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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.10.2019, RV/7105244/2019

1. Wiederaufnahme von Amts wegen. 2. Tatsächlich geleistete Zahlungen aufgrund von Haftungsinanspruchnahme gem. § 9 Abs. 1 BAO als nachträgliche Betriebsausgaben.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., über die Beschwerden vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt X vom und , betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2017, Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2017, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerden gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2016 und 2017 werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Diese angefochtenen Bescheide bleiben unverändert. 

Der Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2016 wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Dieser angefochtene Bescheid wird im Umfang der Bezug habenden Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2016 vom abgeändert.

Die Beschwerde  gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Dieser angefochtene Bescheid wird im Umfang der Bezug habenden Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2017 vom abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig. 

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezieht Pensionseinkünfte und hat in den Streitzeiträumen 2016 und 2017 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt. Gemäß den vorliegenden Einkommensteuererklärungen für diese Jahre erfolgte die Gewinnermittlung durch (vollständige) Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 (der Bf. hat dies in den Bezug habenden Einkommensteuererklärungen auch selbst angegeben (S 32/Rückseite, S 75/Rückseite BFG-Akt)); in jenen Jahren war der Bf. umsatzsteuerlich nicht erfasst und hat auch keine Umsatzsteuererklärungen für 2016 und 2017 eingereicht (erst seit 2019 besteht wieder Umsatzsteuerpflicht des Bf.).

In den Einkommensteuererklärungen für 2016 und 2017 machte der Bf. negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit von -157.199,28 € bzw. -152.507,78 € geltend. Bei diesen Beträgen handelte es sich um die offenen Abgabenschuldigkeiten, dh. den ausgewiesenen Rückstand auf dem Abgabenkonto der mit Datum1 amtswegig infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöschten A GmbH, deren wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer der Bf. gewesen war (über diese Gesellschaft war mit Beschluss vom Datum2 der Konkurs eröffnet und letzterer mit Beschluss vom Datum3 nach Schlussverteilung aufgehoben worden; der Bf. wurde in weiterer Folge gemäß § 9 Abs. 1 BAO als Haftender für die Abgabenschulden dieser Gesellschaft in Anspruch genommen).

In den Einkommensteuerbescheiden (Erstbescheiden) für 2016 und 2017 vom bzw. wurden die oa. negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit vom Finanzamt zunächst anerkannt.

Mit Bescheiden vom und nahm die Abgabenbehörde die Einkommensteuerverfahren für 2016 und 2017 wieder auf und erließ an denselben Tagen neue Einkommensteuerbescheide (Sachbescheide), in denen es keine nachträglichen Betriebsausgaben mehr (für 2016) bzw. solche in Höhe von 3.078,00 € (für 2017) berücksichtigte.

Die Bezug habenden Wiederaufnahmsbescheide wurden von der Abgabenbehörde jeweils wie folgt begründet:

„Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen und Beweismittel neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte. […]“

In den neuen Einkommensteuerbescheiden (Sachbescheiden) führte das Finanzamt begründend aus:

„[…]

Zahlungen eines Gesellschafters/Geschäftsführers aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme gem. § 9 Abs. 1 BAO stellen eine nachträgliche Betriebsausgabe dar, die den Einkünften aus selbständiger Arbeit zuzurechnen sind.

Bei Ihren übrigen Aufwendungen in der Höhe von 159.512,99 € [für 2016 bzw.] 156.434,99 € [für 2017] handelt es sich jedoch lediglich um den Rückstand, also die ausstehenden Abgabenschuldigkeiten, auf dem Abgabenkonto der A GmbH [St.Nr.].

Da im Jahr 2016 auf dem Abgabenkonto der A GmbH keine Zahlungseingänge stattfanden, können keine nachträglichen Betriebsausgaben berücksichtigt werden [für 2016].

Im Jahr 2017 erfolgten von Ihnen auf dem Abgabenkonto der A GmbH zwei Überweisungen von jeweils 1.539,00 €. Die übrigen Aufwendungen wurden daher mit einem Betrag in der Höhe von 3.078,00 € berücksichtigt [für 2017].“

Gegen die oa. Wiederaufnahmsbescheide und neuen Einkommensteuerbescheide (Sachbescheide) erhob der Bf. jeweils Beschwerde:

Die Begründung der Wiederaufnahmsbescheide sei unrichtig; die Wiederaufnahme sei eine unzulässige reformatio in peius. Alle Tatsachen und Beweismittel seien in den abgeschlossenen Einkommensteuerverfahren 2016 und 2017 bereits geltend gemacht worden. In Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis der Verfahren seien die rechtskräftigen Erstbescheide erlassen worden. Die Wiederaufnahmsbescheide seien daher aufzuheben.

Zu den neuen Einkommensteuerbescheiden (Sachbescheiden) führte der Bf. aus, er beantrage die Anerkennung von 159.512,99 € bzw. 156.434,99 € als sonstige Betriebsausgaben gemäß Kennzahl 9230 des Formulars E 1a („Beilage zur Einkommensteuererklärung E 1 für Einzelunternehmerinnen/Einzelunternehmer (betriebliche Einkünfte“)).

Er habe am 1.539,00 € der offenen Zahllast an die St.Nr. B überwiesen, somit sei die Begründung des Finanzamts, es seien im Jahr 2016 keine Zahlungseingänge erfolgt, unrichtig. Am habe der Bf. 1.539,00 € der offenen Zahllast an die St.Nr. C überwiesen, somit sei die Begründung der Abgabenbehörde, es seien im Jahr 2017 zwei Zahlungseingänge erfolgt, unrichtig.

Zudem wisse das Finanzamt, dass der Bf. zur Soll-Besteuerung optiert habe. Somit sei der Zahlungsfluss unerheblich, für 2016 und 2017 relevant sei lediglich der vom Bezirksgericht D am Datum4 festgesetzte Zahlungsplan mit der Zahlschuld in Höhe von 159.512,99 € und mit halbjährlichen Raten in Höhe von 1.539,00 €.

In der Folge habe er gemäß Ausfüllhilfe E 2 2016 zum Formular E 1a 2016 die Summe der 2016 bezahlten Umsatzsteuerzahllasten als Betriebsausgabe in der Kennzahl 9230 eingetragen, und den verbleibenden Zahllastenüberhang per Jahresende 2016 in Höhe von 157.973,99 € habe er ebenfalls zur Kennzahl 9230 addiert, sodass für 2016 eben genau der Soll-Betrag des Konkursedikts von 159.512,99 € bleibe. Für 2017 habe er gemäß Ausfüllhilfe E 2 2017 zum Formular E 1a 2017 den verbleibenden Zahllastenüberhang per Jahresende 2016 in Höhe von 156.434,99 € in der Kennzahl 9230 eingetragen.

Nachdem das Finanzamt den Bf. mit Ergänzungsersuchen vom gebeten hatte, die genauen Beträge, die auf das Abgabenkonto der A GmbH eingezahlt worden waren, für das jeweilige Jahr mittels genauer Aufstellung bekannt zu geben und diese nachzuweisen, erließ die Abgabenbehörde jeweils am Beschwerdevorentscheidungen für 2016 und 2017, in denen sie die tatsächlichen Zahlungen des Bf. jeweils mit 1.539,00 € berücksichtigte. Begründend führte die Abgabenbehörde dazu aus:

„Sie haben im Jahr 2016 übrige Aufwendungen in der Höhe von 159.512,99 € und im Jahr 2017 156.434,99 € geltend gemacht. Durch das Ergänzungsersuchen vom betreffend die übrigen Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2018 ist die Tatsache neu hervorgekommen, dass es sich bei den übrigen Aufwendungen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 um den Betrag der offenen Abgabenschuldigkeiten, also den ausgewiesenen Rückstand auf dem Abgabenkonto der A GmbH [St.Nr.], handelt. In Folge der Haftungsinanspruchnahme gem. § 9 Abs. 1 BAO sind jedoch lediglich die geleisteten Haftungszahlungen und nicht der gesamte Rückstand als nachträgliche Betriebsausgabe abzugsfähig.

Da die Kenntnis dieser Tatsache einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte und der Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres maßgebend ist, ist der Grund für eine Wiederaufnahme für die Jahre 2016 und 2017 gegeben. Die Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 1 BAO erfolgte zu Recht.

Im Zuge des Parteiengehörs wurde am ein erneuter Vorhalt versendet. Lt. Ihren vorgelegten Unterlagen sind auf dem Steuerkonto der A GmbH im Jahr 2016 folgende Zahlungen bzw. Überrechnungen eingelangt:

: 8.352,00 € Zahlung Konkursmasse (Umbuchung/Finanzverwahrnisse).

Am erfolgte eine Umbuchung von Ihrem persönlichen Abgabenkonto auf das der A GmbH. Da diese Zahlung jedoch bereits am auf Ihrem Abgabenkonto, also in die Sphäre des Finanzamts, gelangt ist, wurden die 1.539,00 € als nachträgliche Betriebsausgabe für das Jahr 2016 berücksichtigt.

Insgesamt ergeben sich also im Jahr 2016 nachträgliche Betriebsausgaben iSd § 4 Abs. 4 EStG in der Höhe von 9.891,00 €.

Im Jahr 2017 erfolgte am 15.5. eine Zahlung auf das Abgabenkonto der A GmbH in der Höhe von 1.539,00 €. Dieser Betrag wurde im Jahr 2017 als nachträgliche Betriebsausgabe berücksichtigt.

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.“

In seinen Vorlageanträgen vom führte der Bf. aus, die Beschwerdevorentscheidungen hätten seine Beschwerdebegründungen ignoriert; das Finanzamt habe neuerlich die ihm bekannten Fakten falsch berechnet und berücksichtigt.

Es sei Soll-Besteuerung zugrunde zu legen, und selbst wenn der Bf. zur Ist-Besteuerung gezwungen werde, sei die Summe seiner Umsatzsteuerzahlungen in den Beschwerdevorentscheidungen weiterhin falsch.

Alle Argumente seien dem Finanzamt vor der Wiederaufnahme bekannt gewesen.

In seiner Eingabe vom führte der Bf. aus, die Abgabenbehörde sei verpflichtet, vor bzw. bei jeder Bescheiderlassung zur Bemessung der Einkommensteuer alle ihr bekannten Gründe und Sachverhalte zu würdigen und zu berücksichtigen.

Das Finanzamt habe zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide betreffend Einkommensteuer 2016 und 2017 am sowie gewusst, dass der Bf. die sonstigen Betriebsausgaben unter der Kennzahl 9230 (USt-Zahllast aufgrund Haftungsbescheids für die A GmbH) nach dem Sollprinzip geltend mache.

Dies bedeute, dass der Bf. nicht nur die tatsächlich geleisteten Zahlungen als Betriebsausgabe absetzen könne, sondern bei Zahllastüberhang die Summe aller Zahlungen und offenen Zahllasten.

Somit seien keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die im Verfahren nicht bereits bekannt gewesen seien, weshalb die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren für 2016 und 2017 zu Unrecht erfolgt sei.

Überdies seien die Beschwerdevorentscheidungen auch insofern unrichtig, als weiterhin nur die Umsatzsteuerzahlungen an das Finanzamt ZZ, nicht jedoch seine anderen USt-Zahlungen anerkannt worden seien; selbst wenn der Bf. zur Ist-Besteuerung gezwungen würde, sei die Summe seiner Umsatzsteuerzahlungen auch ohne offene Zahllast in den Beschwerdevorentscheidungen weiterhin falsch berechnet.

Am wurden die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Bezug habenden Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerden.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

- § 303 Abs. 1 BAO lautet:

„§ 303. (1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.“

- Gemäß § 4 Abs. 4 1. Satz EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

- Nach § 19 Abs. 2 1. Satz EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

- Gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 leg. cit. auch Einkünfte aus einer ehemaligen betrieblichen Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 (zB Gewinne aus dem Eingang abgeschriebener Forderungen oder Verluste aus dem Ausfall von Forderungen).

Fest steht im gegenständlichen Fall, dass der Bf. in den Einkommensteuererklärungen für 2016, 2017 und 2018 (letzteres Jahr ist nicht streitgegenständlich) negative Einkünfte aus selbständiger Arbeit von -157.199,28 €, -152.507,78 € und -162.224,84 € geltend gemacht hat (S 32/Rückseite, S 75/Rückseite sowie S 98/Rückseite BFG-Akt) und dass zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide (Einkommensteuerbescheide) für 2016 und 2017 am bzw. der belangten Behörde nicht bekannt war, wie sich die geltend gemachten Verluste zusammensetzen bzw. um welche Art von Aufwendungen (Betriebsausgaben) es sich handelt, weswegen die vom Bf. erklärten negativen Einkünfte aus selbständiger Arbeit in den angeführten Erstbescheiden auch in voller Höhe anerkannt wurden.

Erst im Zuge der Einkommensteuerveranlagung für 2018 erging am ein Ergänzungsersuchen des Finanzamts („betreffend E 2018 - übrige Aufwendungen“) an den Bf., mit dem dieser ersucht wurde, „eine Aufstellung der übrigen Aufwendungen/Betriebsausgaben in der Höhe von 153.356,99 € vorzulegen und diese durch Rechnungen samt Zahlungsbelegen nachzuweisen“ (S 101 BFG-Akt).

In der Beantwortung dieses Ergänzungsersuchens wurde mitgeteilt, dass unter der Kennzahl 9230 („übrige Aufwendungen/Betriebsausgaben“) des Formulars E 1a (= Beilage zur Einkommensteuerklärung E 1) die Umsatzsteuerzahllasten eingetragen worden seien und es wurde ein Auszug des Abgabenkontos der A GmbH vorgelegt, auf dem ein fälliger Rückstand von 153.356,99 € ausgewiesen war.

Erst durch diese Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom für das Jahr 2018 und weitere Ermittlungen kam für die belangte Behörde neu hervor, wie sich die geltend gemachten Verluste zusammensetzen bzw. um welche Art von Aufwendungen (Betriebsausgaben) es sich handelt (es kam die Tatsache neu hervor, dass es sich bei den geltend gemachten übrigen Aufwendungen in den Jahren 2016 und 2017 um den Betrag der offenen Abgabenschuldigkeiten, dh. den ausgewiesenen Rückstand auf dem Abgabenkonto der A GmbH handelt) und dass die beantragten Ausgaben nur teilweise abzugsfähig sind.

Dies führte in weiterer Folge dazu, dass die belangte Behörde mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom und die Einkommensteuerverfahren für 2016 und 2017 wiederaufnahm und an denselben Tagen die neuen, nunmehr ebenfalls angefochtenen Einkommensteuerbescheide (Sachbescheide) erließ, mit denen sie die beantragten Ausgaben nicht bzw. nicht mehr in voller Höhe anerkannte (anzumerken ist, dass das Finanzamt in Folge des oa. Ergänzungsersuchens vom am auch den (nicht strittigen) Einkommensteuerbescheid (Erstbescheid) für 2018 erließ, mit dem es die geltend gemachten Ausgaben (mit Ausnahme von tatsächlichen Zahlungen von 4.167,00 €) ebenfalls nicht anerkannte).

Als Ergebnis dieser Ausführungen ist sohin festzuhalten, dass die belangte Behörde entgegen der Auffassung des Bf. die Einkommensteuerverfahren für 2016 und 2017 aufgrund des Neuhervorkommens der oa. Tatsachen, die zu im Spruch anders lautenden Bescheiden geführt haben, zu Recht gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen hat.

Zum Vorbringen des Bf., der (tatsächliche) Zahlungsfluss sei unerheblich und er könne auch die offenen Zahllasten als Betriebsausgabe absetzen, ist seitens des Bundesfinanzgerichts folgendes festzuhalten:

Für den Bf., der in den Jahren 2016 und 2017 seinen Gewinn durch (vollständige) Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelt hat (er hat dies in den Bezug habenden Einkommensteuererklärungen auch selbst angegeben (S 32/Rückseite, S 75/Rückseite BFG-Akt); siehe dazu auch S 5 f. BFG-Akt („Nachweis E-A-R für 2016 und 2017“)), ist das Zufluss-Abfluss-Prinzip maßgebend. Der Abfluss im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG 1988 liegt vor, wenn der Betrag aus der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen ausscheidet (Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG17, § 4 Tz 185, mit Verweis auf ; ; ).

Demzufolge sind im gegenständlichen Fall, wie das Finanzamt zu Recht ausgeführt hat, lediglich die tatsächlich geleisteten Zahlungen des Bf. aufgrund von dessen Haftungsinanspruchnahme gemäß § 9 Abs. 1 BAO als nachträgliche Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 iVm § 32 Abs. 1 Z 2 1. Teilstrich EStG 1988 abzugsfähig und nicht, wie der Bf. vermeint, der gesamte Rückstand, dh. die ausstehenden (offenen) Abgabenschuldigkeiten auf dem Abgabenkonto der am Datum1 amtswegig im Firmenbuch gelöschten A GmbH. Somit geht die Argumentation des Bf., der (tatsächliche) Zahlungsfluss sei unerheblich und er könne auch die offenen Zahllasten als Betriebsausgabe absetzen, ins Leere.

Darauf, ob der Bf. Ist- oder Soll-Versteuerer nach den Vorschriften des UStG 1994 (§ 19 leg. cit.) ist, kommt es nicht an, ist doch für den Bf. ertragsteuerlich das Zufluss-Abfluss-Prinzip maßgebend (siehe oben). Die in den Beschwerdevorentscheidungen vom schlüssig dargelegte Berechnung der als nachträgliche Betriebsausgaben abzugsfähigen (tatsächlichen) Zahlungen des Bf. (siehe oben in der Darstellung des Verfahrensgangs in diesem Erkenntnis) ist nicht zu beanstanden. Zudem war der Bf. in den Jahren 2016 und 2017 umsatzsteuerlich nicht erfasst und hat auch keine Umsatzsteuererklärungen für diese Jahre eingereicht.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall liegen diese Voraussetzungen nicht vor (das Erkenntnis folgt vielmehr der darin angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben ist. Die ordentliche Revision   war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 4 Satz 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 19 Abs. 2 Satz 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 32 Abs. 1 Z 2 Teilstrich 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
Zorn/Varro in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 17. Auflage, § 4 Tz 185


ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105244.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at