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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2019, RV/7100219/2017

Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel und gesunde Nahrungsmittel keine außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf. , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid vom wird bestätigt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog im Streitjahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Arbeitnehmererklärung für das Jahr 2013 beantragte die Bf. die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung in Höhe von € 7.474,69.  

In einem Begleitschreiben zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 führte die Bf. aus, dass sie an einer Quecksilberallergie leide und einen Allergiepass besitze. Aus diesem Grund sei bei ihr eine Amalgamsanierung samt Entgiftungstherapie vorgenommen worden. Die Ärzte hätten ihr zu einer Ernährungsumstellung geraten, um Schadstoffe zu meiden, weshalb sie nur mehr in Biogeschäften einkaufe und auch andere Putzmittel verwende als früher.

Das Finanzamt ersuchte die Bf. mit Vorhalt vom die beantragten außergewöhnlichen Belastungen (Krankheitskosten) mittels Unterlagen nachzuweisen.

Die Bf. legte folgende Belege samt Angabe von Ersätzen durch die Versicherung als Nachweis vor:


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Beleg abzüglich Ersätze BVA
Betrag
Zahnarzt A
736,00
Akupunktur B
543,00
Labor
152,00
Arzt C
159,66
Zahnarzt D
115,64
Zahnarzt E
15,64
Heilmasseur F
420,00
BVA Beitrag
288,72
Therapie G
440,00
H
190,55
Life light
66,85
K
49,20
Fair trade
38,60
Summe
3.215,86

Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 und berücksichtigte in diesem außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € 3.215,86, wobei ein Selbstbehalt von € 2.930,21 abgezogen wurde. Die Einkommensteuer wurde mit einer Gutschrift von € -532,- festgesetzt.

Die Bf. erhob Beschwerde und ersuchte zusätzlich auch Apothekenkosten in Höhe von € 1.698,83, sowie Reformhauskosten von € 2.334,44 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen und legte die diesbezüglichen Belege in Ablichtung vor.

Die in Ablichtung vorgelegten Kopien von Apothekenrechnungen im Umfang von € 1.698,83 aus dem Streitjahr 2013 enthalten nur Artikel wie : Regenaplex, Luvos Heilerde, Baldriantinktur, Gojibeeren, Aroniasaft, Bachblüten, ätherische Öle, Basenpulver, Bockshornklee, Ingwertee, Dr. Böhm Mariendistelapseln etc.

Ergänzend legte die Bf. Ablichtungen von Rechnungen des DM Drogeriemarktes , Denns , Natur und Reformgeschäft bzw. Müller in Höhe von insgesamt € 2.334,44 vor. Diese Rechnungen enthalten Artikel wie: Alnavit Holundersaft, Kneipp Körpermilch, Alnatura Cocodrink, Alnatura Aufstrich, Alnatura Kakao, Elmex Zahnbürste, Servietten, Alnavit Ingwersaft, Alnatura Bratlinge, Alnatura Gemüsesaft, Alnatura Hirsebällchen, Carpe diem Combuchasaft, Alantura Gemüsemix, Teebaumöl, AllnaturaAufstriche, Handtuch, Volumen Haarspray, biologische Edelbitterschokolade, Bärlauchpesto, Dinkellaibchen Handcreme, Milford Früchtetee,  Lippenpflege, Kokosmehl, Nackenwärmeflasche, Salzkristalleuchte, Hagebuttenaufstrich Birkenzucker usw.

Das Finanzamt erließ am eine abändernde Beschwerdevorentscheidung und anerkannte einen Betrag von € 4.033,27, abzüglich Selbstbehalt von € 2.930,21 als außergewöhnliche Belastung; die Einkommensteuer wurde mit einer Gutschrift von € -830,- festgesetzt.

Die Bf. stellte den Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte zur Begründung aus, dass sie um Neuberechnung ihrer Arbeitnehmerveranlagung und Anerkennung von € 7.249,13 als außergewöhnliche Belastung ersuche.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall in welcher Höhe bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2013 außergewöhnliche Belastungen wegen Krankeitskosten zu berücksichtigen sind.

Das Bundesfinanzgericht geht im gegenständlichen Fall von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Die Bf. bezog im Jahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In ihrer Arbeitnehmererklärung beantragte die Bf. die Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung. In Ergänzung ihrer Erklärung legte die Bf. nach Vorhalt des Finanzamtes ihre Kosten abzüglich BVA Ersätzen nachzuweisen folgende Unterlagen vor: 


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Beleg abzüglich Ersätze BVA
Betrag
Zahnarzt A
736,00
Akupunktur B
543,00
Labor
152,00
Arzt C
159,66
Zahnarzt D
115,64
Zahnarzt E
15,64
Heilmasseur F
420,00
BVA Beitrag
288,72
Therapie G
440,00
H
190,55
Life light
66,85
K
49,20
Fair trade
38,60
Summe
3215,86

Das Finanzamt anerkannte mit Erstbescheid vom diese Aufwendungen in Höhe von € 3.215,86 als außergewöhnliche Belastung wegen Krankheitskosten.

Mit Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 ersuchte die Bf. zusätzlich um Anerkennung als außergewöhnliche Belastung (Krankheitsksoten) betreffend Apothekenrechnungen in Höhe von € 1.698,83, sowie für Reformhausrechnungen in Höhe von € 2.334,44. Die Bf. legte Ablichtungen der Rechnungen vor.

Die in Ablichtung vorgelegten Kopien von Apothekenrechnungen im Umfang von € 1.698,83 aus dem Streitjahr 2013 enthalten nur Artikel wie : Regenaplex, Luvos Heilerde, Baldriantinktur, Gojibeeren, Aroniasaft, Bachblüten, ätherische Öle, Basenpulver, Bockshornklee, Ingwertee, Dr. Böhm Mariendistelapseln etc.

Ergänzend legte die Bf. Ablichtungen von Rechnungen des DM Drogeriemarktes , Denns , Natur und Reformgeschäft bzw. Müller in Höhe von insgesamt € 2.334,44 vor. Diese Rechnungen enthalten Artikel wie: Alnavit Holundersaft, Kneipp Körpermilch, Alnatura Cocodrink, Alnatura Aufstrich, Alnatura Kakao, Elmex Zahnbürste, Servietten, Alnavit Ingwersaft, Alnatura Bratlinge, Alnatura Gemüsesaft, Alnatura Hirsebällchen, Carpe diem Combuchasaft, Alantura Gemüsemix, Teebaumöl, AllnaturaAufstriche, Handtuch, Volumen Haarspray, biologische Edelbitterschokolade, Bärlauchpesto, Dinkellaibchen Handcreme, Milford Früchtetee,  Lippenpflege, Kokosmehl, Nackenwärmeflasche, Salzkristalleuchte, Hagebuttenaufstrich Birkenzucker usw.

Die in den Apothekenrechnungen bezeichneten von der Bf. gekauften Artikel sind keine von Ärzten verschriebenen Medikamente hinsichtlich einer bestimmten Krankheit. Auch die in den Reformhausrechnungen bezeichneten Artikel stellen ebensowenig von Ärzten zur Behandlung einer Krankheit verschriebene  Medikamente dar. Es handelt sich bei allen diesen von der Bf. gekauften Artikel nicht um ärztlich verordnete Medikamente, sondern um Nahrungsergänzungsmittel oder gesunde Nahrungsmittel zur Vorbeugung vor Krankheiten.

Das Finanzamt hat in der Beschwerdevorentscheidung ohne nähere Begründung die anerkannten Kosten für außergewöhnliche Belastung auf € 4.033,27 (entspricht dem Betrag der Apotheken- und Reformhauskosten) erhöht.

Die Bf. begehrt zusätzlich zu den bereits im Erstbescheid gewährten Kosten von € 3.215,86 Aufwendungen in Höhe von € 4.033,27 als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. 

Rechtliche Grundlagen und Würdigung:

Außergewöhnliche Belastung:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Gemäß § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Im vorliegenden Fall ist zu beurteilen, ob die von der Bf. geltend gemachten (Krankheits)kosten als außergewöhnliche Belastung steuerlich anzuerkennen sind.

Außergewöhnliche Belastungen iSd § 34 EStG 1988 sind grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Behörde ist jedoch nicht verpflichtet, von sich aus weitreichende Ermittlungen durchzuführen. Ein Vorhalt bezüglich der Beibringung von Beweisen ist in diesem Zusammenhang üblicherweise ausreichend. Der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt also in erster Linie der Partei (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 7, und die dort zit. Judikatur).

Der Steuerpflichtige, der eine abgabenrechtliche Begünstigung - wie zB eine außergewöhnliche Belastung - in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen der Umstände darzulegen, auf die die Begünstigung gestützt werden kann (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 34 Tz 5).

Krankheitskosten sind nach allgemeiner Rechtsauffassung außergewöhnlich und auch aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig im o.a. Sinne. Abzugsfähig sind beispielsweise Aufwendungen für Arzt und Krankenhaus, Medikamente, Ambulanzgebühren, Behandlungsbeiträge, Selbstbehalte, Zuzahlungen etc. (vgl. Jakom/Baldauf EStG 2012, § 34 Rz 90 "Krankheitskosten").

Aber nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, sind einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können ().

Kosten einer alternativmedizinischen Behandlung sind grundsätzlich dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn die Zwangsläufigkeit mittels ärztlicher Verordnung nachgewiesen wird ( zu Kinesiologiebehandlungen). Selbstbehandlung oder bloße ärztliche Empfehlung ist nicht ausreichend (vgl. Jakom/Baldauf EStG § 34 Rz 90 "Alternativmedizinische Behandlung").

Nicht abzugsfähig sind nach einhelliger Rechtsmeinung Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit (vgl. Doralt, EStG11 , § 34 Rz 78 "Krankheitskosten"). Zu derartigen allgemeinen Gesundheitsvorsorgemaßnahmen zählen Aufwendung für allgemeine Stärkungsmittel, Vitaminpräparate, Nahrungsergänzungsmittel () oder Körperpflegeprodukte, außer die Verwendung ist im Einzelfall medizinisch indiziert, was der/die Steuerpflichtige nachzuweisen hat. Eine ärztliche Verschreibung ist auch für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches medizinisches Personal erforderlich (Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, MSA EStG 12. GL, § 34 Anm 78).

Ausgehend von der dargestellten Rechtslage ist im vorliegenden Fall festzustellen, dass die vom Finanzamt im Erstbescheid vom als außergewöhnliche Belastung wegen Krankheitskosten anerkannten Aufwendungen im Gesamtbetrag von € 3.215,86 anzuerkennen sind, da diese Aufwendungen für Arztkosten oder unter ärztlicher Verordnung erfolgten Behandlungen darstellen.

Die ergänzend von der Bf. beantragten Kosten für Apothekenrechnungen und Reformhausrechnungen sind Aufwendungen aus dem Bereich Alternativmedizin, Nahrungsergänzungsmittel bzw. gesunde Nahrungsmittel in Bioqualität. Die Bf. hat hierzu ausgeführt, dass sie diese Ausgaben auf Empfehlung der Ärzte getätigt hat, jedoch liegen betreffend diese Ausgaben weder ärztliche Verordnungen vor, noch dienen diese zur Heilbehandlung einer Krankheit, diese Artikel wurden gekauft, um Krankheiten vorzubeugen.

Auf ärztliches Anraten empfohlene Einnahme von Vitaminpräparaten und gesunder im Reformhaus erhältlicher Nahrungsmittel könnte nur gemäß § 34 EStG anerkannt werden, wenn die Zwangsläufigkeit des Erwachsens der Aufwendungen nachgewiesen wird. Diese Zwangsläufigkeit  kann nur durch ärztliche Verschreibung im Rahmen eines konkreten Behandlungsplanes zur Heilung einer diagnostizierten Krankheit geschehen. Im vorliegenden Fall wurden weder ärztliche Verordnungen, noch ein Behandlungsplan vorgelegt. Mangels Zwangsläufigkeit sind die Kosten der Bf. für Erwerb diverser Artikel in den Apotheken bzw. den Reformhäusern in höhe von € 4.033,27 nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. 

Diese Kosten für von weiten Bevölkerungskreisen mit gesteigertem Gesundheitsbewusstsein als Vorbeugungsmaßnahmen verwendeten Artikel sind als Ausgaben der allgemeinen Lebensführung zu werten und daher nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

Vom als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Betrag von € 3.215,86 muss der gemäß § 34 Abs. 4 EStG berechnete Selbstbehalt von € 2.930,21 abgezogen werden.

Der Beschwerde der Bf. war keine Folge zu geben und der Einkommensteuerbescheid 2013 vom zu bestätigen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage der Anerkennung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung ist von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichend geklärt und im gegenständlichen Erkenntnis wird von dieser nicht abgewichen; die Revision war nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7100219.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at