1. Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Abbruch einer Ausbildung und Beginn einer anderen Ausbildung 2. Familienbeihilfe für die Zeit zwischen Abschluss einer Ausbildung und Beginn einer beruflichen Tätigkeit
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3100475/2019-RS1 | Wird eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vorzeitig beendet und in der Folge einige Monate später eine andere Berufsausbildung begonnen, liegt kein Anwendungsfall von § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 vor. Die genannte Bestimmung vermittelt einen Beihilfenanspruch nämlich nur dann, wenn eine Schulausbildung (erfolgreich) abgeschlossen und in der Folge zum frühest möglichen Zeitpunkt eine weitere Berufsausbildung begonnen wird. Der vorzeitige Abbruch einer Schulausbildung stellt keinen "Abschluss" der Ausbildung dar. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** über die Beschwerde vom 7. Feber 2019 gegen den Bescheid des Finanzamtes Kitzbühel Lienz vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume Juni bis September 2016 und November 2017 bis Juli 2018
zu Recht erkannt:
I.
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang:
Ende Juni 2018 versendete das Finanzamt ein Schreiben zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe an die Beihilfenbezieherin und ersuchte um Überprüfung und allfällige Berichtigung und Ergänzung der in der Beilage angeführten Daten sowie um Vorlage eines Abschlusszeugnisses der Tochter T******, geboren am TT.MM.JJJJ, mit Abschlussdatum.
Die in Rede stehende Beilage wurde mit Eingangsdatum an das Finanzamt retourniert. Hinsichtlich der in Rede stehenden Tochter wurde angegeben, dass diese seit arbeiten würde. Das Feld mit der Angabe, dass das Kind ständig bei der Beihilfenbezieherin wohne, wurde durchgestrichen.
Mit Vorhalt vom wurde die Beihilfenbezieherin betreffend die Tochter ersucht, für die Monate August 2017 bis Juni 2018 Schul- bzw Kursbesuchsbestätigungen oder sonstige Bestätigungen über die Absolvierung einer Berufsausbildung samt Abschlusszeugnissen vorzulegen. Weiters wäre für den Zeitraum Mai bis Oktober 2016 eine Bestätigung der Ausbildungseinrichtung über den tatsächlichen Schulbesuch beizubringen und anzugeben, ob die Tochter mit Ende Mai 2016 eine Ausbildung abgebrochen und in der Folge mit Oktober 2016 die Ausbildung wieder neu begonnen habe.
Nachdem dieser Vorhalt unbeantwortet blieb, forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die für die in Rede stehende Tochter in den Zeiträumen Juni bis September 2016 und November 2017 bis Juli 2018 ausbezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen zurück.
Unter Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen wurde begründend ausgeführt, dass für volljährige Kinder Familienbeihilfe nur unter bestimmten Voraussetzungen, welche in § 2 Abs 1 lit b bis e FLAG 1967 aufgezählt seien, zustehe. Die Tochter habe bis und von bis eine näher bezeichnete Schule besucht. Für die Monate, in denen keine Schul- oder Berufsausbildung absolviert worden sei, bestehe kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gegen diesen Bescheid wurde einerseits im Wege von FinanzOnline, andererseits mittels Schreiben rechtzeitig Beschwerde erhoben.
Über FinanzOnline führte sie aus, dass aus ihrer Sicht für den Zeitraum Juni bis September 2016 ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, da ihre schon volljährige Tochter damals das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte und eine Schulausbildung beendete und "bereits im Herbst mit einer Berufsausbildung begonnen" habe. Die Berufsausbildung wäre zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen worden. Insofern bestehe gesetzlich ein Anspruch auf Familienbeihilfe im Höchstausmaß von drei Monaten.
Die Tochter hätte ihren Abschluss im November 2017 gehabt und wäre sodann bis April 2018 als Au Pair in [EU-Land] gewesen. Wieso zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch bestanden hätte, verstehe sie nicht. Der Hauptwohnsitz wäre nach wie vor in Österreich gewesen und hätten die fünfeinhalb Monate der Verbesserung der englischen Sprache gedient, was für die Zukunft "auch kein Fehler" sei. Dazu käme, dass "genügend Familienbeihilfe ins Ausland bezahlt" werde, obwohl die Kinder nicht in Österreich leben würden. Diese Logik verstehe sie nicht und bitte um Aufklärung. Im April 2018 wäre die Tochter nach Österreich zurückgekehrt und hätte die Zusage gehabt, mit bei ihrem Arbeitgeber "anfangen" zu können. Wieso sollte sie in diesem Zeitpunkt keine Familienbeihilfe bekommen.
Im Wesentlichen inhaltsgleich wurde auch in der schriftlichen Ausfertigung der Beschwerde argumentiert.
Das Finanzamt ersuchte daraufhin die von der Tochter in den Jahren 2016/2017 besuchte Ausbildungseinrichtung um Auskunft hinsichtlich der Umstände der Ausbildung. Diese gab bekannt, dass die Tochter eine im Juli 2015 begonnene Ausbildung (Ausbildung1) mit Ende Mai 2016 vorzeitig beendet habe und in der Folge ab Oktober 2016 eine andere Ausbildung (Ausbildung2) begonnen und diese mit erfolgreich abgeschlossen hätte.
Daraufhin verfasste das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Begründend verwies das Finanzamt auf Bestimmungen des FLAG 1967 und hielt fest, dass in der Zeit zwischen dem Abbruch einer und dem Beginn einer anderen Ausbildung kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Für die Zeit nach erfolgreichem Abschluss der im Oktober 2016 begonnenen Berufsausbildung (November 2017 bis Juli 2018) liege ebenfalls keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor.
Daraufhin beantragte die Einschreiterin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
Ihre Tochter habe die Ausbildung zur "Ausbildung1" nicht abgebrochen, sondern hätte die Wiederholungsprüfung nicht bestanden und wäre daher nicht berechtigt gewesen, in die zweite Klasse aufzusteigen. Um bald ins Berufsleben einsteigen zu können habe sie sich dann für die Ausbildung "zum Ausbildung2" entschieden. Bis zum Beginn dieser Ausbildung hätte sie "nie" eine "Vollzeit Anstellung bekommen um sich selbst ernähren usw können".
Auch wäre sie mit ihrer Tochter am Finanzamt gewesen, es habe jedoch "keiner die Mühe und ein Interesse" für ihr Anliegen gehabt. Telefonisch habe sie dann "von einem netten Herren" die Auskunft erhalten, dass die Familienbeihilfe "weiter laufen" könne, da die Tochter "im Oktober wieder mit der Ausbildung starten" könne. An Namen könne sie sich in diesem Zusammenhang nicht mehr erinnern.
Es wäre auch nicht einfach gewesen, die Tochter bei ihrem Stiefvater mitzuversichern, da dazu die "Bestätigung der Familienbeihilfe" und eine Schulbestätigung gebraucht worden wäre. Alles wäre "ordnungsgemäß erledigt" worden und ein Mitversichern möglich gewesen.
Die Tochter wäre auch nicht wie behauptet am mit der Ausbildung fertig gewesen. Wegen einer Wiederholungsprüfung hätte die Ausbildung erst Anfang November 2017 geendet. Danach wäre sie nach [EU-Land] geflogen, um dort als Au Pair zu arbeiten und um ein College zu besuchen, damit sie sich weiterbilden könne bzw "um eventuell als Pflegekraft in [EU-Land] durchzustarten". Dort wäre sie aber sehr unglücklich gewesen und auch zwischenzeitlich heim nach Österreich geflogen. Den Hauptwohnsitz hätte sie immer bei der Beschwerdeführerin in Österreich gehabt.
Im April 2018 wäre die Tochter wieder nach Hause gekommen, da ihr ab ein Arbeitsplatz zugesagt worden sei. Letztlich wäre der Arbeitsbeginn aber auf verlegt worden.
Warum in dieser Zeit kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen solle, wo die Tochter das 24. Lebensjahr noch nicht erreicht gehabt und auch sonst auf keine anderen Förderungen Anspruch gehabt hätte, verstehe die Beschwerdeführerin nicht.
Das Finanzamt legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht vor und stellte neuerlich den Sachverhalt dar. Beantragt wurde die Abweisung der Beschwerde.
Im Zusammenhang mit der erstmals im Vorlageantrag behaupteten Ablegung einer Wiederholungsprüfung im November 2017 ersuchte das Bundesfinanzgericht die Bildungseinrichtung um diesbezügliche Auskunft. Seitens der Bildungseinrichtung wurde mitgeteilt, dass die Tochter die Ausbildung bereits mit erfolgreich abgeschlossen habe.
2. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Im vorliegenden Fall ist nachfolgender Sachverhalt entscheidungsrelevant:
A) Die im Streitzeitraum bereits volljährige Tochter der Beschwerdeführerin besuchte ab Juli 2015 die Ausbildung zur "Ausbildung1". Diese wurde mit ohne Abschluss vorzeitig beendet, weil die Tochter eine Wiederholungsprüfung nicht bestanden hat und daher nicht berechtigt gewesen ist, in die nächste Klasse aufzusteigen. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den Erhebungen des Finanzamtes und den unbestrittenen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.
B) In der Folge hat die Tochter der Beschwerdeführerin im Oktober 2016 eine Ausbildung zur Ausbildung2 begonnen und diese auch im Oktober 2017 erfolgreich abgeschlossen.
Beginn und Ende der Ausbildung ergeben sich unzweifelhaft aus der Auskunft der besuchten Bildungseinrichtung und wurden in der Beschwerdevorentscheidung auch ausdrücklich angeführt. Die Notwendigkeit zur wiederholten Ablegung einer Prüfung, welche im Vorlageantrag erstmals seitens der Beschwerdeführerin behauptet wird, wurde durch diese nicht nachgewiesen und steht dieses Vorbringen im Widerspruch zu den Angaben, welche die Bildungseinrichtung gegenüber dem Finanzamt und in Folge auch dem Bundesfinanzgericht gemacht hat. Die Beschwerdeführerin hat trotz mehrfacher Aufforderung im Verwaltungsverfahren auch ihrer Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Vorlage von Abschlusszeugnissen (Überprüfungsschreiben, Vorhalt, Inhalt der Beschwerdevorentscheidung) nicht entsprochen, aus welchen allenfalls Hinweise auf das tatsächliche Ende der Ausbildung zu gewinnen wären. Andere Beweismittel wurden ebenfalls nicht vorgelegt und auch nicht angeboten. Somit kann die bloße Behauptung, die Ausbildung hätte tatsächlich bis zum gedauert, die unbeeinflussten und objektiven Angaben der Bildungseinrichtung nicht entkräften.
C) Aus den Angaben der Beschwerdeführerin ergibt sich, dass die Tochter im November 2017 nach [EU-Land] reiste und dort als Au Pair-Kraft arbeitete. Zwischenzeitlich kam es zu Rückreisen nach Österreich, wobei diese Behauptung weder durch konkrete Datumsangaben, noch durch sonstige Beweismittel belegt ist. Gleichermaßen liegen keinerlei Nachweise dafür vor, dass die Tochter in der Zeit in [EU-Land] tatsächlich Kurse an einem College belegt hat. Das Finanzamt hat in der Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff "Berufsausbildung" hingewiesen. Es wäre somit an der Beschwerdeführerin gelegen gewesen, für den Fall des Zutreffens, konkrete Angaben zu besuchten Kursen oder sonstigen absolvierten Bildungsmaßnahmen zu machen und sich nicht nur auf die Formulierung eines allgemein gehaltenen Vorhabens, nämlich dem beabsichtigten Besuch eines Colleges, zu beschränken. Auch wenn, wie bereits das Finanzamt ausgeführt hat, der Erwerb von (allgemeinen) Sprachkenntnissen durch den Aufenthalt in einem anderen Land oder durch den, im vorliegenden Fall weder konkret behaupteten noch nachgewiesenen Besuch von Sprachkursen für eine spätere Berufsausbildung oder -übung nicht nachteilig ist, liegt dessen ungeachtet keine "Berufsausbildung" iSd FLAG 1967 vor.
Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag selbst ausgeführt, dass ihre Tochter in [EU-Land] "unglücklich" gewesen und "zwischen zeitlich" auch zurück nach Österreich geflogen wäre. Daten und Zeiträume dieser Rückflüge blieb sie wiederum schuldig, wobei derartige Angaben für die Entscheidung des vorliegenden Falles nur insoweit relevant wären, wenn die Tochter in [EU-Land] tatsächlich eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 absolviert hätte, da bei mehrfachen Rückreisen die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit des Absolvierens fraglich sein könnte.
D) In der Zeit nach der Rückkehr aus [EU-Land] wurde von der Tochter der Beschwerdeführerin unbestritten keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 absolviert.
E) Dass sich die Beschwerdeführerin an die Finanzverwaltung gewendet und dort die Auskunft erhalten habe, dass im konkreten Fall ein Familienbeihilfenanspruch bestehe, mag möglich sein. Indem die Beschwerdeführerin aber nicht angeben kann, von wem und wann diese (behauptete) Auskunft erteilt wurde und welchen Sachverhalt sie bei einem (allfälligen) Telefonat bekannt gegeben hat, können in diesem Zusammenhang keine konkreten Feststellungen betroffen werden. Dies ist gegenständlich aber, wie unten näher ausgeführt, auch nicht notwendig.
3. Rechtslage:
Nach § 2 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder,
lit b: die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
lit d: für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.
§ 2 Abs 2 FLAG 1967 bestimmt weiter, dass Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind die Person hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält (§ 2 Abs 5 lit a FLAG 1967).
Gemäß § 2 Abs 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.
Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen (§ 26 Abs 1 FLAG 1967).
Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden (§ 33 Abs 3 EStG 1988).
4. Erwägungen:
Während für minderjährige Kinder § 2 FLAG 1967 einen Anspruch auf Familienbeihilfe bei Vorliegen der "allgemeinen" Voraussetzungen vorsieht, besteht ein derartiger Anspruch bei volljährigen Kindern nur, wenn eine weitere der in § 2 Abs 1 lit b ff FLAG 1967 definierten Voraussetzungen vorliegt (vgl Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 27). Damit reicht es bei volljährigen Kindern nach den klaren gesetzlichen Bestimmungen allein nicht aus, dass diese im Haushalt einer bezugsberechtigten Person leben und auf deren Kosten unterhalten werden.
Für den vorliegenden Fall kommt als zusätzliche Voraussetzung lediglich jene des § 2 Abs 1 lit b (Berufsausbildung) oder lit d (Zeiten zwischen Schulausbildung und weiterer Berufsausbildung) FLAG 1967 in Frage. Ein Vorliegen einer anderen Anspruchsvoraussetzung wurde weder konkret behauptet, noch liegen diesbezüglich Anhaltspunkte vor.
A) Rückforderungszeitraum Juni bis September 2016:
Mit wurde von der Tochter eine im Jahr 2015 begonnene und auf mehrere Jahre ausgelegte Ausbildung vorzeitig und ohne Abschluss beendet, weil sie die für eine Weiterführung erforderlichen Leistungen nicht erbracht hat. Damit befand sich die Tochter ab Juni 2016 unbestreitbar nicht mehr in Berufsausbildung (vgl zB ).
Die Beschwerdeführerin vermeint, dass die Voraussetzungen für den Familienbeihilfenanspruch deshalb erfüllt wären, weil ihre Tochter zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Beendigung der einen Ausbildung eine andere Ausbildung begonnen habe und spricht damit erkennbar die Bestimmung des § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 an.
Die genannte Gesetzesbestimmung wurde durch das Budgetbegleitgesetz 2011 eingefügt. Die Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2011 (EB RV 981 BlgNR, 24. GP, 223f) erläutern dazu, dass die Familienbeihilfe nach dem Erreichen der Volljährigkeit grundsätzlich nur bis zum Abschluss einer Berufsausbildung gewährt werden soll. Bisher sei auch durch drei Monate nach Abschluss der Berufsausbildung die Familienbeihilfe weitergewährt worden. Aus Gründen der Budgetkonsolidierung solle diese Leistungsgewährung entfallen. Damit während der Zeit zwischen einer Schulausbildung und einer weiterführenden Ausbildung familienbeihilfenrechtlich keine Lücke entstehe, sei eine ergänzende Regelung im FLAG aufzunehmen. Durch diese Regelung solle insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Beginn eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern im Regelfall weiterhin unterhaltspflichtig seien. Damit hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des VwGH reagiert, nach welcher die Zeit zwischen erfolgreicher Beendigung einer Ausbildung und Beginn der weiteren Ausbildung weder als Ausbildungszeit im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967, noch als unschädliche Lücke zwischen zwei Ausbildungsarten angesehen werden kann (vgl ).
Dieser vom Gesetzgeber durch § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 vorgenommene "Lückenschluss" spricht dabei aber klar von der Zeit zwischen dem "Abschluss" der Schulausbildung und Beginn einer weiteren Berufsausbildung. Das Wort "Abschluss" kann dabei nur so verstanden werden, dass es sich um das erfolgreiche Beenden einer Schulausbildung handelt (vgl Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 130). Ein vorzeitiges Beenden einer Ausbildung (etwa weil die erforderlichen Leistungen nicht erbracht werden) stellt einen Abbruch und damit keinen Abschluss dar. Für die Zeit zwischen dem Abbruch einer Ausbildung und dem Beginn einer anderen Ausbildung sieht damit auch § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 keinen Familienbeihilfenanspruch vor und kann daher dahingestellt bleiben, ob die gegenständlich erste Ausbildung, welche regelmäßig eine abgeschlossene Schulausbildung voraussetzt, tatsächlich noch unter den Begriff "Schulausbildung" iSd § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 zu subsummieren ist (vgl nochmals Hebenstreit in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 2 Rz 130).
Damit steht aber fest, dass im vorliegenden Fall ein Beihilfenanspruch für die Zeit Juni bis September 2016 nicht bestanden hat und die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen wurde.
B) Rückforderungszeitraum November 2017 bis Juli 2018:
Die Tochter der Beschwerdeführerin hat, wie oben bereits ausgeführt, die Ausbildung zur Ausbildung2 im Oktober 2017 erfolgreich abgeschlossen. Wie ebenfalls bereits erwähnt, wurde § 2 Abs 1 lit d FLAG 1967 durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I 2010/111, neu gefasst und fiel die bis dahin bestehende Regelung, nach der ein Familienbeihilfenanspruch generell für drei Monate nach Abschluss einer Berufsausbildung bestanden hat, weg. Damit besteht mit dem Monat, der auf den Monat der Beendigung der Berufsausbildung folgt, von durch spezielle Regelungen abgedeckten Zeiträumen abgesehen, der Beihilfenanspruch nicht mehr.
Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, ist die Tochter sodann nach [EU-Land] gereist, um dort als Au Pair zu arbeiten. Eine derartige Tätigkeit vermittelt keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Dass die Tochter in [EU-Land] eine (weitere) Berufsausbildung absolviert hätte, wird von ihr nicht dargetan.
Nach der Rückkehr aus [EU-Land] im April 2018 hat die Tochter der Beschwerdeführerin bis zum auf den Arbeitsbeginn "gewartet" und werden auch für diesen Zeitraum weder konkrete Anspruchsgründe genannt noch sind solche ersichtlich.
Es liegt somit kein Anspruchsgrund vor, nach dem im genannten Zeitraum Familienbeihilfe zustehen würde. Alleine der Umstand, dass die Tochter allenfalls noch einen Unterhaltsanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin hatte, reicht dazu bei volljährigen Kindern nach den klaren gesetzlichen Bestimmungen jedenfalls nicht aus. Daraus folgt, dass auch im Zeitraum November 2017 bis Juli 2018 ein unrechtmäßiger Bezug von Familienbeihilfe gegeben war.
C) Rückforderung:
§ 26 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe für das Kind, sind nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH für die Verpflichtung zur Rückerstattung unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob die Beträge zu Unrecht erhalten wurden (vgl zB ), weil es an einer Anspruchsvoraussetzung für den Leistungsbezug fehlte (vgl , oder ).
Da im vorliegenden Fall, wie oben dargestellt, kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden hat, wurde diese vom Finanzamt auf Basis der bestehenden gesetzlichen Vorschriften rechtmäßig zurückgefordert. Der zusammen mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbetrag teilt das Schicksal der Familienbeihilfe.
Die Beschwerde war daher wie im Spruch ausgeführt abzuweisen.
5. Zulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig. Es war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, da das Bundesfinanzgericht auf grund des festgestellten Sachverhaltes in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur folgt.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100475.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at