Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2019, RV/2100233/2014

Abgabenbefreiung nach dem NeuFöG nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , betreffend Gesellschaftsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Notariatsakt vom erwarb die Bf. (in der Folge auch Beschwerdeführerin / Bf. genannt) vom Gesellschafter-Geschäftsführer Herrn AB mit Sacheinlagevertrag aus dem Gutsbestand der ihm gehörigen Liegenschaft EZ 123 die Grundstücke Nr. 456. Eine Anteilsgewährung oder Kapitalerhöhung bei der übernehmenden Gesellschaft war nicht erforderlich, da die Beteiligungsverhältnisse an den Einbringungsobjekten mit jenen an der übernehmenden Gesellschaft identisch waren. Von den Vertragsparteien wurde der Verkehrswert der Einbringungsobjekte mit 1.906.800,00 € beziffert.

Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Sacheinlagevertrag vom wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X am erteilt.

Die Erklärung der Neugründung der Bf. mit dem Formular NeuFö 1 gemäß § 4 Neugründungs-Förderungsgesetz für die Grunderwerbsteuer wurde am ausgestellt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel die Gesellschaftsteuer für den ggst. Rechtsvorgang in Höhe von 19.068,00 € fest. In der Begründung wurde ausgeführt:
Gemäß § 2 Z 4 KVG unterliegen u.a. folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen:
c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 KVG wird die Steuer bei Leistungen im Sinne des § 2 Z 2 bis 4 KVG vom Wert der Leistung berechnet. Den Wert eines Grundstückes bildet dabei der Verkehrswert (gemeine Wert). Dieser Verkehrswert wurde im Punkt Zehntens des Vertrages mit EUR 1.906.800,-- angesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die Berufung (nunmehr Beschwerde genannt) mit folgender Begründung:
Die Unterfertigung der Errichtungserklärung der Gesellschaft erfolgte am , die Firmenbucheintragung am (beides aus dem Firmenbuchauszug ersichtlich), die Unterfertigung des Sacheinlagevertrags erfolgte am .
Zwischen der Neugründung der Gesellschaft und der Einbringung von Grundstücken lag somit ein Zeitraum von 12 Tagen, welcher sich wie folgt erklärt: Die einzige Motivation für die Gesellschaftsgründung und die nachfolgende Sacheinlage lag in dem In-Kraft-Treten des 1. Stabilitätsgesetzes 2012, BGBl I 22/2012 am . (Schon allein aus dieser Tatsache ergibt sich im Übrigen der vom Gesetzgeber geforderte unmittelbare Zusammenhang, der ja nach den verba legalia gar kein „zeitlicher“ sein muss. Diesbezüglich geht auch aus den NeuFöG-Richtlinien nichts Anderes hervor, welche im Übrigen hinsichtlich der Unmittelbarkeit überhaupt keine Erläuterungen enthalten, weshalb der Verweis darauf im angefochtenen Bescheid ins Leere geht.)
In der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war eine Sachgründung der Gesellschaft wegen der damit verbundenen Gründungsprüfung samt Liegenschaftsschätzung nicht möglich. Es wurde daher zuerst eine Bargründung durchgeführt; für den Abschluss des Sacheinlagevertrags musste die Firmenbucheintragung der Gesellschaft abgewartet werden, da diese erst mit ihrer Eintragung in das Firmenbuch existent wird und Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Die Dauer der Firmenbucherledigung war vom Antragsteller nicht beeinflussbar - sie war glücklicherweise äußerst kurz.
Zwischen dem frühestmöglichen Zeitpunkt zum Abschluss des Sacheinlagevertrags () und dem tatsächlich erfolgten Abschluss des Sacheinlagevertrags () lag somit ein Zeitraum von 5 Werktagen. In Anbetracht der Erledigungsdauer der belangten Behörde von mehr als 7 Monaten (Finanzanzeige am , Bescheiddatum ) ist es einem erwerbstätigen österreichischen Staatsbürger und Steuerzahler wie dem einbringenden Gesellschafter, Herrn AB, der ein Hotel mit 100 Gästebetten betreibt, und als ehemaliger Präsident der Wirtschaftskammer Y nach wie vor vielfältige Verpflichtungen hat, zuzugestehen, dass er den Sacheinlagevertrag binnen nicht einmal sieben Tagen unterfertigt hat.
Es ist daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde sehr wohl von einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Neugründung der Gesellschaft und der Einbringung von Grundstücken - und zwar sowohl in zeitlicher, als auch in logischer Hinsicht - auszugehen
.“

Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens vor dem Finanzamt legte die Bf. die Errichtungserklärung (Notariatsakt vom ) des AB über die Errichtung der Bf. vor und teilte mit, dass die grundbücherliche Durchführung des Sacheinlagevertrages vom durch Sprungeintragung erfolgen werde.
Lt. Abfrage im Firmenbuch erfolgte die Eintragung der Bf. am .

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Berufungsvorentscheidung ab. In der Begründung wurde ausgeführt:
Zum Vorbringen, dass die geltend gemachte Befreiung für die Gesellschaftsteuer gem. § 1 Z 5 NeuFöG nicht gewährt wurde wird ausgeführt, dass eine derartige Befreiung nicht beantragt wurde.
Nach § 1 Z 5 NeuFöG ist Voraussetzung für die Nichterhebung der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung einer Gesellschaft durch den ersten Erwerber.
Zur Einbringung von Grundstücken im Zusammenhang mit der Neugründung: Aus den Parlamentarischen Materialien zu § 1 NeuFöG (1766 BlgNr. 20. GP): Auch bei der Gesellschaftsteuer erstreckt sich die Befreiung lediglich auf die Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung einer Gesellschaft. Keine Befreiung wird daher einem Grundstückserwerb zum Teil, der bloß aus Anlass der Gründung erfolgt. Befreit sind nur Grundstückseinlagen in neu gegründeten Gesellschaften (siehe dazu und vom , RV/1058-W/05 bzw. ). In dieser VwGH-Entscheidung wurde ebenfalls ausgeführt, dass nur Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung einer Gesellschaft befreit sind. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Gründung und der Sacheinlage spielt keine Rolle, da es sich bei den im gegenständlichen Fall zu beurteilenden Steuertatbeständen um Rechtsvorgänge handelt. Diese Tatbestände knüpfen aber an eine formalrechtliche Gestaltung an und sind einer wirtschaftlichen Betrachtung nicht zugänglich.“

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. In der Begründung wurde ergänzend ausgeführt:
Die von der belangten Behörde geltend gemachte Nicht-Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist aus dem Gesetzeswortlaut nicht ableitbar und widerspricht klar der Intention des NeuFöG, wonach Neugründungen erleichtert und gefördert werden sollen. Die Anwendung eines Gesetzes kann nicht durch restriktive Interpretation seitens der vollziehenden Behörden dazu führen, dass der Gesetzeszweck ins Gegenteil verkehrt wird.
Die Rechtsmittelbehörde möge anlässlich der Entscheidung über die Berufung die Sache nach allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten neu prüfen und im Sinne der Berufung vom entscheiden.“

Durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, trat ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates.
Nach § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) im gegenständlichen Fall noch anzuwenden sind, da die Steuerschuld vor dem entstanden ist (§ 38 Abs. 3e KVG).

Gemäß § 2 Z 4 KVG, idF vor BGBl. I Nr. 13/2014, unterliegen folgende freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, der Gesellschaftsteuer:
a) Zuschüsse,
b) Verzicht auf Forderungen,
c) Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung,
d) Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung.

§ 1 des Bundesgesetzes, mit dem die Neugründung von Betrieben und die Übertragung von Klein- und Mittelbetrieben gefördert wird (Neugründungs-Förderungsgesetz - NeuFöG) idgF lautet:
„Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben:
1. Stempelgebühren und Bundesverwaltungsabgaben für die durch eine Neugründung unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen;
2. Grunderwerbsteuer für die Einbringung von Grundstücken auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft, soweit Gesellschaftsrechte oder Anteile am Vermögen der Gesellschaft als Gegenleistung gewährt werden;
3. ………….
4. …………….
5. Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber;
……………..“

§ 4 NeuFöG bestimmt:
"Die Wirkungen nach § 1 treten unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein.
(1) Die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird. Auf dem amtlichen Vordruck sind zu erklären:
1. das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2,
2. der Kalendermonat nach § 3,
3. jene Abgaben, Gebühren und Beiträge, bei denen die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 eintreten sollen.
(2) Die Wirkungen nach § 1 Z 7 treten nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber ein amtliches Formular im Sinne des Abs. 1 erstellt.
(3) Auf dem amtlichen Vordruck muss in den Fällen des Abs. 1 und 2 bestätigt sein, dass die Erklärung der Neugründung unter Inanspruchnahme der Beratung jener gesetzlichen Berufsvertretung, der der Betriebsinhaber zuzurechnen ist, erstellt worden ist. .........
(4) …….
(5) ………“

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () treten die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen - vgl. etwa die Vorlage eines Vordrucks als materiellrechtliches Tatbestandsmerkmal (§ 4 NeuFöG) - ein und weiters sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. Die Wirkungen des NeuFöG können daher nur eintreten, wenn das vollständig und ordnungsgemäß ausgefüllte Formular zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld dem Finanzamt vorgelegt wird (vgl. ).

Im gegenständlichen Fall erfolgte eine Sacheinlage von Grundstücken durch den Gesellschafter ohne eine Gegenleistung der beschwerdeführenden Kapitalgesellschaft. Die Einlage erfüllt den Tatbestand des § 2 Z 4 lit. c KVG. Nach dieser Bestimmung unterliegt ua. folgende Leistung eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Gesellschaftssteuer, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen: die Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung.

Freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft sind gesellschaftsteuerpflichtig, wenn sie geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Dabei genügt es, wenn die Leistung objektiv geeignet ist, den Wert des Gesellschaftsrechtes zu erhöhen. Es reicht die Möglichkeit der Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte. Der Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung ist nicht erforderlich (; ).

Bei Leistungen gemäß § 2 Z 2 bis 4 KVG ist die Bemessungsgrundlage der Wert der Leistung (§ 7 Abs. 1 Z 2 KVG). Die Leistung besteht im gegenständlichen Fall in der Hingabe der Grundstücke.

Die Beschwerdeführerin legte zwar mit dem Sacheinlagevertrag das Formular für die Abgabenbefreiung im Zuge der Neugründung vor, allerdings nur für die Befreiung der Grunderwerbsteuer und nicht für die Befreiung der Gesellschaftsteuer. Dadurch liegt eine materielle Voraussetzung für die Gewährung der Begünstigung nach dem NeuFöG nicht vor, wodurch die Befreiung von der Gesellschaftsteuer nicht gewährt werden kann.

Die Steuer berechnet sich bei Leistungen (§ 2 Z 2 bis 4 KVG) vom Wert der Leistung, das ist die Sacheinlage. Deren Wert ist nach den Vorschriften des 1. Teiles des Bewertungsgesetzes zu ermitteln. Wenn das Finanzamt der Steuerberechnung den von der Partei bekanntgegebenen Verkehrswert von 1.906.800,00 € zu Grunde gelegt hat, kann das Bundesfinanzgericht keine Rechtswidrigkeit in der Abgabenvorschreibung erkennen.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Z 4 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 4 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100233.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at