Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2019, RV/3100540/2013

Vorliegen von Dienstverhältnissen

Entscheidungstext

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** über die Beschwerden vom 5. Feber 2013 bzw  gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom bzw betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zu diesem Beitrag für das Jahr 2011 bzw 2012

zu Recht erkannt:

I.

Den Beschwerden wird teilweise Folge gegeben.

II.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang:

Mit Bescheiden vom schrieb das Finanzamt der als Arbeitgeber angesehenen Person für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2011 Lohnsteuer in Höhe von € 2.964,77 zur Zahlung und Haftung vor und setzte den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zu diesem Beitrag auf Grund einer Bemessungsgrundlage von € 15.762,11 mit € 709,29 (DB) bzw € 67,78 (DZ) für das Jahr 2011 fest.
Begründend wurde auf "das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Ermittlungen und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung" verwiesen. Die Festsetzung der Lohnabgaben "in geschätzter Höhe" wäre erforderlich, "weil im Jahr 2011 die Lohnabgaben nicht vollständig gemeldet bzw geleistet" worden wären. Als Ergebnis einer Kontrolle der Finanzpolizei am wäre festgestellt worden, dass es sich bei den "Fremdleistungen" von zwei namentlich genannten Personen "um eine nichtselbständige Tätigkeit" handle. Die "geleisteten Löhne" wären unter Berücksichtigung der gemeldeten Daten "in die Berechnung als Grundlage miteinbezogen" worden.

Mit (damals) Berufung wurde auf eine Berufung an das Strafamt des Stadtmagistrats übermittelt und würden "dieselben Rechtfertigungsgründe" erhoben sowie eingewendet, dass Grundlage für die angefochtenen Bescheide die "Preise von Selbständigen" wären, welche "ca. 3-mal höher als ein Arbeitnehmerlohn" seien.

Das Finanzamt wurde darüber informiert, dass im Mai 2013 über die Berufung gegen das Straferkenntnis durch den Unabhängigen Verwaltungssenat entschieden wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat reduzierte ausschließlich die Höhe der ausgesprochenen Strafen. Die mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis festgestellte Dienstgebereigenschaft erwuchs in Rechtskraft.

Mit (damals) Berufungsvorentscheidung wurde der (damals) Berufung hinsichtlich der Haftung für Lohnsteuer Folge gegeben, da die beiden als Dienstnehmer angesehenen Personen die Einkünfte bereits in ihrer persönlichen Steuererklärung berücksichtigt hatten. Weiters wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber einer Tätigkeit als Metallbauer nachgehe. Im Zuge einer Kontrolle der Finanzpolizei wären in einem Firmenfahrzeug des Beschwerdeführers drei Personen angetroffen und befragt worden. Im Rahmen dieser Befragungen wäre ausgesagt worden, dass die in Rede stehenden Personen Arbeitsleistungen ("einzelne manuelle Beiträge") erbracht und nach Arbeitsstunden abgerechnet hätten sowie Werkzeug, Material und Firmenauto (vom Beschwerdeführer) zur Verfügung gestellt worden wäre. Die "Werkverträge" wären mündlich abgeschlossen worden und es würde gemeinsam an den Projekten gearbeitet. Das Risiko für die zu errichtenden Projekte trage der Berufungswerber.
Unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stünde für das Finanzamt fest, dass die betroffenen Personen weisungsgebunden und organisatorisch in das Unternehmen des Berufungswerbers eingebunden wären und auch kein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko zu tragen hätten. Es wären Dauerschuldverhältnisse vorgelegen und hätte die in Rede stehenden Personen ihre Arbeitskraft geschuldet. Damit wäre vom Vorliegen von Dienstverhältnissen auszugehen.
In die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag wurden sodann alle auf dem Buchhaltungskonto "Fremdleistungen" aufscheinenden Beträge einbezogen und die Abgaben auf Basis eines Betrages von € 47.730,79 berechnet.

Mit gleichem Datum wie die Berufungsvorentscheidung wurden auch Festsetzungsbescheide hinsichtlich DB und DZ für das Jahr 2012 erlassen und gemeinsam mit der Berufungsvorentscheidung versendet. Auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung wurde verwiesen. Die Bemessungsgrundlage wurde mit € 41.174,12 (zum Teil im Schätzungswege) ermittelt.

Daraufhin wurde "Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung vom " erhoben und diese mit der "Verwendung von falschen Bemessungsgrundlagen" begründet. "Zu beeinspruchen" sei "auf jeden Fall", dass die Bemessungsgrundlage der Berufungsvorentscheidung "über die gesamten Fremdleistungen" und nicht nur betreffend die in Rede stehenden Personen erhoben worden wäre. Die Bemessungsgrundlagen für diese würden im Jahr 2011 € 8.189,00 und im Jahr 2012 € 22.032,50 betragen.
Nochmals angemerkt würde, dass den in Rede stehenden "Subunternehmern … sachliche Weisungen bei der Ausführung der übernommenen Werke" gegeben worden wären, "wobei der Erfolg und nicht die Arbeitsleistung geschuldet" worden wäre. Als Merkmale für die Selbständigkeit wären anzuführen: Mehrere Auftraggeber im Jahr, bei Regieleistungen die Bezahlung nach "Stundenregiesatz", Übernahme des Auftrages auf eigenes Risiko, bei Pauschalen wäre immer der Erfolg und nicht die Arbeitsleistung geschuldet worden, selbständiges Auftreten am Markt, eigene Bezahlung von "SVA" und Haftpflichtversicherung, das Verfügen über eigene Betriebsmittel, langjährige selbständige Tätigkeit, Tragen des Risikos von eigener Krankheit und Unfall, Möglichkeit der Weitergabe von übernommenen Werkverträgen, Tragen des Risikos der Insolvenz des Geschäftspartners und der Auslastung des Betriebes, sohin von Unternehmerwagnis und Unternehmerrisiko. Weiters wäre anzumerken, dass alle "[Tätige]" "immer örtlicher, zeitlicher und sachlicher Weisungsgebundenheit unterliegen" und "oftmals in Unternehmen eingebunden" wären. Weiters würde kein "unterteilbares Werk" bestehen und würden "immer viele Selbständige gemeinsam dieses Werk erstellen".
Es bestehe die Hoffnung, eine "Reduzierung beziehungsweise Aufhebung der Bemessungsgrundlage  zu erhalten".

Das Finanzamt wertete diese Eingabe einerseits als Vorlageantrag hinsichtlich der Bescheide für das Jahr 2011 und als Berufung gegen die Bescheide des Jahres 2012. Diese Wertung entspricht insbesondere wegen des Inhaltes der Eingabe, welche sich klar auch auf das Jahr 2012 bezieht, dem Umstand, dass die Bescheide 2012 gemeinsam mit der Berufungsvorentscheidung für das Jahr 2011 versendet wurden und der Tatsache, dass die Eingaben vom Beschwerdeführer selbst verfasst wurden, offensichtlich der Intention des Beschwerdeführers und hat dieser nach Übermittlung des Vorlageberichtes auch keine Einwendungen erhoben.

Das Finanzamt legte die Berufungen (hinsichtlich des Jahres 2012 ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung) dem Unabhängigen Finanzsenat im November 2013 zur Entscheidung vor. Diese war am noch unerledigt anhängig und ist daher nach § 323 Abs 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen. Als Beilagen zum Vorlagebericht wurde eine Aufstellung über - seitens des Finanzamtes nunmehr - als Unternehmer anerkannte "Fremdleistungspartner", eine Zusammenstellung hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen von Erstbescheid und Berufungsvorentscheidung sowie der nunmehr errechneten Bemessungsgrundlagen für die Jahre 2011 sowie 2012 und eine Aufstellung der monatlichen Bemessungsgrundlagen ebenfalls für die Jahre 2011 und 2012 sowohl dem Berufungswerber als auch dem Unabhängigen Finanzsenat übermittelt.

2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Der nachfolgende Sachverhalt ergibt sich aus den Ergebnissen der Ermittlungen der Finanzpolizei, den Einvernahmen vom , dem Telefonat mit dem Beschwerdeführer vom , den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung und im Vorlageantrag sowie dem Inhalt der Berufungsvorentscheidung vom .

  • Am wurde von ua von Organen der Finanzpolizei Fahrzeuge angehalten und kontrolliert. Im angehaltenen Firmenfahrzeug des Beschwerdeführers befanden sich drei Personen. Bei einer Person handelte es sich um den erst nach Durchführung der Kontrolle angemeldeten (siehe dazu die Ausführungen in der Berufung gegen das Straferkenntnis des Stadtmagistrats Innsbruck) Arbeitnehmer [AN]. Bei den anderen zwei Insassen handelte es sich um [Name1] und [Name2].

  • Letztere wurden vom Beschwerdeführer als Monteure beschäftigt. Sowohl Werkzeug, als auch Material und Firmenfahrzeug wurden vom Beschwerdeführer gestellt und sind diese am Tag der Anhaltung gemeinsam (ohne [AN]) zur Baustelle gefahren.

  • Beide letztgenannten Personen gaben an, bereits seit längerer Zeit ([Name1] seit ca zwei Jahren, [Name2] seit ca einem Jahr) mit Unterbrechungen für den Beschwerdeführer zu arbeiten. Aus dem Gesamtzusammenhang des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich auch, dass diese Arbeitsleistungen regelmäßig unter den gleichen Bedingungen erbacht wurden.

  • Die letztgenannten Personen haben das Gewerbe als [Tätige] angemeldet. Nach den eigenen Ausführungen des Beschwerdeführers (s Berufung S 2) wird von diesen in "Leerzeiten" auch für andere Unternehmer (Gerüstbau-, Messestandbau- oder sonstige Montageunternehmen) gearbeitet. Offensichtlich ist, das der Betrieb des Beschwerdeführers ein solches "anderes" Unternehmen darstellt. Daraus folgt, dass die beiden genannten Personen für den Beschwerdeführer nicht als [Tätige] tätig waren, sondern für den Beschwerdeführer jene Arbeitsleistungen erbracht haben, die zur Erfüllung der vom Beschwerdeführer übernommenen Aufträge notwendig waren.

  • Die Erbringung der Arbeitsleistungen für den Beschwerdeführer im Rahmen seiner betrieblichen Tätigkeit erfolgte im gemeinsamen Arbeitseinsatz mit anderen Arbeitnehmern und/oder dem Beschwerdeführer selbst auf Baustellen, wobei letzterer die Arbeitsanweisungen erteilt (s Berufung S 3). Teilweise wurden auch Arbeitsleistungen im Betriebsgebäude des Beschwerdeführers erbracht (Einvernahme [Name1]). 

  • Abgerechnet wurden die erbrachten Arbeitsleistungen nach geleisteten Arbeitsstunden. [Name1] erhielt pro Arbeitsstunde € 30,00, [Name2] € 25,00. Dieser Umstand ergibt sich nicht nur aus den Aussagen der einvernommenen Betroffenen, sondern auch aus den im Verwaltungsakt aufliegenden Rechnungen (vgl Rechnung [Name1] vom oder ; Rechnung [Name2] vom ). Wenn sich im Verwaltungsakt auch Rechnungen befinden, nach welchen ein 1. und 2. Teil- sowie ein Restbetrag (Rg 94, 95 und 97 [Name1] im Jahr 2012) abgerechnet wurden, ist dazu festzuhalten, dass eine Division der in Rechnung gestellten Beträge mit dem vereinbarten Stundenlohn deutlich den Rückschluss zulässt, dass trotz in Rechnung gestellter "Pauschalbeträge" tatsächlich nach den in einem bestimmten Zeitraum geleisteten Stunden abgerechnet wurde. Auch die Anmerkung in der Berufung, "letztes Jahr" wäre "eine Pauschale für den Erfolg des vereinbarten Teils der Montage vereinbart" worden, deutet in die Richtung, dass bei tatsächlich gleich bleibenden Verhältnissen lediglich nach außen eine scheinbar andere Abrechnungsmethode gewählt wurde.

  • Das Risiko gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber (Vertragspartner des Beschwerdeführers) trug der Beschwerdeführer (s Berufung S 3). Bei den verrichteten Arbeiten handelt es sich nicht um gesondert zu erstellende eigenständige "Werke", sondern wird ein (dem Beschwerdeführer erteilter) Auftrag in gemeinsamer Arbeitsleistung erfüllt (s Einvernahmen der betroffenen Personen, Berufungsvorentscheidung S 1 unten, Vorlageantrag S 2). Insoweit können die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung nur so verstanden werden, dass mit der Wortfolge "Abnahme der Montageleistung meiner Subunternehmer" nur gemeint sein kann, dass die Arbeitsleistungen eben unter seiner Aufsicht erfolgt sind, Minderleistungen sofort gerügt wurden und durch konkrete Weisungen im Arbeitsablauf die mängelfreie Erfüllung des von ihm übernommenen Auftrages sichergestellt wurde.

  • Nach Einsichtnahme in die Datenbank der Sozialversicherung steht fest, dass [Name1] und [Name2] in den Jahren 2011 und 2012 nach dem GSVG versichert waren.

  • Schriftliche Verträge zwischen dem Beschwerdeführer und den beiden genannten Personen liegen nicht vor.

3. Rechtslage:

Nach § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.
Gemäß Abs 2 der zitierten Bestimmung sind Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
Der Beitrag des Dienstgebers ist nach Abs 3 der genannten Bestimmung von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG.
Übersteigt die Beitragsgrundlage in einem Kalendermonat nicht den Betrag von 1 460 Euro, so verringert sie sich um 1 095 Euro (§ 41 Abs 4 FLAG 1967).
Der Beitrag beträgt nach Abs 5 4,5 vH der Beitragsgrundlage.

Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen (§ 122 Abs 7 WKG). Abs 8 dieser Bestimmung normiert, dass die Bundeskammer zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs 7 festlegen kann. Abs 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15 vH der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.

Nach § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

§ 25 Abs 1 Z 1 lit a EStG 1988 bestimmt, dass Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen (§ 25 Abs 2 EStG 1988).

Hat der Arbeitgeber die Anmeldeverpflichtung des § 33 ASVG nicht erfüllt und die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt, gilt ein Nettoarbeitslohn als vereinbart; die Annahme einer Nettolohnvereinbarung gilt nicht, wenn für die erhaltenen Bezüge die Meldepflichten gemäß §§ 119 ff BAO oder § 18 GSVG erfüllt wurden (§ 62a EStG 1988).

4. Erwägungen:

Im vorliegenden Fall besteht einerseits Streit darüber, ob die beiden für den Beschwerdeführer in den Jahren 2011 und 2012 tätigen Personen ([Name1] und [Name2]) zu diesem in einem Dienstverhältnis gestanden sind und demzufolge die auf Grund der Beschäftigung von Dienstnehmern gemäß § 41 FLAG verbundene Pflicht zur Entrichtung von Dienstgeberbeiträgen bzw gemäß § 122 WKG verbundene Pflicht zur Entrichtung von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag. Andererseits wird die Höhe der Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zu diesem Beitrag bestritten.

a) Vorliegen von Dienstverhältnissen:

Gemäß § 47 Abs 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis - soweit hier von Bedeutung - vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Dieser Legaldefinition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die (nicht bloß sachliche, sondern persönliche) Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Nur in Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist - nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senates , VwSlg 7979/F, und der daran anknüpfenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 47 Abs 2 EStG 1988 - auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa das Fehlen eines Unternehmerrisikos und der Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen. Mit dieser Unterscheidung zwischen vorrangigen und nur in Zweifelsfällen maßgeblichen Kriterien verwarf der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis eines verstärkten Senates die in einem Teil der bis dahin bestehenden Judikatur vertretene Annahme der Gleichwertigkeit insbesondere des Kriteriums eines fehlenden Unternehmerrisikos mit den beiden Merkmalen der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung, auf die sich die Prüfung des "Gesamtbildes" vorrangig zu beziehen hat (vgl zB , Rn 18).
Die für das Dienstverhältnis charakteristische Weisungsunterworfenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Hievon muss die sachliche und technische Weisungsbefugnis unterschieden werden, die etwa im Rahmen eines Werkvertrages ausgeübt wird und sich lediglich auf den Erfolg einer bestimmten Leistung bezieht (vgl , mwN).
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich ua in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl , mwN).

An Sachverhalt steht im vorliegenden Fall fest, dass sich die in Rede stehenden zwei Personen in Zeiten, in welchen sie ihr gemeldetes Gewerbe (mangels Aufträgen) nicht ausgeübt haben, bereit erklärt haben, für den Beschwerdeführer im Rahmen dessen Unternehmens zu arbeiten. Wenn in den Eingaben des Beschwerdeführers immer wieder auf "[Tätige]" und deren Arbeitsumstände hingewiesen wird, hat dies für den vorliegenden Fall insoweit keine Relevanz, als vom Beschwerdeführer weder behauptet, noch in irgendeiner Weise nachgewiesen  wird, dass es sich bei den von ihm übernommenen Aufträgen um die Aufstellung von [Konstruktionen] handelt.
In diesem Zusammenhang ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass diese bei vom Beschwerdeführer übernommenen Aufträgen zusammen mit dem Beschwerdeführer und/oder Arbeitnehmern desselben in einer "Arbeitspartie" gemeinsam arbeiteten, um das vom Beschwerdeführer geschuldete "Werk" zu erbringen. Dieser Umstand erfordert, dass sich die zwei Personen an den vom Beschwerdeführer vorgegebenen Zeitplan hinsichtlich der Arbeitstage, der Anreise zu den Einsatzorten und der Arbeitszeit zu halten hatten. Der Beschwerdeführer selbst führt aus, dass im Zuge der Erbringung der Arbeitsleistung von ihm Weisungen erteilt wurden und er demzufolge die Organisation der Arbeitsabläufe über hatte. Ebenso führt der Beschwerdeführer selbst aus, dass die beiden Personen mit dem Firmenfahrzeug die einzelnen Arbeitsorte aufsuchten und dort mit seinem Werkzeug arbeiteten, was wiederum auf ein Arbeiten im vom Beschwerdeführer bestimmten organisatorischen Umfeld bedeutet. Das Finanzamt führt in der Berufungsvorentscheidung deutlich aus, die von den beiden Personen erbrachten Leistungen stellten "einzelne manuelle Beiträge", nicht aber eine "geschlossene Einheit" dar. Dieser Umstand wird in den Eingaben des Beschwerdeführers tatsächlich auch nicht bestritten. Vielmehr zeigen seine Ausführungen zur Suche der beiden Personen nach Beschäftigung in "Leerzeiten" (wenn keine Aufträge als [Tätige] erfolgt sind) klar, dass sie dem Beschwerdeführer ihre Arbeitskraft entsprechend dessen Bedarf und nach dessen Vorgaben zur Verfügung gestellt haben. In diesem Zusammenhang weist zudem die Entlohnung nach Arbeitsstunden deutlich darauf hin, dass die betroffenen Personen lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellten. Dass in einzelnen Rechnungen offenbar auch "Pauschalen" aufscheinen, wird hinsichtlich des wahren wirtschaftlichen Gehalts dadurch relativiert, dass die als Pauschale" bezeichnete Entlohnung ganz offensichtlich eine Rückrechnung auf Stundensätze zulässt.
Der vorliegende Sachverhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Der Beschwerdeführer hat sich zur Erbringung der von ihm geschuldeten "Werke" ua auch der Arbeitskraft der beiden in Rede stehenden Personen bedient, die unter seiner Leitung und im Rahmen der betrieblichen Organisation seines Unternehmens Arbeitsleistungen erbrachten. Bei einem derart koordinierten Arbeitseinsatz an den Einsatzorten (inklusive der zum Teil auch erfolgten Vorarbeiten im Betrieb des Beschwerdeführers) kann keine Rede davon sein, dass die beiden in Rede stehenden Personen selbständig und in der konkreten Arbeitseinteilung völlig frei eigene abgeschlossene "Werke" erbracht hätten.
Wenn in der Eingabe vom darauf hingewiesen wird, die beiden in Rede stehenden Personen wären als Subunternehmer für den Beschwerdeführer tätig gewesen und hätten "Werke" übernommen, steht dies im Gegensatz zum tatsächlichen Sachverhalt eines gemeinsamen und in organisatorischer Eingliederung erfolgten Arbeitens zur Erfüllung eines vom Beschwerdeführer übernommenen und nicht in "Einzelwerke" aufgliederbaren Auftrages. Auch das nunmehr behauptete Schulden eines nicht näher ausgeführten Erfolges steht ebenso im Widerspruch zum tatsächlichen Sachverhalt, wie die Bezugnahme auf "eigene Betriebsmittel", steht doch fest, dass die beiden in Rede stehenden Personen ausschließlich mit den Betriebsmitteln des Beschwerdeführers gearbeitet haben und im Ergebnis ausschließlich vom Beschwerdeführer (im Verhältnis zu seinen Kunden) abgeschlossene Werke geschuldet wurden, während die in Rede stehenden Personen unter der Aufsicht und Anleitung des Beschwerdeführers ausschließlich ihre Arbeitskraft eingebracht haben. Eine nähere Erläuterung und konkrete gegenteilige Ausführungen unter Angabe diesbezüglicher Beweismittel blieb der Beschwerdeführer dabei völlig schuldig und lässt sich in diesem Zusammenhang allenfalls vermuten, dass hier als Reaktion auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung lediglich Behauptungen aufgestellt wurden, die aber in der Realität nicht umgesetzt wurden. Gleiches gilt für die behauptete Möglichkeit, "Aufträge" weiterzugeben. Dazu ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer gar nicht konkret behauptet, dass eine solche Weitergabe jemals stattgefunden hat. Aus dem Gesamtzusammenhang des gegenständlichen Falles ergibt sich zudem, dass die beiden in Rede stehenden Personen ihre Arbeitsleistung angeboten haben, um so bezeichnete "Leerzeiten" zu überbrücken. Schon alleine aus diesem Grund ist es auszuschließen, dass jemals beabsichtigt gewesen ist, derartige "Aufträge" weiter zu geben. Vielmehr war die Intention gerade darauf gerichtet, selbst Arbeitsleistungen zu erbringen und dadurch (zusätzliche) Einnahmen zu erzielen.

Aus oben Gesagtem ergibt sich deutlich, dass die beiden wesentlichen Merkmale für das Bestehen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs 2 EStG 1988 (Weisungsgebundenheit und organisatorische Eingliederung) im gegenständlichen Fall erfüllt sind und die in Rede stehenden Personen in einem Dienstverhältnis zum Beschwerdeführer gestanden sind, was im Übrigen vom Beschwerdeführer im damaligen Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol auch gar nicht mehr bestritten wurde.

b) Höhe der Bemessungsgrundlagen:

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die in Rede stehenden Personen in den Jahren 2011 und 2012 durchgehend nach dem GSVG versichert waren und daher ihrer Meldeverpflichtung nach § 18 GSVG nachgekommen sind.
Entsprechend § 62a EStG 1988 ist daher nicht zwingend von einer Nettolohnvereinbarung auszugehen und sind die erhaltenen Vergütungen - im Gegensatz zur Vorgangsweise des Finanzamtes in den bekämpften Bescheiden - nicht nach dieser Bestimmung auf Bruttobeträge hochzurechnen. Auch sonstige Feststellungen, die eine Nettolohnvereinbarung vermuten würden lassen, sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Demnach errechnet sich die Bemessungsgrundlage wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aufgliederung 2011 ("netto")
DV1 lt Lohnzettel
DV2 lt Lohnzettel
Hinzurechnung DN1 nto
Summe
BMGl mit Freibetrag § 41 Abs 4
Jänner
 
 
340,00
360,00
795,00
1.495,00
1.495,00
Feber
 
 
340,00
360,00
 
700,00
0,00
März 
 
 
340,00
360,00
 
700,00
0,00
April
 
 
340,00
360,00
 
700,00
0,00
Mai
 
 
340,00
360,00
1.830,00
2.530,00
2.530,00
Juni
 
 
680,00
720,00
 
1.400,00
305,00
Juli
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
August
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
September
 
 
340,00
 
3.660,00
4.000,00
4.000,00
Oktober
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
November
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
Dezember
 
 
680,00
 
1.800,00
2.480,00
2.480,00
 
 
 
4.760,00
2.520,00
8.085,00
15.365,00
10.810,00


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Aufgliederung
2012 ("netto")
DV lt. Lohnzettel
Hinzurech.
DN2 nto
Hinzurech.
DN1 nto
Summe
BMGl mit Freibetrag § 41 Abs 4
Jänner
 
 
340,00
500,00
 
840,00
0,00
Feber
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
März 
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
April
 
 
340,00
 
 
340,00
0,00
Mai
 
 
623,33
 
1.320,00
1.943,33
1.943,33
Juni
 
 
 
 
 
0,00
0,00
Juli
 
 
 
 
5.550,00
5.550,00
5.550,00
August
 
 
 
 
 
0,00
0,00
September
 
 
 
 
 
0,00
0,00
Oktober
 
 
313,01
2.512,50
1.620,00
4.445,51
4.445,51
November
 
 
887,12
 
4.920,00
5.807,12
5.807,12
Dezember
 
 
975,63
 
5.610,00
6.585,63
6.585,63
 
 
 
4.159,09
3.012,50
19.020,00
26.191,59
24.331,59

Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom die Hinzurechnungsbeträge selbst angeführt hat. Im Jahr 2011 wurde dabei von ihm offenbar ein Betrag von € 104,00 ebenfalls hinzugerechnet, obwohl dieser Betrag nicht an [Name1], sondern an eine Person gleichen Nachnamens geflossen ist. Dementsprechend war der von ihm berechnete Hinzurechnungsbetrag um € 104,00 zu kürzen.

Der Dienstgeberbeitrag (4,5% der BMGl) war daher festzusetzen

für das Jahr 2011 mit € 486,45 und
für das Jahr 2012 mit € 1.094,92.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (0,43% der BMGl) war daher festzusetzen

für das Jahr 2011 mit € 46,48 und
für das Jahr 2012 mit € 104,63.

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesfinanzgericht entsprechend den Sachverhaltsfeststellungen unter Beachtung der Judikatur entschieden. Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, war daher nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
§ 62a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100540.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at