Keine Nachweiserbringung trotz diesbezüglichen Ergänzungsvorhalts durch das FA bezüglich der erstmals in der Beschwerde geltend gemachten Betriebsausgaben durch den Abgabepflichtigen
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/7103477/2019-RS1 | Stellt eine Behörde ein Dokument ohne Zustellnachweis zu, so tritt gem. § 26 ZustellG die gesetzliche Vermutung ein, dass die Zustellung am dritten Werktag nach Aufgabe bei der Post erfolgt ist. Gegenteilige Behauptungen des Empfängers widerlegen die gesetzliche Vermutung und es trifft die Behörde die Beweispflicht, die Behauptung des Empfängers zu widerlegen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache Bf , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Y vom Datum1, betreffend Einkommensteuer 2016 zu Recht erkannt:
I)
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II)
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob erstmals in der Beschwerde vom Beschwerdeführer (in Folge "Bf.") geltend gemachte behauptete Provisionen an Dritte iHv Euro 4.500,00, Repräsentationsaufwand (Aufwand für Bewirtung iHv Euro 1.114,43 sowie Übernächtigungen iHv Euro 418,60) und Bankspesen iHv Euro 435,10 als Betriebsausgaben anzuerkennen sind. Weiters war Streitpunkt, ob die Beschwerde fristgerecht eingebracht worden ist.
Verwaltungsbehördliches Geschehen:
Mit ging die vom Bf. unterzeichnete Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2016 ein. Darin wurde angegeben, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv € 2.000,- erzielt wurden, und eine pensionsauszahlende Stelle für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit vorläge.
Mittels Bescheid vom wurde die Einkommenssteuer 2016 durch das zuständige Finanzamt erklärungsgemäß veranlagt. (Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden vom Finanzamt [FA] mit Euro 2.000,00 erklärungsgemäß in den Einkommensteuerbescheid 2016 übernommen).
Mit erhob der Bf. Beschwerde gegen den beschwerdegegenständlichen Einkommensteuerbescheid vom . Der Bf. brachte vor, ursprünglich in seiner Einkommensteuererklärung nur den Betrag von einem einzigen Umsatz iHv Euro 2.000,00 netto angegeben zu haben.
Der Bf. behauptete angefallene betriebliche Ausgaben (Anmerkung: wie oben detailliert angeführt) in der Einkommensteuererklärung 2016 vom nicht angeführt zu haben und bat um Berichtigung. Im Zuge der Beschwerde legte er ein berichtigte Einkommensteuererklärung samt Beilage zur Einkommensteuererklärung für Einzelunternehmer mit einer Aufstellung der von ihm nunmehr als Betriebsausgaben geltend gemachten streitgegenständlichen Ausgaben - wie bereits oben detailliert angeführt - vor.
Am erließ die belangte Behörde eine zurückweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) mit der Begründung, dass die Beschwerdefrist bereits verstrichen sei. Diese BVE wurde dem Bf. am nachweislich (aktenkundiger Zustellnachweis) zugestellt.
Mit stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Im Vorlageantrag behauptet der Bf. die Zustellung des Einkommensteuerbescheides sei erst mit erfolgt, und demnach wäre die Einbringung der Beschwerde am fristgerecht.
Am erließ die Behörde einen Ergänzungsvorhalt mit dem Ersuchen, diverse Belege bezüglich der o.a. streitgegenständlichen betrieblichen Aufwendungen nachzureichen und darüber hinaus betreffend Bankspesen anzugeben, ob ein Privat(bank)konto sowie ein Betriebs(bank)konto vorhanden seien. Der Vorhalt wurde mit Zustellnachweis am (d.h. mit dem ersten Tag der Hinterlegung beim zuständigen Postamt zur Abholung durch den Bf.) zugestellt. Bis zur Vorlage an das Bundesfinanzgericht sei laut Behörde keine Beantwortung des Vorhaltes eingegangen.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Vorlagebericht verlangt das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde aufgrund inhaltlicher Mängel und nicht rechtzeitiger Beschwerdeeinbringung.
Im Vorlagebericht anlässlich der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG), der neben dem Bundesfinanzgericht auch dem Bf. zur Kenntnisnahme übermittelt wurde, führte das Finanzamt detailliert aus wie folgt:
"Sachverhalt:
Am Datum1 wurde der Einkommensteuerbescheid 2016 erlassen, Zustellung ohne Zustellnachweis. Am wurde Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 vom Datum1 eingebracht. Das Finanzamt hat am eine Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung erlassen. Am wurde der Vorlageantrag eingebracht.
Da eventuell eine Aufhebung der Zurückweisung angedacht war, wurde am ein Vorhalt, mit der Bitte die beantragten Ausgaben belegmäßig nachzuweisen, erlassen. Frist für die Beantwortung des Vorhaltes war . Aufgrund von Krankheit des Bf. wurde die Frist telefonisch bis zum erstreckt. Trotz mehrmaligen telefonischen Kontakts erfolgte bis dato aber keine Beantwortung des Vorhaltes."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde und ob die oben detailliert angeführten geltend gemachten Aufwendungen bzw. Ausgaben als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Der Bf. bezog Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer. Laut Aktenlage ermittelte der Bf. die von ihm erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Überschuss der Ausgaben über die Einnahmen (laut Beilage zur Beschwerde). Laut Beilage zur Beschwerde machte der Bf. in der Beschwerde einen Verlust iHv Euro 4.468.13 geltend (ergibt sich aus den bereits in der Einkommensteuererklärung angeführten Einnahmen iHv Euro 2.000,00 minus der in der Beschwerde erstmals geltend gemachten Betriebsausgaben iHv in Summe Euro 6.468,13, detailliert bereits oben unter Streitpunkten bzw. strittigen Punkten angeführt).
Der Einkommensteuerbescheid für 2016 wurde am erlassen und ohne Zustellnachweis zugestellt. Der Bf behauptete die Zustellung am .
Daraufhin erhob der Bf. gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 Beschwerde. Die Beschwerde wurde eingeschrieben am bei der Post aufgegeben und langte am bei der belangten Behörde ein. In der Begründung führte der Bf. aus, dass o.a. betriebliche Aufwendungen in der ursprünglich eingereichten Einkommensteuererklärung 2016 nicht angeführt waren und bat um Berichtigung.
Nach Ergehen der wegen verspäteter Beschwerde zurückweisenden BVE vom , mit Zustellnachweis am zugestellt, stellte der Bf. am den Antrag auf Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.
Am erließ das FA in Anbetracht einer etwaigen Aufhebung des Zurückweisungsbescheides laut BVE vom , wie das Finanzamt selbst im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ausführte, einen Vorhalt mittels RSb (nachweislich zugestellt am ), in dem die Behörde bezüglich der geltend gemachten betrieblichen Aufwendungen um Auskünfte und Belege sowie zusätzlich betreffend die Bankspesen um Information darüber, ob ein Privat- und ein Betriebskonto vorhanden gewesen seien, ersuchte. Die Frist zur Beantwortung wurde einmalig telefonisch bis zum erstreckt. Eine Beantwortung des Vorhalts des FA blieb bis zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht am bzw. laut Aktenlage bis dato aus.
Diese Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Rechtsgrundlagen
§ 4 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 idgF:
...
(3) Der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben darf dann als Gewinn angesetzt werden, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. Durchlaufende Posten, das sind Beträge, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden, scheiden dabei aus. Der Steuerpflichtige darf selbst entscheiden, ob er die für Lieferungen und sonstige Leistungen geschuldeten Umsatzsteuerbeträge und die abziehbaren Vorsteuerbeträge als durchlaufende Posten behandelt. ...
(4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt sind.
...
Rechtliche Beurteilung
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis 99/16/0113 vom Folgendes erwogen:
"Stellt die Abgabenbehörde ein Schriftstück ohne Zustellnachweis zu, dann trifft sie die Beweislast (Ritz, BAO-Kommentar2 Rz 4 zu § 102 BAO). Nach der stRsp des VwGH kann ohne aktenmäßigen Nachweis über die Zustellung eines Schriftstückes die Behörde den Lauf der Berufungsfrist nicht mit irgendeinem bestimmten Tag als "feststehend" betrachten. So wie es Sache der Behörde ist, darüber zu wachen, dass die gesetzliche Berufungsfrist (Anmerkung: nunmehr Beschwerdefrist) seitens der Partei eingehalten wird, so obliegt es der Behörde auch, die aktenmäßigen Grundlagen dafür zu schaffen, dass der Beginn des Fristenlaufes kalendermäßig festgestellt werden kann (vgl. dazu die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 unter AVG E 1 zu § 22 ZustG referierte VwGH-Judikatur). Hat die Behörde den Zustellnachweis für entbehrlich gefunden, so muss sie die Folgen auf sich nehmen, wenn sie späterhin der Behauptung der Partei, sie hätte den Bescheid nicht empfangen, nicht wirksam entgegenzutreten vermag (siehe dazu die bei Hauer/Leukauf a.a.O. unter E 3 referierte VwGH-Rechtsprechung)."
Dasselbe hat für den Fall zu gelten, dass die Partei (wie im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer) behauptet, den Bescheid erst zu einem bestimmten späteren Zeitpunkt erhalten zu haben. Auch aus § 26 ZustellG ergibt sich, dass die Vermutung der erfolgten Zustellung am 3. Werktag nach Übergabe an die Post durch eine gegenteilige Behauptung des Empfängers widerlegt wird und die Behörde die Beweislast trifft, die Behauptung des Empfängers zu widerlegen. ()
Der Bf. behauptete die Zustellung sei erst am erfolgt. Diese Behauptung konnte vom FA nicht widerlegt werden. Da es die belangte Behörde im vorliegenden Fall verabsäumt hat, aktenmäßig die Grundlage für eine verlässliche Beurteilung der Frage zu schaffen, wann der in Rede stehende erstinstanzliche Bescheid zur Post gegeben bzw. zugestellt wurde, ist die Beschwerde nicht als verspätet zurückzuweisen.
Der Vollständigkeit halber wird darüber hinaus angemerkt, dass das FA mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde im Vorlagebericht grundsätzlich - aufgrund der Aktenlage bzw Nichtdokumentation der tatsächlichen Übergabe des Bescheides an den Zustelldienst und demzufolge Nichtdokumentation der Zustellung des Bescheides - den Streitpunkt der Rechtzeitigkeit des Beschwerdeeinbringens (eben mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde) de facto außer Streit gestellt hat. Darüber hinaus führte das Finanzamt nach Erlassen der zurückweisenden Beschwerdervorentscheidung (BVE) materiellrechtliche Ermittlung durch (o.a. Ergänzungsvorhalt, der nach Aktenlage unbeantwortet blieb), zumal wie das FA im o.a. Vorlagebericht ausführte, eventuell eine Aufhebung der Zurückweisung (Anmerkung: offenbar seitens des FA) angedacht war.
Der nachweislich zugestellte Ergänzungsvorhalt des FA vom blieb trotz Verlängerung der Frist zur Beantwortung durch den Bf. unbeantwortet.
ISd § 138 BAO haben Abgabenpflichtige bei der Feststellung eines Sachverhalts hinsichtlich solcher Umstände mitzuwirken, denen der Abgabenpflichtige näher steht als die Abgabenbehörde. Zudem hat der Abgabenpflichtige die Umstände zu beweisen, um ein behördliches Urteil über die Gewissheit des Vorliegens einer entscheidungswesentlichen Tatsache herbeiführen ().
Der ausdrücklich und nachweislich vom FA im Ergänzungsvorhalt geforderte Beweis über die vom Bf. als Betriebsaufwendungen bzw. -ausgaben geltend gemachten o.a. streitgegenständlichen Aufwendungen bzw. Ausgaben wurde vom Bf. laut Aktenlage trotz längst abgelaufener Frist für die Vorhaltsbeantwortung nicht erbracht. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass diese Aufwendungen nach Aktenlage ohne diesbezüglicher Nachweisführung auch nicht glaubhaft sind, zumal diese Aufwendungen erstmals in der Beschwerde geltend gemacht wurden, lediglich ein einziger Umsatz erklärt wurde (s. o.a. Beschwerdevorbringen), und überdies, wie oben ausgeführt, in der Beschwerde nunmehr ein Verlust iHv mehr als dem doppelten Betrag im Vergleich zu den ursprünglichen in der (ersten) Steuererklärung angegebenen diesbezüglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend gemacht wurde.
Da der Bf die von ihm geltend gemachten Aufwendungen bzw. Ausgaben trotz diesbezüglicher nachweislicher Aufforderung nicht nachgewiesen hat, und diese Aufwendungen nach Aktenlage insgesamt auch nicht glaubhaft erscheinen, sind diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben iSd § 4 EStG 1988 idgF anzuerkennen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie
von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt,
insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der
bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet
wird.
Da gegenständliches Erkenntnis der hRspr und den geltenden Rechtsnormen folgt, ist eine ordentliche Revision nicht zugelassen.
Aus angeführten Gründen ist insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103477.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at