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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.10.2019, RV/3100398/2012

Steuerpflicht einer Leibrente iZm der Übertragung eines Mitunternehmeranteils (samt Sonderbetriebsvermögen) mit negativem Verkehrswert

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache des Bf. über die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt: 
 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Vorweg wird festgehalten, dass sich die Zuständigkeit der Richterin für die gegenständliche Rechtssache auf die Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes vom gründet.

I. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer war als (einziger) Kommanditist an der mit Gesellschaftsvertrag vom gegründeten A.GmbH & Co.KG beteiligt, die Hotels in B. und in C. betrieb. Am wurde im Firmenbuch die Abtretung des Kommanditanteiles des Beschwerdeführers an seine beiden Söhne E. und F. eingetragen.

Persönlich haftende Gesellschafterin der KG war die gleichfalls mit Gesellschaftsvertrag vom gegründete A.GmbH, deren Gesellschafter der Beschwerdeführer, dessen Söhne E. und F. sowie zunächst noch zwei weitere Familienmitglieder waren. Seit dem  waren E. und F. als alleinige Gesellschafter der GmbH im Firmenbuch eingetragen.
Die A.GmbH war am Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht beteiligt. Verluste waren ausschließlich dem bzw. den Kommanditisten zuzurechnen, ebenso die Gewinne. Die Komplementärin erhielt - neben dem Ersatz der Geschäftsführungskosten - unabhängig vom Geschäftsverlauf zur Abgeltung des Haftungsrisikos und als Ausgleich für die übernommene Geschäftsführung einen Vorweggewinn in Höhe von 10 % ihres jeweils bar einbezahlten Stammkapitals, das waren 25.000 ATS pro Jahr (Punkt 7 des Gesellschaftsvertrages). Geschäftsführer der GmbH waren (seit Gründung der Gesellschaft) E. und F.; E. arbeitete im Hotel in C., F. im Hotel in B..  

2. Die Betriebsliegenschaft in C. stand im bücherlichen Alleineigentum des Beschwerdeführers; bücherliche Eigentümer der Betriebsliegenschaft in B. waren der Beschwerdeführer und dessen Ehegattin G. je zur Hälfte.

3. Am schlossen der Beschwerdeführer (als "Geschenkgeber") und seine beiden Söhne E. und F. (als "Geschenknehmer") einen "Pflichtteilverzichts- und Schenkungsvertrag", welcher auszugsweise lautet:

Punkt 2. Eigentumsverhältnisse:
Der Geschenkgeber ist gemäß Kaufvertrag vom ideeller Hälftemiteigentümer der EZ xxx Grundbuch B., bestehend aus Gst xxx/xx von 1202 m2. Das darauf bestehende Gebäude B., steht im alleinigen Sonderbetriebsvermögen des J. (Beschwerdeführer). Die vorgenannte Liegenschaft ist belastet mit Pfandrechten je zugunsten H.Bank reg. GenmbH …
Weiters ist der Geschenkgeber gemäß Kaufvertrag vom bücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ yyy Grundbuch C., bestehend aus Gst yy/y, samt darauf bestehendem Gebäude G.. Die vorgenannte Liegenschaft ist belastet mit Pfandrechten je zugunsten H.Bank reg. GenmbH und I.Bank …
Hiezu wird festgestellt, dass die genannten Liegenschaften bzw. Liegenschaftsanteile Sonderbetriebsvermögen des Geschenkgebers als bisherigem Gesellschafter der … protokollierten Firma A.GmbH & Co.KG sind; durch die Schenkung werden die Liegenschaftsanteile Sonderbetriebsvermögen der beiden Geschenknehmer, da diese gleichzeitig als Kommanditisten der vorerwähnten Kommanditgesellschaft anstelle des Geschenkgebers beitreten.
Die Haftung im Außenverhältnis, Verzinsung und Tilgung der gesamten betrieblichen Verbindlichkeiten erfolgt daher wie bisher durch die A.GmbH & Co.KG, sodass die beiden Geschenknehmer damit nicht persönlich belastet werden - wie die Schulden ja auch bisher J. (den Beschwerdeführer) nicht persönlich betroffen haben -, sondern nur im Außenverhältnis mit den erworbenen Liegenschaftsanteilen haftend sind. …

Punkt 3. Schenkung:
Der Geschenkgeber schenkt und übereignet am an die Geschenknehmer je zur ideellen Hälfte die Liegenschaft EZ yyy Grundbuch C. und zu je einem ideellen Viertel den Hälfteanteil der EZ xxx Grundbuch B., wie sie derzeit liegen und stehen, und die Geschenknehmer erklären die Annahme dieser Schenkung. …
Festgestellt wird, dass diese Schenkung aus familienrechtlichen Gründen und unter Anrechnung auf die gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsansprüche der Geschenknehmer gegenüber dem Geschenkgeber erfolgt. …
Punkt 4. Gegenleistung:
Als Gegenleistung für diese Schenkung sind die Geschenknehmer vereinbarungsgemäß zur Zahlung einer Leibrente von monatlich netto S 20.000.-, beginnend mit , und weiters fällig immer bis zum Fünften eines jeden Monats im vorhinein, an den Vater und Geschenkgeber J. auf dessen Lebenszeit verpflichtet.
Die vorgenannte Leibrente ist wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1996 …
Die Leibrentenforderung von S 20.000.- netto monatlich ab samt 10 % VZ sowie ein weiteres Höchstbetragspfandrecht im Betrage von S 300.000.- zur Abdeckung aller durch das Pfandrecht für die Leibrentenforderung nicht gedeckten Forderungen, insbesonders Wertsicherungsforderungen, und zur Absicherung von Steuerzahlungen im Zusammenhang mit der Leibrentenforderung, wobei allenfalls anfallende Steuern zusätzlich zur Netto-Leibrentenforderung von den Geschenknehmern bzw. deren Rechtsnachfolgern zu tragen sind, sind auf den Übergabsliegenschaften .. im laufenden Rang sicherzustellen. …
Punkt 5. Pflichtteilsverzicht:
Herr F.… und Herr E. … erklären, dass sie in Kenntnis ihres gesetzlichen Pflichtteilsrechtes trotz ausdrücklicher Belehrung über ihren Anspruch tatsächlich unter Berücksichtigung der Übertragung des vertragsgegenständlichen Liegenschaftseigentums keinerlei weitere finanzielle Ansprüche gegenüber ihrem Vater stellen und zwar weder gegenwärtig noch in Zukunft, sodass sie … gegenüber ihrem Vater J. bzw. dessen zukünftigem Nachlass oder Erben mit jeder Rechtswirkung und ohne Vorbehalt auf jeden Pflichtteilsanspruch hiermit unwiderruflich und endgültig verzichten. …
Punkt 6. Übergabe:
Besitz und Genuss, Wag und Gefahr mit Zufall und Vorteil am Geschenksgegenstand gingen mit anlässlich der Überlassung der geschenksgegenständlichen Liegenschaft zur alleinigen Nutzung auf die Geschenknehmer über. Ab diesem Zeitpunkt haben die Geschenknehmer die geschenksgegenständliche Liegenschaft bzw. Liegenschaftshälfte auch aufgrund des abgeschlossenen Schenkungsvertrages allein im Rahmen der Kommanditgesellschaft in Nutzung, sowie auch ab diesem Zeitpunkt die gesamten mit dem Geschenksgegenstand zusammenhängenden Aufwendungen samt Kapitaltilgung und Zinsen im Rahmen der Kommanditgesellschaft zu tragen. …“

Mit Schenkungsvertrag vom hat auch G. ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ xxx Grundbuch B. zu gleichen Teilen an E. und F. übertragen.

4.  Die Kommanditgesellschaft ermittelte ihren Gewinn gemäß § 5 EStG 1988 zunächst nach dem Kalenderjahr. Im Jahr 1996 erfolgte (mit Bewilligung des Finanzamtes vom ) ein Wechsel des Bilanzstichtages zum 31. Oktober (erstmals zum ). Die beiden Hotelliegenschaften samt Betriebsgebäuden wurden in der Gesellschaftsbilanz (und nicht in Sonderbilanzen der jeweiligen Kommanditisten) ausgewiesen. 

II. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer wies in seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 neben Pensionsbezügen aus der gesetzlichen Sozialversicherung sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 (wiederkehrende Bezüge) von 17.441,48 Euro (umgerechnet 240.000 ATS) aus.

Der Einkommensteuerbescheid vom erging erklärungsgemäß.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter Berufung mit dem Antrag, die wiederkehrenden Bezüge außer Ansatz zu lassen. Die im Pflichtteilsverzichts- und Schenkungsvertrag vom vereinbarte Leibrente sei unter Berücksichtigung des Verkehrswertes der übergebenen KG-Anteile samt Sonderbetriebsvermögen im Verhältnis zum vorhandenen Schuldenstand als Unterhaltsrente zu beurteilen, die beim Rentenempfänger nicht steuerbar sei.

3. Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer auf, Unterlagen zum Nachweis des (Verkehrs-)Wertes der übertragenen KG-Anteile nachzureichen. Mit Schreiben vom teilte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers mit, laut den von K., gerichtlich beeidigter Sachverständiger für Tourismus, erstellten Gutachten vom habe das Hotel in C. zum Stichtag einen Verkehrswert von 13,300.000 ATS gehabt, der Verkehrswert des Hotels in B. habe zu diesem Stichtag 10,600.000 ATS betragen. Die betrieblichen Verbindlichkeiten, welche zur Verzinsung und Tilgung zu übernehmen gewesen seien, hätten 31,366.299,93 ATS betragen. Der Barwert der Leibrente betrage 2,687.598,40 ATS. Daraus ergebe sich eindeutig, dass im gegenständlichen Fall eine nicht einkommensteuerpflichtige Unterhaltsrente vorliege, weil der versicherungsmathematische Rentenbarwert über 200 % des Wertes des Betriebsvermögens liege. Dem Schreiben waren zwei Seiten aus den Sachverständigengutachten vom (mit dem gutachterlichen Ergebnis der Verkehrswertschätzung), eine als "Bilanz" bezeichnete Saldenliste der A.GmbH & KG zum (in der aktivseitig ua. das noch nicht aufgelöste Eröffnungsbilanzkonto zum mit einem Betrag von 32,235.698,63 ATS und passivseitig ua. Bankschulden von 30,305.637,81 ATS und weitere Verbindlichkeiten von 1,060.662,12 ATS aufscheinen) sowie eine Berechnung des Rentenbarwertes angeschlossen.

In der Folge ersuchte das Finanzamt ua. um Vorlage des Vertrages vom , der vollständigen Sachverständigengutachten über die Bewertung der übergebenen Liegenschaften sowie der „Bilanz inklusive des Sonderbetriebsvermögens“ (Schr. vom ). Mit Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Beschwerdeführers vom wurden dem Finanzamt der Pflichtteilverzichts- und Schenkungsvertrag vom sowie zwei Gutachten der „K.Tourismusberatung“ vom betreffend die Ermittlung des Verkehrswertes für das Hotel in C. und für das Hotel in B. übermittelt. Die vom Finanzamt zudem angeforderte „Bilanz inklusive des Sonderbetriebsvermögens“ sei „nach rund 15 Jahren bedauerlicherweise nicht mehr aufliegend“.

Mit Schreiben vom führte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers unter Hinweis auf eine telefonische Anfrage des Sachbearbeiters des Finanzamtes aus, die Liegenschaft EZ xxx GB B. sei zur Hälfte im Eigentum von G. gestanden; wie aus dem Vertrag vom hervorgehe, habe das Hotelgebäude „alleiniges Sonderbertriebsvermögen“ des Beschwerdeführers dargestellt. Hinsichtlich „Schlussbilanz des Beschwerdeführers bzw. Eröffnungsbilanz aus 1996“ wurde mitgeteilt, außer den bereits übermittelten Informationen lägen auf Grund der langen Zeitdauer keine weiteren Unterlagen vor.

4. Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab. Begründend führte es aus, laut Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei vom seien von den Verkehrswerten der übergebenen Hotels (gesamt 23,900.000 ATS) Verbindlichkeiten von 31,366.299,93 ATS in Abzug zu bringen, weshalb der Barwert der Rente (2,687.598,40 ATS) mehr als 200 % des übergebenen Vermögens betrage. Eine Überprüfung dieses Anbringens des Beschwerdeführers sei dem Finanzamt nicht möglich, weil außer der Saldenliste zum keine Buchhaltungsunterlagen vorgelegt werden könnten. Der Wert des übergebenen Vermögens zum Übergabestichtag sei nicht mehr genau feststellbar. Übergeben worden seien laut Vertrag vom nur die Grundstücke und Gebäude, welche als Sonderbetriebsvermögen in Sonderbilanzen enthalten sein müssten. Hingegen handle es sich bei den Verbindlichkeiten von 31,366.299,93 ATS laut Saldenliste zum um Schulden der Kommanditgesellschaft. Ob und welche Verbindlichkeiten mit den übergebenen Wirtschaftsgütern in Zusammenhang stünden, lasse sich aus der Saldenliste zum nicht ableiten. Im Grundbuch seien bei den übergebenen Grundstücken zum Übergabestichtag nur Pfandrechte von 3,000.000 ATS und 150.0000 ATS eingetragen gewesen. Auch werde im Schenkungsvertrag festgehalten, dass die beiden Geschenknehmer mit den Schulden, deren Verzinsung und Tilgung durch die Kommanditgesellschaft erfolge, nicht persönlich belastet würden. Die Abgabebehörde sehe keinen Grund, die Rentenzahlungen bei der Veranlagung 2009 nicht (wie bisher) als sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 anzusetzen.

5. Mit Schreiben vom beantragte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers ohne weiteres Vorbringen die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

6. Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom wurde vom Landesgericht Innsbruck ua. die in der Urkundensammlung zum Firmenbuch noch vorhandene (verkürzte) Bilanz der A.GmbH & Co.KG zum übermittelt, in der informativ auch folgende Vorjahreswerte zum Bilanzstichtag enthalten sind:

Anlagevermögen: 22,903.617,38 ATS (Sachanlagen 22,526.172 ATS; Finanzanlagen 377.445,38 ATS);
Umlaufvermögen: 7,204.495,02 ATS (Vorräte: 165.229,12 ATS; Forderungen 6,850.052,86 ATS, Kassa- und Bankguthaben 189.213,04 ATS);
Verbindlichkeiten: 32,941.439,93 ATS;
passive Rechnungsabgrenzungsposten: 135.077,66 ATS;
negatives Eigenkapital: -2,968.405,19 ATS.

7. In Beantwortung eines vom Bundesfinanzgericht an die A.GmbH & Co.KG gerichteten Auskunftsersuchens vom teilte F. (im eigenen Namen sowie im Namen seines Bruders) u.a. mit, die Übergabe des Kommanditanteils sowie der Hotelliegenschaften samt Gebäuden an E. und F. zum sei zu Buchwerten erfolgt. Der Vater habe den Söhnen vorgegeben, dass er "20.000 ATS monatlich will", und die Söhne könnten die beiden Betriebe übernehmen. Der in den Gutachten der "K.Tourismusberatung" vom - ohne Berücksichtigung der Finanzierungsstruktur bzw. des längerfristig zu erwartenden Fremdkapitalaufwands - ermittelte Verkehrswert der Hotelbetriebe von insgesamt 23,900.000 ATS (zum Stichtag ) könne realistisch sein. Eine Einschätzung, ob der Verkehrswert des übergebenen Vermögens auch unter Berücksichtigung der Bankschulden (laut Saldenliste zum rund 30,000.000 ATS) noch positiv gewesen sei, könne nicht abgegeben werden. Eine monatliche Rente von 20.000 ATS sei den Söhnen plausibel erschienen. Sie seien auch gewillt gewesen, die elterlichen Betriebe zu übernehmen. Als damalige Jungunternehmer hätten sie sich auf die Expertise der Berater verlassen. 

8. Die Ermittlungsergebnisse wurden den Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht (Schreiben des Bundesfinanzgerichtes an den anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers vom , Schreiben an das Finanzamt vom ).
Der anwaltliche Vertreter teilte mit E-Mail vom  mit, nach Rücksprache mit dem Beschwerdeführer werde auf die im Verfahren bereits eingebrachten Stellungnahmen verwiesen. Das Vollmachtsverhältnis mit dem Beschwerdeführer sei beendet worden. 
 


III. Rechtslage

1. Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 sind die wiederkehrenden Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 gehören. Bezüge, die freiwillig oder an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person gewährt werden, sind nicht steuerpflichtig.

§ 29 Z 1 EStG 1988 idF des Steuerreformgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, enthält folgende (rückwirkend ab der Veranlagung 1989 geltende, der bisherigen Verwaltungspraxis entsprechende) Regelung der so genannten Versorgungsrenten: Stellt ein aus Anlass der Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils vereinbarter wiederkehrender Bezug keine angemessene Gegenleistung für die Übertragung dar, sind die Renten nur dann steuerpflichtig, wenn
- sie keine Betriebseinnahmen darstellen und
- sie keine derart unangemessen hohen wiederkehrenden Bezüge darstellen, dass der Zusammenhang zwischen Übertragung und Vereinbarung der wiederkehrenden Bezüge wirtschaftlich bedeutungslos ist und damit eine freiwillige Zuwendung (§ 20 Abs. 1 Z 4 erster Satz) vorliegt.

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 3 Z 3 EStG 1988) gehen jedoch den sonstigen Einkünften vor (vgl. die Subsidiaritätsregel in § 29 Z 1 erster Satz EStG 1988). 

3. § 23 Z 2 EStG 1988 zählt zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb die Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften), sowie die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben. 

Personengesellschaften werden ertragsteuerrechtlich als transparent behandelt, sind also selbst kein Ertragsteuersubjekt. Die Gewinne bzw. Verluste werden (in einem Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO) unmittelbar den Gesellschaftern zugewiesen und unterliegen bei diesen der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Auch das Betriebsvermögen wird steuerrechtlich den einzelnen Gesellschaftern, und zwar nach Maßgabe ihrer Beteiligungen am Gesellschaftsvermögen bzw. nach Maßgabe etwaiger abweichender Eigentumsverhältnisse, zugerechnet (Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, Anm. 236 zu § 23, Stand , rdb.at).

4. Nach § 23 Z 3 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch die Veräußerungsgewinne im Sinne des § 24. Als Veräußerungsgewinne sind in § 24 Abs. 1 Z 1 dritter Teilstrich EStG 1988 die Gewinne angeführt, die bei der Veräußerung eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, erzielt werden. 

Nach § 24 Abs. 2 EStG 1988 ist Veräußerungsgewinn im Sinne des Abs. 1 der Betrag, um den der Veräußerungserlös nach Abzug der Veräußerungskosten den Wert des Betriebsvermögens oder den Wert des Anteils am Betriebsvermögen übersteigt. Im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, ist als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss ( § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988). Der Begriff "Kapitalkonto" ist im steuerlichen Sinn zu verstehen und umfasst den Kapitalanteil in der Gesellschaftsbilanz zuzüglich des Kapitals in Sonder- und Ergänzungsbilanzen ().

Wird zudem eine Leibrente zu Gunsten des mit negativem Kapitalkonto ausscheidenden Gesellschafters vereinbart, ist diese Teil des Veräußerungsgewinnes; die Rente ist nach der Rechtsprechung allerdings erst nach Maßgabe des Zufließens der Rentenzahlungen steuerpflichtig (so bereits ; ).

5. Bei unentgeltlicher Übertragung eines Mitunternehmeranteils sind hingegen die Buchwerte fortzuführen, ohne dass es beim übertragenden Gesellschafter zu einer Besteuerung nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 kommt. Das Vorliegen einer Schenkung (unentgeltlichen Übertragung) setzt jedoch voraus, dass der Rechtsnachfolger durch die Übertragung des Mitunternehmeranteils tatsächlich bereichert wird, also der reale Wert des Mitunternehmeranteils (einschließlich des mitübertragenen Sonderbetriebsvermögens) positiv ist (siehe nochmals ).

Eine anlässlich einer Schenkung in Versorgungsabsicht zu Gunsten des Übergebers vereinbarte Leibrente wäre (unter den im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen) nach § 29 Z 1 EStG 1988 steuerpflichtig.
 


IV. Erwägungen

1. Wenngleich der Pflichtteilverzichts- und Schenkungsvertrag vom nur die zivilrechtliche Übertragung der im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Betriebsliegenschaften (bzw. Miteigentumsanteile) an seine beiden Söhne regelt, wofür "als Gegenleistung" (Vertragspunkt 4) eine monatliche Leibrente von 20.000 ATS vereinbart wurde, sind die Übertragung dieses Sonderbetriebsvermögens und die Übertragung des Mitunternehmeranteils (Kommanditanteils an der A.GmbH & Co.KG) steuerrechtlich als ein einheitlicher Vorgang zu sehen. Der vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vertretenen gegenteiligen Ansicht kann nicht gefolgt werden.

2. Dass die im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaften (Liegenschaftsanteile) samt Hotelgebäuden sowie allfälligen diesem Sonderbetriebsvermögen zugehörigen Verbindlichkeiten in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesen wurden, war weder unternehmensrechtlich noch steuerrechtlich korrekt. Steuerliche Auswirkungen ergaben sich daraus jedoch nicht, weil der Beschwerdeführer am Gesellschaftsvermögen ohnehin zu 100 % beteiligt war.

3. Aus der vom Firmenbuchgericht übermittelten Gesellschaftsbilanz (bzw. dem angeschlossenen Anlagenspiegel) lassen sich Buchwerte der Sachanlagen einschließlich der Liegenschaften und Hotelgebäude in C. und B. zum  von insgesamt 22,526.172 ATS entnehmen. In den vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten gelangte der Sachverständige unter Anwendung eines Ertragswertverfahrens zu einem Verkehrswert der beiden Hotelbetriebe (ohne Einbeziehung der Betriebsschulden bzw. der Fremdkapitalkosten) von insgesamt 23,900.000 ATS. Dem Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes im Schreiben vom , es sei demnach nicht nachgewiesen und auch nicht anzunehmen, dass das negative Eigenkapital zum (-2,968.405,19 ATS) zur Gänze durch stille Reserven oder einen Firmenwert gedeckt war, ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten. Das Bundesfinanzgericht hat im Schreiben vom ferner darauf hingewiesen, dass entgegen der Formulierung im Vertrag vom keine Schenkung (des Beschwerdeführers an seine beiden Söhne) vorliegen kann, wenn der reale Wert des übertragenen Mitunternehmeranteils (einschließlich des mitübergebenen Sonderbetriebsvermögens) negativ war. Auch dazu hat sich der Beschwerdeführer nicht geäußert.

4. Die Komplementär-GmbH war als reine Arbeitsgesellschafterin am Vermögen der Kommanditgesellschaft nicht beteiligt, nahm an Verlusten nicht teil und erhielt lediglich eine ergebnisunabhängige Vergütung von jährlich 25.000 ATS. Auch wenn die Kapitalkonten der Gesellschafter zum  aus der vom Firmenbuchgericht übermittelten (verkürzten) Bilanz nicht ersichtlich sind, kann davon ausgegangen werden, dass das negative Eigenkapital ausschließlich auf den Kommanditisten (also den Beschwerdeführer) entfiel. Ebenso wahrscheinlich ist es, dass das Kapitalkonto des Kommanditisten auch zum - in zeitlicher Nähe des Bilanzstichtages gelegenen - Übergabestichtag negativ war. Im Übrigen wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, zeitgerecht für eine Dokumentation der zum vorgenommenen Bewertungen zu sorgen.

5. Wird ein real überschuldeter Betrieb gegen Übernahme der Betriebsschulden übertragen, stellen diese Schulden den Veräußerungserlös dar; es entsteht ein Veräußerungsgewinn in Höhe des negativen Eigenkapitals. § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ordnet diese Rechtsfolge - die unabhängig von zivilrechtlichen Haftungsbeschränkungen eintritt - für den Fall des Ausscheidens eines Mitunternehmers (etwa eines Kommanditisten) mit negativem Kapitalkonto ausdrücklich an.

6. Im Hinblick auf § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ist daher steuerrechtlich von einer entgeltlichen Übertragung des Kommanditanteils samt Sonderbetriebsvermögen auszugehen. Zusätzlich zu den anteilig zu übernehmenden, die Aktiva übersteigenden Betriebsschulden haben sich die beiden Söhne des Beschwerdeführers zur Zahlung der vom Vater "vorgegebenen" (siehe oben Punkt II.7.) Leibrente verpflichtet. Die Leibrente hat somit Gegenleistungscharakter. Da E. und F. schon seit Gründung der Kommanditgesellschaft als Geschäftsführer in den Hotelbetrieben tätig waren und die "elterlichen Betriebe" übernehmen wollten, hat nachvollziehbar ein betriebliches Motiv der Söhne für diese mit dem Vater getroffene Vereinbarung bestanden.

Beim Übergeber ist die Leibrente Teil des Veräußerungsgewinnes gemäß § 24 EStG 1988. Die Rentenzahlungen unterliegen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 23 iVm § 24 EStG 1988 nach Maßgabe ihres Zufließens der Einkommensteuer.

7. Auf die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens 2009 hat die Änderung der Einkunftsart der Rentenzahlungen keine Auswirkung. Die Einkunftsart ist als solche nicht Spruchbestandteil des Einkommensteuerbescheides. Der angefochtene Bescheid bleibt daher unverändert.      

    

V. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten sich im Beschwerdefall nicht. Die Abgrenzung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Übertragung von Mitunternehmeranteilen ist durch die oben (Punkt III) zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.3100398.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at