Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 30.09.2019, VH/7100015/2019

Rückzahlungsantrag gemäß § 241 Abs. 2 BAO wegen Eingabengebühr, Entstehung der Gebührenschuld

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI über den Antrag des AS, ADR, vom auf Gewährung von Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR, mit dem der Antrag auf Rückerstattung nach § 241 Abs. 2 BAO abgewiesen wurde, beschlossen:  

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Am hat die Datenschutzbehörde (DSB) unter der Zahl DSBZahl einen Zurückweisungsbescheid erlassen, dessen Rechtsmittelbelehrung unter anderem darauf hinweist, dass eine allfällige Beschwerde bei der DSB einzubringen und gebührenpflichtig ist. "Die Gebühr ist auf das Konto des Finanzamtes für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (IBAN …) zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist bei Einbringung der Beschwerde gegenüber der DSB durch einen der Eingabe anzuschließenden Zahlungsbeleg im Original nachzuweisen."

Am hat der Bescheidadressat obiger Erledigung AS, nunmehriger Antragsteller, =AS, bei der DSB Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid erhoben. Am hat der AS persönlich beim Finanzamt FA zur Abdeckung von Schuldigkeiten (DSBZahl) 30 € auf sein Abgabenkonto NR eingezahlt, ohne dies der DSB jedoch mitzuteilen.

Am hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unter der Geschäftszahl GZ der Beschwerde Folge gegeben und den Bescheid der DSB ersatzlos aufgehoben.

Am ist beim Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) ein amtlicher Befund der DSB eingelangt, wonach der AS für die obige Beschwerde vom  keine Eingabengebühr entrichtet habe.

Sodann hat das GVG die Eingabengebühr in Höhe von 30 € samt Gebührenerhöhung in Höhe von 15 € mit Bescheid vom , ERFNR, festgesetzt, wogegen der AS fristgerecht Beschwerde eingebracht hat, weil die Gebühr bereits am persönlich beim GVG unter Angabe der Geschäftszahl der DSB entrichtet worden sei. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das GVG die Festsetzungsbescheide betreffend Gebühr und Gebührenerhöhung aufgehoben, weil die Gebühr im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits entrichtet war.

Daraufhin hat der AS beim BVwG am einen Antrag auf Rückerstattung der zu Unrecht beglichenen Gebühr eingebracht wie folgt:
"Nach aufgehobenem Bescheid über GZ beantrage ich die Rückerstattung der somit zu Unrecht beglichenen Gebühren iH 30 €, welche ich beim GVG zur Wahrung meiner beschnittenen Rechte bezahlen musste, obwohl dies meine Vermögenslage nicht zulässt. Weiters möchte ich Fahrtkostenersatz iH von 5,20 € für 2 Fahrscheine der Wr. Linien."
Das BVwG hat den Antrag zuständigkeitshalber an das GVG weitergeleitet.

Am hat das GVG betreffend diesen Rückerstattungsantrag des AS einen Abweisungsbescheid erlassen, weil die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde an das BVwG entstanden sei. Dass der angefochtene Bescheid der DSB aufgehoben worden sei, vermöge an der bereits entstandenen Gebührenschuld nichts mehr zu ändern.

Am hat der AS zwei Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe eingebracht:

  • zur Einbringung eines Vorlageantrages betreffend § 212a BAO und

  • zur Einbringung einer Beschwerde gegen den obigen Bescheid vom , mit dem der Antrag auf Rückerstattung der Gebühr gemäß § 241 Abs. 2 BAO abgewiesen worden ist.

Das GVG hat beide Verfahrenshilfeanträge am dem BFG zur Entscheidung vorgelegt. Der 1. Antrag betreffend Verfahrenshilfe für einen Vorlageantrag wurde unter der Geschäftszahl VH/7100014/2019 bereits erledigt.

Hier gegenständlich ist nur der weitere Verfahrenshilfeantrag Nr. 2, protokolliert zur Geschäftszahl VH/7100015/2019, betreffend den Rückzahlungsantrag gemäß § 241 Abs. 2 BAO vom .

Die Rechtswidrigkeit des zu bekämpfenden Bescheides vom begründet der AS in seinem Verfahrenshilfeantrag wie folgt:
"lt. BVwG entsteht eine Gebühr mit Einbringung eben dort, nicht bei der DSB, weil diese noch nicht beim BVwG eingebracht hat."

Rechtslage

Die Bundesabgabenordnung (BAO) wurde durch BGBl. I. Nr. 117/2016 mit der Einführung der Verfahrenshilfe (§ 292 BAO) für Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht sowie den Landesverwaltungsgerichten zur Herstellung einer dem Art. 47 der Grundrechtscharta (GRC) entsprechenden Rechtslage geändert.

Gemäß Art. 47 Abs. 3 GRC wird Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.

§ 292 Abs. 1 BAO lautet wie folgt:

Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,

1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und

2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Gemäß § 292 Abs. 5 BAO ist eine Beschwerde offenbar aussichtslos insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 GebG unterliegen Eingaben an die Gerichte nicht der Eingabengebühr. Nach Z 1 lit. b der Bestimmung sind von der Befreiung ausgenommen Eingaben an das BVwG ...

Wurden Wertzeichen (Stempelmarken) in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, so ist gemäß § 241 Abs. 2 BAO der entrichtete Betrag, soweit eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Erhebung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen.

Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 GebG letzter Satz gelten für feste Gebühren § 203 BAO und § 241 Abs. 2 und 3 BAO sinngemäß.

Erwägungen

In Entsprechung des Art. 47 Abs. 3 GRC darf im Verfahren vor dem BFG nach § 292 Abs.1 BAO bei Mittellosigkeit des Antragstellers Verfahrenshilfe nur insoweit bewilligt werden, als die zu entscheidende Rechtsfrage besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweist.

Der Begriff "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" soll sicherstellen, dass Verfahrenshilfe nur für überdurchschnittlich schwierige, durch ständige Judikatur noch nicht geklärte Rechtsfragen gewährt wird. Dies ist insbesondere gegeben, wenn die Bearbeitung eines Rechtsstreites Anforderungen stellt, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Die Schwierigkeiten müssen erheblich über dem durchschnittlichen Grad liegen.

Besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art sind anzunehmen, wenn eine besondere Komplexität der Rechtslage gegeben ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zur Beurteilung ansteht, die bislang uneinheitlich entschieden wurde bzw. in der ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung erwogen wird oder der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Die Bewilligung von Verfahrenshilfe erfordert demnach, dass die Beigebung eines Verfahrenshelfers auf Grund der Komplexität der strittigen Rechtsfrage zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Partei notwendig ist, weil es der unvertretenen Partei ansonsten - insbesondere mangels Vorliegen einschlägiger, höchstgerichtlicher Judikatur - nicht zumutbar ist, ihren Rechtsstandpunkt schriftlich bzw. mündlich zu artikulieren.

(vgl. , , )

Im vorliegenden Fall sieht der AS die Rechtswidrigkeit der Abweisung seines Rückzahlungsantrages im Ergebnis darin gelegen, dass eine Gebührenschuld nicht entstanden sei, weil der AS seinen Antrag bei der DSB und nicht beim zuständigen BVwG eingebracht habe.

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Tz 1 lit. b GebG sind Eingaben an das BVwG von der Gebührenbefreiung für Eingaben an Gerichte ausgenommen. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, für Eingaben an das BVwG durch Verordnung Pauschalgebühren festzulegen.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten ( BuLVwG-EGebV ) vom , BGBl. II Nr. 387/2014, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 118/2017, regelt die Pauschalgebühr für Eingaben beim BVwG und lautet wie folgt:

§ 1 (1) Eingaben und Beilagen an das BVwG oder an ein Verwaltungsgericht eines Landes (Beschwerden, Anträge auf Wiedereinsetzung, auf Wiederaufnahme oder gesonderte Anträge auf Ausschluss oder Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, Vorlageanträge) sind gebührenpflichtig, soweit nicht gesetzlich Gebührenfreiheit vorgesehen ist.

(2) Die Gebührenschuld für die Eingaben und Beilagen entsteht im Zeitpunkt der Einbringung der Eingabe; erfolgt die Einbringung jedoch im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs, entsteht die Gebührenschuld, wenn ihre Daten zur Gänze bei der Bundesrechenzentrum GmbH eingelangt sind. Mit dem Entstehen der Gebührenschuld wird die Gebühr fällig.

(3) Die Gebühr ist unter Angabe des Verwendungszwecks auf ein Konto des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Die Entrichtung der Gebühr ist durch einen Zahlungsbeleg oder einen Ausdruck über die erfolgte Erteilung einer Zahlungsanweisung nachzuweisen; dieser Beleg ist der Eingabe anzuschließen. Die Einlaufstelle der Behörde oder des Gerichtes, bei der (bei dem) die Eingabe (samt Beilagen) eingebracht wird, hat …

(5) Die Stelle, bei der eine Eingabe eingebracht wird, die nicht oder nicht ausreichend vergebührt wurde, hat gemäß § 34 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957 das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel darüber in Kenntnis zu setzen.

§ 2 (1) Die Höhe der Pauschalgebühr für Beschwerden, Wiedereinsetzungsanträge und Wiederaufnahmeanträge (samt Beilagen) beträgt 30 Euro, für Vorlageanträge 15 Euro.  

Eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Datenschutzbehörde stellt somit gemäß § 14 TP 6 Abs. 5 Tz 1b GebG iVm. § 1 Abs. 1 BuLVwG-EGebV grundsätzlich eine gebührenpflichtige Eingabe dar. Für diese entsteht gemäß § 1 Abs. 2 BuLVwG-EGebV die Gebührenschuld im Zeitpunkt der Einbringung.

Wenn der AS die Ansicht vertritt, die Gebührenschuld sei erst bei Einlangen der Beschwerde bei Gericht entstanden, ist ihm entgegen zu halten, dass gemäß der BuLVwG-EGebV  die Gebührenschuld unmittelbar mit der Einbringung der Beschwerde entsteht, unabhängig davon bei welcher Stelle dies geschieht. Vielmehr bezieht sich die Verordnung lediglich auf "die Stelle, bei der eine Eingabe eingebracht wird, … ". Im übrigen ist der AS auf die Rechtsmittelbelehrung hinzuweisen, welche ihn ausdrücklich anweist, dass die Beschwerde bei der DSB einzubringen und damit gebührenpflichtig ist. Sodann kann die DSB die Beschwerde entweder durch Beschwerdevorentscheidung entscheiden oder ans BVwG vorlegen. Die Gebührenschuld entsteht aber unabhängig davon, ob und wie die Behörde die Eingabe behandelt.

Nach der eindeutigen Rechtslage hätte daher der Beschwerdeführer bzw. nunmehrige AS die gegenständliche Eingabengebühr nach Maßgabe der Bestimmungen der BuLVwG-EGebV spätestens bis zu der Einbringung der Beschwerde bei der DSB am  zu entrichten und nach Abs. 3 der Bestimmung den Zahlungsnachweis über die Entrichtung der Gebühr der Beschwerde anzuschließen gehabt.

Die Gebührenschuld ist daher bereits mit Einbringung der Beschwerde bei der DSB am entstanden. Erst am  - somit verspätet - hat der AS die Gebühr tatsächlich entrichtet.

Gemäß § 241 Abs. 2 BAO ist aber der entrichtete Abgabenbetrag nur insoweit zurückzuzahlen, als eine Abgabenschuld nicht besteht. Ist die Gebührenschuld einmal entstanden, so ist die Abgabe zu entrichten und kommt eine Rückzahlung nicht mehr in Betracht. Die spätere Bescheidaufhebung kann an der bereits entstandenen Gebührenschuld nichts mehr ändern.

Das Gebührengesetz stellt nicht darauf ab, welchen Erfolg eine Eingabe nach sich zieht. Die Tatsache, dass die Beschwerde letztendlich zur Aufhebung des den AS belastenden Bescheides geführt hat, ändert nichts an der grundsätzlichen Gebührenpflicht der Beschwerde (vgl. -G/09, ).

Die Bundesverfassung verbietet es dem Gesetzgeber nämlich nicht, für die Inanspruchnahme behördlicher Tätigkeit durch Privatpersonen Gebühren zu erheben, und die Gebührenpflicht bereits an die Eingabe zu knüpfen ().

Unter Bedachtnahme auf diese rechtlichen Ausführungen kommt das BFG zu dem Schluss, dass die für eine allfällige Beschwerde - gegen den Abweisungsbescheid des GVG vom  betreffend den Rückerstattungsantrag gemäß § 241 Abs. 2 BAO des AS vom - maßgeblichen Rechtsfragen, insbesondere aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Regelungen und der zitierten Judikatur, keine überdurchschnittlichen, noch nicht geklärten Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, sodass dem AS ohne Verfahrenshilfe der wirksame Zugang zum Recht verwehrt wäre.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe vom war daher abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Überdies ist die Entscheidung im Einklang mit der angesprochenen Judikatur des VwGH erfolgt. Der Entscheidung kommt somit keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 241 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 292 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 TP 6 Abs. 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:VH.7100015.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at