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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.10.2019, RV/3100404/2013

Keine Investitionszuwachsprämie bei einer Behaltefrist von 30 % der Gesamt-AfA; Alltägliche betriebswirtschaftliche Entscheidungen stellen keine Unwägbarkeiten dar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch Wirtschaftstreuhand Hager Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Bahnhofstraße 21, 6300 Wörgl, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck vom betreffend Festsetzung der Investitionszuwachsprämie 2004 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

1. In der Beilage E 108e zur Körperschaftssteuererklärung 2004 wurde von der Beschwerdeführerin, eine im Bereich der Vermietung tätigen GmbH, eine Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 in Höhe von 156.059,84 Euro geltend gemacht und vom Finanzamt am erklärungsgemäß auf dem Abgabenkonto verbucht.

2. Im Zuge einer Außenprüfung, die Jahre 2004 - 2007 umfassend, wurde folgender (unstrittiger) Sachverhalt festgestellt:

In den Investitionen des Jahres 2004 sind u.a. 50 Sattelanhänger der Marke A enthalten, die laut Rechnung vom zu einem Kaufpreis von 1.498.500,- Euro angeschafft wurden.

Die Nutzungsdauer der Sattelanhänger wurde von der Beschwerdeführerin mit fünf Jahren bemessen und die AfA dementsprechend angesetzt.

Die Sattelanhänger wurden aufgrund eines mündlichen Mietvertrages ab an ein Transportunternehmen vermietet. Im Mietvertrag wurde eine Mindestlaufzeit von 12 Monaten vereinbart, anschließend hatten sowohl der Mieter als auch die Vermieterin das Recht, den Mietvertrag zum Ende des Folgemonats zu kündigen.

Das Mietverhältnis wurde am , nach 13 Monaten und Zahlung eines Mietentgelts von gesamt 487.500,- Euro, beendet und die Sattelanhänger um 1.030.000,- Euro an die Muttergesellschaft des bisher anmietenden Transportunternehmens verkauft.

3. Die Behaltedauer von 13 Monaten im Betrieb der Beschwerdeführerin erfüllte nach Ansicht des Prüfers die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Investitionszuwachsprämie nicht. Die Wirtschaftsgüter müssten zum langfristigen Einsatz im Betrieb angeschafft worden sein, daher entweder mehr als die Hälfte der Nutzungsdauer oder zumindest vier volle Wirtschaftsjahre dem Betriebsvermögen angehören.

4. Dem Ergebnis der Außenprüfung folgend wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom die Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 (nur mehr) in Höhe von 6.209,84 Euro festgesetzt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde (damals Berufung) vom in der zusammengefasst vorgebracht wird, dass dem Gesetz keine Behaltefrist für die prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter zu entnehmen sei und auch die "überwiegende Meinung in der Literatur" eine Behaltefrist verneine. Nachdem § 108e EStG 1988 auf die §§ 7 und 8 EStG 1988 verweise, reiche eine über ein Jahr andauernde Nutzung aus.

Inhaltlich wurde darauf hingewiesen, dass die Sattelanhänger im Anlagevermögen mit einer Nutzungsdauer von 5 Jahren aktiviert worden seien, es jedoch in der Praxis aus betriebswirtschaftlichen Gründen (Erzielung des besten Preises) zu einem Weiterverkauf nach ca. 2 Jahren komme.

Ergänzend wurden diverse Entscheidungen des UFS angeführt, die den Standpunkt der Beschwerdeführerin untermauern sollten.

5. In der Folge wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom die Entscheidung über die Berufung gemäß § 281 Abs. 1 BAO ausgesetzt, weil ein Verfahren betreffend die Behaltefrist der Wirtschaftsgüter für das Zustehen der Investitionszuwachsprämie (2009/15/0139) beim VwGH anhängig war.

6. Nach Ergehen des VwGH-Erkenntnisses mit wurde der Beschwerdeführerin mit Vorhalt vom vom Finanzamt die Gelegenheit gegeben, zu begründen, weshalb unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Investitionszuwachsprämie zustehe.

In der Beantwortung vom wurde von der Beschwerdeführerin noch einmal darauf hingewiesen, dass "es gelebte Praxis im B Konzern" gewesen sei, vermietete Anhänger dann zu verkaufen, wenn der betriebswirtschaftlich beste Preis erzielt werden könne. Es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass der Mieter ein so attraktives Kaufangebot machen würde. Das Transportgewerbe unterliege starken Schwankungen, weshalb auch im Rahmen der Vermietung die betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen immer wieder neu zu beurteilen seien.

7. Die Beschwerde (damals Berufung) wurde ohne Erlassen einer Beschwerdevorentscheidung (damals Berufungsvorentscheidung) mit Vorlagebericht vom  dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden i.S.d. Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

II. Rechtslage

Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstig ten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

III. Erwägungen

1. Den gesetzlichen Bestimmungen ist, wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt, keine Behaltefrist zu entnehmen. 

Der VwGH hat in seinen Entscheidungen (; ; ) jedoch klargestellt, dass § 108e Abs. 1 EStG 1988 aufgrund des Verweises auf die Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) einen längerfristigen Einsatz im Betrieb voraussetzt. Dies ergebe sich auch aus dem Zweck der Regelung.

Ein längerfristiger Einsatz im Betrieb ist gemäß den zitierten Entscheidungen bei einer tatsächlichen Abschreibung im Wege der AfA im Ausmaß von 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfüllt. Ein aus den betrieblichen Erfordernissen resultierender (Re-)Investitionszyklus kann ein mäßiges Unterschreiten dieser Grenze rechtfertigen.

Einer monatsweisen Betrachtung der betrieblichen Behaltedauer hatte der VwGH bereits im Erkenntnis vom , 2009/15/0082, eine Absage erteilt.

Eine Investitionszuwachsprämie kann trotz Unterschreiten der o.a. Grenze auch zustehen, wenn es aufgrund von Unwägbarkeiten nicht zu einem längerfristigen Einsatz im Betrieb kommt, obwohl dies im Zeitpunkt der Anschaffung geplant war (vgl. u.a. , ). Dabei ist entscheidend, "ob die Unbrauchbarkeit mangels dafür bestehender konkreter Anhaltspunkte für den Steuerpflichtigen "unvorhergesehen" eingetreten ist".

Im Fall einer Produktionsstilllegung aufgrund eines geänderten Marktumfeldes () wurde eine Unwägbarkeit angenommen, im Fall eines vorzeitigen Verkauf eines Investitionsgutes aufgrund nicht erfüllter Umsatzerwartungen () und im Fall einer aufgrund einer Umstrukturierung erfolgten Schließung eines Schmiedebetriebes () wurde eine Unwägbarkeit verneint.

2. Im Beschwerdefall wurden Sattelanhänger Mitte Mai 2004 angeschafft und nach einer Vermietung Mitte Juni 2005 verkauft. Dabei fällt - für das Verfahren allerdings ohne Relevanz - auf, dass nach der vertraglichen Regelung, die eine Kündigungsmöglichkeit zum Ende des Folgemonats festlegte, die Kündigung des Mietvertrages frühestens zum möglich gewesen wäre.

Im Anlageverzeichnis wurde die Nutzungsdauer der Sattelanhänger - abweichend von der deutschen AfA-Tabelle, die sechs Jahre festlegt - mit fünf Jahren angegeben. Die AfA von 1 1/2 Jahren (2004 Ganzjahres-AfA, 2005 Halbjahres-AfA) entspricht 30 % der fünfjährigen Nutzungsdauer, liegt also erheblich unter der vom VwGH als Maßstab angeführten Grenze von 50 %.

3. Es bleibt zu prüfen, ob ein aus den betrieblichen Erfordernissen resultierender (Re-)Investitionszyklus vorliegt oder es aufgrund von Unwägbarkeiten nicht zu einem längerfristigen Einsatz im Betrieb gekommen ist.

Der Beschwerdeführerin wurde - wie bereits unter Punkt I. dargestellt - mit Vorhalt des Finanzamtes vom die Möglichkeit eingeräumt, das vorzeitige Ausscheiden der Wirtschaftsgüter im Hinblick auf diese vom VwGH aufgestellten Grundsätze zu begründen.

Von der Beschwerdeführerin wurde zum einen klargestellt, dass die angesetzte Nutzungsdauer von fünf Jahren auf der Rz 3212 der EStR 2000 basiere. Der Ansatz der Nutzungsdauer "im unteren Bereich" sei deswegen zulässig, weil bei vermieteten Fahrzeugen mit einer höheren Beanspruchung zu rechnen sei. Zum anderen wurde darauf hingewiesen, dass es im B-Konzern üblich gewesen sei, vermietete Anhänger zu verkaufen, wenn der betriebswirtschaftlich beste Preis erzielt werden könne.

Dass der Mieter ein attraktives Kaufanbot machen würde, sei für die Beschwerdeführerin nicht vorhersehbar gewesen.

Von den im Jahr 2004 verkauften 16 Sattelanhängern hätten drei Viertel eine Behaltedauer im Betrieb der Beschwerdeführerin von bis zu drei Jahren aufgewiesen, 7 davon seien schon nach einer Behaltedauer von ein bis zwei Jahren verkauft worden.

Mit diesem Vorbringen wird kein aus den betrieblichen Erfordernissen resultierender (Re-)Investitionszyklus nachgewiesen. Vielmehr wird von der Beschwerdeführerin selbst angegeben, dass der Austausch zu dem Zeitpunkt erfolgte, zu dem ein entsprechendes Kaufangebot vorgelegen ist. Dies konnte nach einem, zwei oder auch drei Jahren der Fall sein.

Zudem wäre auch bei Vorliegen eines (Re-)Investitionszyklus für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, da in diesem Fall nur ein "mäßiges Unterschreiten" der vom VwGH aufgestellten Grenze von 50 % der Gesamt-AfA zulässig wäre. Im Beschwerdefall wird die Grenze mit 30 % der Gesamt-AfA jedoch nicht nur mäßig sondern erheblich unterschritten.

Dementsprechend kann auch die Beurteilung, ob für die Sattelanhänger eine Nutzungsdauer von fünf Jahren anzusetzen ist, wie die Beschwerdeführerin argumentiert, oder der deutschen AfA-Tabelle folgend eine Nutzungsdauer von sechs Jahren, unterbleiben.

Auch eine Unwägbarkeit liegt im gegenständlichen Beschwerdefall nicht vor. Schon aufgrund der im mündlichen Mietvertrag vereinbarten Kündigungsmöglichkeit nach Ablauf eines Jahres musste die Beschwerdeführerin davon ausgehen, dass in der Folge - mangels Einsatzmöglichkeit im eigenen Unternehmen - eine Veräußerung der Sattelanhänger notwendig sein könnte.

Vielmehr war es nach den Angaben der Beschwerdeführerin durchaus üblich, Sattelanhänger in einem Zeitfenster von einem bis zu drei Jahren wieder zu veräußern, insbesondere wenn ein attraktives Kaufangebot vorgelegt wurde. Worin im konkreten Fall eine Unvorhersehbarkeit für die Beschwerdeführerin liegen sollte, ist nicht zu erkennen und wurde diesbezüglich auch nichts Substantielles vorgebracht. Alltägliche betriebswirtschaftliche Entscheidungen sind jedenfalls nicht unter Unwägbarkeiten zu subsumieren. 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage der für das Zustehen einer Investitionszuwachsprämie erforderlichen Behaltedauer wurde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zahlreichen Erkenntnissen beantwortet. Die gegenständliche Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung nicht ab, weshalb eine Revision nicht zulässig ist. 

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at