Erstattung von Alkoholsteuer für Erzeugnisse, die zu gewerblichen Zwecken in Drittländer ausgeführt worden sind
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/5200055/2015-RS1 | Der Gesetzgeber hat in § 54 Abs. 3 AlkStG die Erstattung im Fall einer unmittelbaren Ausfuhr in ein Drittland vom Vorliegen eines Ausgangsnachweises abhängig gemacht, und in den Fällen, in denen ein Erzeugnis nicht unmittelbar in ein Drittland ausgeführt werden soll und eine Ausfuhr unter Steueraussetzung nicht zumutbar ist, als weitere Voraussetzung für eine Erstattung nach § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG deren Zulassung durch die Zollbehörde normiert. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch V., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt ZA vom , Zl. 000, betreffend Erstattung von Alkoholsteuer zu Recht erkannt:
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 279 BAO wie folgt abgeändert:
Gemäß § 54 Abs. 3 Satz 2 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) wird in jenen vom Erstattungsantrag umfassten Fällen, in denen die Erzeugnisse über einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in ein Drittland ausgeführt wurden, zugelassen, dass eine Erstattung nach § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG gewährt wird.
Gemäß § 54 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 AlkStG wird die Steuer auf Antrag der Bf., vom in nachstehender Höhe erstattet:
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Steuergegenstand | Zeitraum | Erstattungsbetrag | |
Spirituosen | 4/2014 | 13.114,86 Euro | |
Zeitraum der seinerzeitigen Versteuerung | Menge | Steuersatz | Betrag |
2/2014 | 1.311,486 LA | 10,00 Euro / LA | 13.114,86 Euro |
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Steuergegenstand | Zeitraum | Erstattungsbetrag | |
Spirituosen | 5/2014 | 22.234,56 Euro | |
Zeitraum der seinerzeitigen Versteuerung | Menge | Steuersatz | Betrag |
2/2014 | 2.223,456 LA | 10,00 Euro / LA | 22.234,56 Euro |
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Steuergegenstand | Zeitraum | Erstattungsbetrag | |
Spirituosen | 6/2014 | 17.591,04 Euro | |
Zeitraum der seinerzeitigen Versteuerung | Menge | Steuersatz | Betrag |
2/2014 | 1.759,104 LA | 10,00 Euro / LA | 17.591,04 Euro |
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Steuergegenstand | Zeitraum | Erstattungsbetrag | |
Spirituosen | 7/2014 | 27.437,28 Euro | |
Zeitraum der seinerzeitigen Versteuerung | Menge | Steuersatz | Betrag |
2/2014 | 2.743,728 LA | 10,00 Euro / LA | 27.437,28 Euro |
Gesamterstattungsbetrag: 80.377,74 Euro
Die Bemessungsgrundlagen sind den dem Zollamt im Zuge des Erstattungsverfahrens übermittelten Unterlagen und Nachweisen zu entnehmen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
I.) Verfahrensgang
Aufgrund der Ausfuhr von Alkohol und alkoholhaltigen Waren beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) am die Erstattung von Alkoholsteuer im Ausmaß von insgesamt 80.671,50 Euro.
Das Zollamt ZA wies diesen Antrag mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom
, Zl. 000, ab. Dies mit der Begründung, dass gemäß § 54 Abs. 3 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) eine Erstattung oder Vergütung nach Abs. 1 nur gewährt werde, wenn das Verfahren im Sinne des § 53 AlkStG eingehalten werde und die Verbringung dem in § 54 Abs. 6 AlkStG genannten Zollamt vorher schriftlich angezeigt werde. Im gegenständlichen Fall sei die Verbringung durch den Lieferer dem örtlich zuständigen Zollamt im Vorhinein nicht schriftlich angezeigt und das Verfahren gemäß § 53 AlkStG nicht eingehalten worden.
Dagegen richtete sich die vorliegende Beschwerde vom . Nach Anführung der Bestimmungen des § 54 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 AlkStG führte die Bf. zur Begründung aus, dass die ins Drittland ausgeführten alkoholhaltigen Waren bereits in Österreich versteuert worden seien und sich somit in Österreich im steuerrechtlich freien Verkehr befunden hätten. Gemäß § 54 Abs. 3 AlkStG sei bei unmittelbarer Ausfuhr in ein Drittland die Vorlage des Nachweises des Ausgangs der Erzeugnisse aus dem Zollgebiet ausreichend und es sei keine amtliche Bestätigung des anderen Mitgliedstaates (gemeint wohl: des Drittlandes) darüber, dass das Erzeugnis dort ordnungsgemäß steuerlich erfasst worden sei, erforderlich.
Da das Zollamt durch einen Erstattungsantrag vom bereits über die Ausfuhr in ein Drittland Bescheid wusste, handle es sich um keinen Fall von Steuerhinterziehung oder Missbrauch und die Erstattung sei jedenfalls zulässig. Es könne seitens des Zollamtes folglich auch nicht angeführt werden, dass die Zollbehörden nicht die Möglichkeit gehabt hätten, vor dem Abgang der Waren Kontrollen durchzuführen oder besondere Überwachungsmaßnahmen einzuleiten.
Das Zollamt ZA wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 001, als unbegründet ab.
Am und nicht wie behauptet am sei durch die Beschwerdeführerin mit elektronischer Verbrauchsteueranmeldung VRN *** ein Erstattungsantrag für Alkohol und alkoholhaltige Waren nach Verbringung zu gewerblichen Zwecken durch Ausfuhr in die Schweiz in Höhe von 80.671,50 Euro eingebracht worden.
Nach Prüfung der Voraussetzungen sei dieser Erstattungsantrag mit dem bekämpften Bescheid abgewiesen worden, da die in § 54 Abs. 3 AlkStG geforderte „vorherige Anzeige“ an das in Abs. 6 genannte Zollamt nicht erfolgt sei.
Nach Anführung der im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 54 AlkStG fuhr das Zollamt im Wesentlichen fort:
Der Einwand, dass aufgrund des Erstattungsantrages vom das Zollamt bereits über die Ausfuhr in ein Drittland Bescheid gewusst habe und somit nicht angeführt werden könne, die Zollbehörden hätten nicht die Möglichkeit gehabt, vor dem Abgang der Waren Kontrollen durchzuführen oder besondere Überwachungsmaßnahmen einzuleiten, gehe insofern ins Leere, als der Erstattungsantrag tatsächlich erst am gestellt worden sei und die verfahrensgegenständlichen Waren/Ausfuhren, die dem Erstattungsantrag zugrunde liegen würden, bereits Monate vorher, nämlich im Zeitraum von April 2014 bis Juli 2014 das Verbrauchsteuergebiet verlassen hätten.
Naturgemäß könne ein Erstattungsantrag erst nach Verlassen der Waren aus dem Verbrauchsteuergebiet gestellt werden, so wie auch im verfahrensgegenständlichen Fall,
weshalb dieser auch nicht geeignet sein könne, als vorherige Anzeige im Sinne des § 54 Abs. 3 AlkStG gewertet zu werden.
Die Beschwerdeführerin habe es somit unterlassen, die Durchführung der Ausfuhren dem Zollamt vorher anzuzeigen, weshalb das erforderliche Verfahren nach § 54 Abs. 1 AlkStG nicht eingehalten worden sei und die Erstattung der Alkoholsteuer zu Recht zu versagen gewesen sei.
Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. mit gleichlautender Begründung wie in der Beschwerde einen Vorlageantrag.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
II.) Rechtslage:
§ 54 AlkStG samt Überschrift lautet (auszugsweise):
„ Steuererstattung oder Steuervergütung bei Verbringen zu gewerblichen Zwecken in andere Mitgliedstaaten oder Drittländer
§ 54. (1) Die Steuer wird auf Antrag erstattet oder vergütet für ein nachweislich versteuertes Erzeugnis, das zu gewerblichen Zwecken (einschließlich Versandhandel)
1. in einen anderen Mitgliedstaat verbracht oder
2. unmittelbar in ein Drittland ausgeführt worden ist.
(2) ...
(3) Eine Erstattung oder Vergütung nach Abs. 1 wird nur gewährt, wenn das Verfahren nach § 52 Abs. 9 oder § 53 eingehalten, die Verbringung dem im Abs. 6 genannten Zollamt vorher angezeigt worden ist und der Berechtigte (Abs. 4) in den Fällen des Abs. 1 Z 1 eine amtliche Bestätigung des anderen Mitgliedstaates darüber, dass das Erzeugnis dort ordnungsgemäß steuerlich erfasst worden ist, oder in den Fällen des Abs. 1 Z 2 einen Nachweis des Ausgangs des Erzeugnisses aus dem Zollgebiet vorlegt. Zur Vermeidung von erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen und wenn Steuerbelange dadurch nicht beeinträchtigt werden kann das Zollamt in Fällen, in denen ein Erzeugnis nicht unmittelbar in ein Drittland ausgeführt werden soll, die Anwendung des Verfahrens nach § 45 dieses Bundesgesetzes jedoch nicht zumutbar ist, zulassen, dass nach Vorliegen eines Nachweises des Ausgangs des Erzeugnisses aus dem Zollgebiet eine Erstattung oder Vergütung nach Abs. 1 Z 2 gewährt wird.
(3a) ...
(4) Erstattungs- oder vergütungsberechtigt ist derjenige, auf dessen Rechnung das Erzeugnis in den anderen Mitgliedstaat verbracht oder in das Drittland ausgeführt wurde.
(4a) ...
(5) Erstattungs- und Vergütungsanträge sind nur für volle Kalendermonate zulässig. Sie sind bei sonstigem Verlust des Anspruchs bis zum Ablauf des auf die Verbringung oder die Ausfuhr des Erzeugnisses folgenden Kalenderjahres zu stellen. Für die Anträge gilt § 10 Abs. 6 sinngemäß.
(6) Die Erstattung oder Vergütung der Alkoholsteuer obliegt dem Zollamt, in dessen Bereich der Berechtigte seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, in Ermangelung eines solchen dem Zollamt Innsbruck."
In Kapitel II („ Entstehung des Verbrauchsteueranspruchs, Erstattung und Steuerbefreiung"), Abschnitt II („ Erstattung und Erlass") der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG, ABlEU Nr. L 9 vom , (in der Folge: RL 2008/118/EG) lautet Artikel 11:
„ Artikel 11
Neben den in Artikel 33 Absatz 6, Artikel 36 Absatz 5 und Artikel 38 Absatz 3 genannten Fällen, sowie den Fällen, die in den in Artikel 1 genannten Richtlinien vorgesehen sind, kann die Verbrauchsteuer für in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte verbrauchsteuerpflichtige Waren auf Antrag einer betroffenen Person von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden, in den von den Mitgliedstaaten festgelegten Situationen und zu den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Vorbeugung von Steuerhinterziehung oder Missbrauch festlegen, erstattet oder erlassen werden.
Eine solche Erstattung oder ein solcher Erlass darf nicht zu anderen Steuerbefreiungen führen als denen, die in Artikel 12 oder einer der in Artikel 1 genannten Richtlinien vorgesehen sind."
III.) Sachverhalt:
Der Erstattungsantrag vom bezieht sich auf nachweislich von der Bf. im Februar 2014 versteuerte Spirituosen, die von ihr noch im selben Jahr - in den Monaten April bis Juli 2014 - in Drittländer ausgeführt worden sind. Die Erzeugnisse sind unmittelbar über österreichische Ausgangszollstellen oder mittelbar über in Deutschland gelegene Ausgangszollstellen in Drittländer verbracht worden. Für sämtliche Ausfuhren sind Ausgangsnachweise im Sinne des § 54 Abs. 3 AlkStG vorgelegt worden. Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Missbrauch bestehen nicht.
IV.) Beweiswürdigung:
Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Zollamt vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der Bf. Ausgehend von den Ermittlungsergebnissen sieht das Bundesfinanzgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend geklärt an. Es liegen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht keine begründeten Zweifel vor, die durch weitere Ermittlungen zu verfolgen wären, zumal auch die Verfahrensparteien keine solchen begründeten Zweifel darlegten, dass weitere Erhebungen erforderlich und zweckmäßig erscheinen.
V.) Rechtliche Erwägungen:
Im angefochtenen Bescheid vertrat das Zollamt die Auffassung, dass gemäß § 54 Abs. 3 Alkoholsteuergesetz (AlkStG) eine Erstattung oder Vergütung nach § 54 Abs. 1 leg. cit. nur zu gewähren sei, wenn das Verfahren im Sinne des § 53 AlkStG eingehalten werde und die Verbringung dem in § 54 Abs. 6 AlkStG genannten Zollamt vorher schriftlich angezeigt werde.
In der Beschwerdevorentscheidung hielt das Zollamt an der Annahme fest, dass die Erstattung der Alkoholsteuer zu versagen gewesen sei, weil es die Bf. unterlassen habe, die Durchführung der Ausfuhren dem Zollamt vorher anzuzeigen und damit das erforderliche Verfahren nach § 54 Abs. 1 AlkStG nicht eingehalten worden sei.
Die vom Zollamt vertretene Rechtsansicht entspricht aus folgenden Gründen nicht der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage:
Für ein nachweislich versteuertes Erzeugnis, das zu gewerblichen Zwecken in einen anderen Mitgliedstaat verbracht oder unmittelbar in ein Drittland ausgeführt worden ist, wird nach § 54 Abs. 3 AlkStG seit dem Budgetbegleitgesetz 2001 e ine Erstattung oder Vergütung nur gewährt, wenn das Verfahren nach § 52 Abs. 9 oder § 53 AlkStG eingehalten, die Verbringung dem im § 54 Abs. 6 AlkStG genannten Zollamt vorher angezeigt worden ist und ferner die erstattungs- oder vergütungsberechtigte Person (§ 54 Abs. 4 AlkStG ) eine amtliche Bestätigung des anderen Mitgliedstaates darüber, dass das Erzeugnis dort ordnungsgemäß steuerlich erfasst worden ist, oder in den Fällen der unmittelbaren Ausfuhr in ein Drittland im Sinne des Abs. 1 Z 2 einen Nachweis des Ausgangs des Erzeugnisses aus dem Zollgebiet vorlegt.
Zur Vermeidung von erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen und wenn Steuerbelange dadurch nicht beeinträchtigt werden kann das Zollamt gemäß § 54 Abs. 3 letzter Satz AlkStG in Fällen, in denen ein Erzeugnis nicht unmittelbar in ein Drittland ausgeführt werden soll, die Anwendung des Verfahrens nach § 45 dieses Bundesgesetzes jedoch nicht zumutbar ist, zulassen, dass nach Vorliegen eines Nachweises des Ausgangs des Erzeugnisses aus dem Zollgebiet eine Erstattung oder Vergütung nach Abs. 1 Z 2 gewährt wird.
In den Materialien zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, RV 311 BlgNR 21. GP, S 191), heißt es dazu:
„Die geltende Rechtslage schließt in Fällen, in denen die Verfahrensbestimmungen missachtet werden, dies aber erst in einem anderen Mitgliedstaat oder Drittstaat festgestellt wird, eine Erstattung oder Vergütung der in Österreich entrichteten Alkoholsteuer nicht eindeutig aus. Zur Hintanhaltung von Missbrauchsfällen soll nunmehr eine steuerliche Entlastung nur gewährt werden, wenn die Verbringung dem Zollamt vorher angezeigt wurde und das Verfahren eingehalten wird. Wird ein Erzeugnis, für das bereits die Alkoholsteuer entrichtet wurde, in ein Drittland ausgeführt, ist eine steuerliche Entlastung derzeit nur möglich, wenn es entweder in ein Steuerlager im Steuergebiet aufgenommen wird und die Ausfuhr im Steueraussetzungsverfahren erfolgt oder diese Ausfuhr unmittelbar erfolgt. In jenen Fällen, in denen die Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat erfolgt, kann eine steuerliche Entlastung derzeit nur gewährt werden, wenn das Erzeugnis in diesem Mitgliedstaat steuerlich erfasst, in der Regel versteuert wird. Manche Mitgliedstaaten sehen jedoch anders als Österreich im Falle der Ausfuhr außerhalb des Steueraussetzungsverfahrens keine steuerliche Entlastung vor. Das EG-Verbrauchsteuerrecht sieht für derartige Ausfuhrfälle derzeit keine Regelungen vor. Auf Grund der geographischen Situation Österreichs, dessen Binnenlage keinen unmittelbaren Zugang zu einem Seehafen eröffnet, kann die gegenwärtige Rechtslage zu Benachteiligungen österreichischer Unternehmen auf dem Weltmarkt führen. Daher soll für Fälle, in denen Exportunternehmen die Überführung in ein Steueraussetzungsverfahren nicht zumutbar und eine unmittelbare Ausfuhr nicht tunlich ist, eine steuerliche Entlastungsmöglichkeit geschaffen werden. Die Zulassung der Gewährung einer Erstattung oder Vergütung soll vor dem Versand der Waren zu erfolgen haben. Für die Erstattung oder Vergütung sollen die gleichen Voraussetzungen gelten wie im Falle einer unmittelbaren Ausfuhr.
..."
Nach dem Erwägungsgrund 12 der RL 2008/118/EG sollte es den Mitgliedstaaten zusätzlich zu den in dieser Richtlinie vorgesehenen Erstattungsfällen erlaubt sein, Verbrauchsteuern, die auf bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte Waren gezahlt wurden, zu erstatten, sofern das Ziel dieser Richtlinie das zulässt.
Den Mitgliedstaaten wird in der RL 2008/118/EG zugestanden, die Erstattung von weiteren, von ihnen selbst festzulegenden Voraussetzungen abhängig zu machen. So regelt Artikel 11 der RL 2008/118/EG, dass neben ausdrücklich näher bezeichneten - hier nicht vorliegenden - Fällen die Verbrauchsteuer für in den steuerrechtlich freien Verkehr überführte verbrauchsteuerpflichtige Waren auf Antrag einer betroffenen Person von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Waren in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt wurden, in den von den Mitgliedstaaten festgelegten Situationen und zu den Bedingungen, die die Mitgliedstaaten zur Vorbeugung von Steuerhinterziehung oder Missbrauch festlegen, erstattet oder erlassen werden kann.
Die in der RL 2008/118/EG normierten Erstattungsregelungen umfassen sohin einerseits die ausdrücklich angeführten Fälle (Art. 33 Abs. 6, Art. 36 Abs. 5 und Art. 38 Abs. 3 der Richtlinie sowie die in den in Art. 1 genannten Richtlinien vorgesehenen Fälle) und andererseits die in Artikel 11 der Richtlinie genannten sonstigen Fälle von Erstattung und Erlass (vgl. zu dieser Differenzierung ).
Das der nationalen Umsetzung dienende Alkoholsteuergesetz entspricht hinsichtlich dieser Regelungen zur Steuererstattung im Falle der Ausfuhr versteuerter Erzeugnisse zu gewerblichen Zwecken in Drittländer (§ 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG und § 54 Abs. 3 AlkStG) auch den Vorgaben der RL 2008/118/EG.
Im Beschwerdefall handelt es sich um Erzeugnisse, die zu gewerblichen Zwecken unmittelbar über österreichische Ausgangszollstellen oder mittelbar über in Deutschland gelegene Ausgangszollstellen in ein Drittland ausgeführt worden sind. Es liegen auch entsprechende Ausgangsnachweise iSd. § 54 Abs. 3 AlkStG vor.
Solche Sachverhalte fallen unter den Anwendungsbereich des Artikels 11 der RL 2008/118/EG, der es den Mitgliedstaaten erlaubt, die Erstattung von weiteren Bedingungen abhängig zu machen.
Der Gesetzgeber in Österreich hat in § 54 Abs. 3 AlkStG von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und die Erstattung im Fall einer unmittelbaren Ausfuhr in ein Drittland vom Vorliegen eines Ausgangsnachweises abhängig gemacht, und in den Fällen, in denen ein Erzeugnis nicht unmittelbar in ein Drittland ausgeführt werden soll und eine Ausfuhr unter Steueraussetzung nicht zumutbar ist, als weitere Voraussetzung für eine Erstattung nach § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG deren Zulassung durch die Zollbehörde normiert.
Die Rechtsauffassung des Zollamtes, dass im Fall einer mittelbaren oder unmittelbaren Ausfuhr in ein Drittland die Erstattung der Alkoholsteuer eine vorherige Anzeige an das Zollamt bedingt, lässt sich den angeführten gesetzlichen Regelungen nicht entnehmen.
Für jene Fälle, welche unmittelbare Ausfuhren nach § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG darstellen, sind mit der Vorlage der Ausgangsnachweise die nach dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG iVm. § 54 Abs. 3 AlkStG für e ine Erstattung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.
Für jene Fälle, welche „ mittelbare" Ausfuhren betreffen, die Anwendung des Verfahrens nach § 45 AlkStG jedoch nicht zumutbar ist, kann das Zollamt gemäß § 54 Abs. 3 AlkStG die Zulassung erteilen, dass nach Vorliegen eines Nachweises des Ausgangs des Erzeugnisses aus dem Zollgebiet eine Erstattung oder Vergütung nach Abs. 1 Z 2 gewährt wird.
Die Erteilung einer solchen Zulassung liegt im Ermessen des Zollamtes („ kann") und setzt voraus, dass eine Ausfuhr unter Steueraussetzung nicht zumutbar ist.
Das Zollamt brachte im Rahmen des Erörterungstermins vor, dass im angefochtenen Bescheid zwar von einer vorherigen Anzeige die Rede gewesen sei, mit der abweisenden Entscheidung de facto jedoch die Zulassung nach § 54 Abs. 3 AlkStG abgelehnt worden sei.
Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass eine Zulassung nur vor dem Versand der Waren erfolgen könne. Die Zulassung kann daher auch im Bescheid, in dem über die Erstattung abgesprochen wird, erfolgen.
Die Beurteilung der allfälligen Unzumutbarkeit einer Ausfuhr unter Steueraussetzung nach § 45 AlkStG ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Die Unzumutbarkeit kann unterschiedliche Ursachen haben, auch wirtschaftliche Ursachen können dabei in Betracht kommen. In Bezug auf die Unzumutbarkeit sind, mangels bindender Beweisregeln, Feststellungen nach den allgemeinen Bestimmungen der BAO, insbesondere des § 166 BAO, zu treffen. Danach kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Die beschwerdeführende Partei trug im Rahmen eines Erörterungstermins sowie in ergänzenden Stellungnahmen zur Begründung der Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Verfahrens nach § 45 AlkStG sinngemäß vor, dass eine Aufnahme der Erzeugnisse in das eigene Steuerlager nicht möglich war, weil dieses seinerzeit nur Tanklager umfasste, und die Nutzung eines vom Unternehmenssitz entfernt gelegenen externen Steuerlagers wesentlich erhöhte Kosten verursacht hätte.
Zu diesem Vorbringen im Beschwerdeverfahren teilte das Zollamt mit, dass es vermutlich eine Zulassung aufgrund des Platzmangels im damals bewilligten Steuerlager der Bf. erteilt hätte und angeregt hätte, das Steuerlager zu erweitern, was im Jahr 2017 auch geschehen sei.
Die Anwendung des Verfahrens nach § 45 AlkStG erweist sich bei dieser Sach- und Beweislage für die Bf. daher als nicht zumutbar.
Da im Beschwerdefall auch für sämtliche Ausfuhren Ausgangsnachweise im Sinne des § 54 Abs. 3 AlkStG vorgelegt wurden, liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine im Ermessen liegende Zulassung nach § 54 Abs. 3 letzter Satz AlkStG vor.
Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Bundesfinanzgericht außer in hier nicht interessierenden Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Das Bundesfinanzgericht hat im Beschwerdeverfahren die Ermessensübung der Abgabenbehörde voll zu prüfen und das Ermessen in seinem Erkenntnis eigenverantwortlich zu üben (vgl. Ritz, BAO6, § 20 Tz 11).
Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. Ritz, a.a.O. Tz 7, mit Hinweis auf die Rechtsprechung).
Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der Norm zu orientieren (vgl. Ritz, a.a.O. Tz 8).
Für jene Fälle, in denen die Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat erfolgt, hat der Gesetzgeber in § 54 Abs. 3 AlkStG eine steuerliche Entlastungsmöglichkeit geschaffen, um Benachteiligungen österreichischer Unternehmen auf dem Weltmarkt zu vermeiden (vgl. RV 311 BlgNR 21. GP, S 191, mit Verweis auf die geographische Situation Österreichs) .
Gründe, die gegen die Erteilung einer Zulassung sprechen, sind im Beschwerdefall nicht ersichtlich. Auch das Zollamt hat keine unter dem Ermessensgesichtspunkt der „Zweckmäßigkeit“ zu berücksichtigenden Umstände vorgetragen. Die Behörde hat sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens zudem dahingehend geäußert, dass es aufgrund des Platzmangels im damals bewilligten Steuerlager der Bf. eine Zulassung vermutlich erteilt hätte. Einer Anregung, das Steuerlager zu erweitern, sei die Bf. im Jahr 2017 auch nachgekommen. In die vorzunehmende Ermessensübung ist auch einzubeziehen, dass keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten oder Missbrauch bestehen.
Da somit auch in jenen Fällen, in denen die Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat erfolgte, die Zulassung für die Gewährung einer Erstattung erteilt werden kann, liegen im Beschwerdefall alle nach dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG iVm. § 54 Abs. 3 AlkStG für e ine Erstattung erforderlichen Voraussetzungen vor.
Die Abweichung des Gesamterstattungsbetrages (80.377,74 Euro) vom beantragtenGesamterstattungsbetrag (80.671,50 Euro) ergibt sich aufgrund eines im Erstattungsantrag enthaltenen Fehlers betreffend die Ausfuhr vom , CRN ********** (Auftrag Nr. *****), in welcher in Feld 41 zu Position 5 eine Menge von 108,864 Liter Alkohol angeführt ist, dem Erstattungsantrag jedoch eine Menge von 138,240 Liter Alkohol zugrunde gelegt wurde.
Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI.) Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da zur steuerlichen Entlastungsmöglichkeit nach § 54 Abs. 1 Z. 2 AlkStG iVm. § 54 Abs. 3 AlkStG, insbesondere in jenen Fällen, in denen die Ausfuhr über einen anderen Mitgliedstaat erfolgt, noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, war die ordentliche Revision zuzulassen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | Art. 11 RL 2008/118/EG, ABl. Nr. L 9 vom S. 12 § 54 Abs. 1 Z 2 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994 § 54 Abs. 3 AlkStG, Alkoholsteuergesetz, BGBl. Nr. 703/1994 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5200055.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at