Teilwertabschreibung - Flugzeug
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Dr. NN und die weiteren Senatsmitglieder ABC im Beisein der Schriftführerin S in der Beschwerdesache BF, vertreten durch Taxsolution Steuerberatungs GmbH, Mariahilfer Straße 103/2/45, 1060 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde FA XYZ vom betreffend Körperschaftsteuer 2009 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt/Verfahren
Angefochten ist der Körperschaftsteuerbescheid 2009.
Die Beschwerdeführerin erklärte im beschwerdegegenständlichen Jahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.464.685,09 €, die das Finanzamt zunächst erklärungsgemäß veranlagte (Bescheid vom ).
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung des Jahres 2009 anerkannte die Betriebsprüferin die geltend gemachte außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 2.594.385,27 € (planmäßige Abschreibung 661.670,90 €, Teilwertabschreibung 1.932.714,37 €) lediglich in Höhe der jährlichen Absetzung für Abnutzung. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom , dessen Beilage und das Schlussbesprechungsprogramm wird verwiesen.
Das Finanzamt nahm das Verfahren gemäß 303 Abs. 4 BAO wieder auf und veranlagte entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüfung Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.413.399,46 € (Bescheid vom ).
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom durch ihre steuerliche Vertreterin Berufung und beantragte die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2009 in Höhe von 153.292,82 € auf Grund der einkommensteuermindernden Geltendmachung einer Teilwertabschreibung in Höhe von 1.932.714,37 € unter Berücksichtigung der Verlustvortragsgrenze des § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988; auf die näheren Ausführungen in der Berufungsschrift wird verwiesen.
In weiterer Folge legte das Finanzamt die Berufung mit Vorlagebericht vom dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor. Auf die daraufhin erfolgte Stellungnahme der steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin vom wird verwiesen.
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen über. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Das Verfahren betreffende Anbringen wirken ab auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
In der mündlichen Verhandlung am ging der Vertreter der Beschwerdeführerin bezugnehmend auf die von ihm vorgelegten Unterlagen von einer – eine Teilwertabschreibung rechtfertigenden – dauernden Wertminderung des gegenständlichen Flugzeuges aus, was vom Vertreter der belangten Behörde bestritten wurde. Hinsichtlich der diesbezüglichen Ausführungen wird auf die Niederschrift vom verwiesen.
Festgestellter Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (GmbH) – gegründet am mit Sitz in S – betreibt ein Luftfahrtunternehmen (Anmietung von Flugzeugen sowie Organisation und Abrechnung des Flugbetriebes).
Die Beschwerdeführerin erwarb über ein Finanzierungsleasing am einen Jet des Typs "Embraer Legacy 600". Laut den Bestimmungen des Leasingvertrages hat die Leasinggeberin weder die Chance der Wertsteigerung noch das Risiko von Wertminderungen inne, sodass das Flugzeug der Beschwerdeführerin als Leasingnehmerin zuzurechnen ist. Bilanzmäßig wurden die Anschaffungskosten incl. Nebenkosten in Höhe von 13.895.088,98 € (Anzahlung 6.240.000 USD, Summe Tilgung 10.140.000,63 USD, Barwert Restwert 5.588.135,04 USD = Anschaffungswert 21.968.135,67 USD) aktiviert und die entsprechende – im Sinne des Höchstwertprinzips bewertete – Leasingverbindlichkeit passiviert. Einer geschätzten Nutzungsdauer von 21 Jahren folgend wurde 2008 eine jährliche Absetzung für Abnutzung in Höhe von 661.670,90 € in Abzug gebracht. Bei einer weiteren planmäßigen Abschreibung 2009 hätte sich der Buchwert zum auf 12.571.747,18 € belaufen.
Hingegen wurde im Jahresabschluss (Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988) zum (Bilanzerstellungszeitpunkt ) das gegenständliche Flugzeug aufgrund nachhaltig gesunkener Wiederbeschaffungskosten iSd § 204 Abs. 2 UGB auf den – nach Ansicht der Beschwerdeführerin – beizulegenden Wert in Höhe von 10.639.032,81 € abgeschrieben. Anstatt der planmäßigen Abschreibung für Abnutzung in Höhe von 661.670,90 € nahm die Beschwerdeführerin eine außerplanmäßige Abschreibung in Höhe von 2.594.385,27 € vor.
Eine – im Jahr 2009 vorliegende – voraussichtliche dauernde Wertminderung des gegenständlichen Flugzeuges ist nicht erwiesen.
Beweiswürdigung
Zum Beweis dafür, dass der Marktwert eines vergleichbaren Flugzeuges zum zwischen 15 Mio. USD und 16 Mio. USD liege und damit eine Abschreibung auf den Teilwert gerechtfertigt sei, legte die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde folgende Unterlagen (Blg. 1 bis 7) vor:
Artikel vom über die Insolvenzanmeldung der deutschen Chartergesellschaft Blue Wings – Blg. 1a)
Artikel vom über die Insolvenzanmeldung der steirischen Fluglinie Robin Hood – Blg. 1b)
Graphik Marktentwicklung (Trend Marktlage vom ) – Auszug aus einer Studie von basjet.com – Blg. 2)
Aufstellung Angebotspreise für Jets – Blg 3)
Schreiben vom von Paul Brose (Fa. Avcon aviation & industry consult): „… der aktuelle Marktpreis für den Flugzeugtyp Embraer Legacy 600, Baujahr 2008 mit ca. 1000 Flugstunden bewegt sich im Bereich von ca. 15-16 Mio. USD. …" – Blg. 4)
Schreiben vom von Paul Brose (Fa. Avcon aviation & industry consult): „… der aktuelle Marktpreis für den Flugzeugtyp Embraer Legacy 600, Baujahr 2008 mit ca. 1.580 Flugstunden bewegt sich im Bereich von ca. 14,5-15 Mio. USD. …“ – Blg. 5)
Schreiben vom von Paul Brose (Fa. Avcon aviation & industry consult): „… der aktuelle Marktpreis für den Flugzeugtyp Embraer Legacy 600, Baujahr 2008 mit ca. 1.750 Flugstunden bewegt sich im Bereich von ca. 14,3-14,7 Mio. USD. Der Grund dieser Entwicklung ist folgender, es sind im Moment auf dem Markt mehr als 20 Flugzeuge dieses Typs, was eine ganze Menge in der heutigen Wirtschaftslage ist. Weiterhin wird der Markt auch stark durch Angebote beeinflusst, welche den Preis mehr senken. Im Moment richtet sich der Markt an einer Legacy, welche nur ein paar Monate älter als Ihre ist. Technisch und optisch aber im Vorteil ist mit weniger Flugstunden. Dieses Flugzeug wird zu 14,5 Mio. USD auf Verhandlungsbasis angeboten. Kurzfristig sehen wir keine Entwicklung zu höheren Verkaufspreisen. …“ – Blg. 6)
Aus einem mit Mail vom von Paul Brose übermittelten Angebots hinsichtlich eines Flugzeugtyps „2007 Legacy 600“ geht hervor, dass dieser von 16.250.000 USD auf 14.500.000 reduziert worden war. – Blg. 7)
Der Stellungnahme zum Vorlagebericht vom wurden als Beilagen angeschlossen:
Presseaussendung der IATA vom – Blg. a)
Aufstellung Angebotspreise für Jets – Blg. b)
Seitens der Beschwerdeführerin wurden in der mündlichen Verhandlung vom noch folgende Unterlagen vorgelegt:
Aufstellung über die Abschreibungen des gegenständlichen Flugzeuges von 2008 (incl. der Teilwertabschreibung) bis 2018 – Blg. A)
Leasingvertrag vom – Blg. B)
Ausdruck AircraftBluebook vom – Blg. C)
Sachverständigengutachten vom (erstellt anlässlich des Abschlusses eines neuen Leasingvertrages) – Blg. D)
Seitens des Vertreters der belangten Behörde wurden anlässlich der mündlichen Verhandlung vom beigebracht:
Wikipedia-Ausdruck „Aircraft bluebook“ vom – Blg. A)
Kommentar zur voraussichtlichen dauernden Wertminderung (Autoren Janschek/Jung) – Blg. B)
Die Sachverhaltsfeststellungen basieren auf den vorgelegten Unterlagen.
Bei den Schreiben (Blg. 4/BF bis 7/BF) von Paul Brose, in denen er die Auffassung eines niedrigeren Teilwertes des gegenständlichen Jets vertritt, handelt es sich keineswegs um Gutachten, die als Beweismittel herangezogen werden können. Eine Begutachtung des aktuellen Zustands des Flugzeuges 2009 hat er nicht vorgenommen. Das Heranziehen von Vergleichspreisen anderer Flugzeuge (Blg. 2/BF, Blg. 3/BF, Blg. b/BF) ist hier nicht zulässig.
Das anlässlich des Abschlusses eines neuen Leasingvertrages erstellte Gutachten vom (Blg. D/BF) kann für die ursprüngliche Bewertung im Jahr 2009 nicht verwendet werden; die Begutachtung des gegenständlichen Jets ist erst 2018 erfolgt, was keine Rückschlüsse auf den Zustand im Jahr 2009 zulässt.
Ebenso wenig kann aus den Ausdrucken „Aircraft bluebook“ vom (Blg. A/FA) bzw. „AircraftBluebook“ vom (Blg. C/BF) der 2009 tatsächlich vorliegende Zustand des gegenständlichen Jets entnommen werden. Diese sind mit einer Eurotaxliste (wie bei Pkws) aufgrund der mannigfaltigen Ausstattungsvielfalt bei Flugzeugen nicht vergleichbar. So variiert die elektronische Ausstattung eines Flugzeuges sehr stark. Es werden zudem weder das Modell der Avioniks, vorliegende Schäden, erfolgte Inspektionen, der Engine Overhold Status (Wartungsintervalle der Flugzeugmotoren), Physical Condition of Airplane (das ist die Zelle des Flugzeugs) noch der Gesamtzustand der Systeme berücksichtigt.
Die zwei Artikel vom (Blg. 1a/BF) bzw. (Blg. 1b/BF) sowie die Presseaussendung der IATA vom (Blg. a/BF) sollen offensichtlich einen Konnex zur Weltwirtschaftskrise herstellen, sind jedoch nicht als Beweismittel für die behauptete Wertminderung tauglich.
Rechtslage
Gemäß § 6 Z 1 EStG 1988 ist abnutzbares Anlagevermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8, anzusetzen (1. Satz). Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden (3. Satz). Teilwert ist der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (4. Satz).
Gemäß § 8 Abs. 4 EStG 1988 sind Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung zulässig.
Gemäß § 5 Abs. 1 1. Satz EStG 1988 idF BudBG 2009, BGBl I 52/2009, sind für die Gewinnermittlung jener Steuerpflichtiger, die nach § 189 UGB oder anderen bundesgesetzlichen Vorschriften der Pflicht zur Rechnungslegung unterliegen und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) beziehen, die unternehmensrechtlichen Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung maßgebend, außer zwingende steuerrechtliche Vorschriften treffen abweichende Regelungen.
Gemäß § 204 Abs. 1 UGB sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei den Gegenständen des Anlagevermögens, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist, um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich wirtschaftlich genutzt werden kann.
Gemäß § 204 Ab. 2 UGB sind Gegenstände des Anlagevermögens bei voraussichtlich dauernder Wertminderung ohne Rücksicht darauf, ob ihre Nutzung zeitlich begrenzt ist, außerplanmäßig auf den niedrigeren Wert abzuschreiben, der ihnen am Abschlussstichtag unter Bedachtnahme auf die Nutzungsmöglichkeit im Unternehmen beizulegen ist.
Rechtliche Erwägungen
Abnutzbares Anlagevermögen wird mit den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten, vermindert um die Absetzung für Abnutzung nach den §§ 7 und 8 oder mit dem niedrigeren Teilwert angesetzt (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 6 Rz 64). Nur wenn die Entwertung erheblich und dauernd ist, kann der § 4-Abs. 1-Ermittler den niedrigeren Teilwert ansetzen (). Hingegen muss der § 5-Ermittler – so wie die Beschwerdeführerin auch – nach § 204 Abs. 2 UGB bei dauernder Wertminderung abwerten.
Strittig ist, ob eine dauernde Wertminderung vorliegt, die die Beschwerdeführerin dazu berechtigt bzw. verpflichtet, eine außerplanmäßige Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert in Höhe von 10.639.032,81 € vorzunehmen.
Der Teilwert ist jener Wert, den der Erwerber des gesamten Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wenn er den Betrieb fortführt (§ 6 Z 1; Going-concern). Er wird durch zwei Größen bestimmt: Zu ermitteln ist der geschätzte Gesamtkaufpreis durch einen fiktiven Käufer und die auf die einzelnen Wirtschaftsgüter entfallenden Anteile (). Da der Teilwert in der Regel dem beizulegenden Wert nach § 204 Abs. 2 UGB entspricht, ist auf § 201 Abs. 2 Z 2 UGB zu verweisen, wonach von der Fortführung des Betriebes ausgegangen wird, solange dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gründe entgegenstehen. Bei der Anschaffung von Wirtschaftsgütern ist nicht auf deren Erwerb durch einen fiktiven Käufer, sondern auf den Wert innerhalb des Gesamtkaufpreises abzustellen (). Der Teilwert ist ein objektiver Wert, bei dem subjektive Umstände unmaßgeblich sind, persönliche Verhältnisse werden nicht berücksichtigt. Er beruht auf der allgemeinen Verkehrsauffassung, wie sie in der Marktlage am jeweiligen Stichtag ihren Ausdruck findet. Der Betriebsinhaber wird als fiktiver Verkäufer angesehen. Unterjährige Schwankungen des Teilwertes sind unbeachtlich. Maßgeblich sind die Verhältnisse am Bilanzstichtag; die bis zur Bilanzerstellung gewonnenen Erkenntnisse sind zu berücksichtigen. Anschaffungsnebenkosten sind mit eingeschlossen, weil ein gedachter Erwerber diese neuerlich entrichten würde (Jakom/Laudacher EStG, 2019, § 6 Rz 37, 38; mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewertung eines Wirtschaftsgutes zum niedrigeren Teilwert nur dann zulässig, wenn hinsichtlich des betreffenden Wirtschaftsgutes am Bilanzstichtag eine entsprechende Entwertung eingetreten ist. Die Entwertung des Wirtschaftsgutes ist nachzuweisen oder wenigstens glaubhaft zu machen, wobei dieser Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung sich auf die Umstände beziehen muss, auf Grund derer gerade in einem bestimmten Wirtschaftsjahr die Teilwertabschreibung mit steuerlicher Wirkung zu berücksichtigen wäre (vgl. , ). Teilwertabschreibungen können somit nur in dem Wirtschaftsjahr durchgeführt werden, in dem die Wertminderung eingetreten ist. Umstände, die nach dem Bilanzstichtag eine bessere Einsicht in die Verhältnisse am Bilanzstichtag ermöglichen ("werterhellende Umstände"), sind zu berücksichtigen. Ebenso sind vorhersehbare Risiken und Verluste, selbst wenn diese Umstände erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekannt geworden sind, im Rahmen der Bewertung zum Abschlussstichtag zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung vor dem Stichtag verursachter, aber noch nicht realisierter Risken und Verluste ist Ausfluss des Vorsichtsprinzips.
Die Beschwerdeführerin begründet die vorgenommene außerplanmäßige Abschreibung auf den Teilwert im Wesentlichen mit der wirtschaftlichen Situation im beschwerdegegenständlichen Jahr (Berufungsausführungen S 5-7):
„Im Kalenderjahr 2009 erlebte die Welt eine beinahe beispiellose Wirtschaftskrise. Innerhalb eines Jahres verloren die wichtigsten Aktienindizes zwischen 40 % und 50 % ihres Wertes, das Bruttoinlandsprodukt der wichtigsten Industrienationen ging um 2,5 %(USA) bis 5,9 % (Japan) zurück und viele systemrelevante Kreditinstitute und Industriekonzerne konnten nur mit staatlicher Unterstützung überleben. Die Nachwirkungen der Wirtschaftskrise, hohe Arbeitslosigkeit, instabile Kreditinstitute und ausufernde Staatsschulden werden voraussichtlich noch Jahrzehnte nachwirken und die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen (Statistisches Bundesamt, Bruttoinlandsprodukt 2009 für Deutschland, veröffentlicht am ).
Die Luftfahrtindustrie wurde von der Wirtschaftskrise besonders schwer getroffen. Passagierzahlen und Umsatzerlöse sanken beträchtlich, sodass auch die Marktführer der Branche erhebliche Verluste hinnehmen mussten. Die Umsätze in der Passagierbeförderung von zwei weltweit größten Fluglinien, der American Airlines und der deutschen Lufthansa AG, fielen im Jahr 2009 um 17,7 % bzw. 11,8 % geringer aus als noch im Jahr 2008. In Folge dessen betrugen die Verluste vor Ertragssteuerbelastung USD 1.752 Millionen bzw. EUR 229 Millionen. Viele Gesellschaften in der Luftfahrtindustrie überlebten die Wirtschaftskrise nicht. Neben medienwirksamen Insolvenzen wie jener der Billigfluglinie SkyEurope (Insolvenzantrag eingebracht am ) mussten auch zahlreiche Chartergesellschaften aufgrund des außergewöhnlich schwachen Wirtschaftsumfeldes Insolvenz anmelden. Beispielhaft sind die deutsche Gesellschaft Blue Wings () und die steirische Gesellschaft Robin Hood () zu nennen (siehe Artikel in der Anlage).
Viele Ökonomen sehen die Entwicklung auf dem US-Häusermarkt als Hauptauslöser der Finanz- und Wirtschaftskrise. Die ständige Praxis der kreditfinanzierten Eigenheimbeschaffung ohne nennenswerte Sicherheiten wurde zu einem Problem, als die Zinszahlungen der variabel verzinsten Eigenheimkredite stiegen und gleichzeitig die Immobilienpreise fielen. Viele Hausbesitzer konnten sich die laufenden Zinszahlungen nicht mehr leisten und waren zum Verkauf des Hauses oder die Abtretung an die Bank gezwungen. Das dadurch zunehmende Angebot am Häusermarkt ließ den Preis noch weiter sinken. Da Immobilien oft zu mehr als 80 % fremdfinanziert wurden, war es selbst für Familien, die sich die laufenden Zinsen leisten konnten, günstiger das Haus an die Bank abzutreten und dafür den Hypothekarkredit nicht zurückzahlen zu müssen. Die Situation verschärfte sich in der Folge durch den Umstand, dass Kreditinstitute unter dem Druck fauler Kredite bei der Vergabe neuer Hypothekarkredite deutlich restriktiver wurden und so die Nachfrage nach neuen und gebrauchten Immobilien abschwächte. Die Kombination aus höherem Angebot und reduzierter Nachfrage führte zu einem Preisverfall um durchschnittlich 30 % am US-Häusermarkt. Bis heute haben sich aufgrund der ungünstigen Angebot/Nachfrage-Situation die Preise noch nicht erholt und bewegen sich rund um den niedrigsten Wert seit 2002.
Unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit kam es am Markt für Jets zu einer ähnlichen Situation. Da der Flugbetrieb sehr kapitalintensiv ist, werden Flugzeuge meist von Kreditinstituten erworben und an die Betreibergesellschaften verleast. Im Fall einer Zahlungsunfähigkeit der Betreibergesellschaft haben die Banken auf diese Weise zumindest Zugriff auf das verwertbare Anlagegut. Aufgrund fallender Umsätze am Markt für kommerzielle Personenbeförderung (siehe oben) konnten sich viele Gesellschaften die Leasingraten nicht mehr leisten und mussten Flugzeuge verkaufen bzw. ihre Leasingverhältnisse auflösen. Gleichzeitig wurden Kreditinstitute vorsichtiger bei der Bonitätsprüfung potenzieller Leasingnehmer, was die Möglichkeiten zum Kauf von Flugzeugen zusätzlich zur angespannten Marktsituation noch weiter verschlechterte. Der durchschnittliche Preis für Jets fiel im Zuge der Wirtschaftskrise um 30 – 40 % (siehe Graphik zur Marktentwicklung in der Anlage).
Da Banken naturgemäß bemüht sind, die Risiken ihrer Leasinggeschäfte abzuschätzen, werden die Marktpreise der verschiedenen Flugzeugtypen und damit der Wert der Sicherheiten ständig überwacht. Auch die Geschäftsführung der GmbH überwachte selbstverständlich die Marktsituation. Bereits vor dem Bilanzerstellungszeitpunkt war daher offenkundig, dass beim betriebszugehörigen Flugzeug mit einer Wertminderung zu rechnen war. Die Geschäftsführung forderte aus diesem Grund ein Gutachten der Firma „Avcon aviation & industry consult“ an, das eine genaue Bewertung der Anlage ermöglichen sollte. Im Schreiben vom bezifferte die beauftragte Beraterfirma den Marktwert für diesen Flugzeugtyp mit vergleichbarem Abnutzungsgrad mit USD 15.000.000 bis USD 16.000.000 (siehe Anlage). Das entspricht einer Wertminderung von 32 % bis 27 % seit dem Kauf der Maschine, der nur etwa anderthalb Jahre zurücklag. Eine derartige Wertminderung über einen so kurzen Zeitraum kann nicht als unerheblich und unwesentlich angesehen werden.
Die Wertminderung war für die Geschäftsführung der GmbH bereits vor dem Bilanzerstellungszeitraum offenkundig. Zum Nachweis wurden der Behörde Gutachten vorgelegt, die einen erheblich über die normale Abnutzung hinausgehenden Wertverlust belegen. Zweifellos liegen die Ursachen für die Wertminderung in der Wirtschaftskrise des Jahres 2009 und seinen weitreichenden Folgen begründet. Eine Teilwertabschreibung kann daher nur mit dem Ablauf des Verlustentstehungsjahres zum geltend gemacht werden.“
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist aus dieser Argumentation für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen. Die von ihr als Weltwirtschaftskrise angesprochene Bankenkrise begann bereits Anfang 2007. Die Anschaffung des gegenständlichen Jets am erfolgte demnach bereits während der Krise, sodass die wirtschaftliche Situation bereits Einfluss auf die Preisverhandlungen gehabt haben musste. Die lediglich die Ursachen der Finanzkrise im Allgemeinen darstellende Argumentation nimmt keinerlei Bezug auf die konkreten Auswirkungen auf einen niedrigeren Teilwert des gegenständlichen Flugzeuges.
Das Vorliegen eines niedrigeren Teilwertes hätte jedoch nachgewiesen werden müssen. Ein solcher Nachweis wurde nicht erbracht. Mit dem Fehlen von stichhaltigen Beweisen für eine im Jahr 2009 eingetretene erhebliche und dauernde Wertminderung war der Teilwertabschreibung in Höhe von 1.932.714,37 € die abgabenrechtliche Anerkennung zu versagen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wird über die Geltendmachung einer Teilwertabschreibung abgesprochen. Es handelt sich dabei um keine zu lösende Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von ausschließlich einzelfallbezogenen Sachverhaltsfragen ab, die im Wege der freien Beweiswürdigung beurteilt wurden. Eine Revision ist demnach nicht zulässig.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 6 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 8 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 UGB, Unternehmensgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100326.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at