nunmehr offen gelegt. All diese Umstände wurden von Seiten der steuerlichen Vertretung im Antrag auf Wiedereinsetzung vom dokumentiert und die diesbezüglich dargestellten Fehler bei der Abfertigung nunmehr im Wiedereinsetzungsantrag offengelegt.
Erst zu diesem Zeitpunkt ist der Wegfall der Hidernisse, sprich der tatsächlichen Fristversäumnis, definitiv als gegeben anzusehen.
Demgemäß ist es unzweifelhaft nachvollziehbar, dass erst mit Zustellung des Zurückweisungsbescheides durch das BFG und der damit verbundene Nachweis der tatsächlichen Fristversäumnis, es erst der Beschwerdeführerin zumutar zumutbar zu erkennen war, dass eine Fristversäumnis vorgelegen hat. Somit beginnt der Fristenlauf des § 308 Abs 2 BAO definitiv mit Zustellung des Zurückweisungsbescheides.
Dieser Umstand wurde auch von der Sachbearbeiterin der Finanzbehörde, die den Antrag auf Wiedereinsetzung bearbeitet hat, definitiv erhoben und ermittelt.
Dies aus Sicht der steuerlichen Vertretung und deren Vertreter offensichtlich auch rechtzeitig im Sinne der Fristenbestimmung des § 308 Abs 3 BAO, zumal bis zu diesem Zeitpunkt die steuerliche Vertretung bzw. deren Vertreter jedenfalls vom Vorliegen einer rechtzeitigen postalischen Abfassung des Vorlageantrages ausgehen konnte. Da die Recherchen der steuerlichen Vertretung im Zusammenhang mit der im Vorlagebericht vom angeführten angeblichen Fristversäumnis, wie oben ausgeführt, zu keiner derartigen Bestimmtheit geführt haben, zumal die maßgeblichen Ermittlungen und die in den EDV-Listen vorhandenen Datenerfassungen vom Vorliegen einer Rechtszeitigkeit auszugehen war.
Erst mit dem Nachweis des Poststempels des Briefkuverts, in welchem der Vorlageantrag versendet wurde, musste nunmehr von Seiten der steuerlichen Vertretung neuerlich tiefergreifende Recherchen durchgeführt werden. die letztendlich zudem, in Detail im Wiedereinsetzungsantrag vom ausführlich ausgeführten Sachverhaltsdarstellungen und Dokumentationen geführt haben.
Somit ist aus Sicht der Beschwerdeführerin, respektive der in Vertretung es im Spruch des Bescheides mit dem den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 308 Abs 3 BAO stattgegeben wurde, von keinem unrichtigen Spruch dieses Bescheides auszugeben und ist daher der angefochtene Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO aufgrund der Bestimmungen des § 299 BAO im Wesentlichen aufgrund des Fehlens der Unrichtigkeit des aufzuhebenden Bescheides, als gesetzwidrig anzusehen.
Aus all diesen Maßgaben sind somit die Formalvoraussetzungen der Bestimmungen des § 299 BAO nicht gegeben und war daher eine Aufhebung des Bescheides vom , mit welchem dem Wiederseinsetzungsantrag vom stattgegeben wurde, nicht gegeben, womit der Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO nicht erlassen hätten werden dürfen und somit rechtswidrig ergangen ist.
Überdies ist zu überprüfen, ob die belangte Abgabenbehörde überhaupt aufgrund der Bestimmungen des § 300 BAO noch formal zuständig für den Aufhebungsakt gemäß § 299 BAO war und einen derartigen erlassen hatte dürfen.
Aufgrund der Bestimmungen des § 300 BAO ist in diesem definiert, dass ab Vorlage der Beschwerde bzw. in Fällen des § 262 Abs 2 bis 4 BAO ab Einbringung der Bescheidbeschwerde können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidung beim sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben.
Aufgrund der bereits erfolgten Vorlage der Bescheidbeschwerde der Beschwerdeführerin beim BFG, auf Basis des stattgebenden Bescheides auf Antrag der Wiedereinsetzung, befristet sich nunmehr das gesamte Verfahren nun in der Zuständigkeit des BFG befunden hat und wäre somit unsers Erachtens es der beschwerten Behörde nicht möglich gewesen, den vorliegend angefochtenen Bescheid zu erlassen, zumal die Abgabenbehörde aufgrund der Bestimmungen des § 300 BAO die Aufhebung gemäß § 299 BAO nicht mehr vornehmen hätte dürfen.
Somit war die vorliegende Abänderung und die Erlassung des vorliegend beschwerten Aufhebungsbescheides von Seiten der Finanzbehörde auch aufgrund dieser Bestimmungen rechtswidrig und aufgrund der Bestimmungen des § 300 BAO nichtig.
Die im Text der Begründung angeführten Textpassagen:
,,bei der im Zuge einer derartigen Korrekturmaßnahmen vorzunehmenden Ermessensentscheidung, erscheint es aus Sicht des Finanzamtes geboten, auf die Personenidentität zwischen einem Gesellschafter der Beschwerdeführer und deren steuerlichen Vertretung Bedacht zu nehmen, zumal aus dem angefochtenen Bescheid bzw. der dazu ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom gerade für diese Person Rechtsfolgen von beträchtlicher wirtschaftlicher Relevanz resultieren und insofern besondere Veranlassung zur erhöhter Aufmerksamkeit bei Verfahrensvorschriften bestand“
sind rechtlich völlig irrelevant.
Die in diesen Ausführungen angeführten Maßgaben und Ausführungen sind ausschließlich in subjektiver Betrachtungsweise der mit dem Aufhebungsbescheid vertrauten Sachbearbeiter zu verstehen. Niemals und in keiner rechtlichen Bestimmung der BAO kann es eine Relevanz auf die rechtliche Beurteilung haben, ob die Personenidentität zwischen dem Gesellschafter und der Beschwerdeführerin und deren steuerlicher Vertreter vorliegt oder nicht.
Die Rechtssprechung und die rechtlichen Ausführungen von Rechtsfragen können wohl ausschließlich in objektiver Betrachtungsweise unabhängig von subjektiven Zusammenhängen und eventuell vorhandenen Personenfolgen bzw. gegeben sein.
Auch ist es nicht von rechtlicher Entscheidung, ob die angefochtenen Bescheide mit erheblichen Rechtsfolgen von beträchtlicher wirtschaftlicher Relevanz gegeben sind und kann für die Entscheidung der rechtlichen Beurteilung es von keiner Bedeutung sein und sind die rechtlichen Beurteilungen unabhängig von dem Vorliegen von Rechtsfolgen für Personen, die möglicherweise von beträchtlicher wirtschaftlicher Relevanz sind, festzustellen.
Eine rechtliche Beurteilung kann wohl ausschließlich aus der objektiven Ermittlung der im Gesetz ausgewiesenen Grundlagen erfolgen und sind subjektive Maßgaben jedenfalls hintanzustellen und nicht entscheidungsrelevant.
Mit dem Anrufen dieser zusätzlichen Angaben der Bescheidbegründungen dient offensichtlich nur dazu, dass eventuell auf das, wie oben ausgeführte, nicht Vorliegen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des aufgehobenen Bescheides mit untauglichen Darstellungen argumentiert und somit eine eventuelle Rechtswidrigkeit des erlassenen Aufhebungsbescheides kaschiert werden soll.
Zusammengefasst kann ausgeführt werden, dass der angefochtene Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO aufgrund des Fehlens der diesbezüglichen materiellrechtlichen und formellrechtlichen Bestimmungen der BAO, einerseits zu § 299 Abs 1 BAO und andererseits zu § 300 BAO der Aufhebungsbescheid jedenfalls rechtswidrig, wenn nicht sogar als nichtig zu beurteilen ist und somit jedenfalls ersatzlos aufzuheben ist.
Es wird ersucht der vorliegenden Beschwerde entsprechend stattzugeben und, wie beantragt, den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO ersatzlos aufzuheben, respektive gemäß § 300 BAO, als nichtig festzustellen und den Bescheid, mit dem dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben wurde, in Rechtskraft zu belassen und das Beschwerdeverfahren entsprechend dem Formalablauf und der bereits erfolgen Vorlage der anhängigen Beschwerde beim BFG formal fortzufuhren.“
In einer abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom führt das FA aus:
„Nach Rechtsprechung des VwGH müssen berufliche rechtskundige Parteivertreter bei Erfüllung der Sorgfaltspflichten strengeren Anforderungen gerecht werden als sonstige (rechtsunkundige) Personen (; , 2005/07/0044; , 2008/05/0529). Dies gilt nicht nur für das eigene Handeln, sondern auch hinsichtlich der Tätigkeit ihrer Mitarbeiter. Der rechtskundige Vertreter der Partei hat gegenüber der ihm als Hilfsapparat zur Verfügung stehenden Kanzlei alle Vorsorgen zu treffen, die notwendig sind, um die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben zu gewährleisten, welche ihm aus dem Bevollmächtigungsverhältnis obliegen. Die berufsgebotenen Vorkehrungen betreffen vor allem die Organisation des Kanzleibetriebs und die wirksame Überwachung der Angestellten in Bezug auf die Einhaltung der Fristen, die Richtigkeit und Vollständigkeit von Eingaben an die Behörde, insbesondere von Rechtsmitteln, aber auch von die Präklusion verhindernden Einwendungen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 71 R2 49).
Einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund stellt nur das Verschulden eines geeigneten und vom rechtskundigen Parteienvertreter ordentlich überwachten Mitarbeiters dar. Irrtümer und Fehler eines Mitarbeiters, die zur Versäumung einer Frist führen, vermögen nur dann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu rechtfertigen, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Fehlleistung einem bisher objektiv geeigneten und bewährtem Kanzleiangestellten unterlaufen sein und zweitens muss der Parteienvertreter die berufsgebotene Sorgfalts- und Überwachungspflicht bei der Termin- und Fristenevidenz eingehalten haben (; , 2000/16/0637).
Die Büroorganisation einer steuerlichen Vertretung muss dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen. Dazu gehört insbesondere die Vormerkung von Fristen und die Vorsorge durch entsprechende Kontrollen, dass Unzulänglichkeiten zufolge menschlichen Versagens voraussichtlich auszuschließen sind. Wer einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verhalten einer Hilfsperson stützt, hat durch substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat ().
Gegenständlich wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass anlässlich des am übermittelten Vorlageberichts, in welchem seitens der Abgabenbehörde auf die verspätete Einbringung des Vorlageantrages verwiesen wurde, Ermittlungen betreffend die Abfertigung des Schriftstückes erfolgten. Jedoch verschwieg die betroffene Kanzleiangestellte aus Furcht den Umstand der Fristversäumnis (bzw. das Erkennen dieser) und legte überdies die Dokumentation der Fristen bzw. des Postausgangsbuches der EDV-Listen des steuerlichen Vertreters vor, in welcher die Abfertigung des Vorlageantrages in den EDV-Listen mit vermerkt ist. Das Verhalten der Kanzleiangestellten ist gemäß § 1313a ABGB dem Vertreter zuzurechnen. Ein maßgerechter, mit der Rechtsordnung verbundener Mensch hätte in der konkreten Situation den Vertreter von der versäumten Frist informiert. Dies umso mehr, als eine Kanzleiangestellte, die mit der Überwachung von Fristen beauftragt ist, wissen muss bzw. wissen müsste, dass gerade im Umgang mit Fristen sehr sorgfältig umzugehen ist. Die Organisation der steuerlichen Vertretung weist überdies wesentliche Lücken auf, da aus dem Beschwerdevorbringen erkennbar ist, dass das Postausgangsbuch sowie die EDV-Listen über die Abfertigung von Schriftstücken nicht ordnungsgemäß geführt werden. Im Hinblick auf die Wichtigkeit der Einhaltung von behördlichen Fristen müssten die Mitarbeiter dahingehend geschult werden, dass die Aufzeichnung der Abfertigung von Schriftstücken korrekt zu erfolgen hat.
Gegenständlich zeigt der beigelegte Auszug der Postverwaltung per (aus dem als Postdatum der hervorgeht, obwohl der Poststempel nachweislich den aufweist), dass dies in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin nicht der Fall war. Aufgrund der dreimonatigen Frist für die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages wäre es zum Zeitpunkt des Einlangens des Vorlageberichts geboten gewesen, die Mitarbeiterin auf die Wichtigkeit ihrer korrekten Angaben betreffend die Postaufgabe hinzuweisen um die rechtzeitige Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages veranlassen zu können.
Insofern die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde rügt, die Abgabenbehörde habe im Vorlagebericht nicht die entsprechenden Beweismittel dokumentiert sowie keine weiteren Ermittlungsschritte getätigt, wird darauf hingewiesen, dass dem Finanzamt das Kuvert des Vorlageantrags mit Poststempel vom vorlag und dieses dem Bundesfinanzgericht mit Vorlage der Beschwerde übermittelt wurde. Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung waren weitere Ermittlungsschritte daher nicht zu veranlassen und hat die Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht (wie aus dem Vorlagebericht hervorgeht) die zur Beurteilung der fristgerechten Einbringung erforderlichen Aktenbestandteile übermittelt. Wenn die Beschwerdeführerin nunmehr die Auffassung vertritt, sie wäre davon ausgegangen, die Finanzbehörde habe lediglich den Versuch unternommen, ein Abgabenverfahren durch das angebliche Vorliegen von Formalfehlern zu beschleunigen, so kann dies nicht dazu führen, die steuerliche Vertretung von ihrer Verpflichtung zur Überprüfung der Rechtzeitigkeit bzw. der Ermittlung des aufgetretenen Fehlers und Durchführung von diesbezüglichen tiefergreifenden Recherchen zu entbinden. Ebenso kann die Auffassung der Beschwerdeführerin, die Abgabenbehörde würde ohne Vorliegen von entsprechenden Beweismitteln die nicht fristgerechte Einbringung von Rechtsmitteln behaupten, nicht zu einem späteren Wegfall des Hindernisses führen. Inwiefern die Behauptung eines ,,angeblich vorliegenden Formalfehlers“ seitens der Abgabenbehörde zu einer Beschleunigung des Abgabenverfahrens führen könnte ist überdies nicht nachvollziehbar, hat doch das Bundesfinanzgericht bei jeder vorgelegten Beschwerde zunächst jedenfalls die Rechtzeitigkeit der vorgelegten Eingaben zu überprüfen.
Nach Rechtsprechung des VwGH ist als Hindernis iSd § 308 BAO jenes Hindernis zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat. Besteht dieses Ereignis in einem Irrtum über die fristgerechte Einbringung eines Rechtsmittels, so hört das Hindernis auf, sobald der Beschwerdeführer (der Vertreter des Beschwerdeführers) diesen Irrtum als solchen erkennen konnte und musste, nicht aber erst in dem Zeitpunkt, in dem der Bescheid über die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung zugestellt worden ist (). Nach Ansicht des VwGH entbehrt die Auffassung, die Partei müsste zunächst die Zurückweisung mit Berufung sowie einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpfen, ehe sie einen Wiedereinsetzungsantrag stellen "dürfe", jeder Grundlage (). Bezogen auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Beschwerdeführerin nicht erst die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes über die fristgerechte Einbringung des Vorlageantrages abwarten musste (bzw. konnte), um einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Bereits im Zeitpunkt der Übermittlung des Vorlageberichts am hätte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin erkennen können und müssen, dass die Einbringung des Vorlageantrages verspätet erfolgte und ist zu diesem Zeitpunkt das Hindernis iSd § 308 BAO weggefallen. Die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages hätte dementsprechend binnen drei Monaten ab Wegfall des Hindernisses erfolgen müssen.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Abgabenbehörde hätte die Aufhebung gemäß § 299 BAO aufgrund der Bestimmungen des § 300 BAO nicht vornehmen dürfen, ist auszuführen, dass zwar gemäß § 300 BAO Abgabenbehörden ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben können. Bei dem gegenständlich gemäß § 299 BAO aufgehobenen Bescheid über die Stattgabe der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand handelt es sich jedoch gerade nicht um einen solchen, mit Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht angefochtenen, Bescheid. Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht zu RV/2100464/2019 ist die Beschwerde gegen den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO betreffend das Jahr 2010, somit nicht der von der Abgabenbehörde aufgehobene Bescheid über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Diesbezüglich ist auch auf die Entscheidung des zu RV/6100508/2018 zu verweisen, in der ausgesprochen wurde, dass "§ 300 BAO dem Finanzamt trotz Vorlage einer Beschwerde gegen einen Berichtigungsbescheid iSd § 293b BAO an das BFG nicht die Kompetenz nimmt, den berichtigten Bescheid nach Maßgabe des Verfahrensrechts abzuändern oder aufzuheben (hier gemäß § 299 BAO). Eine solche Maßnahme ist deshalb wirksam. Mit der Aufhebung eines gemäß § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheides scheidet auch der berichtigende Bescheid aus dem Rechtsbestand aus. Die gegen den Berichtigungsbescheid gerichtete Bescheidbeschwerde wird nachträglich unzulässig und ist gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO mit Beschluss zurückzuweisen". Selbiges muss auch im vorliegenden Fall gelten, weshalb die Aufhebung gemäß § 299 BAO zu Recht erfolgt ist und spruchgemäß zu entscheiden war.“
Der in Reaktion auf diese BVE eingebrachte Vorlageantrag (VA) der Bf beschränkt sich auf das Vorbringen, dass die BVE „nicht den rechtlichen Bestimmungen entspricht“.
Im Vorlagebericht ergänzt das FA sein bisheriges Vorbringen mit einem Hinweis auf in der Vergangenheit wiederholt erforderliche Fristerstreckungen bei der Abwicklung des zu Grunde liegenden Feststellungsverfahrens (§ 188 BAO) der Bf für 2010, die auf eine „nicht immer dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen“ Büroorganisation der steuerlichen Vertretung „mit ordentlicher Zeiteinteilung betreffend Fristeinhaltung“ hindeuten könne. Zwar seien aus berücksichtigungswürdigen Gründen auch wiederholte Fristerstreckungen zulässig (und etwa bei der Kanzleiumsiedlung im Jahr 2014 auch tatsächlich erfolgt), doch sei „eine fristgerechte Bearbeitung der einlangenden Schriftstücke jedenfalls Teil einer sorgfältigen Organisation“. Im Fall der Bf gestalte sich die Einhaltung gesetzlicher oder behördlich gesetzter Fristen nach den bisherigen Erfahrungen aus deren Abgabenverfahren offenbar schwierig.
Das BFG hat erwogen:
I. Auf Basis der vorliegenden, soweit hier maßgeblich als unbedenklich erachteten Aktenlage legt das BFG seiner Entscheidung im anhängigen Verfahren folgenden verfahrensrelevanten Sachverhalt als erwiesen zu Grunde:
Am erging - nachdem einem langwierigen Ermittlungsverfahren im Vorhaltsweg, mit wiederholter Fristerstreckung zur Beantwortung von Ergänzungsvorhalten, eine Außenprüfung gefolgt war - u.a. ein Bescheid des FA über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2010 an die Bf. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde – erneut nach dreimaliger Fristverlängerung zur abgabenbehördlich angeforderten Ergänzung/Klärung des Rechtsmittelvorbringens - mit BVE vom abweisend erledigt.
Der mit (Montag) datierte Vorlageantrag (VA) langte beim FA am ein. Das zugehörige Briefkuvert trug einen Aufgabestempel der in der Kanzlei der steuerlichen Vertretung installierten Frankiereinrichtung der Österreichischen Post AG vom . Im Vorlageantrag verwies die Bf auf eine Zustellung der BVE am bzw. der gesonderten BVE-Begründung am .
Der Vorlagebericht des FA an das § 265 (3) BAO) enthielt auf Seite 3 u.a. folgende Angaben zum abgabenbehördlichen Verfahrensgang:
„BVE zugestellt: “ - „Vorlageantrag eingebracht: “
Beide Verfahrensparteien gingen somit übereinstimmend von einer Zustellung der BVE am aus.
Dem Vorlagebericht des FA angeschlossen waren als Oz 3 die BVE vom und als OZ 4 der Vorlageantrag vom (im Vorlagebericht fälschlich mit datiert).
In der Stellungnahme zum vorgelegten Rechtsmittel formulierte das FA: „Die Abgabenbehörde vertritt die Auffassung, dass der Vorlageantrag nicht fristgerecht eingereicht wurde und daher gem. § 264 Abs. 5 BAO zurückzuweisen ist. Sollte das Bundesfinanzgericht nicht dieser Ansicht sein, werden weitere Aktenteile zur rechtlichen Beurteilung nachgereicht.“
Das BFG folgte der Ansicht des Finanzamtes auf Basis des vom FA vorgelegten Kuverts zum Vorlageantrag mit dem Aufgabestempel und wies den Vorlageantrag mit Beschluss vom zurück (Zustellung an die Vertretung der Bf am ).
Der unangefochten gebliebene Beschluss befindet sich bis heute im Rechtsbestand - mit verbindlicher Wirkung auch für das gegenständliche Verfahren.
Im Wege einer mit datierten Eingabe an das BFG, dort eingelangt am (Postaufgabestempel ), beantragte die Bf - unter Anschluss des mit datierten VA-Schriftsatzes - mit folgender Begründung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO:
„Gemäß dem Beschluss des Bundesfinanzgericht GZ: RV/2101167/2017 wird vom Bundesfinanzgericht festgestellt, dass in der Beschwerdesache, der beschwerdeführendenPartei, den Bescheid der belangten Behörde, dem Finanzamt X, vom betreffend der Feststellung der Einkünfte § 188 BAO für das Jahr 2010, das der diesbezüglich gestellte Vorlageantrag zur Entscheidung über die Beschwerden vom , unter Verweis auf § 264 Abs. 4 lit. e BAO im Sinn gemäßer Anwendung des § 260 Abs. 1 lit. b BAO zurückgewiesen wird.
Begründet wird die Zurückweisung damit, dass der Schriftsatz, den Antrag auf Vorlage zur Entscheidung vom aufgrund des von der Post angebrachten Datumstempels eindeutig den aufweist und somit aufgrund der Fristberechnung verspätet eingebracht worden ist. Daher die Zurückweisung zu recht erfolgt ist.
Diesbezüglich darf und muss vorgebracht werden, dass aufgrund von uns dementsprechend angestellter Recherchen und Ausführungen, die Aussagen des Bundesfinanzgerichtes zur Versäumung der Frist tatsächlich erfüllt sind und die Postaufgabe tatsächlich verspätet erfolgt ist.
Diese Fristversäumnis erfolgte jedoch aufgrund eines, von uns als Vertreter der Abgabepflichtigen Gesellschaft, in Folge eines nicht vorhersehbaren und unabwendbaren Ereignis und wir somit dementsprechend verhindert waren die Frist zu wahren und einzuhalten.
Diesbezüglich dürfen wir ausführen, dass die Kanzleiverwaltung und Organisation unserer Gesellschaft, speziell im Hinblick auf die Frist und Terminverwaltung eindeutige und klare Grundlagen und die jeweiligen zuständigen Mitarbeiter Anweisungen unterliegen und unsere Mitarbeiteranweisung diese auch unabänderbar zu befolgen und einzuhalten sind.
Aufgrund dieser Anweisungen und organisatorischen Vorgaben ist bei der Termin- und Fristenverwaltung derart vorzugeben, dass die mittels elektronischer Übermittlung des durch das im BMD-Softwareprogramm vorgesehenen System-Tools ,,BMD-Ghost“ im elektronischen Wege zugestellten Schriftstücke von Behörden, bei welchen das EDV-System die Vormerkung der gesetzlichen Fristen automatisch vergibt und in die Fristenverwaltung rechtzeitig unter Setzung einer sogenannten ,,Vormerkfrist“, die 7 Tage vor der dem tatsächlichen Ende der entsprechend gesetzlichen Frist im System vermerkt wird, auch das tatsächliche Ende der gesetzlichen Frist im System und dem EDV- Archiv des jeweils zuständigen, sprich Abgabepflichtigen, eingetragen wird und diese Fristeintragung den jeweils im System vermerkten und hinterlegten Sachbearbeiter, jedenfalls im elektronischen Wege übermittelt wird, und im elektronischen Fristverwaltungs-Tool und der Aufgabenverwaltung, darauf hingewiesen wird.
Bei behördlichen Schriftstücken mit gesetzlichen Fristangaben, die nicht wie oben angeführt im elektronischen Wege, sondern in Briefform per Post an uns, als mit Zustellungsvollmacht ausgewiesener Parteienvertreter übermittelt wird, ist anweisungs- und organisationsgemäß derart vorzugehen, dass die Mitarbeiterinnen des Sekretariats die Posterfassung tätigen, jedes einzelne in unserer Kanzlei eingehende Schriftstück mit einem eigenen Eingangsstempel deutlich sichtbar zu versehen ist und sind, wie auf diesem Eingangsstempel vorgesehen, von Seiten der bearbeitenden Sekretärin, aufgrund des behördlichen Schriftstückes in der Rechtsmittelbelehrung angegebenen Fristen, sowohl das Ende der Rechtsmittelfrist einzutragen, als auch eine sogenannte Vormerkfrist, mit 7 Tage vor Ende der gesetzlichen Rechtsmittelfrist, anzumerken ist.
Weiters sind die diesbezüglichen Schriftstücke im Posteingangsbuch entsprechend zu erfassen und weiters in das elektronische Fristenbuch des von uns, in der Kanzlei verwendeten EDV-Systems ,,BMD" mit den entsprechenden am jeweiligen Schriftstück versehenen Fristen zu vermerken. Damit werden diese Fristen vom EDV-System direkt in die Fristenverwaltung und Aufgabenverwaltung des für den betroffenen Klienten, sprich Abgabenpflichtigen, vermerkten Sachbearbeiters auf elektronischem Wege zugestellt. Weiters ist durch Dienstanweisung klar und eindeutig festgelegt und organisatorisch geregelt, sowie allen betroffenen Mitarbeitern unmissverständlich die Anweisung gegeben, dass die von ihnen derart zu bearbeitenden Fristen anhand den elektronisch erfassten Fristen, täglich auf Papier auszudrucken sind und müssen die zuständigen Mitarbeiter bei den Fristenvorgaben entsprechende Anmerkungen, hinsichtlich der Vorerledigung, sprich erfassen von Schriftstücken anmerken. Dies ist gleichfalls im elektronischen Fristenverwaltungs- und Aufgabenverwaltungsordner im EDV-System anzumerken. Diese Mitteilung wird den mit der Post Ein- und Ausgangsverwaltung betrauten Mitarbeiterinnen des Sekretariats vorgelegt.
Die Mitarbeiterinnen des Sekretariates sind angehalten derartig vorgemerkte Schriftsätze umgehend abzufertigen, Post zu fertigen und nach erfolgter Kuvertierung und Frankierung mit Fertigsteilung zum Postversand zu diesem Zeitpunkt in der elektronischen Fristenverwaltung mit dem Erledigungsdatum zu versehen und auf Erledigung zu setzten.
Dazu seien folgende organisatorische Maßnahmen und Maßgaben unserer Kanzlei ergänzend erklärt, zum eEnem, dass wir uns für die Frankierung unserer Poststücke einer Frankiermaschine der Type ,,Optimail 30“ bedienen, mit der sämtliche ausgehenden Schriftstücke, respektive deren Kuverts, mit der vom Gerät automatisch und unmanipulierbaren Setzung des jeweiligen Datumsstempels und des Postwertes frankiert werden.
Die derart frankierten und somit postversandfertigen Schriftstücke werden täglich, aufgrund eines Vertragsverhältnisses unserer Kanzlei mit der Österreichischen Post AG, von Mitarbeitern der Österreichischen Post AG mit eigens dafür vorgesehen und uns von der Österreichischen Post AG uns zur Verfügung gestellten Behältern täglich abgeholt und entsprechend postversendet.
Aufgrund der von uns im Zuge der mittels besagten Beschlusses des BFG erstmals dezidierten Konfrontierung der Fristversäumung des Antrags auf Vorlage unserer Beschwerde vom für unseren Klienten, der beschwerdeführendenPartei, haben wir unter Befragung unserer, für die Fristen und Postverwaltung beauftragten Mitarbeitern nachfolgendes festgestellt:
Das der Tag, der zweifellos gesetzmäßig und auch in den elektronischen und papiermäßig erfassten Termin- und Fristenbüchern und Verwaltungen des EDV-Systems richtig eingetragenen endgültigen gesetzlichen Frist, der als letzter Tag der Frist des Antrages zur Vorlage der Entscheidung über die Berufung vom an das Bundesfinanzgericht, war.
Am Tag dieser zwingenden Fristerledigung war unsere Iangjährige, im Sekretariat tätige Mitarbeiterin, Frau T. K mit der Post und Fristverwaltung und deren Erledigung zuständig.
In meiner Erinnerung wurde der Vorlageantrag von mir fristgerecht am, dem vorliegenden Wochenende, somit am 30. September, respektive am , diktiert und vorerfasst und via Internet an meine Mitarbeiterin, Frau T. K, zur Ausfertigung übermittelt.
Derart vorgefertigte Schriftstücke werden an den jeweiligen Diktatverfasser zur Durchsicht und eventuelle Ergänzung und Ausbesserung in einer sogenannten ,,Unterschriftsmappe“ vorgelegt und ist der jeweilige Mitarbeiter und somit auch ich als Geschäftsführer der Gesellschaft unmissverständlich angewiesen, die Durchsicht und die Aus- bzw. Verbesserung der jeweiligen Schriftstücke ehest zu erledigen und an die jeweilige Sekretariatsmitarbeiterin, welche das Schriftstück vorverfasst hat, zur entsprechenden Ausbesserung rückzuübermitteln.
Es ist weiters unmissverständlich organisatorisch festgehalten und mit Dienstanweisung allen Mitarbeitern angewiesen, dass die derart zu erfassenden Schriftstücke jedenfalls am Tag der Verfassung fertigzustellen sind, dass diese am selben Tag abgefertigt, wie oben ausgeführt, werden können und sind diese somit jedenfalls vor 17 Uhr fertigzustellen. Damit ist und soll gewährleistet werden, dass die entsprechenden Schriftstücke tagfertig mit der Post , wie oben organisatorisch dargestellt, zur Versendung gelangen.
Nur in Ausnahmefallen kann die Endfertigung der Schriftstücke nach 17 Uhr erfolgen, dies jedenfalls dann, wenn eine gesetzliche Frist an den jeweiligen Tag ein zu halten und somit die diesbezüglichen Schriftsätze an diesem Tag unwiderruflich zu erfolgen haben, jedoch aus Termin-und Zeitgründen nicht bis 17 Uhr fertiggestellt werden können, so sind diese derartigen in Ausnahmefallen zugelassenen Schriftstücke vom jeweiligen Sachbearbeiter eigenständig fertigzustellen und postversandmäßig auch zu frankieren und sind die diesbezüglichen Mitarbeiter angewiesen diese, derart in Ausnahmefallen nach 17 Uhr fertiggestellten Schriftstücke, jedenfalls innerhalb der Öffnungszeiten, einem örtlichen Postamt am jeweiligen Tage zur Versendung persönlich zu überbringen.
Im speziellen und betroffenen Fall des (nicht fristgerechten) Vorlageantrages wurde dieser von mir in einer Unterschriftsmappe (davon werden täglich zwischen acht und zwanzig Mappen zur Postfertigung an die mit der Postverwaltung betraute Mitarbeiterin im Sekretariat zur Erledigung übergeben) unterfertigt, von mir am Schreibtisch der mit der an diesem Tag für die Post- und Fristenverwaltung zuständigen Mitarbeiterin Frau T. K deponiert.
In meiner Erinnerung ist mir, dass ich an diesem Tage die Kanzlei, aufgrund eines Auswärtstermines, vor 17 Uhr verlassen habe und ich Frau K bei Verlassen der Kanzlei unmissverständlich angewiesen und nochmals erinnert habe, dass das Schriftstück des Vorlageantrages jedenfalls noch an diesem Tage, sprich Montag, den , entsprechend postversendet und fristgerecht zur Post gebracht werden muss.
Dies wurde von Frau K auch entsprechend bestätigt.
Wie sich nunmehr im Nachhinein festgestellt hat und erst durch Recherchen aufgrund des durch den eingangs erwähnten Beschluss des BFG endgültig festgestellten Fristversäumnis recherchiert wurde, wurde das besagte Schriftstück, welches in einer vielen Unterschriftsmappen an diesem Tag (Montag, ) zur Postversendung war, aus heute, auch von der zuständigen Mitarbeiterin, nicht mehr darstellbaren und nachvollziehbaren Gründen in einer dieser Mappen (derer gab es an diesem Tage vieler) übersehen wurde dieses Post zu fertigen und fristgerecht zur Postaufgabe vorzubereiten.
Dieser Umstand wurde von Frau K an nächsten Tag, sprich , in der Früh unmittelbar nach Dienstbeginn und entsprechender Nachbearbeitungen der Mappen, dies durch Leerung der in den jeweiligen Postmappen befindlichen Kanzleidurchschläge, der am Tag davor versendeten Originalschriftstücke, entdeckt und somit auch von ihr bemerkt, dass dieses Schriftstück entgegen der klaren Anweisung nicht am Montag, dem endgefertigt und postversendet wurde.
Aufgrund von einer offensichtlich Scham dies, mir als verantwortlichen Geschäftsührer zu berichten, wurde dieser Umstand stillschweigend von Frau K derart ,,vermeintlich” saniert, dass das besagte Schriftstück sodann am Dienstag, den entsprechend postversendet wurde, letztendlich jedoch verspätet.
Es war mir aufgrund des am diesem Tage () wahrzunehmenden Auswärtstermins nicht möglich, die tatsächliche Befolgung meiner unmissverständlichen Anweisung nochmals zu kontrollieren und hatte ich auch keinen Veranlassung, dies in den darauffolgenden Tagen zu tun, zumal Frau K eine langjährige und immer zuverlässige und gewissenhafte Mitarbeiterin war und ist.
Bis zu diesem Vorfall (und auch danach) ist von Frau K keine einzige fehlerhafte Fristerledigung erfolgt.
Es bleibt nunmehr zu beurteilen, ob dass ,,Übersehen“ unserer Mitarbeiterin ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 308 Abs 1 BAO darstellt. Dazu dürfen wir ausführen, dass aufgrund obiger Darstellung zweifelsfrei festgestellt werden kann, dass wir einen ordnungsgemäßen Kanzleibetrieb führen, der keinen Anlass zur Annahme von Unzuverlässigkeit und der Wahrung der persönlichen Aufsicht der Kontrollmaßnahmen darstellt und wir uns immer darauf verlassen konnten, dass unsere Mitarbeiter die unmissverständlich von mir als Geschäftsführer aufgetragenen Weisungen und Anweisungen auch stets befolgen.
Ich sah mich (aufgrund des Verschweigens durch die Mitarbeiterin) auch nicht veranlasst, daran in Folge zu zweifeln, zumal bis dato keine derartigen Wiederhandlungen der betrauten zuverlässigen Mitarbeiterin gelegen sind und daher auch keine Überprüfung vorzunehmen war.
Erst mit Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes wurde uns das Vorliegen der Fristversäumnis tatsächlich unmissverständlich kundgetan und haben wir unmittelbar nach Zugehen des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes umgehend mit den Recherchearbeiten und Tätigkeiten des mehr als ein Jahr zurückliegenden Ereignisses begonnen und sind nunmehr zu den oben dargestellten Erkenntnissen und Ergebnissen gelangt, die unseres Erachtens allesamt geeignet sind von einem unwägbaren und vorhersehbaren Ereignis auszugehen und daher den gesetzlichen Ansprüchen des § 308 BAO für die Wiedereinsetzung entsprechen.
Wir erachten auch den Antrag auf Wiedereinsetzung als fristgerecht, zumal wir erst mit dem Zugehen des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes von dem tatsächlichen Vorliegen (und der nicht bloßen Behauptung bzw. Vermutung) von der Fristversäumnis erfahren haben.“….
Die Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag vom bestätigen unmissverständlich die dem im Verfahren RV/2101167/2017 zu Grunde liegende Sachverhaltsfeststellung, dass der verfahrensgegenständliche Vorlageantrag der Bf tatsächlich nach Ablauf der am endenden Frist des § 264 Abs. 1 BAO in den Verfügungsbereich der Österreichischen Post AG gelangte.
Ebenso unmissverständlich ist der Darstellung im Wiedereinsetzungsantrag zu entnehmen, dass von Seiten der steuerlichen Vertretung des Bf mit den „Recherchearbeiten“ zur Feststellung der die Verspätung auslösenden Büroabläufe erst „unmittelbar nach Zugehen des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes im Verfahren RV/2101167/2017 begonnen“ worden war (VA, Seite 5 vorletzter Absatz).
Da der Wiedereinsetzungsantrag zwar detaillierte Ausführungen sowohl zum Entstehen der Fristversäumnis betreffend den VA als auch zu den „Recherchemaßnahmen“ bei Zugehen des enthält, sich aber zu entsprechenden Erhebungen bzw. Maßnahmen bei Erhalt der Verständigung über die Beschwerdevorlage zur BFG-Gz RV/2101167/2017 gänzlich verschweigt, geht das BFG davon aus, dass Letztere bei der steuerlichen Vertretung der Bf auch tatsächlich keine nennenswerten Ermittlungen zur Verifizierung bzw. Widerlegung des von der Abgabenbehörde im Vorlagebericht vom vertretenen Standpunkts ausgelöst hatte.
Die davon abweichenden Ausführungen in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde (Befragung der betroffenen Mitarbeiterin und Einsicht in die kanzleiinterne Fristendokumentation bzw. das Postausgangsbuch bei Erhalt der Verständigung über die Beschwerdevorlage zur BFG-Gz RV/2101167/2017) erachtet das BFG vor diesem Hintergrund als bloße Schutzbehauptung.
Das FA gab dem Antrag der Bf auf Wiedereinsetzung am statt und legte die Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid (§ 188 BAO) für 2010 dem BFG zur Entscheidung vor.
Als im Zuge des finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zu Tage kam, dass die dreimonatige Frist des § 308 (3) BAO zur Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages nicht mit Zustellung des BFG‑Beschlusses über die Zurückweisung des Vorlageantrages im Verfahren RV/2101167/2017 am , sondern bereits mit Zustellung der Ausfertigung des Vorlageberichtes vom zu laufen begonnen hatte, hob das FA den Bescheid über die Stattgabe des Wiedereinsetzungsantrages am mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 299 BAO auf.
Die im eingangs dargestellten Verfahrensverlauf zu ersehenden nachfolgenden Verfahrensschritte werden der gegenständlichen Entscheidung mit den angeführten Datumsangaben als erwiesener Sachverhalt zu Grunde gelegt.
Mit Bescheid vom wies das FA den nunmehr wieder unerledigten Antrag der Bf vom auf Wiedereinsetzung der Frist des § 264 (1) BAO im Feststellungsverfahrens (§ 188 BAO) für 2010 in den vorigen Stand (§ 308 BAO) als verspätet zurück.
II. Gegen eine abgabenbehördliche Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 (1) BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Die Abgabenbehörde hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen (§ 265 (4) BAO).
Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung eines Abgabenverfahrens in den vorigen Stand normiert § 308 BAO, soweit verfahrensrelevant, wie folgt:
„(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) (…) ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten (…). Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(....)
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war (…) eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.
(…)“
Der Lauf der Frist zur Einbringung eines Wiedereinsetzungsantrages nach § 308 Abs. 3 BAO beginnt mit Wegfall jenes Hindernisses, das der fristwahrenden Setzung der betreffenden Maßnahme entgegenstand.
Ist die verspätete Einbringung eines Rechtsmittels auf einen Irrtum zurückzuführen, fällt dieses Hindernis weg, sobald die Partei diesen Irrtum als solchen erkennen konnte und musste. Für den Lauf der Wiedereinsetzungsfrist kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Gewissheit über einen Irrtum an, sondern darauf, wann der Irrtum für die Partei zumutbar zu erkennen war (vgl. ; , 2003/14/0005 und Ritz BAO Kommentar6, § 308, Rz 22 mwV).
Gemäß § 299 (1) BAO kann „die Abgabenbehörde (..) auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. (…)
Eine Maßnahme nach § 299 BAO setzt einen im Spruch unrichtigen Bescheid voraus. Der Grund für die Unrichtigkeit des Bescheides ist nicht entscheidend. Die unrichtige Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung kommt dafür ebenso in Betracht, wie eine Unkenntnis entscheidungsrelevanter Sachverhaltselemente. Der Zeitpunkt des Hervorkommens der Unrichtigkeit spielt für die Anwendbarkeit des § 299 BAO insofern eine Rolle, als die Maßnahme durch § 302 BAO auf den Zeitraum eines Jahres nach der Bescheiderlassung befristet ist. Ein allfälliges Verschulden einer (oder beider) Verfahrenspartei(en) an der Unrichtigkeit hindert eine Bescheidbehebung nach § 299 BAO nicht.
§ 299 BAO ist als Ermessensentscheidung konzipiert.
Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, welche die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, „in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.“
Generell hat sich die behördliche Ermessensübung vor allem am Zweck der anzuwendenden Norm bzw. der Intention des Gesetzgebers zu orientieren. Für den Bereich der Aufhebung nach § 299 BAO kommt deshalb dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit grundsätzlich Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu. Die in § 20 BAO genannten Kriterien der Billigkeit und Zweckmäßigkeit stellen im Rahmen von Ermessensentscheidungen grundsätzlich und subsidiär zu beachtende Aspekte dar (vgl. Ritz, BAO Kommentar6 § 20 Rz 8 u.a. mit Verweis auf ; , 93/13/0130).
Unter „Billigkeit“ versteht die ständige Rechtsprechung „Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei.“ Dabei sind auch entscheidungsrelevante persönliche und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei zu berücksichtigen. Dies kann etwa auch das bisherige steuerliche Verhalten der Partei betreffen (vgl. z.B. Stoll, BAO, 208).
Zufolge Art 130 Abs 3 B-VG idF BGBl I 2012/51 ist im finanzgerichtlichen Beschwerdeverfahren die Ermessensübung durch das BFG eigenverantwortlich zu üben (Ritz, a.a.O. § 20, Rz 11).
§ 300 (1) BAO lautet, soweit verfahrensrelevant: "Ab Vorlage der Beschwerde (§ 265) (…) können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben." (…)
III. Im Gegensatz zur Bestimmung des § 299 BAO räumt § 308 BAO der Abgabenbehörde keinen Ermessensspielraum bei der Anwendung ein. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hat das FA die Wiedereinsetzung durchzuführen. Im Gegenzug ist die Verfügung einer Wiedereinsetzung unzulässig, wenn die Voraussetzungen des § 308 BAO nicht erfüllt sind. Ein unter diesen Umständen dennoch ergangener Wiedereinsetzungsbescheid ist unrichtig im Sinne des § 299 BAO.
Im anhängigen Verfahren ist entscheidend, ob die Fristenregelung des § 308 Abs. 3 BAO richtig angewendet wurde. Konkret ist zu klären, ob der Beginn des Fristenlaufes mit dem Zugehen des Vorlageberichts vom im BFG-Verfahren zur Gz RV/2101167/2017 an die steuerliche Vertretung des Bf anzunehmen ist, oder erst am mit der Zustellung des dieses Verfahren beendenden finanzgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses vom . Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob der steuerlichen Vertretung der Bf das Erkennen der Fristversäumnis bei Zugehen des abgabenbehördlichen Vorlageberichts vom im BFG-Verfahren zur Gz RV/2101167/2017 zumutbar war. Eine Gewissheit über das Vorliegen einer Fristversäumnis war nach der VwGH-Judikatur für den Beginn des Fristenlaufes nicht erforderlich (z.B. ; , 2003/14/0005; , 93/13/0092; , 90/03/0030).
Aus Sicht des BFG war auf Basis des festgestellten Verfahrensergebnisses das Erkennen der Fristversäumnis bei Zugehen des abgabenbehördlichen Vorlageberichts vom für die steuerliche Vertretung der Bf zweifelsfrei nicht nur zumutbar, sondern sogar geboten.
Tatsächlich musste – da der vom FA im Vorlageantrag formulierte Standpunkt bei Zutreffen zweifelsfrei die Verfahrensbeendigung zur Folge haben würde – von der steuerlichen Vertretung der Bf, aufgrund deren Auftrages zur Wahrung der steuerlichen Interessen der Bf, ein umgehendes Hinterfragen der Position des FA und eine eingehende Abklärung der diese voraussetzenden Umstände geradezu erwartet werden.
Die Berechtigung der vom FA vertretenen Position und damit deren Erfolgsaussichten konnten erst nach zweifelsfreier Klärung der zu Grunde liegenden Abläufe (insbesondere der Gründe für das von der eigenen Datenlage unterschiedliche Einbringungsdatum des Vorlageantrages im Vorlagebericht des FA) beurteilt werden. Eine Ableitung aus den (vermuteten) Motiven für das abgabenbehördliche Vorbringen war dafür jedenfalls unzureichend.
Wie festgestellt, hält es das BFG aufgrund des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag vom für erwiesen, dass die für diese Beurteilung notwendigen und zumutbaren Ermittlungen von der steuerlichen Vertretung der Bf erst nach Zugehen des finanzgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses vom im Verfahren zur Gz RV/2101167/2017 durchgeführt wurden.
Damit steht fest, dass der Fristenlauf des § 308 (3) BAO bereits mit dem Zugehen des Vorlageberichts vom im BFG-Verfahren zur Gz RV/2101167/2017 an die steuerliche Vertretung des Bf begann. Die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages am erfolgte somit deutlich nach Ablauf der dreimonatigen Frist des § 308 (3) BAO.
Nachdem die zwingenden Voraussetzungen des § 308 (3) BAO für eine Wiedereinsetzung nicht vorlagen, erweist sich der stattgebende Bescheid des FA vom als unrichtig im Sinn des § 299 BAO.
Bleibt zu klären, ob mit der Aufhebung dieses Bescheides vom der durch § 299 BAO eingeräumte Ermessensspielraum überschritten wurde.
Bei dieser Beurteilung steht dem Normzweck des § 299 BAO (Rechtsrichtigkeit vor Rechtssicherheit) insbesondere die persönliche Situation der Bf bzw. der ihr zuzurechnenden steuerlichen Vertretung gegenüber.
Letzterer war aufgrund ihrer beruflichen Situation bzw. fachlichen Qualifikation der Inhalt und die Konsequenz sowohl der Fristenbestimmung des § 308 (3) BAO als auch jener des § 264 (1) BAO bekannt. Daraus resultierten strengere Anforderungen bei der Erfüllung der Sorgfaltspflichten als für rechtsunkundige Personen (; , 2005/07/0044; , 91/06/0067).
Der persönlichen Betroffenheit des für die Einbringung des verfahrensrelevanten Vorlageantrages zuständigen Geschäftsführers der steuerlichen Vertretung - als Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei mit beträchtlichem wirtschaftlichen Risiko im zu Grunde liegenden Feststellungsverfahren (§ 188 BAO) für 2010 - sollte zusätzliche Warnfunktion zur Vermeidung einer Fristversäumnis zugekommen sein.
Die Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages am letzten Tag vor dem vermeintlichen Ablauf der dreimonatigen Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages, nachdem bereits der (wenig aufwändig ausgeführte) Vorlageantrag das Datum des Ablaufes der Frist des § 264 Abs.1 BAO trägt, lässt – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der im Vorlagebericht des FA aufgezeigten (und durch zugehörige Unterlagen dokumentierten) wiederholt nötigen Fristerstreckungen im Zuge des abgabenbehördlichen Feststellungsverfahrens (§ 188 BAO) der Bf für 2010 - zumindest auf einen wenig sorgfältigen Umgang mit abgabenrechtlichen Fristen schließen.
Tatsächlich legt die Vielzahl der zumeist wenig substantiiert begründeten Fristerstreckungsanträge aus Sicht des BFG durchaus den Verdacht einer Strategie der bewussten Verfahrensverzögerung nahe, zumal auch der Ablauf des AP-Verfahrens von einer schleppenden Mitwirkung der steuerlichen Vertretung beeinträchtigt gewesen war.
In Würdigung dieser Umstände und unter Berücksichtigung des verhältnismäßig geringen Zeitaufwandes zur gesicherten Abklärung der Differenz beim VA-Einbringungsdatums im Vorlagebericht des FA vom - ein (naheliegender) Anruf bzw. ggfs. eine Akteneinsicht beim FA hätte genügt -, erscheint es berechtigt, dem Normzweck des § 299 BAO den größeren Stellenwert einzuräumen.
Zum Einwand der Unzuständigkeit des FA zur Bescheidbehebung nach § 299 BAO zufolge der Bestimmungen des § 300 BAO genügt es, auf die zutreffenden Ausführungen des FA in der BVE zu verweisen, denen sich das BFG vollinhaltlich anschließt. Der von der verfahrensgegenständlichen Bescheidaufhebung betroffene Wiedereinsetzungsbescheid vom war nicht Gegenstand des dem BFG am zur Gz RV/2100464/2019 zur Entscheidung vorgelegten Rechtmittels.
Ergänzend wird - wie bereits im Zurückweisungsbeschluss vom zu RV/2101167/2017 - daran erinnert, dass der BVE nach ständiger VwGH-Judikatur Vorhaltscharakter zukommt und es der Bf frei stand, sich im Vorlageantrag bzw. einem diesen ergänzenden Schriftsatz zu den Ausführungen in der BVE zu äußern. Gleiches gilt für die Ausführungen des FA im verfahrensgegenständlichen Vorlagebericht.
Ein Eingehen auf das Rechtmittelvorbringen betreffend unvollständige Akten- bzw. Beweismittelvorlage an das BFG im Verfahren zur Gz RV/2101167/2917 erübrigt sich mangels Relevanz für das anhängige Verfahren.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. ).
Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, auf welche die angeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision zutreffen, da es sich im Wesentlichen um die Beantwortung von Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung handelte und die zugrundeliegenden Rechtsfragen durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH ausreichend beantwortet sind.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 308 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 300 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 302 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 130 Abs. 3 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.2101088.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at