Beschlagnahme eines in der Schweiz zugelassenen PKWs
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri. über die Beschwerde der A. GmbH, Adr.A, vertreten durch RAE, vom gegen den Bescheid (Beschlagnahmeanordnung) gemäß § 89 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) des Zollamtes Salzburg als Finanzstrafbehörde vom , Zahl: ***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Beschlagnahmeanordnung vom , Zahl: ***, verfügte das Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG die Beschlagnahme des PKW der Marke Nissan GTR, behördliches schweizer Kennzeichen ZG xxx, Fahrgestell-Nr. **, Fahrzeugschein und Fahrzeugschlüssel. Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges ist die B. AG, Adr.B (Schweiz).
Das Fahrzeug befand sich am auf einer Hebebühne in der Scheune des Kfz-Reparaturbetriebs der Beschwerdeführerin, der A. GmbH.
Begründend wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und hier verwendet werde. An den Fahrzeugtüren seien Werbeaufdrucke der Bf. angebracht. Lt. den Angaben der Beschwerdeführerin (Bf.) befinde sich das nicht mehr fahrbereite Fahrzeug seit September 2018 wegen eines bei einem Rennen aufgetretenen Schadens an der Kardanwelle zur Reparatur in der Werkstatt der Bf. Das Fahrzeug sei als Tatgegenstand vom Verfall bedroht und komme als Beweismittel in Betracht.
Mit Eingabe vom brachte der ausgewiesene Vertreter der Bf. Beschwerde gegen die Beschlagnahmeanordnung ein. Das Fahrzeug, ein getunter und nahezu ausschließlich im Renneinsatz stehender PKW, sei auf die in der Schweiz ansässige B. AG zugelassen. Der PKW sei noch nicht länger als 1 Jahr in Österreich, sodass eine Strafbarkeit des C., Geschäftsführer der Bf., ausgeschlossen sei.
Anlässlich einer Rennsportveranstaltung am Flugplatz in H. (ein Viertelmeilenrennen) am sei die Kardanwelle gerissen. Als Werbesponsor habe sich die Bf. mit den Schweizer Eigentümern in Verbindung gesetzt und vereinbart, das Fahrzeug auf einem Anhänger zur Werkstatt der Bf. nach D. zu bringen. Mit den Fahrzeugeigentümern habe die Bf. vereinbart, eine neue, speziell für Rennzwecke dimensionierte Kardanwelle, welche bei einem in Deutschland situierten Unternehmen für das Fahrzeug angefertigt werden sollte, einzubauen.
Der PKW sei nach der Sportveranstaltung in H. bis zur Beschlagnahme nie auf österreichischen Straßen bewegt und benutzt worden, so dass keine NoVA-Pflicht ausgelöst worden sei.
Die Beschlagnahme sei völlig überzogen. Es bestehe keine "Verfallsgefährdung", da diese nur dann vorliege, wenn konkrete Umstände nahe legen, dass der mit dem Verfall bedrohte Gegenstand mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Finanzstrafbehörde entzogen werde. Da das Fahrzeug nicht fahrtüchtig sei, sei eine Verfallsgefährdung durch Entziehung ausgeschlossen.
Das Fahrzeug sei in der Schweiz zugelassen. Es bestehe die Aufforderung durch das Straßenverkehrsamt Kanton G. den PKW zur wiederkehrenden Prüfpflicht vorzuführen. Durch die Beschlagnahme komme es infolge Versäumung des Termins zur kostenpflichtigen Entfernung der Kontrollschilder.
In der mündlichen Verhandlung am brachte der Vertreter der Bf. ergänzend vor, dass die Beschlagnahme unverhältnismäßig gewesen sei, da sich der Wert des Fahrzeuges vor Ort bereits mittels Eurotax-Liste feststellen hätte lassen. Letztlich sei der Fahrzeugwert zur Abgabenberechnung ebenfalls unter Zugrundelegung des Wertes lt. Eurotax Liste erfolgt.
Sachverhalt:
Der verfahrensgegenständliche PKW ist auf die in der Schweiz ansässige B. AG zugelassen. Das Fahrzeug wurde, wie die weiteren Ermittlungen ergaben, von Verwaltungsratspräsidenten der B. AG, der seien gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Union (Österreich bzw. Großbritannien) hat, im Zeitraum zwischen Ende 2016 bzw. Anfang 2017 ins Zollgebiet verbracht, um diesen u. a. bei Hochgeschwindigkeitsrennen zu verwenden. Dazu wurden an dem Fahrzeug bei der A. Engineering umfangreiche Umbau- und Modifizierungsarbeiten durchgeführt. Beim Einschreiten der Zollbeamten im Februar 2019 sollte eine speziell für Hochgeschwindigkeitsrennen dimensionierte neue Kardanwelle eingebaut werden.
Rechtslage:
Gemäß § 79 Abs.1 UZK entsteht für einfuhrabgabepflichtige Waren eine Einfuhrzollschuld, wenn eine Voraussetzung für die Überführung von Nicht-Unionswaren in ein Zollverfahren oder für die Gewährung der vollständigen oder teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben aufgrund der Endverwendung der Waren nicht erfüllt ist.
Gemäß Art. 250 UZK können im Verfahren der vorübergehenden Verwendung bestimmte Nicht-Unionswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, im Zollgebiet der Union Gegenstand einer besonderen Verwendung unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben sein, und ohne dass sie sonstigen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen.
Nach Abs. 2 Buchst. c) leg. cit. ist die vorübergehende Verwendung nur zulässig, wenn der Inhaber des Verfahrens außerhalb des Zollgebiets der Union ansässig ist, es sei denn, anderwertig ist etwas anderes vorgesehen.
Voraussetzungen für die Gewährung der vollständigen Befreiung von den Einfuhrabgaben für Beförderungsmittel ist nach Art. 212 Abs. 3 UZK-DA, wenn sie a) außerhalb des Zollgebiets der Union auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind oder gehören und b) sie unbeschadet der Artikel 214, 215 und 216 von einer außerhalb des Zollgebiets der Union ansässigen Person verwendet werden.
Für die Inanspruchnahme des Verfahrens der vorübergehenden Verwendung besteht generelle Bewilligungspflicht, wobei für Beförderungsmittel die Bewilligung grundsätzlich ohne schriftlichen Antrag oder schriftliche Bewilligung erteilt wird.
Die als Zollanmeldung geltende Handlung nach Art. 139 UZK-DA iVm Art. 163 Abs. 4 Buchst. c UZK-DA gilt als Antrag und das Nichttätigwerden der Zollbehörden als Bewilligung der vorübergehenden Verwendung.
Gem. Art. 204 UZK-DA werden Bewilligungen für die Inanspruchnahme der vorübergehenden Verwendung unter der Voraussetzung erteilt, dass der Zustand der in das Verfahren übergeführten Waren unverändert bleibt. Zulässig sind ausschließlich Reparaturen und Wartungen einschließlich Instandsetzungen und Einstellarbeiten sowie Maßnahmen zum Erhalt der Waren oder solche, die die Übereinstimmung mit den technischen Anforderungen für die vorübergehende Verwendung der Waren sicherstellen sollen.
Maßnahmen wie das Tuning von Fahrzeugen, um deren Performance zu verbessern, fallen keinesfalls unter diese Bestimmungen und sind daher bei Beförderungsmittel in der vorübergehenden Verwendung unzulässig.
Für den PKW sind daher die Eingangsabgaben entstanden.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gegenstand des Verfahrens ist die Prüfung der Rechtsrichtigkeit des Beschlagnahmebescheides , in welchem festgestellt wurde, dass der PKW der Beschlagnahme unterliegt, weil er als Tatgegenstand verfallsbedroht ist und als Beweismittel in Betracht kommt.
Gemäß § 35 Abs.1 lit.a FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht.
Gemäß § 35 Abs.2 Fin StrG macht sich der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben schuldig, wer, ohne den Tatbestand des Abs.1 zu erfüllen, vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben bewirkt, wenn eine entstandene Eingangs- oder Ausgangsabgabenschuld bei ihrer Entstehung nicht oder zu niedrig festgesetzt wird.
Gemäß § 35 Abs.4 letzter Satz FinStrG ist auf Verfall nach Maßgabe des § 17 zu erkennen.
Der PKW unterliegt als Tatgegenstand dem Verfall und kommt als Beweismittel (Ermittlung des im Zeitpunkt der Beschlagnahme nicht geklärten Zollwertes und der darauf entfallenden Eingangsabgaben) in Betracht.
Gemäß § 89 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls und der Beweissicherung geboten ist.
Liegen diese Voraussetzungen vor, steht der Finanzstrafbehörde kein Ermessen zu; sie muss die Gegenstände beschlagnahmen.
Für die Beschlagnahme reicht ein auf konkrete Umstände gestützter Verdacht der Begehung eines Finanzvergehens und die Bedrohung des Gegenstandes mit der Strafe des Verfalls aus. Die Tat muss im Zeitpunkt des Ausspruches der Beschlagnahme keineswegs erwiesen sein. Es handelt sich dabei um eine Art vorläufiges Verfahren zur Entziehung der Gewahrsame an einer Sache (, uvm.).
Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (z.B. ; ).
Bei der Prüfung, ob genügend Verdachtsgründe für eine bestimmte Verfahrensmaßnahme gegeben sind, geht es nicht darum, die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die der Finanzstrafbehörde zugekommenen Informationen für einen Verdacht ausreichen. Ob das zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen wurde, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten.
Im Zeitpunkt der Beschlagnahme stand fest, dass an dem im Drittland zugelassenen Fahrzeug, das sich in der vorübergehenden Verwendung befindet, Arbeiten durchgeführt worden sind, die das Entstehen der Eingangsabgabenschuld zur Folge haben. Der Einbau einer verstärkten und für Renneinsätze geeigneten Kardanwelle fällt nicht unter den Begriff Reparatur und Instandhaltungsarbeiten. Wie die weiteren Ermittlungen ergaben, wurden am Fahrzeug bereits 2016 für den Einsatz bei Hochgeschwindigkeitsrennen Umbau- und Modifizierungsarbeiten durchgeführt, was bei Waren, die sich in der vorübergehenden Verwendung befinden, unzulässig ist.
Weiters war bekannt, dass das Fahrzeug von Personen, die ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet haben, u. a. beim Rennen "Osttiroler Viertelmeile 2018" unzulässiger Weise verwendet haben. Auch dürfte das Fahrzeug zu der vom 27. - in Wien veranstalteten Messe "Custom Wheels" gebracht worden sein. Am Fahrzeug war im Zeitpunkt der Beschlagnahme eine österreichische Autobahnvignette vorhanden, die am entwertet und für 10 Tage gültig war.
Dass es unzulässig ist, ein in der Schweiz zugelassenes und somit unverzolltes Fahrzeug im Zollgebiet zu tunen, um es bei Straßenrennen einzusetzen sowie von Personen mit gewöhnlichem Wohnsitz im Zollgebiet zu verwenden, ist als allgemein bekannt anzusehen. Es besteht daher der begründete Verdacht, dass hinsichtlich des PKWs ein vorsätzlicher Finanzstraftatbestand verwirklicht worden ist.
Dem Einwand der Verteidigung, der Wert des getunten Fahrzeuges hätte bereits vor Ort (zB. mittels Eurotax Liste) festgestellt werden können, sodaß eine Beschlagnahme nicht erforderlich gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden. Beim Einschreiten der Zollorgane war zum einen nicht bekannt, wann das Fahrzeug widerrechlich im Zollgebiet erstmalig verwendet worden ist. Weiters konnte vor Ort nicht festgestellt werden, ob und welche Veränderungen am Fahrzeug tatsächlich durchgeführt worden sind und wann diese erfolgten. Für die Festsetzung des Zollwertes war der Einbringungszeitpunkt bzw. jener maßgebend, in dem die bestimmungswidrige Verwendung (Tunen) erstmalig stattgefunden hat. Eine Schätzung des PKWs allein an Hand der Eurotax-Liste war daher zum Beschlagnahmezeitpunkt nicht möglich.
Die Anordnung der Beschlagnahme stellt eine vorläufige Maßnahme dar. Die Beschlagnahme erfolgte auf Grund der vorliegenden Beweislage zu Recht.
Dass das mit Verfall bedrohte Finanzvergehen tatsächlich begangen worden ist, braucht im Zeitpunkt des Ausspruches der Beschlagnahme noch nicht nachgewiesen zu sein, weil diese Aufgabe, ebenso wie die Feststellungen, dass bestimmte Personen den Verfall gegen sich gelten zu lassen haben, erst dem Untersuchungsverfahren nach §§ 114 FinStrG zukommt.
Die Eigentümerin des Fahrzeugs, die B. AG, wird im durchzuführenden Finanzstrafverfahren als Nebenbeteiligte zuzuziehen sein.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Fragen grundsätzlicher Bedeutung liegen nicht vor. Die Lösung der mit dem vorliegenden Erkenntnis zu beantwortenden Rechtsfragen ergibt sich aus dem Wortlaut der anzuwendenden und im Erkenntnis zitierten Bestimmungen sowie aus der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Salzburg-Aigen, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 89 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.6300005.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at