Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.09.2019, RV/2100317/2018

Pauschalierung nach § 22 UStG 1994 für eine nicht in Österreich gelegene Landwirtschaft

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100317/2018-RS1
Erzielt eine in Deutschland gelegene Landwirtschaft Umsätze durch den Direktverkauf ihrer landwirtschaftlichen Produkte in Österreich, so kann sie nicht die Pauschalierung nach § 22 UStG 1994 anwenden, da diese Bestimmung so zu verstehen ist, dass damit im Inland gelegene landwirtschaftliche Betriebe umfasst sind. Dies deshalb, weil die Richtlinie 2006/112/EG eine betriebsbezogene Betrachtung zulässt und die innerstaatlichen Bestimmungen zur Buchführungspflicht nach der BAO und Feststellung des Einheitswertes nach dem BewG an einen inländischen Betrieb anknüpfen. Zudem ist die Berechnung des pauschalen Vorsteuerabzuges klar auf die Verhältnisse eines inländischen Betriebes ausgerichtet.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache BF,

I. über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2014, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Teil des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

II. über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde Finanzamt Graz-Stadt vom , betreffend Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2014, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Teil des Erkenntnisses ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin (BF) handelt es sich um eine in Deutschland ansässige Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, welche in Deutschland eine pauschalierte Landwirtschaft betreibt und in den Bundesländern Tirol, Salzburg und Oberösterreich landwirtschaftliche Produkte an Endabnehmer (Nichtunternehmer) verkauft.
Nach der Darstellung im Außenprüfungsbericht werden die aus der Eigenerzeugung stammenden Produkte mit eigenen bzw. gemieteten Fahrzeugen zu den Verkaufsständen in Österreich transportiert. Saisonal erstreckt sich der Verkauf von jeweils Mai bis Oktober eines Jahres. Die jeweiligen Verkaufsstände befinden sich im Eigentum der BF. Die vorübergehend benötigten Lagerflächen werden von den österreichischen Grundeigentümern angemietet. Schriftliche Verträge darüber gibt es nicht.

Die so erzielten Umsätze in Österreich in den Jahren 2009 bis 2014 bewegten sich in den einzelnen Jahren zwischen ca. Euro 133.000 und Euro 262.000.
Diese Umsätze wurden seitens der BF zunächst nicht erklärt, die Pauschalregelung für Landwirte gemäß § 22 UStG 1994 für anwendbar erachtet.

Verfahrensgang

Das Finanzamt setzte nach den Ergebnissen der Außenprüfung für diese Umsätze 10 % Umsatzsteuer (ermäßigter Steuersatz gem. § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994) unter Anerkennung der angefallenen Vorsteuerbeträge im nachgewiesenen Ausmaß fest.
Die österreichische Pauschalierungsregelung für Landwirte gem. § 22 UStG 1994 wurde nicht angewendet, da sich diese Regelung nur auf im Inland gelegene landwirtschaftliche Betriebe erstrecke.
Hinsichtlich der Argumentation der steuerlichen Vertretung, dass die Direktvermarktungsverkäufe der deutschen Pauschalierungsregelung unterlägen, sei einzuwenden, dass Lieferungen und Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführe, gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 der österreichischen Umsatzsteuer unterlägen.

Dagegen richtete sich die Beschwerde der BF vom mit nachgereichter Begründung vom : die Umsätze der BF unterlägen der Durchschnittsbesteuerung nach § 22 UStG 1994. Die BF führe die Umsätze im Rahmen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebes aus. Die Umsätze in Österreich würden nicht die Umsatzgrenze von Euro 400.000 überschreiten und es bestehe in Österreich keine Buchführungspflicht.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurde die Beschwerde abgewiesen und begründend ausgeführt:

"In Art 296 der MwSt-RL 2006/112/EG wird zur Erleichterung der Umsatzbesteuerung für landwirtschaftliche Erzeuger, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, Pauschalregelungen anzuwenden.

Die für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltende Fassung des § 22 Abs. 1 UStG 1994 lautet:
Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12% der Bemessungsgrundlage festgesetzt.
Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.
Die Buchführungspflicht richtet sich nach §§ 124 und 125 der österreichischen Bundesabgabenordnung (BAO).
Die Buchführungspflicht ist ausschließlich betriebsbezogen geregelt.
Aus § 125 BAO (in der im beschwerdegegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung) ergeben sich folgende Grundsätze:
Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ergibt sich eine Buchführungspflicht, wenn ihr Umsatz in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren jeweils 400.000 Euro übersteigt oder wenn ihr Wert zum 1. Jänner eines Jahres 150.000 Euro überstiegen hat.
Bei der Art der Besteuerung nach § 22 UStG 1994 wurde auf folgende Umstände Bedacht genommen:
- die Umsätze der Land- und Forstwirtschaft unterliegen regelmäßig dem ermäßigten Steuersatz;
- die Vorumsätze unterliegen zum überwiegenden Teil dem Normalsteuersatz, ein Teil unterliegt dem ermäßigten Steuersatz. Ein Teil der Wertschöpfung ist nicht mit Umsatzsteuer belastet. Diese auf den inländischen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zugeschnittene Berechnung des pauschalen Vorsteuerabzuges spricht gegen die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf ausländische Unternehmer (siehe Mayr/Ungericht, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 4.Auflage, Anmerkung 1 zu § 22).
Die österreichische Finanzverwaltung geht daher davon aus, dass die Durchschnittssatzbesteuerung nur auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden ist (i.d.S. auch die österreichischen Umsatzsteuerrichtlinien 2000, Rz 2876).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen."

Dagegen wurde ein Vorlageantrag vom mit einer nachgereichten Begründung vom eingebracht und ergänzend ausgeführt:

"2. Ergänzende Ausführungen zum bisher vorgebrachten Begehren

Wie im bisherigen Rechtsmittelverfahren bereits ausgeführt, begehren wir, dass hinsichtlich unserer im Zeitraum 2009 bis 2014 in Österreich getätigten Umsätzen die Pauschalbesteuerung gemäß § 22 UStG zur Anwendung gelangt.

Wir begehren daher die Aufhebung der beschwerdegegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2014 und die Erlassung ersetzender Umsatzsteuerbescheide für 2009 bis 2014, in welchen die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 22 UStG zur Anwendung kommt und in Höhe der Umsatzsteuer abzugsfähige Vorsteuern festgesetzt werden.

Die Verspätungszuschlagsbescheide betreffend Umsatzsteuer 2009 bis 2014 sind als abgeleitete Bescheide entsprechend aus dem Rechtsbestand zu entfernen.

3. Begründung für unser Begehren

Wir begründen unser Begehren damit, dass die den bekämpften Bescheiden zugrundeliegende Rechtsansicht, wonach die Pauschalbesteuerung nur auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden ist, den einschlägigen Bestimmungen in der MwStSyst-RL sowie § 22 UStG widerspricht. Darüber hinaus läge bei Einschränkung der Anwendungsvoraussetzung des § 22 UStG auf inländische land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein Verstoß gegen die Wettbewerbsneutralität vor.

Die bekämpften Bescheide sind daher mit Rechtswidrigkeit behaftet.
Im Einzelnen dürfen wir wie folgt ausführen:

a. Unionsrechtswidrigkeit

Unter Titel XII der Richtlinie des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSyst-RL) finden sich die
• Sonderregelungen für Kleinunternehmer (Kapitel 1) sowie die
• Gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger (Kapitel 2).
Diese beiden Sonderregelungen unterscheiden sich in einigen wesentlichen Punkten.

Kleinunternehmerregelung:

Art 281 MwStSyst-RL erlaubt den Mitgliedstaaten, vereinfachte Modalitäten für die Besteuerung von Kleinunternehmern anzuwenden, ohne hiefür ein gemeinsames System vorzuschreiben.
Nach Art 283 Abs 1 lit c MwStSyst-RL gelten die Sonderregelungen für Kleinunternehmer nur für Steuerpflichtige, die in dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem die Steuer geschuldet wird, so dass die Beschränkung der Befreiung auf im Inland ansässige Kleinunternehmer mit dem Sekundärrecht übereinstimmt. Diese explizite Einschränkung auf das Inland ist unionsrechtskonform (, Ingrid Schmelz).

Pauschalregelung für Land- und Forstwirte:

Gemäß Art 296 Abs 1 MwStSyst-RL können die Mitgliedstaaten auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der Sonderregelung für Kleinunternehmer auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung nach diesem Kapitel anwenden.

Unter „landwirtschaftlicher Erzeuger" ist gemäß Art 295 Abs 1 Z 1 MwStSyst-RL ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebes ausführt, zu verstehen.
Unter „land-, forst- oder fischwirtschaftlicher Betrieb" ist gemäß Z 2 leg cit ein Betrieb zu verstehen, der in den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der in Anhang VII genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt.

Gemäß Art 295 Abs 1 Z 3 leg cit ist unter „Pauschallandwirt" ein landwirtschaftlicher Erzeuger, der unter die Pauschalregelung dieses Kapitels fällt, zu verstehen.
Weder in Art 296 MwStSyst-RL noch in Art 295 MwStSyst-RL, der die entsprechenden Definitionen enthält, findet sich eine Anordnung, wonach die Pauschalregelung nur hinsichtlich Steuerpflichtiger angewendet werden kann, die im jeweiligen Mitgliedstaat ansässig sind, in dem die Steuer geschuldet wird. Die vorerwähnten Bestimmungen sprechen vielmehr ganz allgemein von landwirtschaftlichen Erzeugern, ohne eine Einschränkung auf inländische Erzeuger vorzunehmen.

Auch die Begriffsdefinition „land-, forst- oder fischwirtschaftlicher Betrieb" in Art 295 Abs 1 Z 2 MwStSyst-RL enthält keine Einschränkung dahingehend, dass es sich um einen inländischen land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieb handeln muss.

Der Vergleich der beiden im selben Titel XII MwStSyst-RL angeführten Sonderregelungen zeigt klar, dass die Sonderregelung für Kleinunternehmer kraft expliziter Regelung nur in jenem Land zur Anwendung kommen soll, in dem der Kleinunternehmer ansässig ist, während die Sonderregelung für pauschalierte Landwirte unabhängig von dessen Ansässigkeit gelten soll.

Aus dem Gesamtzusammenhang des Titels XII der MwStSyst-RL ist daher zu schließen, dass es dem Rat der Europäischen Union hinsichtlich der Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger - anders als bei der Sonderregelung für Kleinunternehmer - eben nicht darauf ankam, die Anwendung auf inländische landwirtschaftliche Erzeuger einzuschränken. Hätte der Rat der Europäischen Union eine derartige Einschränkung gewollt, hätte er dies - wie auch in der Sonderregelung für Kleinunternehmer - ausdrücklich vorgesehen und somit eine entsprechende Einschränkung vorgenommen.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass dem Rat der Europäischen Union beim Erlassen der Sonderregelungen im Titel XII, Kapitel 2 der MwStSyst-RL eine planwidrige Unvollständigkeit unterlaufen wäre, und er auch bei der Regelung zur Gemeinsamen Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger eine Einschränkung auf jene Steuerpflichtige vorsehen wollte, die im jeweiligen Mitgliedstaat, in dem die Steuer geschuldet wird, ansässig sein müssen. Zudem spräche selbst in diesem unwahrscheinlichen Fall der klare Wortlaut der Richtlinie gegen eine einschränkende Auslegung der Bestimmung dahingehend, dass zusätzlich zu den in der Richtlinie genannten Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Pauschalregelung auch noch eine Ansässigkeit des Land- oder Forstwirts im Land des Umsatzes erforderlich wäre.

Auf Grund des Ausgeführten ist die den bekämpften Bescheiden zugrunde gelegte Rechtsansicht, wonach die Pauschalbesteuerung nach § 22 UStG nur auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden sei, unionsrechtswidrig.

b. Gesetzeswidrigkeit

Hinsichtlich der Anwendung der Pauschalbesteuerung für Land- und Forstwirte ordnet § 22 Abs 1 UStG in der für den Beschwerdezeitraum relevanten Fassung Nachfolgendes an:
„Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10 % der Bemessungsgrundlagen festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12 % der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in der gleichen Höhe festgesetzt."

Gemäß Abs 3 leg cit ist als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist.
Weder aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 UStG noch aus der Definition des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes des Abs 3 leg cit lässt sich entnehmen, dass die Pauschalbesteuerung lediglich auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden sind.

§ 22 UStG entspricht somit den oben aufgezeigten unionsrechtlichen Vorgaben.
Demgegenüber ordnet § 6 Abs 1 Z 27 UStG in der für den Prüfungszeitraum geltenden Fassung an, dass Umsätze von Kleinunternehmern steuerfrei sind, wobei explizit definiert wird, dass ein Kleinunternehmer ein Unternehmer ist, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs 1 Z 1 und Z 2 im Veranlagungszeitraum EUR 30.000,00 nicht übersteigen.
Es kann daher aufgrund dieser klaren Unterscheidung auch dem nationalen Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass ihm bei Erlassung der Pauschalregelung nach § 22 UStG eine planwidrige Unvollständigkeit unterlaufen wäre, die der den bekämpften Bescheiden zugrunde gelegten einschränkenden Auslegung zugänglich wäre.

Der nationale Gesetzgeber hat vielmehr in § 22 UStG die unionsrechtliche Vorgabe umgesetzt und - wie in Art 296 MwStSyst-RL - eben keine Einschränkung auf Unternehmer, die im Inland einen Wohnsitz oder Sitz haben, vorgenommen.

Auf Grund des Ausgeführten ist die den bekämpften Bescheiden zugrunde gelegte Rechtsansicht, wonach die Pauschalbesteuerung nach § 22 UStG nur auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden sei, auch gesetzeswidrig.

c. Verstoß gegen die Wettbewerbsneutralität

Die den bekämpften Bescheiden zugrundeliegende Rechtsmeinung, wonach § 22 UStG nur auf Umsätze eines im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anzuwenden ist, verstößt auch gegen das Grundprinzip der Wettbewerbsneutralität.
Im europäischen Mehrwertsteuer-System findet das Ziel der (Wettbewerbs-)Neutralität vor allem Ausdruck in den in Art 2 der 1. EG-RL festgehaltenen Merkmalen der gemeinsamen Umsatzsteuer.
Auch der EuGH postuliert in ständiger Rechtsprechung das Prinzip der (Wettbewerbs-)Neutralität als Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuer-Systems. Es soll gewährleisten, dass gleichartige Waren und Dienstleistungen ungeachtet der Länge des Produktions- und Vertriebsweges steuerlich gleich belastet und dass alle wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von deren Zweck und deren Ergebnis auf allen Handelsstufen gleichmäßig belastet werden (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, Einf Tz 46ff).

Der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität verbietet es daher, die Anwendung der Pauschalbesteuerung auf im Inland gelegene land- und forstwirtschaftliche Betriebe einzuschränken und in einem anderen EU Land ansässige Betriebe von der Pauschalregelung auszuschließen. Eine solche Einschränkung würde nämlich dazu führen, dass gleichartige Tätigkeiten, die folglich miteinander im Wettbewerb stehen, umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden und es damit zu einer - unzulässigen -  Benachteiligung gleichartiger Tätigkeiten für in einem anderen EU-Land ansässige land- und forstwirtschaftliche Betriebe gegenüber inländischen Betrieben kommt.

Hinzuweisen ist der Vollständigkeit halber darauf, dass auch die korrespondierende Bestimmung im deutschen UStG (§ 24 dtUStG) keine Einschränkung der Pauschalregelung auf in Deutschland ansässige Land- und Forstwirte vorsieht. Österreichische Landwirte können daher für in Deutschland ausgeführte Umsätze die Pauschalregelung anwenden. Auch dies spricht dafür, dass im Sinne der Wettbewerbsneutralität im umgekehrten Fall ebenso die Pauschalregelung Anwendung finden muss.

4. Zusammenfassung

Zusammenfassend halten wir fest, dass die bekämpften Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2014 mit Rechtswidrigkeit behaftet sind, da sie gegen die Bestimmungen der MwStSyst-RL, gegen den § 22 UStG und gegen die Wettbewerbsneutralität verstoßen.
Aus diesem Grund begehren wir die Aufhebung der bekämpften Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2014.
Weiters beantragen wir, die Verspätungszuschlagsbescheide 2009 bis 2014, jeweils vom als abgeleitete Bescheide entsprechend aus dem Rechtsbestand zu entfernen.

Wir ersuchen um antragsgemäße Entscheidung über unser Rechtsmittel."

Das BFG hat erwogen:

I. Zur Pauschalierung der Umsatzsteuer

Rechtslage / Erwägungen

Im vorliegenden Verfahren ist strittig, ob die von der BF erzielten Umsätze aus dem Direktverkauf ihrer landwirtschaftlichen Produkte in Österreich der Pauschalbesteuerung nach § 22 UStG 1994 unterliegen oder nach der Regelbesteuerung mit einer Umsatzsteuer von 10 % zu besteuern sind.
Da weder von der Außenprüfung noch von der BF thematisiert, wird nicht vom Bestehen einer festen Niederlassung oder Betriebsstätte der BF in Österreich aufgrund der (temporär) bestehenden Verkaufsstände ausgegangen.

Für die beschwerdegegenständlichen Jahre 2009 bis 2014 sind folgende Bestimmungen relevant:

§ 22 UStG 1994 idF BGBl. I 106/1999, BGBl. I 134/2003, BGBl. I 112/2012 (bis ):

Besteuerung der Umsätze bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
§ 22. (1) Bei nichtbuchführungspflichtigen Unternehmern, die Umsätze im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausführen, wird die Steuer für diese Umsätze mit 10% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Soweit diese Umsätze an einen Unternehmer für dessen Unternehmen erbracht werden, wird die Steuer für diese Umsätze mit 12% der Bemessungsgrundlage festgesetzt. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuerbeträge werden jeweils in gleicher Höhe festgesetzt.

Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 Z 8 bis 26, des § 11 und des § 12 Abs. 10 und 11 sind anzuwenden. Weiters sind Berichtigungen nach § 16 vorzunehmen, die Zeiträume betreffen, in denen die allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes Anwendung gefunden haben.
..... ..... .....

(3) Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ist ein Betrieb anzusehen, dessen Hauptzweck auf die Land- und Forstwirtschaft gerichtet ist. Als Landwirtschaft gelten insbesondere der Acker-, Garten-, Gemüse-, Obst- und Weinbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich der Wanderschäferei, die Fischzucht einschließlich der Teichwirtschaft und die Binnenfischerei, die Imkerei sowie Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe im Sinne des § 30 des Bewertungsgesetzes 1955.

(4) Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt sind.

(5) Führt der Unternehmer neben den im Abs. 1 angeführten Umsätzen auch andere Umsätze aus, so ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb als gesondert geführter Betrieb im Sinne des § 12 Abs. 7 zu behandeln.

(6) Der Unternehmer kann bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass seine Umsätze vom Beginn dieses Kalenderjahres an nicht nach den Abs. 1 bis 5, sondern nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesgesetzes besteuert werden sollen. Diese Erklärung bindet den Unternehmer für mindestens fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

§ 124 BAO  idF I 100/2006 ab

3. Führung von Büchern und Aufzeichnungen.
§ 124. Wer nach dem Unternehmensgesetzbuch oder anderen gesetzlichen Vorschriften zur Führung und Aufbewahrung von Büchern oder Aufzeichnungen verpflichtet ist, hat diese Verpflichtungen auch im Interesse der Abgabenerhebung zu erfüllen.

§ 125 BAO idF I 100/2006 bis

(1) Soweit sich eine Verpflichtung zur Buchführung nicht schon aus § 124 ergibt, sind Unternehmer für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 31),
a) dessen Umsatz in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren jeweils 400 000 Euro überstiegen hat, oder
b) dessen Wert zum 1. Jänner eines Jahres 150 000 Euro überstiegen hat,
verpflichtet, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. Als Unternehmer im Sinn dieser Bestimmung gilt eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer im Sinn der einkommensteuerlichen Vorschriften anzusehen sind, auch dann, wenn ihr umsatzsteuerrechtlich keine Unternehmereigenschaft zukommt; diesfalls sind die Umsätze des Gesellschafters maßgeblich, dem die Unternehmereigenschaft zukommt.
Umsätze sind solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 Umsatzsteuergesetz 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen.
Keine Umsätze sind jedoch nicht unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienende Umsätze, die unter § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 und § 10 Abs. 2 Z 4 Umsatzsteuergesetz 1994 fallen oder - wären sie im Inland ausgeführt worden - fallen würden, Umsätze aus Geschäftsveräußerungen im Sinn des § 4 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994, bei der Erzielung von Entschädigungen im Sinn des § 32 Z 1 Einkommensteuergesetz 1988 ausgeführte Umsätze und Umsätze aus besonderen Waldnutzungen im Sinn der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften.
Als Wert im Sinn der lit. b ist der um den Wert der Zupachtungen erhöhte und um den Wert der Verpachtungen verminderte Einheitswert in seiner zuletzt maßgeblichen Höhe anzusetzen, wobei der Ermittlung des Wertes der Zupachtungen und Verpachtungen der nach der Art der Nutzung der betroffenen Flächen maßgebliche, bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebes angewendete Hektarsatz und in Ermangelung eines solchen der bei der Feststellung des Einheitswertes des Verpächterbetriebes für die verpachteten Flächen angewendete Hektarsatz, den das Finanzamt auf Anfrage dem Pächter mitzuteilen hat, zugrunde zu legen ist. Im Einheitswertbescheid ausgewiesene Abschläge und Zuschläge (§ 40 Bewertungsgesetz 1955) sind entsprechend zu berücksichtigen. Ist auf den Pachtgegenstand ein Hektarsatz nicht anzuwenden, so ist insoweit der darauf entfallende Ertragswert zugrunde zu legen. Eine Berücksichtigung der Abschläge und Zuschläge sowie des Ertragswertes hat bei der Wertermittlung nur insoweit zu erfolgen als das Finanzamt diese Werte auf Antrag, erforderlichenfalls von Amts wegen festgestellt hat.

(2) Sind die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a erfüllt, so tritt die Verpflichtung nach Abs. 1 mit Beginn des darauf zweitfolgenden Kalenderjahres ein, sofern sie nicht gemäß Abs. 4 aufgehoben wird. Eine nach Abs. 1 lit. a eingetretene Verpflichtung erlischt, wenn die dort genannte Grenze in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren nicht überschritten wird, mit Beginn des darauffolgenden Kalenderjahres.

(3) Wird die Grenze des Abs. 1 lit. b am 1. Jänner eines Jahres überschritten, so tritt die Verpflichtung nach Abs. 1, sofern sie nicht gemäß Abs. 4 aufgehoben wird, mit Beginn des darauf zweitfolgenden Kalenderjahres ein, wobei für die Wertermittlung im Sinn des Abs. 1 nur solche Bescheide maßgeblich sind, die vor dem genannten 1. Jänner ergangen sind. Dies gilt entsprechend bei Nichtüberschreiten der Grenze des Abs. 1 lit. b am 1. Jänner eines Jahres für das Erlöschen der Verpflichtung nach Abs. 1 mit der Maßgabe, daß die Verpflichtung bereits mit Beginn dieses Kalenderjahres erlischt.

(4) Macht der Unternehmer glaubhaft, dass die Grenzen des Abs. 1 lit. a oder lit. b nur vorübergehend und auf Grund besonderer Umstände überschritten worden sind, so hat das Finanzamt auf Antrag eine nach Abs. 2 oder 3 eingetretene Verpflichtung aufzuheben.

(5) Bei einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb braucht sich die jährliche Bestandsaufnahme nicht auf das stehende Holz zu erstrecken. Dies gilt sowohl in Fällen einer steuerlichen Buchführungspflicht nach Abs. 1 und § 124 als auch im Fall einer freiwilligen Buchführung. Der Bundesminister für Finanzen kann durch Verordnung bestimmen, welche besonderen Zusammenstellungen, Verzeichnisse und Register von buchführenden Land- und Forstwirten für steuerliche Zwecke zu führen sind.

(6) Zuständig für Bescheide gemäß Abs. 1 letzter Satz und Abs. 4 ist das für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Unternehmers oder in den Fällen der Feststellung der Einkünfte (§ 188) des Unternehmers das zur Feststellung berufene Finanzamt.

§ 125 BAO idF BGBl. I 112/2012 bis  

§ 125. (1) Soweit sich eine Verpflichtung zur Buchführung nicht schon aus § 124 ergibt, sind Unternehmer für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 31),
a) dessen Umsatz in zwei aufeinander folgenden Kalenderjahren jeweils 400 000 Euro überstiegen hat, oder
b) dessen Wert zum 1. Jänner eines Jahres 150 000 Euro überstiegen hat,
verpflichtet, für Zwecke der Erhebung der Abgaben vom Einkommen Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen. Als Unternehmer im Sinn dieser Bestimmung gilt eine Gesellschaft, bei der die Gesellschafter als Mitunternehmer im Sinn der einkommensteuerlichen Vorschriften anzusehen sind, auch dann, wenn ihr umsatzsteuerrechtlich keine Unternehmereigenschaft zukommt; diesfalls sind die Umsätze des Gesellschafters maßgeblich, dem die Unternehmereigenschaft zukommt.
Umsätze sind solche gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 Umsatzsteuergesetz 1994 zuzüglich der Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen.
Keine Umsätze sind jedoch nicht unmittelbar dem Betriebszweck oder dem Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes dienende Umsätze, die unter § 6 Abs. 1 Z 8 und 9 und § 10 Abs. 2 Z 4 Umsatzsteuergesetz 1994 fallen oder - wären sie im Inland ausgeführt worden - fallen würden, Umsätze aus Geschäftsveräußerungen im Sinn des § 4 Abs. 7 Umsatzsteuergesetz 1994, bei der Erzielung von Entschädigungen im Sinn des § 32 Z 1 Einkommensteuergesetz 1988 ausgeführte Umsätze und Umsätze aus besonderen Waldnutzungen im Sinn der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften.
Als Wert im Sinn der lit. b ist der um den Wert der Zupachtungen erhöhte und um den Wert der Verpachtungen verminderte Einheitswert in seiner zuletzt maßgeblichen Höhe anzusetzen, wobei der Ermittlung des Wertes der Zupachtungen und Verpachtungen der nach der Art der Nutzung der betroffenen Flächen maßgebliche, bei der Feststellung des Einheitswertes des Betriebes angewendete Hektarsatz und in Ermangelung eines solchen der bei der Feststellung des Einheitswertes des Verpächterbetriebes für die verpachteten Flächen angewendete Hektarsatz, den das Finanzamt auf Anfrage dem Pächter mitzuteilen hat, zugrunde zu legen ist. Im Einheitswertbescheid ausgewiesene Abschläge und Zuschläge (§§ 35 und 40 Bewertungsgesetz 1955) sind entsprechend zu berücksichtigen. Ist auf den Pachtgegenstand ein Hektarsatz nicht anzuwenden, so ist insoweit der darauf entfallende Ertragswert zugrunde zu legen. Eine Berücksichtigung der Abschläge und Zuschläge sowie des Ertragswertes hat bei der Wertermittlung nur insoweit zu erfolgen als das Finanzamt diese Werte auf Antrag, erforderlichenfalls von Amts wegen festgestellt hat.

.... .... ....

Mit BGBl. I 163/2015 wurden die Buchführungsgrenzen von 400.000 auf 550.000 in § 125 Abs. 1 lit.a BAO erhöht; diese Erhöhungen sind erstmals auf die in den Jahren 2013 und 2014 ausgeführten Umsätze anzuwenden (§ 323 Abs. 43 BAO).

Mit BGBl. I 40/2014 wurde in § 22 UStG 1994  der Abs. 1a eingefügt mit einer Umsatzgrenze von Euro 400.000, um den Anwendungsbereich der land- und fortstwirtschaftlichen Pauschalierung trotz Erhöhung der Buchführungsgrenze in § 125 BAO (auf Euro 550.000) unverändert zu belassen.

Zum innerstaatlichen Recht

Mit der Pauschalierungsmöglichkeit soll nichtbuchführungspflichtigen Betrieben eine Erleichterung bei der Erfüllung ihrer umsatzsteuerlichen Verpflichtungen gegeben werden (145 BlgNR 13.GP, 39).

Wesentlicher Inhalt der Pauschalierungsbestimmung ist, dass für die Umsätze im Rahmen nichtbuchführungspflichtiger land- und forstwirtschaftlichen Betriebe ein eigener Steuersatz festgesetzt wird; die entsprechende Steuer kann auch dem Abnehmer gesondert in Rechnung gestellt werden (und ist bei ihm gegebenenfalls eine abziehbare Vorsteuer). Die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe festgesetzt. Da durch die automatische Äquivalenz von eigener Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen.
Wirtschaftlich gesehen bildet die in Rechnung gestellte und vereinnahmte Umsatzsteuer eine Ertragsposition, der auf der anderen Seite die beim Bezug von Vorleistungen anfallenden Vorsteuern gegenüberzustellen sind.

Anders als in Deutschland, wo die Pauschalierung nach § 24 dUStG offenbar auch buchführungspflichtigen Landwirten offensteht (was dort auch zu Kritik führt, vgl. Riegler, UR 2015, 329 Anm. 8 mwN), verknüpft die österreichische Regelung zwingend die Pauschalierung mit einer bestimmten Betriebsgröße. Großbetriebe, die zur Buchführung nach der BAO verpflichtet sind, haben die Regelbesteuerung anzuwenden. Für diese ist eine Erleichterung ihrer administrativen Pflichten nicht vorgesehen und wohl auch nicht notwendig, da sie ohnehin aufgrund ihrer Buchführungspflicht über sämtliche Zahlen verfügen, die für eine Regelbesteuerung vorliegen müssen.

Diese Einschränkung auf kleinere Betriebe ergibt sich zwingend aus der Verknüpfung des § 22 UStG 1994 mit § 125 BAO. Der Begriff "nichtbuchführungspflichtig" ist innerstaatlich nach § 125 BAO auszulegen, der klar definiert, ab wann die Buchführungspflicht eines Landwirtes, der nach den unternehmensrechtlichen Bestimmungen (§ 189 Abs. 4 UGB) keine Bücher führen müsste, gegeben ist.
Aus diesem untrennbaren Konnex des § 22 UStG 1994 mit § 125 BAO ergibt sich aber, dass damit de facto nur im Inland gelegene landwirtschaftliche Unternehmer die Voraussetzungen der Pauschalierung erfüllen können bzw. die Voraussetzungen hierfür nach der BAO feststellbar sind.
Die Buchführungspflicht ist ausschließlich betriebsbezogen geregelt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 33 Tz 12).
Die Umsatzgrenze von Euro 400.000 ist nach § 125 BAO zu ermitteln und schließt sämtliche steuerbaren Lieferungen und sonstigen Leistungen samt Eigenverbrauch zuzüglich Auslandsleistungen eines Betriebes mit ein.

Weiters ist der Wert des Betriebes zum 1. Jänner eines Jahres (für die Folgejahre) entscheidend, der Euro 150.000 nicht überschreiten darf.
Wert im Sinne dieser Wertgrenze ist nach § 125 BAO der zuletzt festgestellte Einheitswert vermehrt (vermindert) um den Wert der Zupachtungen (Verpachtungen).
Eine Berücksichtigung der Abschläge und Zuschläge hat bei der Wertermittlung nur insoweit zu erfolgen, als das Finanzamt diese Werte auf Antrag, erforderlichenfalls von Amts wegen festgestellt hat.

Dieser Einheitswert wird für den landwirtschaftlichen Betrieb in einem komplizierten und aufwändigen Verfahren nach den Bestimmungen des innerstaatlichen BewG (Bewertungsgesetzes) 1955 (grundsätzlich nach dem Ertragswert) berechnet und zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt bzw. bei gravierenden Änderungen mittels Fortschreibungen neu bescheidmäßig festgestellt.
Für landwirtschaftliches Vermögen der BF würde ein Einheitswert nicht festzustellen sein, weil sich dieses nicht (auch) auf das Inland erstreckt. Ein österreichisches Finanzamt wäre nie zuständig für die Ermittlung eines solchen Auslandswertes für landwirtschaftliches Vermögen. Ein diesbezüglich festgestellter Wert ist aber nach § 125 BAO entscheidend, um eine bestehende Buchführungspflicht nach innerstaatlichen Bestimmungen abschließend prüfen zu können.
Selbst wenn ein vergleichbares Verfahren im Ansässigkeitsstaat der BF existierte, wäre dies ohne Bedeutung für die innerstaatlichen Bestimmungen.

Diese einen inländischen Betrieb voraussetzende Regelung spricht ganz klar gegen die Anwendung der Pauschalierung des § 22 UStG 1994 für ausländische Unternehmen bzw. geradezu für die faktische Unmöglichkeit von deren Anwendung auf ausländische landwirtschaftliche Betriebe.

Nach § 22 gilt die Durchschnittssatzbesteuerung für die Umsätze, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt werden (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, zu § 22 Tz 18). Diese Begriffsbestimmung ist innerstaatlich in Anlehnung an das EStG und das Bewertungsgesetz erfolgt.

Ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb liegt nach dem BewG vor, wenn die wirtschaftliche Einheit dauernd einem landwirtschaftlichen (etc) Hauptzweck dient (§ 30 Abs 1, § 46 Abs 1, § 48 Abs 1 BewG etc; s auch ​§ 57 Abs 3 BewG; vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 22 Tz 19).

Diese innerstaatliche (durch die Richtlinie gedeckte) Bindung an den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb für die Pauschalierung bedingt eine örtliche Anknüpfung, also einen Zusammenhang mit dem Inland wie sich schon aus den bewertungsrechtlichen Bestimmungen entnehmen lässt.
Eine bloße Vermarktung im Inland kann damit nicht gemeint sein.

Wesentliches Ziel der Pauschalbesteuerung ist, dass diese im Ergebnis nicht zu einer Begünstigung oder Mehrbelastung der Land- und Forstwirtschaft führt. Dabei wurde in Österreich auf folgende Umstände Bedacht genommen (vgl. Mayr/Ungericht, UStG4, § 22 Anm 1 unter Bezugnahme auf die ErläutRV UStG 1972):
- die Umsätze der Land- und Forstwirtschaft unterliegen regelmäßig dem ermäßigten Steuersatz;
- die Vorumsätze unterliegen zum überwiegenden Teil dem Normalsteuersatz; ein Teil unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (insbesonders lebende Tiere, Pflanzen Saatgut, Futtermittelzubereitungen, natürliche Düngemittel). Ein Teil der Wertschöpfung ist nicht mit Umsatzsteuer belastet.
Diese klar ersichtlich auf den inländischen Betrieb zugeschnittene Berechnung des pauschalen Vorsteuerabzuges spricht auch gegen die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung auf ausländische Unternehmer (vgl. Mayr/Ungericht, UStG4, § 22 Anm 1).
So auch Scheiner / Kolacny / Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, LexisNexis, § 22 Rz 49: Die Besteuerung nach Durchschnittssätzen erstreckt sich auf alle Umsätze des im Inland gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.

Dies wird auch von Wiegmann, UR 1993, 241, für die deutsche Rechtslage so gesehen, wenn er zur Pauschalierung in der Landwirtschaft ausführt, dass die Entlastung des Land- und Forstwirtes durch ein komplexes, in sich abgeschlossenes System von statistisch ermittelten Vorsteuerbelastungen und pauschalen Steuersätzen erreicht wird. Die hierfür notwendigen statistischen Erhebungen können naturgemäß nur dann zu einem repräsentativen, dh auf die überwiegende Mehrzahl der Landwirtschaften anwendbaren Ergebnis führen, wenn die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für alle Untersuchten gleich sind. Bei Beschränkung der Untersuchung auf das Inland mit den hier bestehenden einheitlichen Steuergesetzen und Marktgegebenheiten trifft dies zu.
Die Anwendung der Pauschalierung nach § 24 dUStG auf inländische Umsätze nicht im Inland ansässiger Land- und Forstwirte ist daher unter Beachtung der o.a. Darstellung und des Zustandekommens und Zwecks der Vorschrift wohl zu verneinen.

Dieser Ansicht muss für Österreich umso mehr gefolgt werden, wird hier nicht nur die im Inland angenommene (fiktive) Vorsteuerbelastung herangezogen, sondern wird auch auf die nach inländischen Vorschriften festgestellten Werte für (im Inland liegende) Betriebe abgestellt.
Es ist der BF zwar dahingehend Recht zu geben, dass § 22 UStG 1994 nicht explizit im Wortlaut auf im Inland ansässige Landwirte verweist, aber aus der inhaltlichen Normierung und dem Zusammenhang mit § 125 BAO und den bewertungsrechtlichen Vorschriften wird deutlich, dass damit nur ein im Inland gelegener landwirtschaftlicher Betrieb umfasst werden soll.
Dies lässt sich auch mit dem EU-Recht in Einklang bringe, wie in der Folge gezeigt wird.
§ 22 UStG 1994 ist richtlinienkonform auszulegen (; ; Schwaiger, SwK 2004, 546 [549]).

EU-Recht:

Richtlinie des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (2006/112/EG) – ABl 2006 Nr L 347/1 in der Fassung der Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom , ABl L 177.

Titel XII SONDERREGELUNGEN KAPITEL 2

Gemeinsame Pauschalregelung für landwirtschaftliche Erzeuger

​Artikel 295

​(1) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. ​„landwirtschaftlicher Erzeuger“ ist ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs ausübt;

2. ​„land-, forst- oder fischwirtschaftlicher Betrieb“ ist ein Betrieb, der in den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der in Anhang VII genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt;

3. ​„Pauschallandwirt“ ist ein landwirtschaftlicher Erzeuger, der unter die Pauschalregelung dieses Kapitels fällt;

4. ​„landwirtschaftliche Erzeugnisse“ sind die Gegenstände, die im Rahmen der in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten von den land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben der einzelnen Mitgliedstaaten erzeugt werden;

5. ​„landwirtschaftliche Dienstleistungen“ sind Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte oder der normalen Ausrüstung seines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebs erbracht werden und die normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung beitragen, und zwar insbesondere die in Anhang VIII aufgeführten Dienstleistungen;

6. ​„Mehrwertsteuer-Vorbelastung“ ist die Mehrwertsteuer-Gesamtbelastung der Gegenstände und Dienstleistungen, die von der Gesamtheit der der Pauschalregelung unterliegenden land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betriebe jedes Mitgliedstaats bezogen worden sind, soweit diese Steuer bei einem der normalen Mehrwertsteuerregelung unterliegenden landwirtschaftlichen Erzeuger gemäß den Artikeln 167, 168 und 169 und 173 bis 177 abzugsfähig wäre;

7. ​„Pauschalausgleich-Prozentsätze“ sind die Prozentsätze, die die Mitgliedstaaten gemäß den Artikeln 297, 298 und 299 festsetzen und in den in Artikel 300 genannten Fällen anwenden, damit die Pauschallandwirte den pauschalen Ausgleich der Mehrwertsteuer-Vorbelastung erlangen;

8. ​„Pauschalausgleich“ ist der Betrag, der sich aus der Anwendung des Pauschalausgleich-Prozentsatzes auf den Umsatz des Pauschallandwirts in den in Artikel 300 genannten Fällen ergibt.

​(2) Den in Anhang VII aufgeführten Tätigkeiten der landwirtschaftlichen Erzeugung gleichgestellt sind die Verarbeitungstätigkeiten, die ein Landwirt bei im Wesentlichen aus seiner landwirtschaftlichen Produktion stammenden Erzeugnissen mit Mitteln ausübt, die normalerweise in land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

Artikel 296

​(1) Die Mitgliedstaaten können auf landwirtschaftliche Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der Sonderregelung des Kapitels 1 auf Schwierigkeiten stoßen würde, als Ausgleich für die Belastung durch die Mehrwertsteuer, die auf die von den Pauschallandwirten bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen gezahlt wird, eine Pauschalregelung nach diesem Kapitel anwenden.

​(2) Jeder Mitgliedstaat kann bestimmte Gruppen landwirtschaftlicher Erzeuger sowie diejenigen landwirtschaftlichen Erzeuger, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Bestimmungen des Artikels 281 keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten mit sich bringt, von der Pauschalregelung ausnehmen.

​(3) Jeder Pauschallandwirt hat nach den von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten

Einzelheiten und Voraussetzungen das Recht, sich für die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung oder gegebenenfalls der vereinfachten Bestimmungen des Artikels 281 zu entscheiden.

​Artikel 297

​Die Mitgliedstaaten legen bei Bedarf Pauschalausgleich-Prozentsätze fest. Sie können die Höhe der Pauschalausgleich-Prozentsätze für die Forstwirtschaft, die einzelnen Teilbereiche der Landwirtschaft und die Fischwirtschaft unterschiedlich festlegen.

​Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß Absatz 1 festgelegten Pauschalausgleich-Prozentsätze mit, bevor diese angewandt werden.

​Artikel 298

​Die Pauschalausgleich-Prozentsätze werden anhand der allein für die Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre bestimmt.

​Die Prozentsätze können auf einen halben Punkt ab- oder aufgerundet werden. Die Mitgliedstaaten können diese Prozentsätze auch bis auf Null herabsetzen.

​Artikel 299

​Die Pauschalausgleich-Prozentsätze dürfen nicht dazu führen, dass die Pauschallandwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die Mehrwertsteuer-Vorbelastung hinausgehen.

​Artikel 300

​Die Pauschalausgleich-Prozentsätze werden auf den Preis ohne Mehrwertsteuer der folgenden Gegenstände und Dienstleistungen angewandt:

1. ​landwirtschaftliche Erzeugnisse, die die Pauschallandwirte an andere Steuerpflichtige als jene geliefert haben, die in dem Mitgliedstaat, in dem diese Erzeugnisse geliefert werden, diese Pauschalregelung in Anspruch nehmen;

2. ​landwirtschaftliche Erzeugnisse, die die Pauschallandwirte unter den Voraussetzungen des Artikels 138 an nichtsteuerpflichtige juristische Personen geliefert haben, deren innergemeinschaftliche Erwerbe gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b im Mitgliedstaat der Beendigung der Versendung oder Beförderung dieser landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Mehrwertsteuer unterliegen;

3. ​landwirtschaftliche Dienstleistungen, die die Pauschallandwirte an andere Steuerpflichtige als jene erbracht haben, die in dem Mitgliedstaat, in dem diese Dienstleistungen erbracht werden, diese Pauschalregelung in Anspruch nehmen.

​Artikel 301

​(1) Für die in Artikel 300 genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Dienstleistungen sehen die Mitgliedstaaten vor, dass die Zahlung des Pauschalausgleichs entweder durch den Erwerber bzw. den Dienstleistungsempfänger oder durch die öffentliche Hand erfolgt.

​(2) Bei anderen als den in Artikel 300 genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlichen Dienstleistungen wird davon ausgegangen, dass die Zahlung des Pauschalausgleichs durch den Erwerber bzw. den Dienstleistungsempfänger erfolgt.

​Artikel 302

​Nimmt ein Pauschallandwirt einen Pauschalausgleich in Anspruch, hat er in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug.

​Artikel 303

​(1) Zahlt der steuerpflichtige Erwerber oder Dienstleistungsempfänger einen Pauschalausgleich gemäß Artikel 301 Absatz 1, ist er berechtigt, nach Maßgabe der Artikel 167, 168, 169 und 173 bis 177 und der von den Mitgliedstaaten festgelegten Einzelheiten von der Mehrwertsteuer, die er in dem Mitgliedstaat, in dem er seine besteuerten Umsätze bewirkt, schuldet, den Betrag dieses Pauschalausgleichs abzuziehen.

​(2) Die Mitgliedstaaten erstatten dem Erwerber oder Dienstleistungsempfänger den Betrag des Pauschalausgleichs, den er im Rahmen eines der folgenden Umsätze gezahlt hat:

a) ​Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unter den Voraussetzungen des Artikels 138, soweit der Erwerber ein Steuerpflichtiger oder eine nichtsteuerpflichtige juristische Person ist, der/die als solcher/-solche in einem anderen Mitgliedstaat handelt, in dessen Gebiet seine/ihre innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Mehrwertsteuer unterliegen;

b) ​Lieferung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen unter den Bedingungen der Artikel 146, 147, 148 und 156, Artikel 157 Absatz 1 Buchstabe b sowie der Artikel 158, 160 und 161 an einen außerhalb der Gemeinschaft ansässigen steuerpflichtigen Erwerber, soweit der Erwerber diese landwirtschaftlichen Erzeugnisse für die Zwecke seiner in Artikel 169 Buchstaben a und b genannten Umsätze oder seiner Dienstleistungen verwendet, die als im Gebiet des Mitgliedstaats erbracht gelten, in dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist, und für die gemäß Artikel 196 nur der Dienstleistungsempfänger die Steuer schuldet;

c) ​landwirtschaftliche Dienstleistungen, die an einen innerhalb der Gemeinschaft, jedoch in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen oder an einen außerhalb der Gemeinschaft ansässigen steuerpflichtigen Dienstleistungsempfänger erbracht werden, soweit der Dienstleistungsempfänger diese Dienstleistungen für die Zwecke seiner in Artikel 169 Buchstaben a und b genannten Umsätze oder seiner Dienstleistungen verwendet, die als im Gebiet des Mitgliedstaats erbracht gelten, in dem der Dienstleistungsempfänger ansässig ist, und für die gemäß Artikel 196 nur der Dienstleistungsempfänger die Steuer schuldet.

​(3) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten für die Durchführung der in Absatz 2 vorgesehenen Erstattungen fest. Dabei können sie sich insbesondere auf die Richtlinien 79/1072/EWG und 86/560/EWG stützen.

​Artikel 304

​Die Mitgliedstaaten treffen alle zweckdienlichen Maßnahmen für eine wirksame Kontrolle der Zahlung des Pauschalausgleichs an die Pauschallandwirte.

​Artikel 305

​Wenden die Mitgliedstaaten diese Pauschalregelung an, treffen sie alle zweckdienlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse zwischen den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Artikels 33 immer in derselben Weise besteuert wird, unabhängig davon, ob die Erzeugnisse von einem Pauschallandwirt oder einem anderen Steuerpflichtigen geliefert werden.

Die Möglichkeit der Pauschalierung für landwirtschaftliche Erzeuger sieht die MwSt-RL als Ausnahme vor.
Im Unterschied zur Kleinunternehmerregelung, die im Art. 283 Abs. 1 lit. c der MwSt-RL festlegt, dass dieser Abschnitt nicht für die Umsätze von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmern gilt, wurde bei der Landwirtepauschalierung ein anderer Regelungsmodus beschritten.
Dieser macht aufgrund des Verweises auf einen Betrieb, der im Mitgliedstaat im Rahmen der in Anhang VII genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt, de facto einen ausschließlichen Inlandsbezug deutlich.
Der Inlandsbezug ergibt sich auch durch die Bezugnahme auf die speziell auf die einzelnen Mitgliedstaaten abgestimmten Pauschalausgleich-Prozentsätze und die jeweilige Mehrwertsteuer-Vorbelastung.

Die für „Pauschallandwirte“ anwendbaren Pauschalausgleich-Prozentsätze (zum Ausgleich der MwSt-Vorbelastung) müssen nach Unionsrecht anhand der für diese Pauschallandwirte geltenden makroökonomischen Daten der letzten drei Jahre bestimmt werden und dürfen nicht dazu führen, dass diese Landwirte insgesamt Erstattungen erhalten, die über die MwSt-Vorbelastung hinausgehen (Art 298 f MwSt-RL).
Der Ausgleich kann nach der RL entweder vom Abnehmer oder vom Fiskus bezahlt werden. Österreich hat den Ausgleich über den Abnehmer gewählt. (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, § 22 Tz 10).

Wenn die Richtlinie also bestimmt, dass die Berechnung der Pauschalausgleich-Prozentsätze im Ergebnis dazu führen muss, dass es zu keiner über die MwSt-Belastung hinausgehenden Erstattung an die Pauschallandwirte kommt, knüpft sie ganz klar an die Gegebenheiten in den einzelnen Mitgliedstaaten an, wie etwa unterschiedliche Steuersätze für die Eingangsumsätze der Landwirte, die in die makroökonomischen Daten einfließen.
Keinesfalls kann damit ein einheitlicher gesamteuropäischer Pauschalausgleich-Prozentsatz gemeint sein, der in der Union generell anwendbar wäre.
Damit ist aber aus der Richtlinie ableitbar, dass die jeweilige Durchschnittssatzbesteuerung im einzelnen Mitgliedstaat sich nur auf im jeweiligen Inland betriebene Landwirtschaften beziehen kann.
Eine Ausweitung auf Landwirte generell würde dem Gebot, dass Landwirte insgesamt keine über die MwSt-Vorbelastung hinausgehenden Erstattungen bekommen dürfen, zuwiderlaufen, da ein im anderen Mitgliedstaat ansässiger Landwirt bei der dortigen Produktion ganz anderen Vorbelastungen unterworfen wäre, bedingt durch die dortigen makroökonomischen Verhältnisse, als im Mitgliedstaat, in dem er die Produkte z.B. ausschließlich vermarktet.
Vgl. dazu auch Martin Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte2, 2002, 379: Diese Pauschalierung funktioniert in der Land- und Forstwirtschaft - ohne Steuergeschenke verteilen zu müssen - deshalb sehr gut, weil die Vorumsätze überwiegend mit 20% Umsatzsteuer (ausgenommen insbesondere Saatgut, lebende Tiere und Futtermittel) belastet sind und die Land- und Forstwirtschaft gesetzlich (nur) einen zur Abdeckung dieser Vorsteuerbelastung makroökonomisch entsprechenden Pauschalsteuersatz erhält.

Nach Art 295 Abs 1 Z 1 MwSt-RL ist landwirtschaftlicher Erzeuger ein Steuerpflichtiger, der seine Tätigkeit im Rahmen eines land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betriebes ausübt. Z 2 definiert einen land-, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieb als solchen, der in den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der in Anhang VII genannten Erzeugertätigkeiten als solcher gilt. Die Abgrenzung im Einzelnen wird somit den Mitgliedstaaten überlassen.

Die Regelung des § 22, wonach die Durchschnittssatzbesteuerung für die Umsätze gilt, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ausgeführt werden (vgl. Ruppe/Achatz, UStG5, zu § 22 Tz 18) und innerstaatlich in Anlehnung an das EStG und das Bewertungsgesetz unter Beachtung des § 125 BAO erfolgt ist, ist demnach durch die Richtlinie gedeckt.
Der damit festgelegte Zusammenhang mit einem inländischen Betrieb entspricht dem Gestaltungsrahmen, den die Richtlinie zulässt.

Zum Einwand des Verstoßes gegen die Wettbewerbsneutralität:

Indem die Richtlinie die Pauschalierung betriebsbezogen sieht und die nähere Ausgestaltung dazu den einzelnen Mitgliedstaaten überlässt, erlaubt sie eine Einschränkung auf im Inland betriebene pauschalierte Landwirtschaften. 
Aus  Art. 305 ergibt sich, dass im Rahmen der Pauschalierung sicherzustellen ist, dass Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse zwischen den Mitgliedstaaten unter den Voraussetzungen des Artikels 33 gleich zu besteuern sind, unabhängig davon, ob ein Pauschallandwirt oder ein nicht pauschalierter Unternehmer liefert.
Das hat Österreich im § 22 UStG 1994 auch so umgesetzt.
Eine Gleichstellung der Besteuerung sämtlicher Lieferungen pauschalierter Landwirte, die in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ansässig sind, verlangt die Richtlinienbestimmung nicht.

Ebenso gilt die Pauschalierung nicht für die Einfuhr.
Tätigt der Land- und Forstwirt einen Erwerb, der iSd Art 1 Abs 2 BMR grundsätzlich als innergemeinschaftlicher Erwerb zu qualifizieren ist, und verwendet er den erworbenen Gegenstand zur Ausführung von Umsätzen nach § 22, so ist nach Art. 1 Abs 4 BMR ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht anzunehmen, sofern der Land- und Forstwirt die Erwerbsschwelle nicht überschreitet. Das bedeutet: Ist die Erwerbsschwelle nicht überschritten, ist ein innergemeinschaftlicher Erwerb nicht anzunehmen, der ausländische Lieferant kann in seinem Land die Steuerfreiheit für eine innergemeinschaftliche Lieferung nicht in Anspruch nehmen. Der Gegenstand ist mit der Umsatzsteuer des Ursprungslandes belastet (ausgenommen in Versandhandelsfällen, in denen der Lieferort im Bestimmungsland liegt). Ist die Erwerbsschwelle überschritten, so ist der innergemeinschaftliche Erwerb der Steuer zu unterwerfen. Zur Anwendung kommt dabei nicht der (Normal)Steuersatz, sondern der Steuersatz, der sich aus § 10 ergibt. Diese Steuer ist an das Finanzamt zu entrichten, da sich die Vorsteuerpauschalierung auch auf Vorsteuern aus innergemeinschaftlichen Erwerben erstreckt (so a BFH , BStBl 1999 II 39). Im Ergebnis ist dieselbe Situation wie bei der Einfuhrumsatzsteuer gegeben (Ruppe/Achatz, UStG5, § 22 Tz 37).

Die echten Steuerbefreiungen kommen im Rahmen des § 22 nicht zur Anwendung. Tätigt der nichtbuchführungspflichtige Land- und Forstwirt somit zB Ausfuhrlieferungen, so muss (darf) er hiefür 10 bzw 13 % USt in Rechnung stellen; die damit zusammenhängenden Vorsteuern sind durch die Pauschalierung erfasst. Gleiches gilt für die Steuerbefreiung nach Art. 7 BMR (innergemeinschaftliche Lieferungen); für Lieferungen im Binnenmarkt ist daher eine Steuer von 13 % in Rechnung zu stellen, die für den ausländischen Erwerber eine im Inland erstattungsfähige Vorsteuer darstellt (Ruppe/Achatz, UStG5, § 22 Tz 39/1).

Aber selbst wenn man § 22 UStG 1994 so auslegen wollte, dass dieser auch für einen im anderen Mitgliedstaat ansässigen Landwirt gilt, wäre für die BF nichts zu gewinnen.

Wenn die BF vorbringt, dass sie mit ihren Umsätzen in Österreich die Buchführungsgrenze von Euro 400.000 nicht erreicht, so mag das stimmen, § 125 BAO umfasst aber nicht nur diese Umsätze sondern grundsätzlich sämtliche steuerbaren Umsätze eines zu pauschalierenden Betriebes. Die Umsatzgrenze ist betriebsbezogen (vgl. Ritz, BAO6, § 125 Rz 3).
Es ist nicht davon auszugehen, dass der Verkauf in Österreich einen eigenständigen landwirtschaftlichen Betrieb begründet, dessen Umsätze isoliert vom Betrieb in Deutschland zu betrachten wären. 

Aus den innerstaatlichen gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum, dass ein Unternehmer, der einen landwirtschaftlichen Betrieb führt, dessen Einheitswert Euro 150.000 nicht übersteigt und der Umsätze daraus bis zu Euro 400.000 erzielt, grundsätzlich unter die Pauschalierung fällt, wenn er nicht zur Regelbesteuerung optiert.
Die BF betreibt ihre Landwirtschaft zwar in Deutschland (nach ihrer Homepage handelt es sich um ein viele Hektar umfassendes Großunternehmen mit Hunderten von Angestellten), § 22 UStG 1994 ist aber innerstaatlich auszulegen. Im Zusammenhang mit § 125 BAO ergibt sich, dass bei Ermittlung der Umsatzgrenze von Euro 400.000 auch die Umsätze aus im Ausland ausgeführten Leistungen zu berücksichtigen wären.
Nachdem sich die Umsätze der BF in Österreich in den Jahren 2009 bis 2014 in den einzelnen Jahren zwischen ca. Euro 133.000 und Euro 262.000 bewegten, ist davon auszugehen, dass diese insgesamt jedenfalls die maßgebliche Umsatzgrenze von Euro 400.000 weit übersteigen, und schon deshalb eine Pauschalierungsmöglichkeit für die in Österreich erzielten Umsätze auszuschließen ist.
Dass in Deutschland für die Landwirtepauschalierung offenbar keine Umsatzgrenzen gelten, ist für die Anwendung in Österreich unbeachtlich.

II. Zu den Verspätungszuschlägen:

Das Finanzamt hat mit Bescheiden vom für die beschwerdegegenständlichen Jahre jeweils einen  Verspätungszuschlag von 5 % gemäß § 135 BAO wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung festgesetzt.
Dagegen wurde seitens der BF Beschwerde erhoben und vom Finanzamt erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
"Im Zuge der Außenprüfung wurde im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2009 bis 2014 festgestellt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um einen in Deutschland ansässigen pauschalierten Landwirt, der in den Bundesländern Tirol, Salzburg und Oberösterreich landwirtschaftliche Produkte an österreichische Endabnehmer verkauft.

Nach Ansicht der Außenprüfung kommt die österreichische Pauschalierungsregelung für Landwirte gemäß § 22 UStG 1994 nicht zur Anwendung, da sich diese nur auf im Inland gelegene landwirtschaftliche Betriebe erstreckt.
Die Umsatzsteuer wurde auf Grundlage der vorgelegten Aufzeichnungen von der Außenprüfung in Höhe von 10 Prozent festgesetzt und Umsatzsteuerjahresbescheide erlassen.
Aufgrund der Nichtabgabe der Abgabenerklärungen wurde ein Verspätungszuschlag von 5% festgesetzt.

In der Beschwerde wird begehrt, auf die in Österreich getätigten Umsätze, unter Berücksichtigung des § 22 des österreichischen Umsatzsteuergesetzes (UStG 1994), die Durchschnittsatzbesteuerung anzuwenden.

Gemäß § 135 Abs. 1 der österreichischen Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Verspätungszuschlag bis zu 10% der festgesetzten bzw. selbstberechneten Abgabe auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar war.

Als Verspätung gilt auch die Nichtabgabe der Abgabenerklärung. Abgabenerklärungen sind im § 21 Abs. 1 UStG 1994 (Umsatzsteuervoranmeldungen) und im § 21 Abs. 4 UStG 1994 (Umsatzsteuerjahreserklärungen) vorgesehen.

Die Fristen zur Einreichung hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen sind geregelt in § 21 Abs. 1 UStG 1994, hinsichtlich der Umsatzsteuerjahreserklärung in § 134 Abs. 1 BAO.

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (; , 2006/14/0054; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035).

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn der Abgabepflichtige oder sein Vertreter die nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Ein Verschulden des Vertreters trifft den Vertretenen (; , 98/17/0292; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035).

Einem Steuerpflichtigen, der eine internationale Geschäftstätigkeit entfaltet, muss zugemutet werden, sich über die steuerlichen Vorschriften desjenigen Landes zu informieren, in dem er Geschäfte abwickelt (siehe ÖStZB 1983, S. 45).

Im vorliegenden Fall wurden im beschwerdegegenständlichen Zeitraum 2009 bis 2014 keine Umsatzsteuererklärungen eingereicht, sondern erfolgte eine Festsetzung durch die Außenprüfung im Jahr 2016. Die Verhängung des Verspätungszuschlages war daher dem Grunde nach gerechtfertigt.

Betreffend die Höhe wird ausgeführt, dass der Verspätungszuschlag hinsichtlich seiner Bemessungsgrundlage an die bescheidmäßige Festsetzung der Stammabgabe gebunden ist.
Aufgrund der abweisenden Beschwerdevorentscheidungen kam es zu keiner Änderung der Bemessungsgrundlage.

Da die Verspätung nicht entschuldbar ist und aufgrund des zeitlichen Ausmaßes der Fristüberschreitung (zeitlicher Abstand zum gesetzlichen Termin) ist auch die Höhe des Verspätungszuschlages angemessen."

Der Vorlageantrag der BF richtete sich auch gegen die Festsetzung von Verspätungszuschlägen.

Das BFG verweist auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom  und hat ergänzend erwogen:

§ 134 BAO

Abs. 1. Die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188) sind bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.

Abs. 2. Die Abgabenbehörde kann im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird einem Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Abgabenerklärung nicht stattgegeben, so ist für die Einreichung der Abgabenerklärung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.

§ 135 BAO

Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Zweck des Verspätungszuschlages ist es, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen (; ; ) und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (Ritz, BAO6, Tz 1 zu § 135). Er stellt die Einhaltung einer geordneten Abgabenfestsetzung sicher. Bei der Ermessensübung ist die grundsätzliche Zielrichtung des Verspätungszuschlages sowie Art und Ausmaß der objektiven Pflichtwidrigkeit des säumigen Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (). Bei gleichzeitigem Zutreffen der beiden in § 135 BAO genannten Voraussetzungen kann die Behörde zufolge des eingeräumten Ermessens einen Verspätungszuschlag festsetzen.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (vgl. dazu Ritz, BAO6, § 135 Tz 4 und 10 mwN).

Es ist unbestritten, dass die Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2009 bis 2014 nicht jeweils bis zum 30.6. des Folgejahres eingereicht worden sind und auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen erfolgten.
Die Abgabenfestsetzung erfolgte nach der Außenprüfung durch das Finanzamt mit Bescheiden vom .
Damit liegen bezüglich der einzelnen Zeiträume Fristüberschreitungen hinsichtlich der einzureichenden Umsatzsteuererklärungen von rund 6 Jahren (für die Umsatzsteuererklärung 2009) bis zu rund einem Jahr für die Umsatzsteuererklärung 2014 vor.

Demzufolge ist wegen Verletzung der sich aus § 134 BAO ergebenden Erklärungspflicht die grundsätzliche Berechtigung zur Auferlegung von Verspätungszuschlägen nach Maßgabe des § 135 BAO jedenfalls gegeben.

Zu prüfen ist, ob die BF an der Verspätung ein vorwerfbares Verschulden trifft.
Selbst wenn die BF irrtümlich davon ausging, dass sie mit ihren Umsätzen in Österreich der Pauschalierung unterliege, ist dieses Vorgehen im Sinne des § 135 BAO nicht entschuldbar.

Dazu ist weiters auf die Rechtsprechung zu verweisen, dass Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen (; , 2002/17/0267; , 2001/13/0133) nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen sind, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde. Es ist dabei zu beachten, dass ein Verschulden des Vertreters den Vertretenen trifft (; , 98/17/0292; , 2004/17/0217; , 2008/15/0035).

Einem Steuerpflichtigen, der eine internationale Geschäftstätigkeit entfaltet, muss zugemutet werden, sich über die steuerlichen Vorschriften derjenigen Länder zu informieren, in denen er seine Geschäfte abwickelt ( mit Hinweis auf E , 2240/2977/80, ÖStZB 1983, S. 45), und das zeitnahe und mit der gebotenen Sorgfalt.

Damit ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass der Verspätungszuschlag dem Grunde nach zu verhängen ist, da die Verspätung nicht entschuldbar ist und Zweckmäßigkeitsgründe für die Festsetzung sprechen. Die Nichtabgabe der Erklärungen hat sich über mehrere Perioden erstreckt und ist der Zweckmäßigkeit im Sinne der Sicherung des Steueraufkommens der Vorrang vor der Billigkeit zu geben und waren auch die steuerlichen Auswirkungen im Beschwerdefall nicht nur gering.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt sowohl dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (zB ; , 2006/14/0054; , 2009/17/0151).

Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von maximal zehn Prozent der festgesetzten Abgabe sind vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. unter Hinweis auf Ritz, BAO3, § 135, Tz 13).
Im Rahmen des Ermessens sind auch der Liquiditätsvorteil und der Wettbewerbsvorteil gegenüber pünktlich erklärenden Abgabepflichtigen zu berücksichtigen (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 1994, Band 2, 1534).

Im Beschwerdefall ist zu berücksichtigen, dass die Fristüberschreitung rund 6 Jahre bis zu einem Jahr betrug und von einem nur geringen Verschulden der BF auszugehen ist, weil sie offenbar nicht vorsätzlich handelte.

In Anbetracht der doch beträchtlichen Fristüberschreitung in den ersten Jahren und der wiederholten Nichtabgabe in den folgenden Jahren erachtet das BFG die vom Finanzamt verhängten Verspätungszuschläge idHv 5 % (bei einem Rahmen bis zu 10 % nach § 135 BAO) für gerechtfertigt und war die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zu § 22 UStG 1994 im Hinblick auf dessen Anwendung auf eine nicht in Österreich gelegene Landwirtschaft noch keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt, wird die ordentliche Revision zum ersten Punkt des Spruches zugelassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 22 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 296 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
§ 125 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 124 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 134 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 296 RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
§ 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100317.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at