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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.10.2019, RV/7102943/2012

Vorsteuerabzug bei gewerblicher Vermietung eines Maserati

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Dr. Sebastian Pfeiffer LL.M. in der Beschwerdesache Bf., Adr._Bf., vertreten durch Rudolf Peter & Partner, Esteplatz 3/9, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Umsatzsteuer 2007 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht: 

I. Der Bescheid hinsichtlich Umsatzsteuer 2007 wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin Bf. (in der Folge „Bf.“)  ist gewerblich befugte KFZ-Händlerin, Luftfahrzeug- und Leasingunternehmerin.

Am schaffte die Bf. das Fahrzeug Maserati Quattroporte Automatic 2007 für 112.990,50 Euro + 22.598,10 Euro Umsatzsteuer = 135.588,60 Euro von der Firma KG (in der Folge K&G) im Rahmen einer Vereinbarung als Demonstrationsfahrzeug an.

Die zwischen der Bf. und der K&G am geschlossene Vereinbarung lautet auszugsweise:

„Die Firma K&G ist 2006 Importeur und Händler der Fahrzeuge der Marke Maserati geworden und vertreibt diese.

Die Firma Bf. ist seit 2003 Eigentümer eines VIP Helikopters der Marke X und vermietet diesen Helikopter gewerblich.

Da es sich in beiden Fällen um Produkte italienischer Spitzentechnologie handelt und der potentielle Kundenkreis in beiden Fällen ein sehr ähnlicher ist, wird zwischen K&G und Bf. die gegenseitige Unterstützung bei Vermarktungsmaßnahmen vereinbart.

1. Bf. wird ein Demonstrationsfahrzeug der Marke Maserati von K&G erwerben und dies jeweils maximal 6 Monate und maximal 10.000 Kilometer in Betrieb nehmen.

2. Für jeden vermittelten Kunden eines Fahrzeuges wird eine Provision in Höhe von 3 % des Fahrzeugverkaufspreises zuzüglich USt. an Bf. bezahlt.

3. K&G wird den Bf. Helikopter X bei Präsentationsveranstaltungen oder Autorennen des K&G Rennstalls für Demonstrationsflüge buchen und in die eigenen Marketingmaßnahmen einbinden.

4. Für jeden vermittelten Kunden eines Helikopterfluges, wird eine Provision in Höhe von 3 % der Flugleistungsrechnung zuzüglich USt. an K&G bezahlt“.

Zu Provisionszahlungen bei Verkäufen kam es nicht.

Die Bf. zog sich aus der Anschaffung des Fahrzeuges die Vorsteuer in Höhe von 22.598,00 Euro ab.

Das Fahrzeug wurde im Jahr 2008 veräußert.

Im Streitjahr 2007 wurde das Fahrzeug von der Bf. zu 100% an die Leasingnehmerin (Leasingnehmerin) verleast. Die Bf. verrechnete monatlich als Aufwandsentschädigung titulierte Leasingraten in Höhe von 1.329,75 Euro + 20% Umsatzsteuer. Zusätzlich wurden der Leasingnehmerin Reparaturkosten, Kosten für Parken, Tanken und Maut sowie Versicherungskosten weiterverrechnet.

Die Leasingnehmerin stellte das Fahrzeug ihrem Geschäftsführer, der auch Geschäftsführer der Bf. ist, als Dienstwagen zur Verfügung.

Neben der Überlassung des streitgegenständlichen Fahrzeuges erzielte die Bf. im Streitzeitraum weitere Erlöse aus Leasing in Höhe von 57.549,95 Euro.

Das 2007 angeschaffte Fahrzeug wurde in das Anlagevermögen aufgenommen und im Rahmen der AfA abgeschrieben.

2. Beweiswürdigung

Aus der Aktenlage ergibt sich und ist unstrittig:

  • Die Gewerbeberechtigung der Bf.

  • Die Anschaffung des Fahrzeuges sowie der Abzug der Vorsteuer in Höhe von 22.598,00.

  • Die Vereinbarung zwischen der Bf. und der K&G.

  • Die Aufnahme in das Anlagevermögen der Bf. und Abschreibung im Zeitpunkt der Anschaffung.

  • Die Veräußerung des Fahrzeuges im Jahr 2008.

Ein Leasingvertrag zwischen der Bf. und der Leasingnehmerin als Leasingnehmerin ist nicht aktenkundig. Von der Bf. vorgelegt wurde jedoch eine schriftliche Bestätigung des Aufsichtsratsvorsitzenden der Leasingnehmerin über die mündlich vereinbarte Anmietung eines Firmenwagens vom .

Weiters wurden Rechnungen über die als Aufwandsentschädigung titulierten Leasingraten sowie Rechnungen über die Verrechnung von Versicherungs-, Reparatur-, Tank-, Park- und Mautkosten vorgelegt.

Für das Bundesfinanzgericht ist es auf Basis des Vorbringens im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie durch die Vorlage weiterer Nachweise glaubhaft gemacht, dass die Bf. das streitgegenständliche Fahrzeug tatsächlich zu 100% an die Leasingnehmerin als Leasingnehmerin überlassen und gegenüber der Leasingnehmerin weitere Leistungen (Versicherung, Reparaturen, Tanken, Parken, Maut) erbracht hat.

3. Erwägungen

   3.1. Zu Spruchpunkt I: Abänderung

Für den Streitzeitraum 2007 ist unionsrechtlich die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem anwendbar (in der Folge MwSt-RL).

Art. 168 Buchst. a MwSt-RL normiert:

Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

Das Recht auf Vorsteuerabzug ist ein integraler Bestandteil des Mehrwertsteuersystems (vgl. stellvertretend für viele , Farkas, Rn 42; , Rs C-518/14, Senatex, Rn 37; , Rs C-516/14, Barlis 06, Rn 38; , Rs C-332/15, Astone, Rn 30). Der Vorsteuerabzug soll den Steuerpflichtigen von der Mehrwertsteuer entlasten, die auf seine Eingangsleistungen erhoben wurde (vgl. stellvertretend für viele , GST – Sarviz AG Germania, Rn 32; , Rs C-204/13, Malburg, Rn 41; , Rs C-460/07, Puffer, Rn 55).

Das Recht auf Vorsteuerabzug kann jedoch unionsrechtlich eingeschränkt werden. Für den hier vorliegenden Fall muss Art. 176 Abs. 2 MwSt-RL releviert werden. Art. 176 Abs. 2 MwSt-RL normiert die sogenannte „Stand-Still“-Klausel, wonach Mitgliedstaaten diejenigen Vorsteuerausschlussbestimmungen weiterhin anwenden dürfen, die zum Zeitpunkt des EU-Beitritts in Kraft waren.

Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80% dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG ist als durch Art. 176 Abs. 2 MwSt-RL unionsrechtlich gedeckter Vorsteuerausschluss anzusehen (vgl. Kuder, in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (Hrsg) UStG48 (2016) § 12 Rn 300/1; Ruppe/Achatz, UStG5 (2017) § 12 Rn 183; ; ).

Im vorliegenden Fall ist im Lichte des Vorbringens im Rahmen der mündlichen Verhandlung sowie durch die Beibringung weiterer Unterlagen (Rechnungen, Bestätigungen) fraglich, ob der Bf. der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Fahrzeuges zusteht, weil sie dieses im Streitjahr zu 100% an die Leasingnehmerin verleast hat.  Mit anderen Worten ist fraglich, ob der Vorsteuerabzug zusteht, weil die Bf. das Fahrzeug zu mehr als 80% für eine gewerbliche Vermietung verwendete.

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 erfordert im Bereich der gewerblichen Vermietung eine qualifizierte Form der Gebrauchsüberlassung, nämlich die "gewerbliche" Vermietung. Die mit dem Kraftfahrzeug (oder mehreren Kraftfahrzeugen) im Zusammenhang stehende Betätigung muss isoliert betrachtet eine gewerbliche Betätigung darstellen (vgl. , Rn 25 mit Verweis auf ).

Ein Gewerbebetrieb liegt dann vor, wenn die Betätigung über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgeht. Dies ist dann der Fall, wenn die Tätigkeit nach Art und Umfang jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist (vgl. , zur Vermietung eines Pkw an die Ehegattin). Die Vermietung einzelner Wirtschaftsgüter führt ohne Hinzutreten weiterer Leistungen für sich genommen nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb; die bloße Vermietung weniger Maschinen begründet keinen Betrieb (vgl. ). Die Bf. erbrachte gegen über der Leasingnehmerin als Leasingnehmerin weitere Leistungen und verrechnete diese weiter. Die Bf. kümmerte sich um Reparaturen, die Versicherung, Parkplatz und Tankvorgänge sowie um die Maut (Vignette). Insgesamt ist daher von einer gewerblichen Tätigkeit auszugehen.

Da die Voraussetzungen einer gewerblichen Vermietung im Sinne des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG im Lichte der Rechtsprechung des VwGH vorliegen, steht der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Fahrzeuges zu.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist daher abzuändern.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

   3.2. Zu Spruchpunkt II: Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des VwGH zum Vorliegen einer gewerblichen Vermietung (vgl. ; , 2006/14/0006). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor. Die Revision ist daher unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
RL 2006/112/EG, ABl. Nr. L 347 vom S. 1
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102943.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at