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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.10.2019, RV/1100101/2019

Beurteilung der Einhaltung der vorgesehenen Studienzeit als familienbeihilfenanspruchsbegründend pro Studienabschnitt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gerhild Fellner

in der Beschwerdesache der Adr,

betreffend den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom  hinsichtlich Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe für A für den Zeitraum März 2018 bis August 2018

zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verwaltungsgeschehen:

Der angefochtene Bescheid enthielt die Begründung, A, die Tochter der Beschwerdeführerin, habe die zulässige Studiendauer für den zweiten Studienabschnitt ihres Bstudiums überschritten, sodass für den Zeitraum März 2018 bis August 2018 Familienbeihilfe nicht zustehe und erst wieder ab Familienbeihilfe für sie zuerkannt werden könne.

In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, das Diplomstudium der B umfasse drei Studienabschnitte, wovon der 1. Studienabschnitt 2 Semester, der 2. Studienabschnitt 5  Semester und der 3. Studienabschnitt 2 Semester betrage.

A habe den 1. Studienabschnitt in der Mindestzeit absolviert, weshalb sie das nicht verbrauchte Toleranzsemester in den 2. Studienabschnitt habe mitnehmen können. Der 2. Studienabschnitt wäre daher binnen 7 Semestern abzuschließen gewesen, was A auch gelungen sei (Anm.: Dieses Postulat wurde in einer später nachgereichten, korrigierten Beschwerdeausfertigung nicht aufrechterhalten).

Es sei zu betonen, dass ihre Tochter in dem genannten Zeitraum nicht nur sämtliche Prüfungen des 2. Abschnittes sondern auch bereits alle Prüfungen des 3. Abschnittes positiv abgeschlossen hätte und lediglich die Diplomarbeit offengeblieben sei. Dies lasse darauf schließen, dass sie den 3. Abschnitt sogar innerhalb einer kürzeren Zeit als der Mindeststudienzeit abschließen werde.

Es könne daher von einem ernsthaft und zielstrebig betriebenem Studium ausgegangen werden und sei bei einer gesamthaften Betrachtung des Studiums jedenfalls von einer Absolvierung innerhalb des Toleranzbereiches auszugehen. Dies werde auch durch eine Information der Universität C zum Studienbeitrag bestätigt (Bestätigung im Akt aufliegend).

Aus den genannten Gründen stünden der Beschwerdeführerin für den Streitzeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihre Tochter A zu. Es werde beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der seitens des Finanzamtes nach Hinweisen auf die Gesetzeslage und die Rechtsprechung ausgeführt wurde: Familienbeihilfe werde nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuerkannt, sondern nach der Bestimmung des § 10 FLAG 1967 für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monat. Wenn daher der erste Studienabschnitt zuzüglich des Toleranzsemesters nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit absolviert worden sei, so bestehe der Anspruch auf Familienbeihilfe nicht deshalb weiter, weil bei einer ex post-Betrachtung nach Ende des Studiums die Gesamtstudienzeit nicht überschritten worden sei.

Die Bestimmung, wonach eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen wäre, wenn das Kind die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreite, sei durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl Nr. 201, eingeführt worden. Die Materialien führten dazu aus, dass bei Studierenden die Familienbeihilfe in Anlehnung an das Studienförderungsgesetz grundsätzlich nur mehr dann gewährt werden solle, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt ein Semester nicht überschreite.

Die teleologische Auslegung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 führe dahin, dass bei Überschreiten der in dieser Norm vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des Toleranzsemesters der Familienbeihilfenanspruch wegfalle, jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, analog zu § 18 Abs. 2 Studienförderungsgesetz 1992, wieder auflebe, wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, jedoch positiv absolviert worden wäre. Das Finanzamt wies auf Fachliteratur und höchstgerichtliche Judikatur () hin.

In der Folge brachte die Beschwerdeführerin unter Verweis auf das schon bisher Vorgebrachte einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein.

In der Stellungnahme zum Vorlagebericht wurde seitens des Finanzamtes erläutert: Der Anspruch auf die Familienbeihilfe für den zweiten und den dritten Studienabschnitt bestehe hintereinander. Bei einem Studienabschnitt handle es sich um einen Prüfungsblock, der nicht aufgesplittet werden könne. Die als Beilage zur Beschwerde vorgelegte Information betreffe nur den Studienbeitrag.

Hinsichtlich der Familienbeihilfe sei gemäß § 2 Abs. 1 FLAG 1967 nur die Regelstudiendauer von fünf Semestern zuzüglich eines Toleranzsemesters ausschlaggebend. Das gegenständlich im ersten Studienabschnitt nicht benötigte Toleranzsemester habe im zweiten Studienabschnitt mitberücksichtigt werden können. Der Anspruch auf die Familienbeihilfe für den zweiten Studienabschnitt sei somit am erloschen. Zumal der zweite Studienabschnitt erst am beendet worden wäre, bestehe erst wieder ab ein Anspruch auf Familienbeihilfe.

II. Sachverhalt:

  • A, die Tochter der Beschwerdeführerin, ist am tt.mm.1995 geboren.

  • Im Wintersemester 2013/14 nahm sie an der Universität C das Studium der B auf.

  • Das Bstudium untergliedert sich in drei Studienabschnitte, wovon der erste zwei Semester, der zweite fünf Semester, und der dritte zwei Semester beträgt.

  • A beendete den ersten Studienabschnitt in der Mindestzeit von zwei Semestern.

  • Der zweite Studienabschnitt begann im Wintersemester 2014/15.

  • A legte die letzte Prüfung des zweiten Studienabschnittes am ab.

  • Sie absolvierte bis zu diesem Termin nicht nur die Prüfungen des zweiten, sondern auch jene des dritten Studienabschnittes zur Gänze positiv, sodass lediglich die Diplomarbeit offenblieb.

III. Gesetzliche Grundlagen:

Zentrale Norm für die Beurteilung der Streitfrage ist der bereits in der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes wörtlich zitierte § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, auf den verwiesen wird.

III. Rechtliche Würdigung:

Strittig ist:

Steht für die Tochter der Beschwerdeführerin, die den zweiten Studienabschnitt nach acht Semestern abgeschlossen hat, durchgehend Familienbeihilfe zu, weil sie in diesem Zeitraum - bis auf die Diplomprüfung - auch alle Prüfungen des dritten Studienabschnittes absolviert hat?

Aus § 2 Abs. 2 lit. b Satz 2 FLAG 1967 ergibt sich, dass - bei in Studienabschnitte untergliederten Studien - die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um ein Semester („Toleranzsemester“) überschritten werden darf, um noch von einer Berufsausbildung im Sinne dieser Norm sprechen zu können.

§ 2 Abs. 1 lit. b Satz 3 FLAG 1967 besagt, dass, wenn ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Zeit absolviert wird, einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden kann.

Umgelegt auf den Fall der Beschwerdeführerin bedeutet dies: A hat den zweiten Abschnitt ihres Bstudiums, der eine vorgesehene Studienzeit von fünf Semestern umfasst, im Wintersemester 2014/15 begonnen. Zählt man der fünfsemestrigen Regelstudienzeit ein Toleranzsemester hinzu, so hätte sie den zweiten Studienabschnitt im Sommersemester 2017, d. h. bis zum , abschließen müssen.

Da ihr zusätzlich ein nicht verbrauchtes Toleranzsemester aus dem in der Mindeststudienzeit zurückgelegten ersten Studienabschnitt zugute kam, verlängerte sich für sie der Zeitraum, bis zu dem sie den zweiten Studienabschnitt hätte beenden müssen bis zum , d. h., bis zum Ende des Wintersemesters 2017/18.

Tatsächlich legte sie die letzte Prüfung des zweiten Studienabschnittes am , d. h. im Sommersemester 2018 nach 8 Semestern im 2. Studienabschnitt und somit außerhalb der für diesen Studienabschnitt vorgesehenen Studiendauer plus zweier Toleranzsemester (5+2=7), ab.

Angesichts der klaren Gesetzeslage und der unmissverständlichen Rechtsprechung ist insofern für die Position der Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Die Tatsache, dass A im Zeitraum Wintersemester 2014/15 bis Sommersemester 2018 nicht nur alle Prüfungen des zweiten, sondern auch jene des dritten Studienabschnittes (bis auf die Diplomprüfung) positiv absolviert und insofern gesamthaft betrachtet ihr Studium zielstrebig betrieben hat, vermag den Umstand, dass sie die letzte Prüfung des zweiten Studienabschnittes nicht innerhalb der vorgesehenen Studienzeit inklusive zweier Toleranzsemester abgelegt hat, nicht zu sanieren.

Dass die vorgesehene Studiendauer im Hinblick auf den Studienbeitrag offenbar eine andere ist, kann ebenfalls nicht dazu führen, die für den Anspruch auf die Zuerkennung der Familienbeihilfe ausschlaggebenden Zeiträume zu umgehen, zumal es nicht im freien Ermessen der Behörde bzw. des Gerichtes steht, sich über die Anforderungen des hier maßgeblichen Familienlastenausgleichsgesetzes (FLAG 1967) hinwegzusetzen.

Auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und in der zitierten höchstgerichtlichen Entscheidung wird verwiesen (, vgl. auch und , RV/7100874/2018).

Der Wegfall der Familienbeihilfe für A ab März 2018 sowie das Wiederaufleben ab September 2018 war daher rechtens und es war wie im Spruch zu entscheiden.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur ist das Überschreiten der Studiendauer pro Studienabschnitt festzustellen, sodass gegenständlich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung offen bleibt.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at