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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.11.2019, RV/7500680/2019

Parkometerabgabe; Nicht ordnungsgemäße Kundmachung der flächendeckenden gebührenpflichtigen Kurzparkzone im 1. Wiener Gemeindebezirk; Stattgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde des A***B***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , MA67/196700399237/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die ordentliche Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gemäß § 25a Abs 1 VwGG durch die vor dem Bundesfinanzgericht belangte Behörde unzulässig.

Entscheidungsgründe

Dem Beschwerdeführer wurde vom Magistrat der Stadt Wien mit Straferkenntnis vom angelastet, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-123*** am um 15:20 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Johannesgasse ggü ONr. 26, ohne gültigen Parkschein abgestellt und demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.

In seiner Rechtfertigung hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, dass die gebührenpflichtige Kurzparkzone im 1. Wiener Gemeindebezirk nicht ausreichend kundgemacht und daher ungültig sei. Auf dem in der Anlage beigefügten Lichtbild sei erkennbar, dass unmittelbar nach der Einfahrt in die Herrengasse das Beschränkungszeichen "Ende der Kurzparkzone" gemäß § 52 Z 13e StVO angebracht sei. Mit diesem Straßenverkehrszeichen werde das Ende der gebührenpflichtigen Kurzparkzone kundgemacht. Da die Kundmachung nicht der Verordnung entspreche, sei die gesamte Kurzparkzone rechtswidrig. Die gegenständliche (gebührenpflichtige) Kurzparkzone sei falsch gekennzeichnet und daher ungültig.
Der Beschwerdeführer stellte daher den Antrag, das Strafverfahren einzustellen.

Dazu stellte die der Magistrat der Stadt Wien im Straferkenntnis fest, dass das Abstellen des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer unbestritten geblieben sei.
Der Abstellort habe sich zum Tatzeitpunkt innerhalb eines ordnungsgemäß kundgemachten Kurzparkzonenbereiches, nämlich jenem des 1. Wiener Gemeindebezirkes mit Gültigkeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 Uhr bis 22:00 Uhr, befunden.
Ein solcher Bereich sei ordnungsgemäß gekennzeichnet, wenn an allen Einfahrtsmöglichkeiten Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang" (§ 52 lit a Z 13 StVO) und an allen Ausfahrtsstellen Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende" (§ 52 lit a Z 13a StVO) angebracht seien. Der Beschwerdeführer habe am Anfang des gegenständlichen Bereiches bei einem Verkehrszeichen "Kurzparkzone Anfang“ vorbeikommen und daher solange davon ausgehen müssen, dass er sich im Kurzparkzonenbereich befinde als er nicht ein Verkehrszeichen "Kurzparkzone Ende“ passierte.
Bei dem vom Beschwerdeführer mitgesendeten Foto handle es sich nicht um das Verkehrszeichen ”Kurzparkzone Ende“, sondern beziehe sich dieses Verkehrszeichen auf die darunter befindliche kundgemachte Begegnungszone. lnnerhalb der Begegnungszonen gäbe es Verkehrsregeln, die für jeden Verkehrsteilnehmer verbindlich seien. Bei dem vom Beschwerdeführer vermeintlichen "Kurzparkzonen Ende"-Schild handle es sich um ein Verbotszeichen "Parken verboten".

In seiner Beschwerde brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aus der Fehleinschätzung der Rechtslage und der daraus resultierenden falschen Begründung der Behörde ergebe. Dem Anschein nach habe die Behörde die Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 13e StVO ("Ende der Kurzparkzone") mit dem Vorschriftszeichen nach § 52 lit a Z 11b StVO ("Ende einer Zonenbeschränkung") verwechselt.
Er denke, dass die vom Lenker geforderte Kenntnis aller einschlägigen Bestimmungen auch von der vollziehenden Behörde erwartet werden könne.
Er habe die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen. Bei richtiger Beurteilung hätte das Strafverfahren eingestellt werden müssen. Er begehre daher die Einstellung des Verfahrens und stelle den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Weitere Beweisanträge behalte er sich vor.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Magistratsabteilung 28 mit Schreiben vom um Bekanntgabe, wann das Verkehrszeichen „Ende der Zonenbeschränkung“ in der Herrengasse montiert wurde bzw um Angabe des Datums der entsprechenden Verordnung, da der Beschuldigte in seiner Beschwerde vorgebracht habe, dass zur Beanstandungszeit unmittelbar nach der Einfahrt in die Herrengasse (1010 Wien, Herrengasse 2 – 4) das Beschränkungszeichen „Ende der Kurzparkzone“ gemäß § 52 Z 13e StVO angebracht gewesen sei und ein am durchgeführter Lokalaugenschein ergeben habe, dass auf der Standsäule das Verkehrszeichen "Ende der Zonenbeschränkung" (Beschränkungszeichen gemäß § 52 a/11b StVO 1960) und darunter das Hinweiszeichen „Begegnungszone“ (§ 53 Z 9e StVO) angebracht waren.

Die Magistratsabteilung 28 teilte mit Antwortschreiben vom mit, dass die Angaben des Beschuldigten insofern richtig seien, da sich beim Verordnungsakt der MA46–DEF/453347 in der Planbeilage ein planerischer Darstellungsmangel ergeben habe. Dieser Umstand sei von der Behörde nachträglich erkannt und der erforderliche Austausch des Verkehrszeichens am durchgeführt worden.

Der Beschwerdeführer hat den Antrag auf mündliche Verhandlung mit E-Mail vom zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer hat das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-123*** am um 15:20 Uhr in 1010 Wien, Johannesgasse ggü ONr. 26, ohne Entrichtung der Parkometerabgabe abgestellt.

Die Örtlichkeit 1010 Wien, Johannesgasse ggü ONr. 26, befindet sich im 1. Wiener Gemeindebezirk (Innere Stadt).

Das gesamte Straßennetz innerhalb des 1. Wiener Gemeindebezirkes (Innnere Stadt) ist mit Ausnahme von ausdrücklich ausgenommenen bestimmten Straßen und Straßenbereichen eine flächendeckende gebührenpflichtige Kurzparkzone.

Die Örtlichkeit in 1010 Wien, Herrengasse 2 - 4, stimmt nicht mit einer verordnungsgemäß festgelegten Grenze der flächendeckenden Kurzparkzone des 1. Wiener Gemeindebezirks überein.

An der Örtlichkeit in 1010 Wien, Herrengasse 2 - 4, waren zur  Beanstandungszeit  - bis - auf einer Standsäule die Verkehrszeichen „Ende der Kurzparkzone“ gemäß § 52 Z 13e StVO und "Begegnungszone" (§ 53 Z 9e StVO 1960) angebracht.

Am wurde das Verkehrszeichen „Ende der Kurzparkzone“ durch das Verkehrszeichen „Ende der Zonenbeschränkung“ ersetzt.

Beweiswürdigung:

Das Abstellen des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges in 1010 Wien, Johannesgasse ggü ONr. 26, ohne gültigen Parkschein durch den Beschwerdeführer ist unstrittig und durch die Anzeigedaten und den vom Kontrollorgan der Parkraumüberwachung zum Beanstandungszeitpunkt aufgenommenen Fotos erwiesen.

Mit Verordnung des Magistrats der Stadt Wien im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde vom betreffend Kurzparkzonen für die Innere Stadt (1. Wiener Gemeindebezirk), Z MA 46-V1-2624/92 wurde für das gesamte Straßennetz innerhalb des 1. Wiener Gemeindebezirkes (Innnere Stadt) - mit Ausnahme von ausdrücklich ausgenommenen bestimmten Straßen und Straßenbereichen - eine flächendeckende, gebührenpflichtige Kurzparkzone eingerichtet.

Die verordnungsgemäß festgelegten Grenzen der flächendeckenden Kurzparkzone für den 1. Wiener Gemeindebezirk entsprechen den Bezirksgrenzen. Die Kurzparkzone umfasst  derart das Gebiet innerhalb der Ringstraße und des Franz Josef Kais ..., sowie Gebiete außerhalb des Ringes (vgl oa Verordnung). Innerhalb dieser Grenzen befindet sich der gegenständliche Tatort (vgl zB Google Maps).

Die Örtlichkeit 1010 Wien, Herrengasse 2 – 4 liegt zentral innerhalb des Rings mitten im 1. Wiener Gemeindebezirk, also weit entfernt von jeder Bezirksgrenze und damit auch weit entfernt von einer verordnungsgemäß festgelegten Grenze der flächendeckenden Kurzparkzone für den 1. Wiener Gemeindebezirk (vgl zB Google Maps).

Dass an der Örtlichkeit in 1010 Wien, Herrengasse 2 – 4 zum Beanstandungszeitpunkt am , das Verkehrszeichen „Ende der Kurzparkzone“ angebracht war, entspricht dem Vorbringen des Beschwerdeführers und ist durch die Anfragebeantwortung der Magistratsabteilung 28,  vom , wonach die Angaben des Beschuldigten insofern richtig seien, da sich in der Planbeilage zum Verordnungsakt der MA46 – DEF/453347 ein planerischer Darstellungsmangel ergeben habe erwiesen.

Rechtlich folgt daraus:

§ 25 StVO lautet:
"(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.
(2) Verordnungen nach Abs 1 sind durch die Zeichen nach § 52 Z 13d und 13e kundzumachen;
3) - (5) …"

Eine ordnungsgemäße Kundmachung einer flächendeckenden Kurzparkzone liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes dann vor, wenn an allen Einfahrts- und Ausfahrtsstraßen, auf denen die Kurzparkzone legal erreicht bzw legal verlassen werden kann, die Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit a Z 13d und 13e StVO gesetzeskonform angebracht sind (vgl zB , , ).

Eine Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Grenzen der Kurzparkzone mit der tatsächlich durch Vorschriftszeichen kundgemachten Verordnung führt zur Rechtswidrigkeit der Kundmachung ( Zlen 2003/17/0138 bis 0193). Im vorliegenden Fall war, wie ausgeführt an der Örtlichkeit in 1010 Wien, Herrengasse 2 – 4 zum Beanstandungszeitpunkt am , das Verkehrszeichen „Ende der Kurzparkzone“ (§ 52 Z 13e StVO) - offensichtlich irrtümlich - angebracht. Richtig hätte das Verkehrszeichen „Ende der Zonenbeschränkung“ angebracht sein sollen.

Nachdem die oa Örtlichkeit nicht mit einer verordnungsmäßig festgelegten Grenze der Kurzparkzone übereinstimmt, deckt sich die Kundmachung nicht mit der Verordnung. Das Verkehrszeichen ist daher nicht gesetzeskonform angebracht und die Kundmachung nicht ordnungsgemäß erfolgt. Indirekt wird diese Rechtsansicht auch vom Magistrat der Stadt Wien im Schreiben vom geteilt. Danach habe die Behörde den Umstand erkannt und den (offensichtlich nach Ansicht des Magistrats) erforderlichen Austausch des Verkehrszeichens am durchgeführt.

Nach § 1 Abs 3 Wiener Parkometergesetz ist Voraussetzung für die Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe das Vorliegen einer für diesen Bereich kundgemachten Kurzparkzone.

Mangels ordnungsgemäßer Kundmachung der Kurzparkzonenverordnung für den 1. Wiener Gemeindebezirk ist daher eine Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe für den Beschwerdeführer nicht entstanden.

Unzulässigkeit der Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis wird über keine Rechtsfragen im von grundsätzlicher Bedeutung entschieden, sondern lediglich Feststellungen zu einer strittigen Sachverhaltsfrage getroffen.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 2 VStG einzustellen.

Die Nichtvorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 52 Abs 8 VwGVG.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 25 StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
§ 45 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7500680.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at