Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.10.2019, RV/5100878/2018

NeuFö Vordruck wurde der zuständigen Behörde nicht vorgelegt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin RI in der Beschwerdesache BF, ADR, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ERFNR, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Übergabsvertrag vom haben die Ehegatten ÜG an deren Sohn und dessen Ehegattin, BF, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., je einen Viertelanteil der ihnen gehörigen Liegenschaften (land- und forstwirtschaftlicher Betrieb samt übersteigendem Wohnungswert, Mietwohngrundstück, Einfamilienhaus) übergeben.

Der Schriftenverfasser, Rechtsanwalt RA,=RA, hat am  beim Finanzamt für Gebühren Verkehrsteuern und Glücksspiel (GVG) die diesbezüglichen elektronischen Abgabenerklärungen zur Erfassungsnummer, ERFNR, eingereicht. Für alle Erwerbsvorgänge wurde die Befreiung gem. § 5a NeuFöG beantragt.

Gemäß dem Schreiben samt 5 Beilagen vom , adressiert an das Finanzamt FA, hat RA den Übergabsvertrag in Kopie, die Grundstückswertberechnungen sowie die NeuFöG-Bestätigung [Einzahl] im Postweg nachgereicht. Im Betreff sind angeführt: ERFNR, Übergabsvertrag NAME.

Dieses Schreiben ist beim GVG nicht eingelangt.

Aufgrund telefonischer Anforderung des fehlenden Übergabsvertrages hat RA sodann am  zwei NeuFöG-Bestätigungen für die Bf. und deren Gatten und drei Grundstückswertberechnungen per eMail an die zuständige Sachbearbeiterin beim GVG übersandt. Der Übergabsvertrag musste durch ein neuerliches Telefonat urgiert werden.

Sodann hat das GVG mit (2) Bescheiden je vom die Grunderwerbsteuer (GrESt) betreffend den obigen Übergabsvertrag für die Bf. in Höhe von insgesamt 1.358,78 € festgesetzt. In der Bescheidbegründung führt das GVG aus:
"Die beantragte Befreiung nach dem NeuFöG konnte nicht gewährt werden, weil der amtliche Vordruck NeuFö 2 nicht innerhalb der Anzeigefrist vorgelegt wurde."  

Am hat die Bf. gegen die GrESt-Bescheide Beschwerde erhoben, weil grundsätzlich der Steuerbefreiungstatbestand nach dem NeuFöG vorliege. Die entsprechenden Bescheinigungen der zuständigen Berufsvertretung seien gemeinsam mit der Vertragsanzeige im Original per eingeschriebenem Postbrief fälschlich an das Finanzamt FA, übermittelt worden. Auf diesem Wege seien bislang sämtliche Vertragsanzeigen vorgenommen worden, ohne dass es zu einer Beanstandung oder Nichtzustellung gekommen wäre. Erst durch den Anruf der zuständigen Sachbearbeiterin sei der Parteienvertreter darauf aufmerksam geworden, dass zwar die Adresse, nicht jedoch der Empfänger stimme, und dass sämtliche Übermittlungen elektronisch zu erfolgen hätten. Dabei sei die nochmalige Übermittlung der Unterlagen per eMail eingefordert worden. 
Zum Beweis legt RA eine Kopie des Schreibens vom samt Aufgabeschein vom gleichen Tag bei.

Hinsichtlich des in der Beschwerde angeführten Schreibens hat RA über Aufforderung durch das GVG am das Ergebnis eines Nachforschungsauftrages bei der Post mitgeteilt. Die Sendung sei nachweislich am der Post übergeben worden, am bei der Zustellbasis ZB eingelangt und am selben Tag zugestellt worden.

Am ist die nachfolgende Beschwerdevorentscheidung ergangen, mit der das GVG die Beschwerde als unbegründet abgewiesen hat. Die Vorlage des amtlichen Formulares NeuFö 2 sei materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Begünstigung nach § 5a NeuFöG. Das Original des amtlichen Vordruckes müsse innerhalb der Anzeigefrist vorgelegt werden, welche am geendet habe. Die NeuFöG-Bestätigung sei mit Schreiben vom an das FA, =FA, übersendet worden, beim GVG jedoch nicht eingelangt. Gemäß § 13 Abs. 2 AVOG obliege den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis die Entgegennahme von Anbringen, die Weiterleitung sei jedoch nur dann fristwahrend, wenn das für das An­bringen zuständige Finanzamt bezeichnet sei.

Im Vorlageantrag vom weist RA nochmals darauf hin, dass er bislang zahlreiche Eingaben an das FA gemacht habe, welche allesamt angekommen und akzeptiert worden seien.

Das GVG hat die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt und ergänzend angemerkt, dass jeder Sachverhalt für sich zu beurteilen sei und könne es einem Rechtsanwalt, der GrESt-Selbstberechnung und Anzeigen laufend vornehme, zugemutet werden, dass er wisse, welches Finanzamt zuständig sei. … Selbst wenn das Schreiben vom 17.7. beim FA am 19.7. eingelangt und am selben Tag ans GVG weitergeleitet worden wäre, wäre es nicht rechtzeitig gewesen. Die Unterlagen seien nie im Original eingelangt (per Mail sei kein Original), dh. NeuFö sei nicht verspätet sondern nie vorgelegt worden. 

Rechtslage

Gemäß § 1 NeuFöG werden zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 NeuFöG bestimmte Abgaben und Gebühren (Z 2 GrESt) nicht erhoben.

Nach § 4 Abs. 1 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 Z 1 bis 6 NeuFöG nur dann ein, wenn der Betriebsinhaber bei den in Betracht kommenden Behörden einen amtlichen Vordruck vorlegt, in dem die Neugründung erklärt wird.

Gemäß § 5a Abs. 1 NeuFöG liegt eine Betriebsübertragung vor, …
Nach Abs. 2 ist für Betriebsübertragungen die Bestimmung des § 4 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 13 Abs. 2 AVOG obliegt den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis für das gesamte Bundesgebiet die Entgegennahme von Anbringen in den von Finanzämtern zu vollziehenden Abgabenangelegenheiten zur Weiterleitung an das im Anbringen bezeichnete Finanzamt. Die Weiterleitung ist nur in jenen Fällen fristwahrend, in denen das für das Anbringen zuständige Finanzamt bezeichnet ist.

Erwägungen

Die GrESt-Pflicht des gegenständlichen Erwerbsvorganges ist dem Grunde und der Höhe nach unstrittig.

Alleiniger Streitpunkt ist die Frage, ob eine Befreiung nach § 5a iVm. § 4 NeuFöG zum Tragen kommt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Erklärung der Neugründung - und analog dazu die Erklärung der Betriebsübertragung - nach § 4 NeuFöG formgebunden. Es ist ein bestimmter amtlicher Vordruck zu verwenden und überdies eine Bestätigung einzuholen. Die Vorlage dieser formgebundenen Erklärung ist die materielle Voraussetzung für die Begünstigung ().

Bei der Vorlage des amtlichen Vordruckes (§ 4 NeuFöG) bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag handelt sich um ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung. Dieses muss, wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung, im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen. Eine spätere Vorlage kann den Tatbestand daher nicht mehr erfüllen, weil dieser eben die rechtzeitige Vorlage verlangt ().

Nach § 10 Abs. 1 GrEStG sind Erwerbsvorgänge, die diesem Bundesgesetz unterliegen, bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem die Steuerschuld entstanden ist, zweitfolgenden Monats beim Finanzamt mit einer Abgabenerklärung anzuzeigen. Eine Abgabenerklärung ist gemäß § 10 Abs. 1 GrEStG grundsätzlich auch dann vorzulegen, wenn der Erwerbsvorgang von der Besteuerung ausgenommen ist.
Nach der Verwaltungspraxis ist es ausreichend, wenn der amtliche Vordruck NeuFö gemeinsam mit der Abgabenerklärung innerhalb der Anzeigefrist vorgelegt wird.

Nach der Rechtsansicht des BFG ist der Behörde ein Original des amtlichen Vordruckes NeuFö vorzulegen. Eine Kopie des Originales wird mangels Erklärungswert nicht als ausreichend erachtet (). 
Demgemäß wird der Antragsteller schon im Vordruck selbst auf Seite 1 darauf hingewiesen, dass für die Inanspruchnahme der Begünstigung die Erklärung im Original vorgelegt werden muss.

Der amtliche Vordruck muss überdies nach den Bestimmungen des NeuFöG "bei der Behörde" vorgelegt werden - das ist jene Behörde, die die Amtshandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 bis 7 vollzieht bzw. bei der die dort beschriebenen Abgaben anfallen (). 
Gemäß § 19 Abs. 2 AVOG obliegt die Erhebung der GrESt dem GVG als Finanzamt mit besonderem Aufgabenkreis  für das gesamte Bundesgebiet.

Anbringen sind schon grundsätzlich bei jener Behörde einzubringen, die zur Behandlung und Erledigung des Anbringens nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Einreichens (sachlich und örtlich) zuständig ist.
Langen bei einer Abgabenbehörde Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig sind, so haben sie gemäß § 50 BAO diese ohne unnötigen Aufschub - auf Gefahr des Einschreiters - an die zuständige Stelle weiterzuleiten. In einem solchen Fall ist auf das tatsächliche Einlangen bei der zuständigen Abgabenbehörde abzustellen und hat allfällige, aus der Weiterleitung resultierende, rechtliche Nachteile der Antragsteller zu tragen.

Auch nach § 13 Abs. 2 AVOG , welcher eine lex specialis zu § 50 BAO darstellt, obliegt den Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenkreis die Entgegennahme von Anbringen in den von Finanzämtern zu vollziehenden Abgabenangelegenheiten "zur Weiterleitung an das im Anbringen bezeichnete Finanzamt. Die Weiterleitung ist allerdings nur in jenen Fällen fristwahrend, in denen das für das Anbringen zuständige Finanzamt bezeichnet ist."

Das NeuFöG in seiner Gesamtheit lässt somit erkennen, dass die begünstigenden Wirkungen dieses Gesetzes nur bei - genauer - Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen (zB rechtzeitige Vorlage eines amtlichen Vordrucks im Original bei der zuständigen Behörde) eintreten. 

Im gegenständlichen Fall ist die Steuerschuld mit Abschluss des Übergabsvertrages am entstanden und hat die Anzeigefrist daher am Montag (§ 108 BAO) geendet.
Am letzten Tag der Frist hat die Bf. in Ergänzung zur elektronischen Abgabenerklärung vom  nach ihren Angaben die NeuFö Vordrucke im Original als Beilagen zu ihrem Schreiben vom  an das FA - somit an ein unzuständiges Finanzamt - versandt.

Das Schreiben samt Beilagen ist allerdings nie beim - zuständigen - GVG eingelangt, was die Bf. nicht in Zweifel gezogen hat.

Es ist daher dem GVG Recht zu geben, dass in concreto der tatbestandsmäßig notwendige amtliche Vordruck NeuFö im Original der Behörde nicht vorgelegt wurde und somit die Wirkungen des NeuFöG gemäß § 4 mangels Erfüllung der formellen Voraussetzungen nicht eintreten können.

Wenn auch das FA zur Weiterleitung der nach dem Ergebnis des Nachforschungsauftrages an die Post tatsächlich am zugestellten Sendung verpflichtet gewesen ist, so setzt eine fristwahrende Weiterleitung gemäß § 13 Abs. 2 AVOG die Bezeichnung des zuständigen Finanzamtes im Anbringen voraus, welche aus dem maßgeblichen Schreiben nicht ersichtlich ist. Die NeuFö Vordrucke wären somit jedenfalls verspätet beim GVG eingelangt. 

Das Beschwerdevorbringen, wonach RA zahlreiche Eingaben an das FA gemacht habe, welche allesamt angekommen und akzeptiert worden seien, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil Gegenstand der Entscheidung immer nur der konkrete Sachverhalt sein kann. Damit geht aber der Hinweis auf die bis dahin gepflogene Vorgehensweise ins Leere.
Ohne Belang ist auch die Frage, ob beide NeuFö Vordrucke bzw. welcher tatsächlich als Beilage zum Schreiben am versandt worden ist.

All dem zu Folge sind im gegenständlichen Fall, da die Original Vordrucke NeuFö 2 dem GVG tatsächlich nicht vorgelegt wurden, die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach  § 5a iVm. § 4 NeuFöG  nicht erfüllt.

Es war daher die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der angesprochenen umfangreichen Judikatur des VwGH zu einer Vielzahl von ähnlich gelagerten Sachverhalten erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 4 Abs. 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 5a Abs. 1 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999
§ 13 Abs. 2 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100878.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at