Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld innerhalb der Verjährung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R in der Beschwerdesache Bf., D über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Gänserndorf Mistelbach vom betreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Per wurden sowohl an den Beschwerdeführer (Bf.) als auch an seine Ehefrau Aufforderungen zur Abgabe von Erklärungen des Einkommens für das Jahr 2013 ausgefertigt. Diese wurden am an die belangte Behörde retourniert.
Mit Bescheid vom erging an den Bf. ein Bescheid begreffend Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Kind P i.H. von € 1.789,17, da die maßgebliche Einkommensgrenze gem. § 19 Abs. 1 Zif. 2 KBGG im Jahr 2013 überschritten worden sei. Das gemeinsame Einkommen habe € 35.783,38 betragen, das des Bf. € 23.862,93, jenes der Ehefrau € 11.920.-.
Es liege im Ermessen der Behörde, welchen Elternteil sie zur Rückzahlung heranziehe.
Die belangte Behörde habe den Bf. nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit auf Grund seiner Einkommensverhältnisse und bzw. der Tragung der durch die Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil herangezogen.
Gegen den Bescheid erhob der Bf. mit Schreiben vom Beschwerde und beantragte die "Nachsicht des Rückzahlungsbetrages gem. § 236 BAO, da für das Kind keine Zuschüsse ausbezahlt worden seien.
Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:
"Eltern mit nur geringem Einkommen können einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 6,06 Euro pro Tag beantragen. Dabei handelt es sich um einen Kredit, der
später bei Überschreiten gewisser Einkommensgrenzen (€ 35.000) an das Finanzamt
zurückzuzahlen ist. Die Rückzahlungsverpflichtung betrifft alle Zuschüsse, die für bis zum
geborene Kinder ausbezahlt wurden. Im Jahr 2007 wurden € 2.066,46 und im Jahr 2009 € 898,88 ausbezahlt.
Der Beobachtungszeitraum beginnt mit dem Kalenderjahr der Geburt des Kindes und
endet spätestens Ende des Kalenderjahres, in dem das Kind den 7. Geburtstag feiert.
Grundsätzlich entsteht die Rückzahlungsverpflichtung mit Ablauf des Kalenderjahres, in
dem die maßgebliche Einkommensgrenze erreicht wird.
Im Jahr 2013 wurde die Einkommensgrenze mit € 35.783,38 überschritten."
Mit Schreiben vom , eingelangt bei der belangten Behörde am stellte der Bf. einen Vorlageantrag und begründete diesen wie folgt:
"Nach § 207 Abs. 2 BAO beträgt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, grundsätzlich fünf Jahre.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. A BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Daher endet die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend dem Kalenderjahr 2013 gemäß § 207 Abs. 2 iVm § 208 Abs. 1 lit. A BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 2018.
Da der Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2013 erst am erlassen wurde, wurde die oben genannte fünfjährige Frist nicht eingehalten und ist somit aufgrund Verjährung aufzuheben."
Zur nunmehr durch den Bf. aufgeworfene Frage der Verjährung der Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld führte die belange Behörde im Vorlagebericht folgendes aus:
"Entsprechend der Bestimmung des § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres. Da das Kind 2006 geboren wurde und die Einkommensgrenze 2013 erstmals überschritten wurde, ist der Abgabenanspruch
erstmals im Jahr 2013 entstanden. Da der Abgabenanspruch erst 2013 entstanden ist, beginnt mit diesem Zeitpunkt die Verjährung (§ 207 BAO - 5 Jahre), wobei im Jahr 2018 eine Verlängerungshandlung ( § 209 BAO) durch das Übersenden der Abgabenerklärungen erfolgte und daher die Verjährung ein weiters Jahr verlängert
wurde. Somit ist im Jahr 2019 noch keine Verjährung eingetreten.
Lt. Mitteilung der NÖ Gebietskrankenkasse wurde der Zuschuss für das am Datum**** 2006 geborenen Kind im Jahr 2007 i.H. von € 2.066,46 und im Jahr 2009 i.H. von € 896,88 an die Kindesmutter ausbezahlt.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Obwohl der Bf. in der von ihm als Berufung bezeichneten Beschwerde vom um "Nachsicht gem. § 236 BAO des rückgeforderten Betrages" ersuchte, ist aus dem bisherigen Verwaltungsgeschehen zu schließen, dass der Bf. die Rechtmäßigkeit der Rückforderung bestreitet und daher gegen den Bescheid vom Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides erhoben hat.
Inhaltlich bringt der Bf. in der Beschwerde vor, es seien keine Zuschüsse ausbezahlt worden.
Diesem Vorbringen wird durch die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung widersprochen, indem ausgeführt wird, für das Kind seien im Jahr 2007, € 2.066,46 und im Jahr 2009 € 898,88 ausbezahlt worden.
Falls der Bf. die Auffassung vertreten sollte, die Zuschüsse seien nicht an ihn ausbezahlt worden und daher die Rückforderung bei ihm unzulässig, so ist der belangten Behörde zuzustimmen, wonach auf Grund des gem. § 49 Abs. 23 KBGG für bis zum geborene Kinder weiterhin anzuwendenden § 18 Abs. 1 Zif.2 KBGG die Eltern gemeinsam zur Rückzahlung verpflichtet sind, wenn an einen der beiden Elternteile der Zuschuss ausbezahlt wurde.
Die tatsächliche Auszahlung der Zuschüsse sowie deren Höhe werden vom Bf. im Vorlageantrag nicht mehr bzw. nicht bestritten.
Hinsichtlich der Inanspruchnahem des Bf. zur Rückzahlung ist folgendes auszuführen:
Die Verpflichtung zur Rückzahlung ist als Gesamtschuld konzipiert.
Das Wesen der Gesamtschuld besteht darin, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Es liegt im Ermessen der Behörde ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will (; ), weiters ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder dem gesamten offenen Betrag erfolgt (; ; -0243; ; Ritz, RdW 1995, 243) sowie der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner (; ).
Die Behörde kann somit die Person bestimmen, die als Mitglied eines Schuldverhältnisses für die Tilgung einzustehen hat. Er kann ferner den Zeitpunkt und die Reihenfolge sowie das Ausmaß der Heranziehung festlegen, allerdings nur innerhalb bestimmter Grenzen. Diese Grenzen sind persönlich durch den gesetzlich umschriebenen Kreis der Schuldner, zeitlich durch die Verjährung (§§ 207 ff BAO) und sachlich durch die Höhe der gesetzlich vorgesehenen Abgabenschuld und durch die Grundsätze des Ermessens (§ 20 BAO) festgelegt (Stoll, BAO, 93 f). Ermessensentscheidungen dieser Art sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei dem Gesetzesbegriff Billigkeit die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" und dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit "das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist (Stoll, a.a.O. mit Judikaturnachweisen). Dabei bedeutet Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist (Stoll, a.a.O. mit Judikaturnachweisen). Dabei bedeutet Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen (vgl. neuerlich Stoll, BAO, 95).
Da im Zuge einer Ermessensentscheidung bei der Abwägung der Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründe stets alle in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen sind, erweist sich die Normierung solcher Ermessenkriterien in § 18 Abs. 2 KBGG als überflüssig. Die dort erwähnten Einkommensverhältnisse (der Eltern) sind ohnedies ein grundlegendes Entscheidungskriterium jeder Ermessensübung bei der Geltendmachung eines Gesamtschuldverhältnisses (Heranziehung eines oder mehrerer Gesamtschuldner). Die Bedachtnahme auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten (siehe die Begründung im Bescheid) ist auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 18 Abs. 2 KBGG sachgerecht (diese Bestimmung gelangt im vorliegenden Fall schon deswegen nicht zur Anwendung, weil die Kindeseltern im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches nicht getrennt lebten).
Im Jahr 2013 betrug das Einkommen des Beschwerdeführers 23.862,93, jenes der Kindesmutter dagegen nur € 11.920,45.
Bei dieser Sachlage war es nicht rechtswidrig, wenn das Finanzamt die Gesamtschuld allein gegenüber dem Beschwerdeführer als wirtschaftlich wesentlich leistungsfähigeren Gesamtschuldner geltend gemacht hat. Bei diesem erscheint eine Hereinbringung der Gesamtschuld einfacher und sicherer möglich als bei der Kindesmutter ( laut Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes betrugen die Einkünfte des Bf. im Jahr 2018 € 28.178,13, jener der Kindesmutter € 17.148,32).
Zu dem im Vorlageantrag vorgebrachten Einwand der Verjährung ist folgendes auszuführen:
Da die Rückzahlung gemäß § 18 Abs 3 KBGG eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) ist, sind hierauf die Verjährungsbestimmungen der BAO anzuwenden.
Nach § 207 Abs 2 BAO beträgt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, grundsätzlich fünf Jahre. Insoweit ist dem Bf. zuzustimmen.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs 1 lit a BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr (§ 209 Abs 1 BAO).
Das Kind des Bf wurde 2006 geboren. Der Abgabenanspruch kann gemäß § 21 KBGG letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres entstehen.
Der streitgegenständliche Abgabenanspruch entstand mit Ablauf des Jahres 2013, das ist jenes Kalenderjahr, in dem die Einkommensgrenzen der Kindeseltern gemäß § 19 KBGG überschritten wurden.
Die fünfjährige Verjährungsfrist betreffend das Kalenderjahr 2013 endet gemäß § 207 Abs 2 iVm § 208 Abs 1 lit a BAO mit Ablauf des Kalenderjahres 2018. Durch die Zustellung von Abgabenerklärungen im Jahr 2018 (konkret am lt im Akt erliegender Rückscheine) - dabei handelt es sich ohne jeden Zweifel um eine nach außen erkennbare Amtshandlung - hat sich die Verjährungsfrist gem § 209 Abs 1 BAO um ein Jahr, also bis Ende 2019 verlängert.
Die Rückforderung mit Bescheid vom erfolgte daher innerhalb der Verjährungsfrist.
Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Inanspruchnahme eines Gesamtschuldners wurde bereits in zahlreichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes erörtert.
Der Eintritt bzw. Nichteintritt der Verjährung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Die ordentliche Revision war somit nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Rückforderung Zuschuss Kinderbetreuungsgeld Verjährung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104070.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at