Grundstückstausch: Ermittlung des gemeinen Wertes der Tauschliegenschaft
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache A, Adr, vertreten durch Steuerberater über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Grunderwerbsteuer (betr. Tauschvertrag vom ) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird ausgehend von der Bemessungsgrundlage in Höhe von € 767.030 mit 3,5 v. H., sohin im Betrag von € 26.846,05 (dh. Nachforderung von € 596,05), festgesetzt.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Im Tauschvertrag vom war vereinbart, dass die X-KG (kurz: X) die ihr gehörigen Liegenschaften Gst2 in EZ2 GB-B und Gst345 in EZ3 GB-C, jeweils unbebaute Grundstücke/Gärten mit einer Fläche von insgesamt 5.259 m², im Tauschweg an A (= Beschwerdeführer, Bf) übergibt; im Gegenzug tauscht und übergibt der Bf seine Liegenschaft Gst1 in EZ1 GB-B, bebautes Grundstück mit der Fläche von 2.090 m², in das Eigentum der X-KG.
Die Übergabe erfolgt zum Stichtag . Die Vertragsparteien erklärten, die Tauschobjekte "als gleichwertig anzusehen und wechselseitig keine Aufzahlungen zu leisten" (Punkt V.). Unter Vertragspunkt IX.5. wurde festgehalten, dass für "Finanzzwecke" die Verkehrswerte der Tauschobjekte von den Vertragsparteien mit jeweils gesamt € 750.000 beziffert werden.
Ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage war dazu ua. dem Bf mit Bescheid vom , StrNr1, die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 26.250 vorgeschrieben worden.
Aufgrund einer von der Großbetriebsprüfungsabteilung übermittelten Kontrollmitteilung vom wurde dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu vorgenanntem Grundstückstausch ua. Folgendes zur Kenntnis gebracht:
1. Mit Kaufvertrag vom hatte die X das Nachbargrundstück Gst6 GB-B, bebautes Gst, Fläche 1.399 m², zum Kaufpreis von € 790.435 bzw. umgerechnet € 565/m² vom Bf erworben.
2. Das Gst2 GB-B wurde seinerzeit (lt. Grundbuch im Jahr 1992) – lt. Abfrage aus der xx Grundstücksdatenbank - zum Kaufpreis von € 532.965,49 erworben.
3. Zufolge beigelegtem Privatgutachten der „xy“, erstellt für den Bf auf den Stichtag , habe der Verkehrswert (Bodenwert anhand eines Vergleichswertverfahrens) des Gst2 € 662.200 (3.080 m² x € 215/m²) betragen.
4. Mit Kaufvertrag vom hatte die D die Gst345 GB-C (nach Abtrennung einer Teilfläche) im Ausmaß von letztlich 2.179 m² zum m²-Preis von € 320 bzw. um gesamt € 697.280 erworben.
Im vorgenannten Privatgutachten der „xy“ waren diese Grundstücke auf den Stichtag ohne weitere Begründung mit gesamt € 65.370 (= 2.179 m² x € 30/m²), sohin mit ca. 1/10 der seinerzeitigen Anschaffungskosten, bewertet worden.
Das Finanzamt hat daraufhin mit (kombiniertem) Bescheid vom , StrNr1 bzw. neu StrNr2, 1. das Verfahren in der Grunderwerbsteuersache betr. den Tauschvertrag vom von Amts wegen gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO wieder aufgenommen und den Grunderwerbsteuerbescheid vom aufgehoben, sowie 2. damit verbunden einen neuen Sachbescheid erlassen und die 3,5%ige Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Tauschleistung des Bf in Höhe von € 1.180.850 im Betrag von € 41.329,75 (bzw. Nachforderung € 15.079,75) festgesetzt.
Begründend wird auf die Kontrollmitteilung der Großbetriebsprüfungsabteilung verwiesen, woraus sich ein höherer Wert des Tauschgrundstückes ergebe. Der Bf habe die Liegenschaft Gst6 GB-B mit Kaufvertrag vom zum m²-Preis von € 565 erworben. Hieraus ermittle sich der Wert des Tauschgrundstückes Gst1 GB-B im Ausmaß von 2.090 m² mit € 1.180.850. Dieser Umstand stelle eine neu hervorgekommene Tatsache dar, deren Kenntnis zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid geführt hätte.
In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird die Bescheidaufhebung beantragt und eingewendet:
Der Bescheid weise formelle Mängel auf, da das Datum ohne Vermerk durchgestrichen und durch das handschriftliche Datum ersetzt worden sei; zufolge Buchungsdatum auf der Buchungsmitteilung sei der Bescheid tatsächlich am ausgestellt worden. Zudem sei eine falsche Steuernummer angegeben und fehle der Spruch. Die Bescheidbegründung sei inhaltlich falsch, da der Bf die Liegenschaft Gst6 GB-B am nicht – wie angeführt – erworben sondern vielmehr verkauft habe.
Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde nach kurzer Darstellung des Sachverhaltes, der Beschwerdegründe und der Bestimmungen gemäß §§ 93 Abs. 2 und 198 Abs. 2 BAO ua. dahin begründet, dass das Datum, welches wegen verzögerter Freigabe handschriftlich geändert worden wäre, kein wesentlicher Bestandteil eines Bescheides sei. Bei der angeführten Steuernummer handle es sich um jene im abgeschlossenen Grunderwerbsteuerverfahren, die gelöscht und eine neue Steuernummer (StrNr2) vergeben worden sei. Diese formellen Mängel hätten auf die Gültigkeit des Bescheides keine Auswirkung. Dass in der Begründung versehentlich der "Erwerb" des Gst6 GB-B am durch den Bf angeführt worden sei, sei unerheblich, da dieser Kaufvorgang – unabhängig ob Erwerb oder Verkauf durch den Bf - lediglich der Wertermittlung diene.
Im Vorlageantrag vom wird auf das bisherige Vorbringen und darauf verwiesen, dass der Bf in der Beschwerdevorentscheidung mit "Frau" bezeichnet werde. Entgegen dortiger Ausführungen sei das Datum nach § 96 BAO sehr wohl ein wesentlicher Bestandteil schriftlicher Ausfertigungen der Abgabenbehörden, wenngleich für den Eintritt der Rechtswirkung das Zustellungsdatum bedeutsam wäre.
Letztlich erweise sich aber die zugrunde gelegte Ermittlung des Tauschwertes als falsch, da das Finanzamt den Wert des am verkauften Grundstückes herangezogen, eine fundierte Wertermittlung samt Anforderung von Bewertungsunterlagen jedoch nicht stattgefunden habe. Laut beiliegendem "Beurteilungsnachweis nach der Deponieverordnung" (erstellt durch den Gutachter "E" am für die X als Auftraggeberin und betreffend den Bodenaushub zum Bauprojekt auf Gst1 GB-B) komme der begutachtende Ziviltechniker zu dem Schluss, dass eine ausgeprägte Kontamination vorgelegen habe, aufgrund derer bei den Vertragsverhandlungen der Grundstückswert mit je € 750.000 festgelegt worden sei.
Nach Vorlage der Beschwerde hat das Bundesfinanzgericht (BFG) erhoben:
1. Durch Einsichtnahme in das Grundbuch und den tiris-Lageplan (siehe unter: www.tirol.gv.at/tiris):
- Beim Tauschgrundstück Gst1 GB-B handelt es sich um eine unmittelbar südlich der F-Straße gelegene, weitgehend als "sonstige Betriebsfläche" gewidmete Liegenschaft, woran zunächst das Gst7 und dann das Gst6 GB-B im Osten anschließt;
- Das Tauschgrundstück Gst2 GB-B liegt nordwestlich davon und nördlich der F-Straße im Bereich eines größeren Gewerbegebietes, das sich weitläufig entlang der F-Straße und nach Norden hin bis zu einer Bahntrasse erstreckt;
- Die Tauschgrundstücke Gst345 GB-C befinden sich in einiger Entfernung östlich davon, und zwar ebenfalls nördlich der F-Straße im Bereich dieses größeren Gewerbegebietes und nahezu unmittelbar an der Bahntrasse gelegen.
- Aufgrund fortlaufender Erwerbe ab 2003 befindet sich eine Vielzahl von Liegenschaften südlich der F-Straße und im unmittelbaren Umfeld der Tauschliegenschaft Gst1 GB-B im Eigentum der Vertragspartnerin X.
2. Durch Einsichtnahme in den BFG-Beschwerdeakt RV/3100376/2016:
Dem dortigen Verfahren war an Sachverhalt der Erwerb eines Baurechtes an einem im Einzugsbereich des genannten Gewerbegebietes, gelegen zwischen F-Straße und nördlicher Bahntrasse, befindlichen Grundstück im Ausmaß von 4.606 m² mit Vertrag von September 2014 zugrunde gelegen. In Streit gezogen war der "gemeine Wert" der Liegenschaft, wozu ein Verkehrswertgutachten eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung vorgelegt worden war. Demnach hatte der Gutachter – unter Dokumentation ua. der Lage des Objektes, der infrastrukturellen Erschließung sowie der Flächenwidmung ("Gewerbegebiet") – in Anwendung des Vergleichswertverfahrens anhand einer Übersicht von Liegenschaftsverkäufen im Gewerbegebiet B (Zeitraum 2010 – 2016) den Verkehrswert der Liegenschaft zum Stichtag mit € 369 pro m² festgestellt.
Im Hinblick auf dieses sach- und fachgerecht erstellte, sohin als schlüssig zu qualifizierende Gutachten hatte das BFG im abschließenden Erkenntnis vom diesen Wertansatz als gemeinen Wert anerkannt und zur Grunderwerbsteuerbemessung herangezogen.
3. Bei einem der im genannten Gutachten bezeichneten "Vergleichsgrundstücke" hat der Kaufpreis laut Kaufvertrag vom März 2012 € 363/m² betragen.
Zufolge tiris-Lageplan liegt dieses Gst im betr. Gewerbegebiet nördlich der F-Straße und in relativer Nähe zu den gegenständlichen Tauschgrundstücken Gst1 und Gst2 GB-B.
4. Durch Einsichtnahme in den Immobilienpreisspiegel der Kammer der Immobilientreuhänder für 2013:
Darin werden die m²-Durchschnittspreise für "Grundstücke Betrieb" im Bundesland XX mit € 178,88 bzw. in der D mit € 380,63 und für "Baugrundstücke" mit € 324,15 bzw. € 674,03 ausgewiesen. Dabei handelt es sich allerdings um einen pauschalen Preis-Durchschnitt, völlig unabhängig zB von Größe und Lage.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
A) Zum Einwand formeller Mängel:
Gemäß
§ 93 Abs. 2 Bundesabgabenordnung
(BAO), BGBl 1961/194 idgF., ist jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.
Nach Abs. 3 dieser Bestimmung hat ein Bescheid ferner zu enthalten:
a) eine Begründung …
b) eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist …
Gemäß § 96 BAO müssen alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat.
Nach § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Unverzichtbar für die Bescheidqualität sind:
Die Bezeichnung der Behörde, der Spruch sowie die Unterschrift (vgl. ); in Zusammenhalt mit dem Spruch ist auch die Benennung des Bescheidadressaten unverzichtbar (vgl. ), wobei es genügt, dass der Adressat im Adressfeld namentlich eindeutig bezeichnet wird, da das Adressfeld nach der Judikatur zum Bescheidspruch zählt (vgl. ; siehe zu vor in: Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., Rzn. 6, 22 und 24 zu § 93).
Da im Kopf des angefochtenen kombinierten Bescheides vom die Abgabenbehörde genau bezeichnet ist, im Adressfeld der Bf mit Namen und Adresse eindeutig benannt wird, weiters in beiden Bescheidteilen (Wiederaufnahme und neuer Sachbescheid) jeweils ein Spruch vorhanden ist, dh. die Willenserklärung der Behörde bzw. der sich aus der Formulierung der Erledigung ergebende normative Inhalt, und der als solches bezeichnete Bescheid die Unterschrift des Genehmigenden trägt, steht fest, dass sämtliche für die Bescheidqualität unverzichtbaren Erfordernisse erfüllt sind.
Zudem beinhaltet der Bescheid in Entsprechung des § 198 Abs. 2 BAO die Darstellung der Bemessungsgrundlage samt Art, Bemessung und Höhe der Abgabe, dazu die Angabe der Fälligkeit der vorgeschriebenen Nachforderung (" … mit Ablauf eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides …") wie auch eine vollständige Rechtsmittelbelehrung iSd § 93 Abs. 3 BAO.
Wenn nun der Bf bemängelt, dass am Bescheid eine falsche Steuernummer angeführt sei, wobei es sich um jene im vorabgeführten Grunderwerbsteuerverfahren des Bf handelt, so ist dem zu entgegnen, dass nach Obigem die Steuernummer keinerlei wesentliches Kriterium in Zusammenhalt mit der Bescheidqualität darstellt.
Selbiges gilt für das Datum, das kein wesentlicher (bei seinem Fehlen zum Verlust der Bescheidqualität führender) Bestandteil eines Bescheides ist (vgl. u. a.). Die im Datum zum Ausdruck kommende Zeitangabe ist für den Eintritt der Rechtswirkungen ohne Bedeutung (; siehe in Ritz, aaO, Rz 26 zu § 93 BAO).
Abgesehen davon, dass sohin selbst bei Fehlen einer Datumsangabe die Rechtswirkung des Bescheides nicht beeinträchtigt wäre, gilt festzuhalten, dass gegenständlich am Bescheid ein Datum () eindeutig ausgestrichen und durch das Datum "" handschriftlich ersetzt wurde, sohin der Bescheid zweifelsfrei ein Datum enthält. Die bemängelte Handschriftlichkeit ändert an sich nichts an der für die Ausstellung von Bescheiden geforderten Schriftlichkeit bzw. stellt lediglich eine andere Form der Schriftlichkeit dar.
Wenn letztlich im Vorlageantrag die Anrede des Bf mit "Frau" in der Beschwerdevorentscheidung noch bemängelt wird, so handelt es sich dabei – wie vom Bf angesprochen – wohl bloß um einen "Schlampigkeitsfehler" bzw. um ein völlig bedeutungsloses Versehen, da der Bf ansonsten im jeweilig maßgeblichen Adressfeld zutreffend mit "Herr" angesprochen sowie mit zutreffendem Namen und Adresse bezeichnet wird.
Entgegen dem Dafürhalten des Bf, der angefochtene Bescheid wäre aufgrund der vorgebrachten formellen Mängel überhaupt nicht als solcher zu werten, liegen daher nach Obgesagtem sämtliche für die Bescheidqualität erforderlichen und unverzichtbaren Voraussetzungen vor.
B) Zu Grundstücktausch und Ermittlung des Tauschwertes:
1.) Gesetzliche Bestimmungen:
Im Beschwerdefall gelten die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), BGBl 1987/309 idF des Bundesgesetzes BGBl I 2013/1 (anzuwenden auf alle bis verwirklichten Erwerbsvorgänge).
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte (zB Tauschverträge), die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idgF. ist die Steuer (grundsätzlich) vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.
Nach § 4 Abs. 3 GrEStG 1987 idgF. ist bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteils zu berechnen.
Gegenleistung bei einem Tausch ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 idgF. die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung.
Gemäß § 10 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG), BGBl. 1955/148 idgF., wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.
2.) Geltende Rechtslage und Judikatur:
a) Beim Grundstückstausch, also bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, ist die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen, als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen (§ 4 Abs. 3 GrEStG); es liegen zwei Erwerbvorgänge vor. Die "Tauschleistung des anderen Vertragsteiles" besteht dabei in dem vom Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebenen (vertauschten) Grundstück, das alsGegenleistung mit dem Verkehrswert zu bewerten ist (vgl. u.v.a.).
Die Grunderwerbsteuer ist demnach beim Grundstückstausch vom gemeinen Wert (§ 10 BewG) des für das erworbene Grundstück hingegebenen Tauschgrundstückes (zuzüglich einer allfälligen Tauschaufgabe/Zuzahlung) zu bemessen (vgl. u.v.a.).
b) Der gemeine Wert wird gem. § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Alle, aber nur die gewöhnlichen Umstände, die den Preis beeinflussen, sind bei der Bestimmung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen. Der gemeine Wert muss ein "gewogener Durchschnittspreis" und darf kein Höchstpreis sein.
Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse - zB persönliche Notlage, persönliche Vorliebe oder besondere, mit den gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbare Verwertungsmöglichkeiten - sind gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht zu berücksichtigen. Hatte der Erwerber ein besonderes Interesse an dem vom Vertragspartner hingegebenen Liegenschaftsteil, so handelte es sich dabei um bei der Bewertung nicht zu berücksichtigende subjektive Aspekte, die bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nach § 10 BewG keine Bedeutung haben ().
Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. u.v.a.). Der gemeine Wert ist eine objektive Größe (vgl. u.a.).
Die brauchbarste Methode für die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes wird der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Feststellungszeitpunkt erfolgten Kaufgeschäften sein (zB ). Er kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange (ca. ein Jahr) zurückliegendem Ankauf oder Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder Immobilienpreisspiegel glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden.
(vgl. zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 16 ff. zu § 4, Rz. 25 ff. und 109 zu § 5 GrEStG).
Da bei der Bewertung von Tauschleistungen die Grundstücke mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, sind Parteienbewertungen für die Besteuerung grundsätzlich ohne Belang (siehe in: Arnold/Bodis, Kommentar Grunderwerbsteuer, Band I, Rzn. 171 – 173 zu § 5 GrEStG).
3.) Erwägungen:
Das Finanzamt hat infolge der zugemittelten Kontrollmitteilung allein auf einen (1) Erwerbsvorgang, nämlich – wie eingewendet - den Verkauf des Nachbargrundstückes Gst6 GB-B im Jahr 2013 durch den Bf an die Vertragspartnerin X abgestellt und den dort vereinbarten Kaufpreis von € 565/m² als "gemeinen Wert" der Besteuerung zugrunde gelegt.
Zum Einen handelt es sich hiebei zwar um einen zeitnahen, allerdings auch nur um einen einzelnen Verkaufsvorgang. Zudem ist aufgrund näherer Überprüfung durch das BFG (siehe eingangs) hervorgekommen, dass sowohl das Gst6 wie auch die gegenständlich von der X erworbene Tauschliegenschaft Gst1 GB-B in unmittelbarem Verband bzw. unmittelbar angrenzend zu mehreren der Tauschpartnerin X gehörigen Liegenschaften gelegen sind. Aufgrund dieses feststehenden Sachverhaltes kann nach Ansicht des BFG davon ausgegangen werden, dass mit Erwerb all dieser Liegenschaften offenkundig die Schaffung einer insgesamt weitläufig zusammenhängenden Grundfläche - für welche Zwecke immer - erfolgen sollte. Anhand dieses Umstandes wie auch in Zusammenhalt mit anderweitigen, diesbezüglich dem BFG kenntlichen Erwerbsvorgängen kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung nicht ausgeschlossen werden, dass zur Erreichung dieses Zieles teils über dem gemeinen Wert liegende Preise bezahlt wurden und demnach dem zum Vergleich herangezogenen Erwerb des Gst6 GB-B (Kaufpreis € 565/m²) ein ganz besonderes Interesse zugrunde gelegen war. Nach oben dargelegter VwGH- und BFG-Judikatur handelt es sich allerdings bei einem "besonderen Interesse" am Erwerb bzw. beim Merkmal der "besonderen Vorliebe" oder bei Vorliegen von "gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbaren Verwertungsmöglichkeiten" um solche ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, die geeignet sind, den marktüblichen Preis zu beeinflussen, sodass diesen rein subjektiven Aspekten bei der Ermittlung des gemeinen Wertes iSd § 10 BewG grundsätzlich keine Relevanz zukommt. Der gemeine Wert ist unabhängig davon vielmehr als eine gewogener und objektiver Durchschnittspreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre, zu bestimmen.
Wie aus den weiteren Erhebungen hervorkommt, handelt es sich bei der Tauschliegenschaft um ein weitgehend als "sonstige Betriebsfläche" gewidmetes Grundstück. Dessen gemeiner Wert ist ausgehend von einem objektiven Maßstab mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln, wozu als brauchbarste Methode der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe erfolgten Kaufgeschäften/Erwerbsvorgängen zu vergleichbaren Liegenschaften herangezogen werden kann. Zum Beweis dienen etwa auch Immobilienpreisspiegel oder Schätzgutachten.
Festzuhalten ist zunächst, dass nach dem vorliegenden Immobilienpreisspiegel der Kammer der Immobilientreuhänder für das Jahr 2013 der m²-Durchschnittspreis für "Grundstücke Betrieb" in der D mit € 380, 63 ausgewiesen wird, wobei es sich allerdings um einen Pauschalwert ohne Berücksichtigung konkret von Größe und Lage der Grundstücke handelt.
Daneben liegt dem BFG – wie eingangs dargestellt - in Zusammenhalt mit einem Erwerbsvorgang im September 2014 (Beschwerdeverfahren RV/3100376/2016) zu einem nahegelegenen gewerblichen Grundstück im dortigen Gewerbegebiet bereits ein schlüssiges und daher anzuerkennendes Verkehrswert-Gutachten eines Immobiliensachverständigen vor. In Anwendung des Vergleichswertverfahrens wurden darin vom Gutachter mehrere Kaufgeschäfte im Zeitraum 2010 – 2016 zu nach Lage und Größe vergleichbaren Grundstücken (ua. Verkauf eines Gst in der GB-B mit zeitlich nahem Vertrag von März 2012, Kaufpreis € 363/m²) im Detail aufgelistet mit dem Ergebnis, dass der Verkehrswert/gemeine Wert auf den maßgebenden Stichtag € 369 pro m² betrage.
Im Hinblick darauf, dass es sich bei gegenständlicher Tauschliegenschaft um ein sowohl nach der Lage wie auch nach Größe und Art durchaus vergleichbares Grundstück handelt, sieht sich das BFG veranlasst, sich bei seiner Schätzung des gemeinen Wertes an diesem gutachterlichen Wertmaßstab zu orientieren. Unter Bedachtnahme auf den rund 14 Monate zuvor im Juli 2013 abgeschlossenen Tauschvertrag kann daher von einem objektivierten gemeinen Wert (= Mittelwert gerundet) in Höhe von € 367 pro m² ausgegangen werden.
Im Vorlageantrag wird unter Bezugnahme auf den vorgelegten "Beurteilungsnachweis" eines Ziviltechnikers, wonach auf einem Teilbereich des Grundstückes eine allfällige Kontamination des Bodenaushubes gegeben sei, vorgebracht, die Vertragsparteien hätten demzufolge "bei den Verhandlungen zum Grundstückstausch einen Wert des Grundstückes von EUR 750.000 festgelegt". Dem ist nochmals zu entgegnen, dass es sich beim festzustellenden gemeinen Wert um eine fiktive Größe handelt, die mit Hilfe einer Preisschätzung ausgehend von einem objektiven Maßstab zu ermitteln ist. Da bei der Bewertung von Tauschleistungen die Grundstücke mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, sind subjektive Parteienbewertungen für die Besteuerung grundsätzlich ohne Belang.
4.) Ergebnis:
In Anbetracht oben dargelegter Umstände ist von einem gemeinen Wert der Tauschliegenschaft von € 367 pro m² auszugehen. Hieraus berechnet sich die festzusetzende Grunderwerbsteuer wie folgt:
Tauschleistung = hingegebenes Gst1 GB-B:
Fläche 2.090 m² x € 367/m² = € 767.030,00
davon Grunderwerbsteuer 3,5 % = € 26.846,05
Unter Berücksichtigung der bisher vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer von € 26.250 ergibt sich sohin eine Nachforderung in Höhe von € 596,05.
Der Beschwerde war daher insgesamt teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Bei der in Streit stehenden Frage nach der Höhe des Verkehrswertes/gemeinen Wertes der im Tauschweg übergebenen Liegenschaft handelt es sich um eine im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärende Sachverhaltsfrage, nicht jedoch um eine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung", sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 Abs. 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte | Grundstückstausch gemeiner Wert |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100532.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at