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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.10.2019, RV/5100406/2014

Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den jeweiligen Tätigkeitsstaaten (Österreich und Deutschland) bei einem Gebietsvertreter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christoph Kordik in der Beschwerdesache Bf., Adresse ,St.Nr. 000*, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt A vom  betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2011 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabengutschrift sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (im Folgenden mit Bf. abgekürzt) ist in Österreich wohnhaft (Adresse).  Der Bf.wohnt in Grenznähe und hat einen deutschen Arbeitgeber mit Sitz in Deutschland, PLZ 000*, Ortsname. Der deutsche Arbeitgeber zahlte den Gehalt für seinen österreichischen Arbeitnehmer. Neben den Einkünften als Gebietsvertreter bezog er auch Sitzungsgelder als Gemeinderat für eine politische Partei in Wohnsitz. Die daraus erzielten Einnahmen wurden für die Öffentlichkeitsarbeit verwendet.

Verfahrensablauf


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Erstbescheid
Beschwerde
Ergänzungsauftrag 1 (FA)
Ergänzungsbeantwortung
Beschwerdevorentscheidung
Vorlageantrag
Ergänzungsersuchen 2 (FA)
Ergänzungsbeantwortung
Beantwortung des Ergänzungsersuchen
Vorlagebericht (Stellungnahme FA)
Vorhalt (FA) 3  über Ermittlungsauftrag des BFG für Beschwerdejahr)
Nichtbeantwortung durch Bf.
-
Mitteilung des FA an BFG (E-Mail)
Rückantwort des BFG (E-Mail)

Bisher wurde der Bf. vom Finanzamt als Grenzgänger eingestuft. Dies hatte zur Folge, dass das Finanzamt in Österreich sämtliche nichtselbständige Einkünfte des Bfs. als Gebietsvertreter steuerlich erfasste.

Nach der Veranlagung des Jahres 2011 v. erhob der Bf. Beschwerde. Er begehrte weitere Werbungskosten. 

Im Zuge der Bearbeitung dieser Beschwerde (Ergänzungsauftrag v.) trat anlässlich der Überprüfung einer vom Bf. vorgelegten Reisekostenaufstellung  hervor, dass der Bf. mehr als an 45 Arbeitstagen außerhalb der Grenzzone beruflich tätig war. Dies hätte - so das Finanzamt- die Konsequenz, dass er nicht mehr als Grenzgänger einzustufen sei. Nach den zugrunde liegenden rechtlichen Bestimmungen habe daher eine Aufteilung der Einkünfte auf die beteiligten Staaten, nämlich Österreich sowie Deutschland,zu erfolgen.

Das Finanzamt geht in der Beschwerdevorentscheidung v. weiters davon aus, dass eine Aufteilung nach physischen Arbeitstagen im jeweiligen Staatsgebiet zu erfolgen habe. In der Folge wurden vom Bf. auch eine Liste von Arbeitsaufzeichnungen (durchschnittliche Arbeitsstunden pro Tag) vorgelegt. Es wurde vom FA in der Beschwerdevorentscheidung eine Aufteilung von 55 % für Deutschland  und von 45 %für Österreich zugrunde gelegt (220 AT insgesamt, davon 99 Arbeitstage (AT) in Ö u. 121 AT in D) .

Ansicht des Bfs.(s. Vorlageantrag v. ) zu den jeweiligen Beschwerdepunkten :

Aufteilung der Besteuerungsrechte:

Laut beiliegender Aufstellung hätte der Bf. im Jahre 2011 seine Tätigkeit als Gebietsvertreter überwiegend in Österreich ausgeübt. Lediglich habe er beim dt.AG eine gelegentliche Innendiensttätigkeit ausgeübt und sei zu Werksbesichtigungen dort gewesen. Nach seinen Berechnungen sei der Bf. daher zu 91,38 % in Österreich und zu 8,62 % in Deutschland beruflich tätig gewesen. In diesem Verhältnis seien daher auch die Einkünfte aus dem Dienstverhältnis und den entsprechenden Werbungskosten aufzuteilen.

Zu den Reisekosten:

Bei den beantragten Reisekostenseien Verpflegungsmehraufwendungen für Reisen nach Ortsname, Ort2 , Ort3 und Ort3 in Deutschland nicht gewährt worden. Dies deswegen, weil nach Ansicht des FA diese Orte nicht weiter als 25 Kilometer entfernt gelegen gewesen seien. Laut einer Kontrolle der Entfernungen durch einen Online-Routenplaner betrage die Entfernung nach Wohnsitz 39 km, nach Ort2 24 km, nach Ort in 12 km und nach Ort3 36 Kilometer .

Bei diesen Angaben nach Ort2 und nach Ort3 sei -bei den Abfragen der Routenplaner - die kürzeste Strecke durch das Stadtgebiet von Ort berücksichtigt worden. Dadurch, dass es aber zu Staus im Stadtgebiet von Ort oftmals käme, habe er einen Umweg gewählt und es sei daher eine längere Strecke von ca. 45 km gegeben gewesen. Diese Routen werden daher nunmehr beantragt (Fahrten nach Ort2 bzw. nach Ort3).

EDV-Zubehör:

Laut Bescheidbegründung betreffend der Anschaffungskosten für das EDV-Zubehör (z.B. Druckerpatronen und dergleichen) wären diese grundsätzlich um einen Privatanteil von 60 % zu vermindern. Da er bei seiner Tätigkeit als Vertreter kein Büro am Ort des Dienstgebers in  Ortsname hätte, mache er die meisten Bürotätigkeiten in seinem Arbeitszimmer zu Hause in Wohnsitz. Er beantrage daher die Berücksichtigung dieser Kosten für das EDV Zubehör, Arbeitsmittel etc. im Ausmaß von 80 %. In seinem Haushalt gebe es auch noch weitere PCs bzw. Laptops, die für private Zwecke verwendet worden seien.

Privat veranlasste Kosten:

Bei der Veranlagung seien laut Bescheidbegründung verschiedene privat (mit-) veranlasste Ausgaben wie beispielsweise Schwimm-Set, Glühbirnen,  Digitalkamera aufgrund des Abzugsverbotes im Sinne § 20 EStG gestrichen worden. Zum ÖAMTC Beitrag werde ausgeführt, dass dies nur für das deutsche Firmenauto bezahlt worden sei, welches vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt würde. Aufgrund der Tatsache, dass er fast ausschließlich in Österreich als Vertreter unterwegs sei, benötige er auch einen Schutz in Österreich. Der dt. Dienstgeber bezahle aber dies nicht. Auch die Digitalkamera sei ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt worden. Außerdem besitze er weitere Digitalkamera, welche privat verwendet würden. Es werde eine Berücksichtigung des ÖAMTC –Beitrages sowie der Digitalkamera als Werbungskosten ersucht. Abschließend führt der Bf. aus, dass er mit Erlassung einer zweiten Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt Braunau einverstanden sei.

In der Stellungnahme des Finanzamtes lt. Vorlagebericht v.  wurde vom Finanzamt weiters Folgendes ausgeführt:

Besteuerung Ö - D:

"Da der Steuerpflichtige im Jahr 2011 mehr als 45 Tage außerhalb der Grenzzone als Gebietsvertreter unterwegs war, ist er kein Grenzgänger. Dies bedeutet, dass die Einkünfte auf die jeweiligen Tätigkeitsstaaten Deutschland und Österreich aufzuteilen sind. Mit den auf Österreich entfallenden Einkünften ist der Pflichtige zu veranlagen, die auf Deutschland entfallenden Einkünfte sind zum Progressionsvorbehalt heranzuziehen (siehe Unterlagen Besteuerungsrecht). Es wird beantragt, die Einkünfte im Sinne des Vorlageantrages - somit zu 91,38% in Österreich und zu 8,62% in Deutschland - zu besteuern (siehe auch Aufteilung der Jahresarbeitszeit)."

Reisekosten: Bei den beantragten Reisekosten wurden Verpflegungsmehraufwände für Reisen nach Ortsname, Ort2, Ort3 und Ort3 nicht gewährt, da diese Orte nicht weiter als 25km entfernt seien. Lt. Routenplaner beträgt die Entfernung nach Ortsname 39,6km und nach Ort3 32,4km. Somit wird beantragt die Diäten zu diesen Orten zu gewähren. Arbeitsmittel: In der BVE wurden 322,08 € (anteilig für Ö) berücksichtigt.

Das EDV-Zubehör wurde um einen Privatanteil um 40% gekürzt (in der Begründung BVE fälschlicherweise mit 60% angegeben). Ebenso wurden die Telefonkosten um einen Privatanteil in Höhe von 20% korrigiert. Es wird beantragt, die Kosten für Arbeitsmittel wie in der BVE zu berücksichtigen (natürlich mit der neuen Aufteilung Ö-D).

Privat (mit-)veranlasste Ausgaben wie Schwimm-Sets, Leuchtmittel, Glühbirnen, ÖAMTC-Mitgliedsbeitrag oder auch die Digitalkamera unterliegen dem Abzugsverbot des § 20 Abs 1 Z 1 und Z 2 EStG. Ebenfalls wurde die Rechnung der Fa. Baumax aus dem Jahr 2010 ausgeschieden.

Mit Vorhalt des Finanzamtes  v.  wurde der Bf.ersucht, Fragen in Richtung der Besteuerung der deutschen Einkünfte (Vorlage des deutschen Einkommensteuerbescheides bzw. eines ev. vorliegenden  Lohnsteuerhaftungsbescheides des deutschen Arbeitgebers - auch im Hinblick auf die Folgejahre 2012 -2015 ) zu beantworten. Diese Frage umfasste auch die Prüfung einer ev. vorliegenden lohnsteuerlichen Betriebsstätte gem. § 81 EStG 1988 (Wohnung des Bfs. für das Jahr 2011).

Dieser Vorhalt wurde nicht beantwortet. Die Nichtbeantwortung des Vorbehaltes geht zulasten des  Bfs.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus der elektronischen Aktenlage und dem  beiderseitigen Parteienvorbringen.

Über die Beschwerde wurde vom Bundesfinanzgericht erwogen:

Rechtslage

Besteuerung D/Ö (nichtselbständige Einkünfte)

Art. 4 Abs. 1 und 2 DBA Deutschland /Österreich ,BGBl III 2002/182, lautet:

(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet  der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat, seine Gebietskörperschaften und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts. Der  Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.  

(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:

a) Die Person gilt als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);  

b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;  

c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;  

d) ist die Person Staatsangehöriger beider Staaten oder keines der Staaten, so werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.  

Im konkreten Beschwerdefall ist von einem österreichischen Wohnsitz auszugehen (= Ansässigkeit in Österreich im Sinne des Art 4 Abs. 1 des DBA mit Deutschland).

Sinn und Zweck von Doppelbesteuerungsabkommen ist grundsätzlich die Vermeidung einer grenzüberschreitenden Doppelbesteuerung. Soweit eine doppelte Nichtbesteuerung aus der Abkommensanwendung selbst resultiert, wird über eine entsprechende Auslegung des Methodenartikels von einer Befreiung im Ansässigkeitsstaat Abstand genommen. Resultiert die steuerliche Keinmalerfassung von Einkünften aus dem Zusammenspiel von DBA und innerstaatlichem Recht (d.h. kann ein Vertragsstaat sein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht innerstaatlich nicht ausschöpfen), ist - vorbehaltlich des innerstaatlichen Rechts zur Missbrauchsabwehr - die doppelte Nichtbesteuerung grundsätzlich hinzunehmen. In diesem Fall kann daher die Gewährung der abkommensrechtlichen Befreiung auch nicht generell von der Vorlage ausländischer Besteuerungsnachweise abhängig gemacht werden.

Etwas anderes gilt nur insoweit, als eine konkrete Subject-To-Tax-Klausel ausdrücklich der abkommensrechtlichen Befreiungsanordnung derogiert. Da das OECD-Musterabkommen bis dato keine generelle Empfehlung zur Vereinbarung solcher Klauseln abgibt, sind sie im österreichischen Abkommensnetz nur vereinzelt zu finden. Häufig richten sich Subject-to-tax-Klauseln primär an den Ansässigkeitsstaat: Dieser soll abkommensrechtlich nur insoweit steuerfrei stellen, als der Quellenstaat auch tatsächlich besteuert. Beispiele dafür sind etwa die spezielle Subject-to-tax-Klausel des Art. 15 Abs. 4 DBA Deutschland.

Art 15 Abs. 4 DBA-Deutschlandlautet:

"Für Zwecke dieses Artikels gilt die Arbeit im anderen Vertragsstaat nur dann als ausgeübt, wenn die Vergütungen in Übereinstimmung mit diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind", BGBl. III 182/2002."

Subject-to-tax-Klauseln gewähren somit die abkommensrechtliche Befreiung in einem Staat nur so lange, wenn eine Besteuerung im anderen Staat durchgeführt wird. Ein allgemeiner Subject-to-tax-Vorbehalt zur flächendeckenden Vermeidung doppelter Nichtbesteuerung existiert jedoch nicht (Rosenberger, SWK, 2/2008, S 91 ff).

Nach der Aktenlage (siehe Nichtbeantwortung des Vorhaltes v. ) muss davon ausgegangen werden, dass Deutschland die nichtselbständigen Einkünfte bis dato nicht besteuert hat.

Österreich hat daher das Besteuerungsrecht.

Art. 15 (1) und  (6) DBA Deutschland/Österreich lautet:

(1) Vorbehaltlich der Artikel 16 bis 20 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.  

(6) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Person

1. in dem einen Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz und in dem anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort hat und  

2. täglich von ihrem Arbeitsort an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Grenzgänger).  

Die Bestimmung des Art. 15 Abs. 6 DBA Deutschland erfordert die tägliche Rückkehr vom Arbeitsort zum Wohnort. Beim DBA Deutschland ist eine Toleranzregelung von 45 Tagen zu beachten. Die Grenzgängereigenschaft gehe verloren, wenn die Voraussetzungen in einem Kalenderjahr an mehr als 45 Tagen nicht vorliegen würden. Die Nachweispflicht hierfür liege beim Dienstnehmer.

Diese Regelung stellt eine - zwischen den Finanzverwaltungen Deutschlands und Österreichs ausverhandelte veröffentlichte - Verständigungsvereinbarung  in Erlassform dar. Darin kommen beide Staaten überein, dass eine 45-Tage-Regelung abkommenskonform ist.

Mit der deutschen Finanzverwaltung wurde die 45-Tage-Regelung im Rahmen einer Verständigungsvereinbarung vereinbart, vgl. AÖF 1886/283, , 04 0101/72-IV/4/86. Diese Vereinbarung wurde zwar betreffend das alte DBA Deutschland (1954) getroffen, beim Neuabschluss des DBA im Jahr 2002 hat man sich darauf verständigt, dass diese Regelung auch weiterhin Anwendung finden soll.

Der BFH hat zu der Anwendung der 45-Tage Regelung, wonach die Grenzgängereigenschaft dann verloren geht, wenn der Abgabepflichtige an mehr als 45 Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht zu seinem Hauptwohnsitz zurückkehrt in seiner Entscheidung vom (I B 186/93, DBA BRD-Schweiz) dargelegt:

„Die nach den Feststellungen des FG von den Steuerverwaltungen beider Vertragsstaaten angewendete 45-Tage-Regelung (ohne Berücksichtigung von Krankheits- und Urlaubstagen) dürfte sich noch im Rahmen einer zulässigen Auslegung des gesetzlichen Begriffs halten.“

Mitwirkungsverpflichtung

Bei Fällen mit Auslandsbezug ist auf die erhöhte Mitwirkungspflicht hinzuweisen. Die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Sachverhalten die ihre Wurzeln im Ausland haben führen zu einer Beweismittelbeschaffungspflicht bzw. einer Vorsorgepflicht des Abgabepflichtigen und sind darin begründet, dass die Ermittlungsmöglichkeiten der Abgabenbehörde im Ausland eingeschränkt sind (vgl. Ritz BAO4 § 115 Rz. 10,11). Daraus ergibt sich eine über das übliche Ausmaß hinausgehende Mitwirkungsverpflichtung.

§ 138 (1) BAO lautet:

Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.   

Ritz BAO4 § 138 Rz. 5 erläutert diesbezüglich:

,Ist ein Beweis nach den Umständen nicht zumutbar, so genügt die Glaubhaftmachung. Sie hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand...und unterliegt den Regeln der freien Beweiswürdigung. Ein Sachverhalt ist glaubhaft gemacht, wenn die Umstände des Einzelfalles dafür sprechen, der vermutete Sachverhalt habe von allen denkbaren Möglichkeiten die größte Wahrscheinlichkeit für sich ().'

§ 167 BAO lautet:

(1) Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.   

(2) Im Übrigen hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

In freier Beweiswürdigung wird vom Gericht festgehalten:

Im Beschwerdeverfahren bestand hinsichtlich der grundsätzlichen Anwendung der 45-Tage-Regelung kein Streit. Diese wurde nach der Aktenlage jedoch überschritten.

Somit kann im Ergebnis festgehalten werden, dass für den Beschwerdezeitraum 2011 nicht mehr von der Grenzgängereigenschaft des Bfs. ausgegangen werden konnte.

Das Besteuerungsrecht war daher zwischen den Tätigkeitsstaaten Österreich und Deutschland aufzuteilen ("Wandel vom Ansässigkeits- zum jeweiligen Tätigkeitstaat (Österreich und Deutschland "). 

Der Aufteilungschlüssel  von 45: 55 % lt. Beschwerdevorentscheidung wurde daher – den Ausführungen des Bfs. folgend und im Übrigen auch von der Abgabenbehörde in der Stellungnahme v. gefordert - auf 91,38 % für Österreich und zu 8,62 % für Deutschland einnahmenseitig wie auch ausgabenseitig abgeändert.

Für Österreich war das Besteuerungsrecht im Ausmaß v. € 42.503,10 (91,38% der gesamten nichtselbständigen Einkünfte) gegeben (siehe Berechnungsblatt Einkommensteuer 2011/Beilage 1).

Dienstverhältnis:

Ebenso unstrittig war das Vorliegen der Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des §§ 47 EStG 1988.

Werbungskosten

Im Verfahren wurden weitere Werbungskosten geltend gemacht. Diese wurden auch nachgewiesen. Die weiteren Werbungskosten ergaben sich aus dem beruflichen Einsatz des Bfs. für seinen deutschen Arbeitgeber. Auf die diesbezüglichen Ergänzungsersuchen v. (Telefon/Privatanteil bzw. Beschlussvorlage - Verwendung der Sitzungsgelder für Öffentlichkeitarbeit) , v.  u. v.  (Ersuchen um deutsche Steuerbescheide incl.allfälliger Werbungskosten) wird verwiesen.

Bei den Telefon/Handykosten wurde ein Privatanteil von 20 % in Abzug gebracht.

Die im Verfahren beantragten zusätzlichen Reisekosten wurden gewährt.

Die beantragten Kosten für Arbeitsmittel (Druckerpatronen etc.) wurden - ebenso wie die sonstigen in Kennzahl 724 beantragten Kosten - gewährt (siehe auch BVE v. ).

Der Höhe nach wurden die jeweiligen Kosten aliquotiert (91,38 %).

Zum ÖAMTC-Mitgliedsbeitrag:

Beiträge für eine Einzelmitgliedschaft bei einer Autofahrervereinigung können nur insoweit als Werbungskosten behandelt werden, als das Kfz für berufliche Fahrten verwendet wird, nicht aber dann, wenn das Kfz nur für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte verwendet wird (vgl. ; ).

In Anbetracht des umfassenden Leistungsangebotes, welche die ÖAMTC - Mitgliedschaft für den Privatbereich bietet (neben der Pannenhilfe auch zB Kfz-Prüfdienst-Leistungen, Rechtshilfe und Interessenvertretung, Versicherungsservice, Clubmagazin, Reise-Service und -beratung usw.) kann von einer (nahezu) ausschließlichen beruflichen Veranlassung der betreffenden Aufwendungen nicht ausgegangen werden. Die für den Beruf verwertbaren Informationen über rechtliche Situationen, technische Verbesserungen und Fahrsicherheit kommen in gleicher Weise dem privaten Lebensbereich zugute.

Da sich der Teil der Aufwendungen, der auf die ausschließliche berufliche Veranlassung entfällt , nicht einwandfrei von den Ausgaben für die private Lebensführung trennen lässt, sind die betreffenden Aufwendungen - wie oben ausgeführt - zur Gänze nicht abzugsfähig ("Aufteilungsverbot").

Digitalkamera:

Gleiches gilt für die Digitalkamera (Aufteilungsverbot gemäß § 20 EStG 1988).

Berechnung der Werbungskosten lt. BFG im Einzelnen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Werbungskosten Teil 1  lt. BFG jeweils in
 

 Anteil/Ö 91,38 %
KZ  721  /Reisekosten/tw. Stattgabe
2917,60
 
2.666,10
KZ 724/sonstige WK/tw. Stattgabe
1884,75 Zusätzlichen Werbungskosten
 
1722,28
 
5140,80 (Politiker-WK)
5140,80 (100%)
5140,80
 
 
 
6.863,08
KZ  719 /Arbeitsmittel
 
715,72
 
654,02
Zwischensumme 1
 
 
10.183,20
Gesonderte W
K lt. Akt
Telefon /549
 
-20 % PA/109,80
439,20
401,34
Handy/1301,90
-20 % PA/260,38
1041,52
951,74
Portogeb.33,85
 
33,85
30,93
Zwischensumme 2
 
 
1.384,01
Werbungskosten  1
 
 
 
lt. BVE v.
7.623,94
 
lt. BFG (91,38 %) gesamt
11.567,21


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 Werbungskosten Teil 2 (ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag)  lt. BFG jeweils in
BMG (100 %)
9255,30
lt. BVE v. (45 %)
4164,89
lt. BFG  (91,38 %)
8457,49


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Österr. Anteil
BMG  100 % / nsa EK
  46.512,48
Österr. nsa. Einkünfte (91,38 %)
 
    42.503,10
WK aliquot gesamt (Teil 1 u. Teil 2)
         20.024,70      
Österr. nsa Ek (ohne nsa Ek./Marktgemeindeamt S. lt. LZ 1)
       22.478,40    

Deutsche nsa. EK (PGV)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
BMG  100 % / nsa EK
  46.512,48
Deutsche nsa. Einkünfte (8,62 %)
 
    4.009,38
WK aliquot
       603,31
Dt. nsa Ek (Progressionsvorbehalt)
     3.406,07

Auf das Berechnungsblatt (Beilage 1) wird verwiesen.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer (ordentlichen) Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag deswegen nicht vor, weil die geänderte Aufteilung (Prozentsatzverhältnis) eine Frage der Sachverhaltsermittlung war. 

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 15 Abs. 4 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 Abs. 6 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 4 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
§ 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 138 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aufteilung von Besteuerungsrechten
Toleranzgrenze (45 Tage-Regelung) lt.Verständigungsvereinbarung (Überschreitung der Grenze)
Gebietsvertreter
Diverse Werbungskosten
Aliquotierung nach Arbeitstagen
Kein Grenzgänger
Glaubhaftmachung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100406.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at