Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.09.2019, RV/7101603/2017

Umsatzsteuerbefreiung für Yoga-Lehrerinnen-Ausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache A., vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide der belangten Behörde FA vom , betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2011 bis 2013 zu Recht erkannt: 

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

1. Bericht der Außenprüfung (AP) vom

Laut Tz. 1 des Berichts der AP betreibt die Beschwerdeführerin (Bf.) ein Yogazentrum welches u.a. auch Ausbildungen zum Yogalehrer anbietet. Ab dem Jahr 2011 seien die Erlöse aus den Ausbildungen als steuerfrei gem. § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG behandelt worden. Die Bf. habe vorgebracht, dass das WIFI und die Body und Health Academy in Oberösterreich solche Ausbildungen steuerfrei anbieten.

Von der Umsatzsteuer befreit gem. § 6 (1) Z 11 lit. a UStG seien die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.

Der Begriff Schule erfordere gemäß § 2 Privatschulgesetz, dass eine Mehrzahl von Schülern gemeinsam nach einem festen Lehrplan unterrichtet wird und in Zusammenhang mit der Vermittlung allgemein bildender oder berufsbildender Kenntnisse oder Fertigkeiten ein erzieherisches Ziel angestrebt wird.

Nach der Rechtsprechung des VwGH (bspw. ) sei unter einer allgemein bildenden oder berufsbildenden Einrichtung ein schulähnlicher Betrieb anzusehen, der über die organisatorischen Voraussetzungen (wie Schulräume, ein über längere Zeit feststehendes Bildungsangebot, in der Regel auch das erforderliche Personal nach Art eines Lehrkörpers und ein Sekretariat) verfüge, um laufend gegenüber einer größeren Anzahl von Interessenten eine Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 auszuüben.

Maßstab für die Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen sei primär der Lehrstoff. Der in der Privatschule vorgetragene Lehrstoff müsse auch dem Umfang und dem Lehrziel nach annähernd dem von öffentlichen Schulen Gebotenen entsprechen.

Von der AP sei zu beurteilen gewesen, ob die Bf. einen schulähnlichen Betrieb unterhält und eine Vergleichbarkeit mit einer öffentlichen Schule gegeben ist.

Die Ausbildung für Yoga-Lehrerinnen sei in Österreich staatlich nicht geregelt. Der „BYO - Berufsverband der Yogalehrenden in Österreich“ biete in Kooperation mit anerkannten Ausbildungsschulen Ausbildungslehrgänge auf der Grundlage des Basisprogrammes der „EYU - Europäische Yoga-Union" an. Die Dauer der Ausbildung betrage mindestens 4 Jahre mit mindestens 680 Unterrichtseinheiten. Die Bf. übertreffe nach eigenen Angaben diese Mindestanforderung mit 726 Unterrichtseinheiten.

Neben den Ausbildungen (Yoga Lehrerinnen Ausbildung, Fortbildung Schwangeren Yoga, Yoga Ausbildung, Kinderyoga Ausbildung) biete die Bf. auch normale Yogaklassen an, vermiete u.a. auch ihre Räumlichkeiten und gebe eine Zeitschrift heraus.

Fazit der AP: Es gebe in Österreich keine vergleichbare öffentliche Schule (qualitatives Merkmal). Organisationen wie BFI, WIFI etc. seien vergleichsweise wesentlich größer organisiert (quantitatives Merkmal) und beziehen ihre Steuerfreiheit aufgrund der Anerkennung als Erwachsenenbildungsstätten.

Daher vertrete die AP die Ansicht, dass die für die Ausbildungs-Erlöse beanspruchte Steuerfreiheit gem. § 6 (1) Z 11 lit. a UStG nicht zustehe.
[…]
Tz. 2 Vorsteuer - Abgrenzung

Jene Umsätze die unecht steuerbefreit gem. § 6 (1) Z 11 behandelt wurden führten zu einem anteiligen Ausschluss vom Vorsteuerabzug, welcher auf Grund der nicht Gewährung der Steuerfreiheit (Tz. 1) nun zusteht.
[…]

2. Den Feststellungen der AP folgend, verfügte das Finanzamt (FA) mit Bescheiden vom die Wiederaufnahme der Verfahren bzw. hob den Umsatz- und den Körperschaftsteuerbescheid für 2013 gemäß § 299 BAO auf und erließ neue Sachbescheide.

3. Dagegen wurde am Beschwerde erhoben und begründend ausgeführt, dass die Bf. mit Schreiben vom beim Bundesministerium für Bildung und Frauen um Anerkennung als Einrichtung im Sinne des § 1 des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung angesucht habe und das diesbezügliche Verfahren anhängig sei. Vom Ergebnis dieses Verfahrens werde berichtet, sobald dieses vorliege.

Die Bf. sei bereits eine zertifizierte Ausbildungsstätte und habe durch die Zertifizierungsstelle NOEcert der Niederösterreichischen Landesregierung bereits im Jahr 2008 die Zertifizierung erhalten.

Da diese Zertifizierung jeweils nur für 3 Jahre erteilt wird, wurde die Re-Zertifizierung 2011 und nunmehr aktuell 2015 nachgeholt und sei die derzeitig aktuelle Zertifizierung bis erteilt worden. Unter einem werde das Abschlussprotokoll der NOEcert vorgelegt.

Alleine diese Zertifizierung reiche aus, dass die Bf. den Organisationen wie BFI, WIFI etc. gleichzusetzen sei und daher in den Genuss der Steuerfreiheit gelange.

Die Bf. habe weiters bei der bundesweit eingerichteten Zertifizierungsstelle ÖCERT ihren entsprechenden Antrag eingereicht und sei der aktuelle Stand des Verfahrens der, dass aller Voraussicht nach der Vorstand in seiner Sitzung am diesen Antrag behandeln wird. Es werde hier das Ergebnis nachgereicht, sobald dies vorliegt.

Die Abgabenbehörde habe sich nicht ausreichend mit der vorliegenden Thematik auseinandergesetzt. Abzustellen sei darauf, dass Yoga, welches zweifelsfrei von der Bf. im Erwachsenenbereich unterrichtet und vermittelt wird, ein Überbegriff für folgende Teilbereiche sei: Mentaltraining, Richtige Ernährung, Fitness-Training, Entspannungstraining, Wirbelsäulen- und Beckenbodentraining, Pilates-Trainer, Bewusstseins-Training, Ayurveda, Wellnessausbildung.

Ein Vergleich mit ähnlichen öffentlichen Ausbildungsstätten wie WlFl etc. zeige, dass dort ebenfalls Ausbildungen in diesen Teilbereichen angeboten werden. So biete das BFl unter anderem folgende vergleichbare Ausbildungen an: Yoga-Trainer, Kinder-Yoga-Trainer, Yin-Yoga, Pilates Basic Trainer.

Das WIFI biete unter anderem folgende vergleichbare Ausbildungen, abrufbar unter www.stmk.wifi.at, an: Dipl. Mentaltrainer, Dipl. Pilates-Trainer, Dipl. Fitness-Trainer, Dipl. Entspannungs- und Achtsamkeits-Trainer, Grundlehrgang Gesundheit und Sport, Ayurveda-Wellness- und Beautyausbildung.

Die Bf. verfüge über ein dementsprechendes Dozententeam sowie Leistungsangebot und werden diesbezüglich folgende Beilagen vorgelegt:
Beilage ./1 - Ausbildungsteam
Beilage ./2 - Klassische Yoga Ausbildung
Beilage ./3 - Klassische Yoga Ausbildungen 2015
Beilage ./4 - Workshops
Beilage ./5 - Yogatherapie Ausbildung
Beilage ./6 - Yoga Therapieausbildung 2015 – 2017
Beilage ./7 - Kinderyoga Ausbildung
Beilage ./8 - Ayurveda Ausbildung zum Wohlfühlpraktiker
Beilage ./9 - Zertifizierungen
Beilagen ./10 bis /13 - yoga.ZElT April 2014 – April 2015

Zusammenfassend zeige sich, dass sehr wohl das geforderte qualitative Merkmal für die Bf. zutreffe, sodass sie die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gem. § 6 Abs. 1 Z 11 lit a UStG erfülle.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

Zur Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 6 Abs 1 Z 11 lit a UStG sei auszuführen, dass neben dem in der Beschwerde vorgebrachten Argument, dass verschiedene Zertifizierungen (zB ÖCERT, NOEcert, Anerkannte Ausbildungsstätte im Erwachsenenbereich) beantragt bzw. teilweise bereits erteilt wurden, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung auch damit begründet wurde, dass die Bf. den Organisationen wie BFI, WIFI etc. gleichzusetzen sei. Dieser Vergleich gehe ins Leere, da Bildungseinrichtungen wie WIFI und BFI, die der Umsetzung der den dahinter stehenden öffentlich-rechtlichen Trägerorganisationen gesetzlich aufgetragenen besonderen Aus- und Weiterbildungsaufgaben dienen, nicht als Vergleichsmaßstab für die Lehrstoffübereinstimmung herangezogen werden können, da sie keine öffentlichen Schulen sind (UFSG , RV/0621-G/05).

Öffentliche Schulen, die eine vergleichbare Ausbildung anbieten, seien nicht genannt worden. Unabhängig davon, ob eine entsprechende Ausbildung tatsächlich von einer öffentlichen Schule angeboten werde, könne auch dann von einer Vergleichbarkeit mit öffentlichen Schulen ausgegangen werden, wenn eine aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung behördlich anerkannte und öffentlich kundgemachte Ausbildungseinrichtung privaten Rechts eine gesetzlich oder mittels Verordnung geregelte mehrsemestrige Berufsausbildung in vollem Umfang anbiete (zB Ausbildungseinrichtungen iSd § 23 Zivilrechts-Mediations-Gesetz, BGBl. I Nr. 29/2003 idgF, mit der Ausbildung zum eingetragenen Mediator oder Ausbildungen nach der Medizinischer Masseur- und Heilmasseur-Ausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 250/2003).

Das Vorliegen einer solchen gesetzlichen oder mittels Verordnung geregelten Ausbildung sei nicht behauptet worden. Die Erfassung in Listen über anerkannte Erwachsenenbildungsträger (zB ÖCert,...) ersetze nicht eine solcherart geregelte Ausbildung.

Da eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit nicht vorliege und auch keine gesetzlich oder mittels Verordnung geregelte Ausbildung gegeben sei, komme die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit a UStG nicht zum Tragen.

4. Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerden an das BFG und wies darauf hin, dass in den Beschwerden der Antrag gestellt wurde, direkt an das Bundesfinanzgericht vorzulegen, welchem Umstand das FA nicht nachgekommen sei. An Stelle dessen sei die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung erlassen worden.

In der Beschwerde habe die Bf. bereits darauf hingewiesen, dass sie bei der Zertifizierungsstelle ÖCERT einen entsprechenden Antrag eingebracht habe hinsichtlich der Zertifizierung der Grundvoraussetzungen für Erwachsenenbildungsorganisation. Inzwischen liege das Ergebnis vor. Die Prüfung sei durch eine unabhängige Akkreditierungsgruppe erfolgt und sei der Qualitätssiegel für den Bereich der Erwachsenenbildung bis erteilt worden.

Die ÖCERT sei eine Einrichtung, die von den Ländern und dem Bundesministerium für Bildung im Bereich der Erwachsenenbildung geschaffen worden ist, wobei die rechtliche Grundlage sich auf den Artikel 15a B-VG stütze. Durch die österreichweite Anerkennung vom ÖCERT durch Länder und Bund entfallen die Mehrfachzertifizierungen im Bereich der Erwachsenenbildung.

Wie bereits in der Beschwerde angekündigt, sei das Verfahren vor dem Bundesministerium für Bildung und Frauen abgeschlossen und sei mit Email vom der Bf. mitgeteilt worden, dass sie Erwachsenenbildung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung betreibe. Die Bestimmungen des Bundesgesetztes über die Förderung der Erwachsenenbildung durch das Ministerium seien nahezu deckungsgleich mit den Kriterien zur Erlangung der USt-Freiheit im Bereich des Bildungswesens. Dies bedeute in rechtlicher Hinsicht weiters, dass zwar grundsätzlich keine Bindungswirkung vorliege, jedoch eine rechtliche Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen durch das Bundesministerium vorliegt mit einem positiven Ergebnis. Bei Beurteilung der umsatzsteuerlich hier relevanten Frage, werde daher auf die Rechtsansicht des Bundesministeriums Bedacht zu nehmen sein.

5. Mit Schriftsatz vom zog die Bf. den zuvor gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Es wurde erwogen:

Laut den Feststellungen der AP betreibt die Bf. ein Yogazentrum, welches u. a. Yoga-LehrerInnen-Ausbildungen anbietet, wobei für die in den Streitjahren 2011 bis 2013 durchgeführten Ausbildungen die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 in Anspruch genommen wurde. Vorgelegt wurden umfangreiche Unterlagen zu den einzelnen Ausbildungen sowie diverse Zertifizierungen. Weiters hat die Bf. die Vergleichbarkeit der Ausbildungen mit dem WIFI und dem BFI geltend gemacht.

Das FA hat zwar keine Feststellungen getroffen, dass die Bf. Schulungsmaßnahmen vornimmt, die nicht berufsbildenden Zwecken dienen, geht jedoch davon aus, dass die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 zur Voraussetzung habe, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt werden müsse.

§ 6 Abs. 1 UStG 1994 lautet:
Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
11. a) die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, daß eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird;
b) die Umsätze von Privatlehrern an öffentlichen Schulen und Schulen im Sinne der lit. a; ...

Art. 132 Abs. 1 lit i MwStSystRl lautet:
Die Mitgliedstaaten befreien die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und  Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung;

Art. 44 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG lautet:
Die Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, die unter den Voraussetzungen des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe i der Richtlinie 2006/112/EG erbracht werden, umfassen Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient. Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist hierfür unerheblich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in letzter Zeit bereits mehrfach mit der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 und ihrer unionsrechtlichen Grundlage auseinandergesetzt (vgl. ; , Ra 2014/15/0003; , Ra 2015/15/0019; , Ro 2015/13/0014; , Ra 2015/13/0006; , Ro 2017/15/0017).

Im Erkenntnis vom , Ra 2014/15/0003 verweist der Verwaltungsgerichtshof darauf, dass Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL 2006/112/EG die unionsrechtliche Grundlage der Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 bildet. Er weist weiters darauf hin, dass Art. 44 der Verordnung (EU) Nr. 282/2011 verbindlich festlegt, dass Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient, unabhängig von der Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung, ihrer Art nach jedenfalls von der in Rede stehenden Befreiungsbestimmung erfasst sind. Die zwingend unmittelbar anwendbare Durchführungsverordnung greift somit in § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 ein, soweit berufsbezogene Schulungsmaßnahmen betroffen sind, sodass bei einer solchen Schulungsmaßnahme das Tatbestandsmerkmal der "Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit einer öffentlichen Schule" unbeachtlich ist.

Der Verwaltungsgerichtshof verweist sodann darauf, dass nach dem unionsrechtlichen Richtlinienrecht (Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL) Bildungsdienstleistungen nur dann befreit sind, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Bildungsaufgaben betraut sind, oder von anderen Einrichtungen mit vergleichbarer Zielsetzung erbracht werden. Die MwStSystRL regelt somit, dass diese anderen Einrichtungen, d. h. private Einrichtungen, eine den genannten Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergleichbare Zielsetzung haben müssen, um von der Befreiungsbestimmung der EU-Richtlinie erfasst zu sein (Hinweis auf , MDDP, Rn. 35 f, 46). Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 ändert nichts am Richtlinienrecht, wonach (unionsrechtlich) das Erfordernis einer den Einrichtungen des öffentlichen Rechts vergleichbaren Zielsetzung besteht. Somit erfordert die Befreiungsbestimmung der MwStSystRL, dass - für die Anwendung des Richtlinienrechts - im Einzelfall die Zielsetzung und die Bedingungen der Tätigkeit des jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich mit den Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit Bildungsaufgaben betraut sind, untersucht werden.

Im Hinblick darauf und auf die Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL in § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 betont der Verwaltungsgerichtshof: „Überschreitet ein Mitgliedstaat sein Ermessen, indem er Leistungen oder Steuerpflichtige befreit, für die nach der fraglichen Bestimmung der Mehrwertsteuerrichtlinie eine solche Befreiung objektiv nicht gewährt werden kann, kann sich der Betroffene unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 lit. i MwStSystRL berufen, und damit erreichen, dass die Befreiung nicht auf ihn angewandt wird.“

Auf die unmittelbare Anwendung der Richtlinie beruft sich die Bf. im vorliegenden Fall nicht.

Die Ausführungen des FA, wonach die Befreiung nicht zustehe, da die Bf. keine einer öffentlichen Schule vergleichbare Tätigkeit ausübe sind vor diesem Hintergrund verfehlt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war die ordentliche Revision nicht zuzulassen, da das Bundesfinanzgericht sich in der Beschwerdesache auf die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (insb. ) bezieht und von der zur hier strittigen Rechtsfrage ergangenen eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101603.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at