Zeitpunkt des Zuflusses von nachträglich zuerkanntem Rehabilitationsgeld.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner
in der Beschwerdesache des Adr1,
betreffend die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch vom , hinsichtlich Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016 und Anspruchszinsen 2016 (§ 205 BAO) zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verwaltungsgeschehen:
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid enthielt die Begründung, das Rehabilitationsgeld stelle eine Leistung aus der Krankenversicherung dar, die die Arbeitsunfähigkeit bei gleichzeitiger Maßnahmensetzung zur Herstellung der Erwerbsfähigkeit überbrücke und somit als Aktivbezug einzustufen sei. Die Durchbrechung des Zuflussprinzips komme daher nicht zum Tragen.
Soweit das Erkenntnis des zitiert worden sei, sei dagegen eine Revision eingebracht worden, die beim VwGH unter der Geschäftszahl Ro2017/15/0025 anhängig sei.
Die von der VGKK übermittelte Meldung über eine Nachzahlung von Rehabilitationsgeld für den Zeitraum bis gghh.2016 sei aus den genannten Gründen dem Jahr 2016 zuzuordnen gewesen. Bei den weiteren Meldungen der VGKK für den Zeitraum bis über Teilbeträge handle es sich um laufende Auszahlungen des Rehabilitationsgeldes, welche ebenfalls im Jahr 2016 der Besteuerung zu unterziehen gewesen seien.
Der Beschwerdeführer wandte sich mit Beschwerde gegen diesen Bescheid sowie gegen den mit selbem Datum ergangenen Anspruchszinsenbescheid. Er führte aus, die Nachforderung an Einkommensteuer sei entgegen dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts, , erfolgt. Das Bundesfinanzgericht habe in diesem Erkenntnis ausgesprochen, dass hinsichtlich einer Nachzahlung von Rehabilitationsgeld die Ausnahmebestimmung des § 19 Abs. 1 Z. 2 TS1 EStG 1988, nämlich die Fiktion des Zuflusses in dem Kalenderjahr, für das der Anspruch bestehe, anwendbar sei, da es sich um eine Pension im Sinne des § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 handle.
In seinem Fall, der deckungsgleich mit dem dem zitierten Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt sei, habe die VGKK die in Streit stehenden Bezüge um insgesamt € 29.626,44 zu hoch ausgewiesen. Dies hänge damit zusammen, dass ihm nachträglich im November 2016 Rehabilitationsgeld zuerkannt worden sei. Nachzahlungen von Pensionen seien aber dem Kalenderjahr zuzuordnen, für das der Anspruch bestehe.
Er beantrage die Neufestsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2016 unter Kürzung des Gesamtbetrages der Einkünfte um den Betrag von € 29.626,44.
Ebenso beantrage er die Aufhebung des Bescheides über die Festsetzung von Anspruchszinsen, da die Berechnung des zugrunde liegenden Einkommensteuerbescheides 2016 unrichtig sei.
Der Beschwerdeführer sprach gleichzeitig gemäß § 262 BAO seinen Verzicht auf Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt A aus. Seine Beschwerde möge innerhalb von drei Monaten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Er gehe davon aus, dass das Bundesfinanzgericht entsprechend dem zitierten Erkenntnis RV/5100196/2017 entscheiden werde.
Im Weiteren stellte der Beschwerdeführer gemäß § 171 BAO einen Antrag auf Aussetzung der Entscheidung, da in der selben Rechtsfrage eine Beschwerde beim VwGH anhängig sei. Der Ausgang dieses Verfahrens sei von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde.
II. Sachverhalt:
Mit Schreiben der VGKK vom aabb 2016 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass er Rehabilitationsgeld ab erhalte.
Die VGKK wies gleichzeitig darauf hin, dass der Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice bereits für den Zeitraum bis eine Leistung bezogen habe. Diese werde mit dem Rehabilitationsgeld gegenverrechnet.
Das Rehabilitationsgeld für den Zeitraum bis belaufe sich auf € 52.767,48.
Davon abzuziehen sei die Leistung des Arbeitsmarktservice bis i.H.v. € 23.457,62.
Der Nachzahlungsbetrag belaufe sich auf € 29.309,86.
Darüber hinaus seien im Jahr 2016 seitens der VGKK Anweisungen in Höhe von € 1.860,94 (1.11. bis 30.11.), € 851,54 (1.12. bis 13.12.), und € 1.630,80 (14.12. bis 31.12.) erfolgt.
Alle genannten Beträge scheinen in den dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid beiliegenden Lohnzetteln und Meldungen auf.
Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf im Akt aufliegenden Schreiben der VGKK, einem Schriftwechsel zwischen Finanzamt und VGKK sowie weiterem unstrittigen Akteninhalt.
III. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung:
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 TS 1 EStG 1988 gelten Nachzahlungen von Pensionen, über deren Bezug bescheidmäßig abgesprochen wird, in dem Jahr als zugeflossen, für das der Anspruch besteht bzw. für das sie getätigt werden (Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl I 2011/112 ab 2011).
Gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a EStG 1988 sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis …
Gemäß § 25 Absatz 1 Z. 1 lit. c leg. cit. sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit Bezüge aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung.
Der Beschwerdeführer hat im Zeitpunkt seiner Beschwerdeeinbringung die Aussetzung der Entscheidung durch das BFG bis zum Ergehen des VwGH-Erkenntnisses zur Geschäftszahl Ro 2017/15/0025, welches eine mit der seinen deckungsgleiche Causa betreffe, beantragt. Da diese höchstgerichtliche Entscheidung zwischenzeitlich () ergangen ist, ist eine Aussetzung der Entscheidung obsolet geworden.
Der VwGH hat in diesem Erkenntnis der vom Beschwerdeführer unter Stützung auf das BFG-Erkenntnis , RV/5100196/2017, vertretenen Rechtsansicht, wonach eine Nachzahlung von Rehabilitationsgeld, da sie als Pension iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zu qualifizieren sei, gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 TS 1 leg. cit. dem Kalenderjahr zuzuordnen sei, für welches sie getätigt würde, eine Absage erteilt.
Explizit spricht der VwGH aus: „Der Steuergesetzgeber hat das Rehabilitationsgeld mit der Begründung, dass das anstelle einer befristeten Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension getretene Rehabilitationsgeld durch den Krankenversicherungsträger geleistet wird und es zudem funktional als eine Fortsetzung des Krankengeldbezuges anzusehen ist, in § 69 Abs. 2 EStG 1988 in der Fassung BGBl I Nr. 13/2014 dem Krankengeld gleichgestellt … Solcherart ist das Rehabilitationsgeld iSd § 143 a ASVG dem § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. c EStG 1988 und nicht dem § 25 Abs. 1. Z. 2 Z 1 lit. a. EStG 1988 zu subsumieren.
Dass das Rehabilitationsgeld vom Pensionsversicherungsträger zuerkannt und finanziert wird, kann für die steuerliche Beurteilung des Rehabilitationsgeldes als „Pension“ entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts schon deshalb nicht maßgebend sein, weil der Leistungskatalog der Pensionsversicherung nach § 222 Abs. 1 und 3 ASVG nicht nur die Gewährung von Pensionen umfasst, sondern auch Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge und der Rehabilitation."
Zur Beurteilung der Rückzahlung von "AMS-Geldern" äußert sich der VwGH wie folgt: „…. Nach § 23 Abs. 8 AlVG 1977 in der Fassung BGBl I Nr. 68/2014, gilt der Vorschuss für den Fall, dass Rehabilitationsgeld nicht zuerkannt wird, als Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe. Wird hingegen - wie im Revisionsfall - Rehabilitationsgeld zuerkannt, ist die Leistung des Arbeitsmarktservice gemäß § 23 Abs. 1 AlVG 1977 als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung zu beurteilen. Dessen Rückzahlung (im Wege der Legalzession nach § 23 Abs. 6 AlVG 1977) ist gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen."
Für den Streitfall ergibt sich daher:
Dem Beschwerdeführer ist im Streitjahr 2016 Rehabilitationsgeld (§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988) für den Zeitraum bis i.H.v. € 52.767,48 zugeflossen. Die Rückzahlung der für diesen Zeitraum bereits erhaltenen Leistungen des AMS in Höhe von € 23.457,62 erfolgte im Wege einer Legalzession.
Entsprechend der vorstehend zitierten höchstgerichtlichen Judikatur wurde der Rückzahlungsbetrag im angefochtenen Einkommensteuerbescheid als Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988 bereits berücksichtigt, indem lediglich der saldierte Betrag von € 29.309,86 bei den Einkünften in Ansatz gebracht wurde (52.767,48 - 23.457,62 = 29.309,86).
Der Beschwerde kommt daher keine Berechtigung zu. Auch die Beschwerde gegen den Anspruchszinsenbescheid, dessen Bemessungsgrundlage die jeweilige Nachforderung oder Gutschrift ist (Ritz, BAO6 , Tz 32,33), war insofern abzuweisen.
Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.
IV. Zulässigkeit /Unzulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zu lösende Rechtsfrage war bereits Gegenstand der höchstgerichtlichen Analyse ().
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 19 Abs. 1 Z 2 TS 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 69 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 Abs. 8 AlVG, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609/1977 § 16 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100576.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at