Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.10.2019, RV/1200012/2019

Namensverwechslung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Pichler Rechtsanwalt GmbH, Marktstraße 33, 6850 Dornbirn, über die Beschwerde vom wegen Versäumens der Beschwerdefrist hinsichtlich der Entscheidung des Zollamtes vom , Zahl: 920000/uuuu/2018 durch Bescheid vom , Zahl: 920000/üüüü/2018 (Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 308 BAO), wird zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurden dem Herrn Bf. Eingangsabgaben in Höhe von € 8.816,00 vorgeschrieben. Die Beschwerde wurde durch das BFG mit , RV/1200033/2014 als unbegründet abgewiesen. Ein diesbezüglicher Antrag nach Art 117 UZK wurde als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Am wurde dagegen eine Beschwerde von BfähnlicherName eingebracht, die mit BVE vom als nicht zulässig zurückgewiesen wurde. Die bescheiderlassende Behörde begründete dies damit, dass BfähnlicherName nicht Partei des Verfahrens gewesen sei. Mit Vorlageantrag brachte nun Bf. vor, dass das Gericht die Beschwerde richtigstellen solle, weil es statt BfähnlicherName richtig Bf. hätte heißen sollen. Das BFG folgte diesem Begehren nicht, weil es dazu an einer gesetzlichen Grundlage mangelte (BFG 28.2.2109, RV/1200008/2019).

Mit begehrte der nunmehrige Beschwerdeführer Bf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil der Rechtsvertreter sowohl Bf. als auch BfähnlicherName vertreten habe; ein Irrtum wegen der gleich klingenden Namen und eines Fehlers Kontrolle nach Nutzung der Software. Der Bf. verweist auch auf Verwechslungsfehler im parallel abgelaufenen Finanzstrafverfahren.

Erwägungen:

Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) ist gem. § 308 Abs. 1 BAO auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Abgabenbehörde eingebracht werden. Spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag hat der Antragsteller die versäumte Handlung nachzuholen (§ 308 Abs. 3 BAO).

Im Verfahrens ist unstrittig, dass die Frist zur Einbringung eine Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom abgelaufen ist und der Bf. einen Antrag auf Wiedereinsetzung mit gestellt hat. Dies deswegen, weil der Bf. erst mit BVE vom erkannte, dass er versehentlich für eine Nichtpartei des Verfahrens eingeschritten ist. Beide Mandaten waren in der Software des Parteienvertreters gespeichert, woraus sich der Irrtum erklären lasse.

Ein Ereignis im Sinne des § 308 BAO ist jedes Geschehen, also nicht nur ein Vorgang in der Außenwelt, sondern auch ein psychischer Vorgang wie Vergessen, Verschreiben, Sich irren. Unvorhergesehen ist ein Ereignis, das die Partei nicht einberechnet hat und dessen Eintritt sie auch unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis dann, wenn es die Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mitteln nicht verhindern konnte, auch wenn sie dessen Eintritt voraussah (Ritz, BAO6, § 308 Tz 8 ff).

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wurde (Ritz, BAO6, § 308 Tz 20).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist ein Ereignis als unabwendbar zu qualifizieren, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann; als unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und mit zumutbarer Aufmerksamkeit nicht erwarten konnte (vgl. dazu Stoll; BAO-Kommentar, Pkt. 4b zu § 308 BAO, S. 2983, mwN). Ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis gibt einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann ab, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich hiebei um einen minderen Grad des Versehens handelt ( Zl. 89/14/0254).

Der Parteienvertreter bringt schlüssig vor, dass die Namensverwechslung unerwartet war und dass diese zu einer Fristversäumnis führte (s. ZfVB 1985/5/2047). Selbst wenn man für berufsmäßige Parteienvertreter einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab hinsichtlich der Organisation seines Kanzleibetriebs verlangt (Ritz, BAO6, § 308 Rz 17 mwN) , bedeutet dies aber nicht, dass jeder Sorgfaltsverstoß gleichsam automatisch eine Wiedereinsetzung verhindert, wie die belangte Behörde vermeint (s. OLG Wien , 1 R 207/95). Selbst einem sorgfältig arbeitenden Rechtsanwalt kann diese Verwechslung bei gleich klingenden Namen durchaus passieren und zwar auch wenn Software verwendet wird, weil die betreffenden Mandanten bereits gespeichert waren uns es sich sohin um einen Routinefall handelte. Dass auch einem sorgfältigen Rechtsanwalt eine derartige Fehlleistung unterlaufen kann, ist nach Ansicht des Gerichts unstrittig; s auch  Frauenberger, Wiedereinsetzung nach der ZPO bei verschuldeter Säumnis, ÖJZ 1992,117; ZfVB 1985/5/2047; ZfVB 1985/5/2044).

Sohin war der Beschwerde ein Erfolg beschieden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Rechtsfrage hat diese Bedeutung nicht, weil es diesbezüglich bereits Judikate gibt (siehe Begründung).

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 117 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
§ 308 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 117 UZK, VO 952/2013, ABl. Nr. L 269 vom S. 1
Verweise

Frauenberger, Wiedereinsetzung nach der ZPO bei verschuldeter Säumnis, ÖJZ 1992,117
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1200012.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at