Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.10.2019, RV/5101084/2018

Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderfreibetrag bei nachträglicher Unterhaltsleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2016 der belangten Behörde Finanzamt FA vom  zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Diese bildet einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses:


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Einkommensteuer 2016
 
 
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
 
 
Bezugsauszahlende Stelle
Steuerpflichtige Bezüge (245)
 
D
2.101,00 €
 
G
18.914,28 €
 
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
20.883.28 €


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Gesamtbetrag der Einkünfte
20.883,28 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
 
Pauschbetrag für Sonderausgaben
-60,00 €
 
Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 Abs. 3 EStG 1988
-243,00 €
 
 
Kinderfreibetrag für ein nicht haushaltszugehöriges Kind gem. § 106a Abs. 2 EStG 1988
-300,00 €
Einkommen
20.280,28 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs.1 EStG 1988 beträgt:
 
0 % für die ersten 11.000,00 €
0,00 €
25 % für die weiteren 7.000,00 €
1.750,00 €
35 % für die restlichen 2.280,28 €
798,10 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
2.548,10 €
Unterhaltsabsetzbetrag
-350,40 €
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
1.797,70 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
 
0 % für die ersten 620,00 €
0,00 €
6 % für die restlichen 2.455,64 €
147,34 €
Einkommensteuer
1.945,04 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-2.085,96 €
Rundung gemäß § 39 Abs. 3 EStG 1988
-0,08 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-141,00 €
Berechnung der Abgabennachforderung/Abgabengutschrift
 
Festgesetzte Einkommensteuer
-141,00 €
Bisher festgesetzte Einkommensteuer
-314,00 €
Abgabengutschrift
-455,00 €

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) reichte den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 am beim zuständigen Finanzamt ein.

Nach antragsgemäßer Veranlagung erging der Einkommensteuerbescheid am .

Der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde legte der Bf den Vordruck L 1k bei und beantragte für das im Jahr 2010 geborene, nicht haushaltszugehörige Kind EF den Kinderfreibetrag in Höhe von 300,00 € sowie den Unterhaltsabsetzbetrag für 12 Monate.

Mit Ergänzungsersuchen vom und , welche dem Bf elektronisch in die Databox zugestellt wurden, forderte das Finanzamt den Bf zur Vorlage des Beschlusses der Unterhaltsvereinbarung sowie der Belege der geleisteten Alimente 2016 auf.

Da der Bf diesen Aufforderungen nicht nachkam, wies das Finanzamt die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.

Im zeitgerechten Vorlageantrag beantragte der Bf die Berücksichtigung seiner Unterhaltsleistungen für die Monate Jänner bis September 2016. Er habe die Unterlagen nicht vorgelegt, weil er vergessen habe, in der Databox nachzusehen. Als Nachweis der Zahlungen legte der Bf eine Umsatzliste seines Bankkontos bei.

Diese Umsatzliste zeigte Alimentationszahlungen für die Monate Jänner bis Juni sowie August und September 2016 in Höhe von jeweils 194,00 €.

Mit einem wiederum in die Databox zugestellten Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf abermals um Nachreichung der Unterhaltszahlungsverpflichtung ersucht und darauf hingewiesen, dass nur Zahlungsnachweise für acht Monate vorgelegt worden seien. Für den Monat Juli liege kein Zahlungsnachweis vor.

Der Bf beantwortete dieses Scheiben nicht.

Das Finanzamt verwies in seinem Vorlagebericht darauf, dass das Finanzamt bemüht gewesen sei, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 115 BAO zu ermitteln, der Bf aber trotz mehrfacher Aufforderung keinen Nachweis für die Verpflichtung zur Leistung von Unterhaltszahlungen und keinen Zahlungsnachweis für den Monat Juli vorgelegt habe.

Über Ersuchen der Richterin legte der Bf nachstehende Unterlagen vor:

  • Eine Vereinbarung über die Höhe der gesetzlichen Unterhaltsleistungen vom , wonach die bisherige monatliche Unterhaltsverpflichtung 250,00 € betragen habe und diese ab auf 280,00 € monatlich erhöht werde;

  • monatliche Überweisungen zu je 194,00 € für Jänner bis Juni sowie August und September 2016 und monatliche Überweisungen zu je 280,00 € für Oktober bis Dezember 2016;

  • eine am ausgestellte Bestätigung der Kindesmutter, wonach der Grund für die Erhöhung der Unterhaltsleistung ab April 2016 ein höherer Verdienst des Bf durch eine neue Arbeitsstelle sowie die Erreichung des 6. Lebensjahres des unterhaltsberechtigten Sohnes gewesen sei. Die Unterhaltszahlungen seien rückwirkend von Jänner bis März auf 250,00 € und ab April 2016 auf 280,00 € angehoben worden.Die Restzahlungen von den via Dauerauftrag überwiesenen Beträgen habe sie in bar erhalten. Es gebe aus 2016 keine offenen Unterhaltsforderungen mehr. Insgesamt habe sie 3.270,00 € an Alimenten erhalten. Die fehlende Zahlung vom Juli sei gesamt bar beglichen worden.

Die genannten Unterlagen wurden der Finanzamtsvertreterin übermittelt und eine stattgebende Beschwerdeentscheidung in Aussicht gestellt.

Die Finanzamtsvertreterin erhob gegen die beabsichtigte Stattgabe keinen Einwand.

Rechtslage

Nach § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr anzuwendenden Fassung steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 € monatlich zu, wenn sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Nach § 106 Abs. 2 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

Nach § 106a Abs. 2 EStG 1988 in der für das Beschwerdejahr anzuwendenden Fassung steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 auf Antrag ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 € jährlich zu.

Der Unterhaltsabsetzbetrag ist an die tatsächliche Leistung des Unterhalts geknüpft und steht nur einer Person zu, die zur Leistung des Unterhalts gesetzlich verpflichtet ist.

Der volle Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kalenderjahr steht zu, wenn für dieses Kalenderjahr der volle Unterhalt tatsächlich geleistet wurde. Die Partei hat diesbezüglich einen Zahlungsnachweis durch Vorlage schriftlicher Unterlagen zu erbringen.

Wird der Unterhalt nicht in vollem Ausmaß geleistet, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate zu, für die sich rechnerisch eine vollständige Zahlung ergibt. Eine Aliquotierung des monatlichen Absetzbetrags hat dabei nicht zu erfolgen.

Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ergibt sich entweder aus dem in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen oder behördlichen Vergleich festgesetzten Betrag oder im Falle einer außergerichtlichen Einigung aus dem in dem schriftlichen Vergleich festgehaltenen Unterhaltsbetrag.

Unterhaltsnachzahlungen sind zu berücksichtigen, wenn sie bis zur Rechtskraft des betreffenden Veranlagungsbescheides geleistet und geltend gemacht worden sind (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2016, § 33 Rz. 50).

Mit Blick auf § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ist daher der Kinderfreibetrag in Höhe von 300 € nur dann zu gewähren, wenn die Summe der geleisteten Unterhaltszahlungen in einem Kalenderjahr rechnerisch den Betrag der vollständigen Unterhaltszahlung für mehr als sechs Monate erreicht (Jakom/Laudacher EStG, 2016, § 106a Rz 4).

Erwägungen

Strittig war im vorliegenden Fall, ob der Bf auf Grund von Unterhaltsleistungen für seinen minderjährigen Sohn Anspruch auf den Kinderfreibetrag und Unterhaltsabsetzbetrag hatte.

Nach der vorgelegten Unterhaltsvereinbarung hatte der Bf im Jahr 2016 Unterhaltszahlungen von 3.270,00 € zu leisten.

Der Bf kam seiner Unterhaltsverpflichtung sowohl durch laufende Überweisungen als auch durch Übergabe der rückständigen Beträge in Form von Barzahlungen an die Kindesmutter nach.

Im Ergebnis erfüllte er seine Unterhaltspflichten im Beschwerdejahr zur Gänze, weshalb er Anspruch auf den Kinderfreibetrag von 300,00 € und auf den Unterhaltsabsetzbetrag von 350,40 € (=29,20€ x 12) hatte.

Der Beschwerde war daher antragsgemäß stattzugeben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Feststellungen auf Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind einer Revision nicht zugänglich.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5101084.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at