Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2019, RV/7400187/2019

Einsatzgebühr - nicht sozialversichert - Alkoholisierung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch seine Richterin MMag. Elisabeth Brunner über die Beschwerde der A***B***, gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 70, TZ: 1830224901 betreffend Einsatzgebühr gemäß §§ 28 und 29 WRKG für die am erfolgte Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes, zu Recht: 

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am wurde von einem Anrufer der Rettungsdienst zum Stephansplatz 1 in Wien berufen, da eine Person (es handelte sich um die Beschwerdeführer in) eine Alkoholvergiftung habe und bereits mehrmals erbrochen habe.

Die einschreitende Rettungsmannschaft stellte eine  Alkoholisierung der Beschwerdeführer in fest. Die Beschwerdeführerin war ansprechbar. Sie wurde in eine Krankenanstalt transportiert. Auf dem Weg dahin ist sie eingeschlafen.

In der Beschwerde bzw im Vorlageantrag bringt die Beschwerdeführerin sinngemäß vor, der Einsatz sei unnötig gewesen und gegen ihren Willen erfolgt. Sie habe nach Ende einer Weihnachtsfeier nach Hause gehen wollen und sei von vier Personen festgehalten worden. Sie habe vehement gesagt, dass sie dagegen sei, dass die Rettung gerufen werde. Sie sei zwar betrunken gewesen, aber nicht so, dass sie medizinische Versorgung gebraucht hätte. Es sei auch in keiner Form erste Hilfe geleistet worden, da dies nicht notwendig gewesen sei. Es habe keine Voraussetzung für einen Transport ins Krankenhaus bestanden. Der Transport sei ihr aufgezwungen worden. Sie habe getan was sie konnte, um den Transport abzuwenden. Dieser Einsatz sei ihr nicht zuzurechnen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vom Magistrat der Stadt Wien vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere das Einsatzprotokoll der Wiener Berufsrettung sowie in eine von der MA 70 übermittelte schriftliche Zusammenfassung des aufgezeichneten Notrufgespräches. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Am um 01:24 Uhr wurde von einem Anrufer der Rettungsdienst zum Stephansplatz 1 in Wien berufen. Der Anrufer gab an, dass eine Person eine Alkoholvergiftung habe und bereits mehrmals erbrochen habe und es schwer sei die Person wach zu halten. Beim Rettungsdienst wurde der Berufungsgrund „23O01A: VERGIFTUNG (ohne Notfallleitsymptome)“ im Einsatzprotokoll vermerkt. Als Diagnose war in diesem Protokoll "Alkohol" vermerkt. 

Am Einsatzort war die Beschwerdeführerin und Freunde von ihr anwesend. Diese sind von einer Weihnachtsfeier von der Universität gekommen.

Die Beschwerdeführerin war alkoholisiert. Sie war wach und ansprechbar und hat erbrochen.

Auf dem Transport in die Krankenanstalt Rudolfstiftung ist die Beschwerdeführerin eingeschlafen.

Der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger (hier die WGKK) oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter lehnten die Übernahme der Einsatzgebühr mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme ab.

Diese Feststellungen gründen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Die Feststellungen sind unstrittig.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 1 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes - WRKG sind Aufgaben eines Rettungsdienstes:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;

2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;

3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

4. akute Blut-, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;

5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;

6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;

7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

Gemäß § 28 Abs 1 WKRG ist für die Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien, insbesondere für die Betreuung (Hilfeleistung, Transport), eine Gebühr zu entrichten, wenn es zur Ausfahrt eines Einsatzfahrzeuges kommt. Nach § 28 Abs  3 WRKG wird der Gemeinderat ermächtigt, diese in einer Gebührenordnung festzusetzen.

Gemäß § 29 Abs 1 WKRG ist Gebührenschuldner derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, und zwar auch dann, wenn die Hilfeleistung oder der Transport wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes des Gebührenschuldners unterblieb. Die Gebühr ist auch dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

Unbeschadet eintretender Straffolgen und privatrechtlicher Schadenersatzpflicht sind Gebührenschuldner die Personen, die einen vergeblichen Einsatz des öffentlichen Rettungsdienstes veranlassen, obwohl kein Anlass für einen Einsatz besteht ( § 29 Abs 3 WKRG).

Mit Zustimmung der Stadt Wien können gemäß § 30 Abs1 WKRG die hierfür in Betracht kommenden Sozialversicherungsträger oder mit deren Einvernehmen der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter durch schriftliche Erklärung an Stelle von Gebührenpflichtigen als Gebührenschuldner eintreten. Nach Abgabe dieser Erklärung sind die Sozialversicherungsträger oder Krankenfürsorgeanstalten öffentlich Bediensteter allein die Gebührenpflichtigen (Gebührenschuldner).

Wenn jedoch der in Betracht kommende Sozialversicherungsträger oder die Krankenfürsorgeanstalt öffentlich Bediensteter im Einzelfall angibt, dass mangels eines ihm (ihr) gegenüber bestehenden Anspruchs auf Kostenübernahme seine (ihre) Eintrittserklärung keine Anwendung findet, ist die Gebühr dem Gebührenschuldner im Sinne des § 29 Abs 1 vorzuschreiben ( § 30 Abs 2 WKRG).

Auf Grund der Ermächtigung des § 28 Abs 3 WKRG hat der Gemeinderat der Stadt Wien die im Streitfall anzuwendende Gebührenordnung (kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr 52/2017) erlassen. Deren § 1 Abs 1 normiert, dass für jede Inanspruchnahme des öffentlichen Rettungsdienstes der Stadt Wien innerhalb des Gebietes der Stadt Wien, auch wenn wegen des Verhaltens oder der Änderung des Zustandes desjenigen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde, sowohl eine Hilfeleistung als auch ein Transport unterblieben sind, im Jahr 2018 eine Gebühr von 690,00 Euro zu entrichten ist.

Das Tatbestandsmerkmal, dass mit gutem Grund das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 WKRG angenommen werden konnte, bezieht sich auf die Person, die den Anruf auf Seiten des öffentlichen Rettungsdienstes entgegengenommen hat ().

Die Gebührenpflicht für die Person, für die der Rettungsdienst gerufen wurde, entsteht auch dann, wenn die Voraussetzungen für den Einsatz zwar ursprünglich, also im Zeitpunkt der Herbeirufung, nicht vorgelegen sind, deren Vorliegen jedoch auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte ().

Zusammenfassend kommt es danach also nicht darauf an, ob der Einsatz ursprünglich medizinisch erforderlich war, sondern ob das Vorliegen der Voraussetzungen durch jenen Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der die Anforderung entgegennahm, mit gutem Grund angenommen werden konnte.

Die Anforderung der Wiener Berufsrettung erfolgte aufgrund eines Notrufs, wobei als Berufungsgrund angegeben wurde, dass  eine Person eine Alkoholvergiftung habe, bereits mehrmals erbrochen habe und es schwer sei die Person wach zu halten. Beim Rettungsdienst wurde der Berufungsgrund „23O01A: VERGIFTUNG (ohne Notfallleitsymptome)“ im Einsatzprotokoll vermerkt. Als Diagnose war in diesem Protokoll "Alkohol" vermerkt. Für den Mitarbeiter des Wiener Rettungsdienstes war damit  jedoch eindeutig ein Zustand als gegeben anzunehmen, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen werden kann.

Es steht daher fest, dass sowohl seitens des Berufers der Rettung (des Anrufers), als auch von dem die Berufung entgegennehmenden Mitarbeiter des Rettungsdienstes mit gutem Grund das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 WKRG angenommen werden konnte. Maßgeblich ist dabei allein, dass eine Gesundheitsstörung vorlag oder mit gutem Grund angenommen werden konnte.

Gemäß § 29 WKRG ist Gebührenschuldner derjenige, für den der öffentliche Rettungsdienst in Anspruch genommen wurde.

Dies ist auch dann der Fall, wenn die Hilfeleistung oder der Transport vom Gebührenschuldner abgelehnt wurde oder auch wenn die Hilfeleistung oder der Transport überhaupt unterblieb. Die Gebühr ist selbst dann zu entrichten, wenn der öffentliche Rettungsdienst zu Personen gerufen wird, ohne dass die im § 1 Z 1 bis 4 geforderten Voraussetzungen gegeben waren, sofern das Vorliegen dieser Voraussetzungen auf Grund des Zustandsbildes mit gutem Grunde angenommen werden konnte.

Da der Rettungsdienst für die Beschwerdeführerin gerufen wurde, ist sie somit Schuldnerin der Einsatzgebühr. Die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die Hilfeleistung der Wiener Rettung ablehnte und auch nicht in eine Krankenanstalt transportiert werden wollte, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern.

Die Beschwerdeführerin war zum damaligen Zeitpunkt nicht sozialversichert war. Der Sozialversicherungsträger hat daher schon aus diesem Grund eine Kostenübernahme abgelehnt. Der Eintritt des Sozialversicherungsträgers gemäß § 30 WRKG an die Stelle der Beschwerdeführerin als Gebührenschuldner erfolgte sohin im Streitfall nicht.

Die Gebühr war dajer der Beschwerdeführerin als Gebührenschuldnerin im Sinne des § 29 WKRG vorzuschreiben war.

Der angefochtene Gebührenbescheid erging daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach (diese wurde im Übrigen nicht bestritten) zu Recht.

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, wann eine Einsatzgebühr nach dem WRKG vorzuschreiben ist, wurde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits geklärt (, 90/17/0421; , 91/17/0174; , 2000/17/0012; , 2006/17/0016). Von dieser Rechtsprechung ist das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag daher nicht vor. Die Revision war daher unzulässig.

Die Beschwerde war daher gemäß § 279 Abs 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 28 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 29 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
§ 30 WRKG, Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz, LGBl. Nr. 39/2004
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7400187.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at