Vertragserrichtungskosten als Teil der Bemessungsgrundlage
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr., vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. 123, betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde aufgrund des Kauf- und Anwartschaftsvertrages vom die Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.340,31 Euro fest. Dabei ging es von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 95.437,50 Euro aus, die sich aus dem Kaufpreis in Höhe von 93.750 Euro und den Vertragserrichtungskosten in Höhe von 1.687,50 Euro zusammensetzte. Begründend wurde ausgeführt: "Die Vertragserrichtungskosten gehören zur Bemessungsgrundlage, da bei Bauträgerprojekten der Käufer keine Wahl des Vertragserrichters hat und an das Projekt gebunden ist."
Gegen diese Festsetzung erhob die Beschwerdeführerin (Bf.) rechtzeitig Beschwerde. In dieser beantragte sie die Grunderwerbsteuerbemessung vom vereinbarten Kaufpreis ohne Hinzurechnung der Vertragserrichtungskosten. Die Ansicht, dass die Vertragserrichtungskosten Teil der Gegenleistung seien, sei unrichtig und widerspreche der ständigen Judikatur. Es sei die Vorfrage hinsichtlich der Zuordnung der Vertragserrichtungskosten zu klären, wer den Rechtsanwalt/Notar beauftragt habe und zivilrechtlich aufgrund des Bevollmächtigungsvertrages gemäß § 1014 ABGB verpflichtet sei, das Honorar zu übernehmen. Werde der Auftrag zur Vertragserrichtung allein vom Käufer erteilt, wären die Vertragserrichtungskosten eigene Kosten des Käufers und daher kein Teil der Bemessungsgrundlage (vergleiche ). Die Bf. habe den Auftrag zur Vertragserrichtung bereits mit Legung des entsprechenden Kaufanbotes vom kundgetan, zumal festgehalten werde, dass sämtliche Kaufnebenkosten vom Käufer im Falle der Annahme des Kaufanbotes zu tragen seien.
Mit Legung dieses rechtsverbindlichen Kaufanbotes habe die Bf. auch die separate Übernahme der Unterlagen laut Bauträgervertragsgesetz bestätigt, womit sie auch den Erhalt des Vertragstextes bestätigt habe und daher auch in Kenntnis gewesen sei, dass sie den Auftrag zur Vertragserrichtung an den Vertragserrichter und Treuhänder RA erteile und damit die Kosten für die Vertragserrichtung trage. Der Bf. sei daher, bereits vor Legung des Kaufanbotes, nicht nur die Person des Vertragserrichters, der von ihr alleine im Fall der Annahme des Kaufanbotes zu beauftragen sei, die damit verbundenen, von ihr zu tragenden Vertragserrichtungskosten, sondern auch der Vertragsinhalt, ebenso wie das Projekt und die Abwicklungsmodalitäten bekannt gewesen. In Kenntnis dieser Umstände sei letztlich von der Bf. ohne Druck und ohne Zwang in freier Entscheidung gehandelt worden. Die Vertragserrichtungskosten in Höhe von 1.687,50 Euro seien daher nicht als Gegenleistung gem. § 5 GrEStG in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde vom Finanzamt ausgeführt, dass mit der Verkäuferin kein Vertrag zustande gekommen wäre, wenn der Käufer den Vertrag nicht beim gegenständlichen Vertragsverfasser unterschrieben hätte. Das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch den Käufer treffen können. Dieser Umstand spreche für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung. Die Verkäuferin habe den Vertragsverfasser als Treuhänder im Sinne des Bauträgergesetzes bestellt und ihn mit der gesamten rechtlichen Durchführung des Projektes beauftragt. Dabei seien zur Gewährleistung einheitlicher Beziehungen innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaft mit den weiteren Käufern und Miteigentümern des Objektes gleichartige Verträge abgeschlossen worden. Ein Erwerb der Liegenschaftsanteile über einen anderen Vertragserrichter wäre somit gar nicht möglich gewesen. Die vertraglich übernommene Bezahlung der 1,5%igen Vertragserrichtungsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer sei somit eine sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG und die Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage erweise sich daher als nicht rechtswidrig.
Mit Schriftsatz vom stellte die Bf. einen Vorlageantrag ohne weitere Ausführungen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
I. Sachverhalt:
Die Bauträger GmbH & Co KG ist Alleineigentümerin der unbebauten Liegenschaft EZ xx KG xxx und errichtet als Bauträgerin iSd BTVG 2010 und Wohnungseigentumsorganisatorin im eigenen Namen und für eigene Rechnung einen teilunterkellerten Geschossbau mit mit ca. 24 selbständigen Wohnungseigentumsobjekten, Kfz-Abstellplätzen und Außenanlagen (Orientierungsnummer: Ort).
Mit Kauf- und Anwartschaftsvertrag vom erwarb die Bf. in Eigentümerpartnerschaft zur Hälfte das Anwartschaftsrecht auf die Übereignung der erforderlichen Mindestanteile, um an einer in dieser Wohnhausanlage im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung (W 14) samt Zubehör Wohnungseigentum begründen zu können. Als Fixkaufpreis für den Erwerb wurde ein Betrag von 187.500 Euro vereinbart, womit auf den anteiligen Erwerb der Bf. 93.750 Euro entfielen. Treuhänder des Bauprojektes und Vertragserrichter ist RA.
Der Kauf- und Anwartschaftsvertrag lautet auszugsweise:
§ 1 Präambel
[…]
3. Die WEB (Anm: Wohnungseigentumsbewerber) sind über das Bauvorhaben Ort informiert und bestätigen hiemit, eine Woche vor Abgabe ihrer Vertragserklärung, vom Bauträger diesen Vertragstext sowie schriftlich nachstehende Informationen und Projektunterlagen erhalten zu haben:
a) Beschreibung, Darstellung, Ausmaß, Lage und Widmung des eigentlichen Vertragsgegenstandes (Wohnungseigentumsobjekt samt Zubehör) sowie der, von den WEB gewöhnlich nutzbaren Teile der Gesamtanlage samt Plänen, Bau- und Ausstattungsbeschreibung sowie Hinweis, dass der eigentliche Vertragsgegenstand oder die Gesamtanlage nicht in einem Hochwasserabflussgebiet liegt und die Liegenschaft nicht im Verdachtsflächen- oder Bombenkataster oder Altlastenatlas verzeichnet ist,
b) Fixpreis, mit dem Erwerb verbundene Abgaben und Steuern, die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung sowie die Fälligkeit dieser Zahlungen,
[…]
f) RA, als der vom Bauträger gemäß § 12 BTVG 2010 bestellte Treuhänder,
[…]
§ 4 Treuhänderbestellung und Sicherstellung gemäß BTVG 2010
1. Der Bauträger hat bereits vor Unterfertigung dieses Vertrages mit einer gesonderten Urkunde Herrn RA, zum Treuhänder für dieses Projekt gemäß § 12 BTVG 2010 bestellt und vereinbaren die Vertragsparteien zur Sicherstellung der, vom WEB geleisteter Zahlungen, die grundbücherliche Sicherstellung gemäß § 9 BTVG 2010 durch Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 und Zahlung nach Ratenplan A gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 BTVG 2010.
2. Die WEB nehmen zur Kenntnis, dass aufgrund der Treuhänderbestellung gemäß § 12 BTVG 2010 die Treuhandfunktion von Herrn RA, und somit seine Tätigkeit als Treuhänder erst mit Ende der Sicherungspflicht gemäß § 7 Abs. 5 BTVG 2010, somit mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes und rechtskräftiger Einverleibung des ideellen Mindestanteiles gemäß § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 9 WEG 2002 samt Wohnungseigentum zugunsten der WEB, endet. Aufgrund der Bestimmungen des BTVG 2010 hat der Treuhänder insbesonders die Verpflichtung,
a) die WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren, insbesonders über die, nach dem Vertrag zur Verfügung stehenden, Möglichkeiten der Sicherung gemäß § 7 BTVG 2010 einschließlich der jeweiligen Rechtsfolgen für den Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bauträgers sowie über den Haftrücklass gemäß § 4 Abs. 4 BTVG 2010 und seine Rechtsfolgen,
[…]
§ 7 Wohnungseigentumsvertrag
Der, aufgrund der Bestimmungen des WEG 2002 in der jeweils geltenden Fassung, vom Treuhänder und Vertragserrichter, Herrn RA, im Namen der Vertragsparteien zu errichtende, abzuschließende und zu unterfertigende Wohnungseigentumsvertrag hat die gesetzlichen Mindesterfordernisse bzw. nachstehende wesentliche Vertragsbestandteile wie folgt zu enthalten:
[…]
§ 17 Kosten, Abgaben, Steuern und Gebühren
1. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung und Treuhandabwicklung gemäß § 12 BTVG 2010, die mit diesen Verträgen verbundenen Barauslagen, die Treuhandkontoführungsgebühren und -spesen, die Grunderwerbsteuer und die grundbücherliche Eintragungsgebühr für das Eigentumsrecht, mit Ausnahme der vom Bauträger zu tragenden Kosten der Baufortschrittsüberprüfung durch den Sachverständigen gemäß § 13 Abs. 2 BTVG 2010, der vertraglich ausbedungenen Geldlastenfreistellung der vertragsgegenständlichen Miteigentumsanteile und der Erstellung des Nutzwertgutachtens gemäß § 9 Abs. 1 WEG 2002, gehen zu Lasten der WEB, die auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt haben. […]
2. Die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages samt grundbücherlicher Durchführung werden mit 1,5% des Gesamtkaufpreises zuzüglich der jeweiligen gesetzlichen Umsatzsteuer zuzüglich der notariellen Beglaubigungsspesen und zuzüglich jeweiliger Barauslagen (Pauschalgebühr, Grundbuch, Archivierungsgebühren, Grundbuchsauszüge, Kopierspesen und Porto) zuzüglich Treuhandkontoführungsgebühren und -spesen vereinbart und verpflichten sich die WEB, diese Kosten binnen vierzehn Tagen nach Anmerkung der Zusage der Einräumung Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002 zu bezahlen.
[…]
Das Finanzamt ermittelte die anteiligen Vertragserrichtungskosten inkl. USt lt. den Vertragsbestimmungen mit 1.687,50 Euro.
Strittig ist im konkreten Fall die Einbeziehung dieser Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer, sohin Grunderwerbsteuer in Höhe von 59,06 Euro.
II. Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 (GrEStG) idgF unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (§ 5), mindestens vom Grundstückswert zu berechnen.
Bei einem Kauf ist nach der Legaldefinition des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 die Gegenleistung der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Was Gegenleistung ist, wird in § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt. Überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, weil eine solche vorliegt und ermittelt werden kann, bildet jede nur denkbare – geldwerte entgeltliche - Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage.
Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt und ist sohin die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, § 5 Rz 1–6 mit einer Vielzahl von Judikaturverweisen).
Zum Begriff sonstige Leistung zählen alle Leistungen, die der Käufer dem Verkäufer oder für diesen an Dritte leistet, um das Kaufgrundstück erwerben zu können und deren Erbringung in einem unmittelbaren, wirtschaftlichen oder inneren Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes steht (zB ; ).
Grundsätzlich gehören Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber aufgrund einer Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, zur Gegenleistung (). Übernommene Leistungen iS des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 sind somit auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es auf Grund des Gesetzes, sei es auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen (siehe Fellner aaO, Rz 64 ff. und die dort angeführten zahlreichen hg. Erkenntnisse).
Festzuhalten ist, dass der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist, für deren Beurteilung es sohin nicht auf die äußere Form von Verträgen, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt ankommt bzw. die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden können. Wenn die Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer zwar an Vorgänge des rechtlichen Verkehrs anknüpft, kann auch bei einer solchen Abgabe die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ganz außer Betracht bleiben. So dürfen etwa bei Beantwortung der Frage, in welcher Höhe die Grunderwerbsteuer zu erheben ist, die wahren wirtschaftliche Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges nicht außer Acht gelassen werden (vgl. 1485, 1486/68). Die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt auch im Bereich des Verkehrsteuerrechts immer dann, wenn sich der Abgabenbehörde ein Sachverhalt darbietet, bei dem eine rein formal-rechtliche Beurteilung zu Ergebnissen führen würde, die dem Sinn und dem Zweck des betreffenden Abgabengesetzes klar zuwiderlaufen würde ( und 532/74).
Nach Rechtsprechung und Lehre (Fellner, aaO, Rz 79; Arnold/Bodis, GrEStG, § 5 Tz 127) zählen die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde nur dann zur Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Beauftragt nämlich der Veräußerer allein die Verfassung der Vertragsurkunde, dann entstehen nur ihm als Auftraggeber dafür Kosten. Verpflichtet sich der Käufer, diese für den Veräußerer entstandenen Kosten zur Gänze durch Zahlung an den Vertragsverfasser zu übernehmen, dann erbringt er in diesem Umfang eine sonstige Leistung, die er aufwenden musste, um das Grundstück zu erhalten ().
In Fällen, in denen beide Vertragsteile einen Rechtsanwalt oder Notar mit der Vertragserrichtung betrauen und sich der Käufer verpflichtet, die gesamten Kosten der Vertragserrichtung zu tragen, obwohl gemäß §§ 826, 1004 und 1014 ABGB zunächst beide Vertragsteile als Auftraggeber verpflichtet gewesen wären, die Kosten (anteilsmäßig - je zur Hälfte) zu tragen, dann stellt die vom Käufer vertraglich zur Bezahlung übernommene Hälfte der Vertragserrichtungskosten des Verkäufers eine sonstige Leistung gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG dar (Fellner, aaO, Rz 79a mit Verweis auf zahlreiche VwGH-Erkenntnisse).
III. Erwägungen:
Nach der dargestellten Rechtsprechung ist es wesentlich, wer von den beiden Vertragsparteien den vertragserrichtenden Rechtsanwalt mit der durch diese Kosten abgegoltenen Agenda beauftragt hat und wer zivilrechtlich zur Tragung der diesbezüglichen Kosten verpflichtet war.
In § 1 Z 3 des gegenständlichen Vertrages wird bestätigt, dass die Bf. eine Woche vor ihrer Vertragserklärung von der Veräußerin (der Bauträgerin) den Vertragstext sowie weitere schriftliche Informationen und Projektunterlagen erhalten hat. Dies bedeutet, dass ihr bereits ein fertiggestellter Vertragsentwurf vorgelegt worden ist. Bei den aufgeführten Informationen handelt es sich ua. auch um die Bekanntgabe des Fixpreises und der Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung (§ 1 Z 3 lit. b).
Im § 4 des Vertrages wird erklärt, dass der vertragserrichtende Rechtsanwalt bereits zuvor mit gesonderter Urkunde zum Treuhänder dieses Bauprojektes bestellt worden ist. Weiters nimmt die Bf. zur Kenntnis, dass die Treuhandfunktion dieses Rechtsanwaltes erst mit tatsächlicher Übergabe des fertig gestellten Vertragsobjektes und rechtskräftiger Einverleibung des ideellen Miteigentumsanteiles zugunsten der WEB endet und der Treuhänder aufgrund der Bestimmungen des BTVG insbesondere die Verpflichtung hat, die WEB über die Natur des Vertrages und die wesentlichen Vertragspunkte in rechtlicher Hinsicht zu belehren.
Im § 13 des Vertrages verpflichtet sich die Bf. als WEB wiederum, im Falle der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragung ihrer Miteigentumsanteile bzw. ihres Anwartschaftsrechtes bis zum Zeitpunkt der Wohnungseigentumsbegründung ausschließlich den beauftragten Vertragserrichter und Treuhänder zu beauftragen.
Schließlich erteilen die Vertragsteile im § 15 des Vertrages dem Rechtsanwalt RA Vollmacht zur Errichtung und zur grundbücherlichen Abwicklung dieses Vertrages. Mit Unterfertigung des Kaufvertrages wurde auch gleichzeitig die darin enthaltene Vollmacht erteilt. Damit entstand erst mit der Unterzeichnung des Vertrages eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und der Bf. Hätte die Bf. nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit der Verkäuferin aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragserrichters zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur die Verkäuferin und nicht auch die Bf. treffen können. Diese Umstände sprechen für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung.
Laut Vertragspunkt § 17 gehen die Kosten der Errichtung dieses Kauf- und Anwartschaftsvertrages sowie des Wohnungseigentumsvertrages zu Lasten der WEB und wird aufgeführt, dass diese auch ausschließlich den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hätten. Im Rahmen einer ausschließlich formal-rechtlichen Betrachtung dieses Vertragsinhaltes käme dem Beschwerdevorbringen im Ergebnis Berechtigung zu. Nach dem Obgesagten ist allerdings der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht im wirtschaftlichen Sinne zu verstehen und kommt es sohin für die Beurteilung nicht auf die äußere Form des Vertrages, sondern auf die wahren wirtschaftlichen Merkmale des betreffenden Erwerbsvorganges an.
Bei der Durchführung von Wohnungsverkäufen im Rahmen der Errichtung von Wohnhausanlagen mit mehreren Wohnungen stellt sich der tatsächliche Geschehensablauf nach der Lebenserfahrung bzw. den Erfahrungen im Wirtschaftsleben (nahezu) ausschließlich so dar, dass im Zuge der Projektentwicklung die Veräußererseite an einen Notar bzw. Rechtsanwalt mit dem Auftrag zur Erstellung eines Mustervertrages herantritt, welcher dann lediglich hinsichtlich des jeweiligen Wohnungsverkaufes, des Miteigentumsanteiles, des Käufers und des Kaufpreises adaptiert wird und dem einzelnen Kaufinteressenten zur Unterfertigung vorgelegt wird, worin sich sohin bezüglich der Vertragserstellung die von den Käufern zu entfaltende Aktivität erschöpft.
Insbesondere in Zusammenhang mit der Errichtung von solchen Projekten mit mehreren Wohnungen bzw. Appartements kann ausgeschlossen werden, dass jeder einzelne Käufer für sich individuell einen Vertragsverfasser auswählt und mit der Vertragserrichtung für sich beauftragt, was wohl einen unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenmehraufwand für annähernd gleiche Verträge darstellen würde, der auch seitens der Verkäufer wenig erwünscht ist (vgl. ; ).
Auch beim gegenständlichen Bauprojekt ist es nach Einsicht des BFG in das Grundbuch erwiesen, dass bei sämtlichen Verkäufen der Rechtsanwalt als Vertragserrichter fungierte, der auch von der Veräußerin bzw. Bauträgerin zum Treuhänder des Bauprojektes bestellt worden ist und dass mit allen Käufern ein mit der gegenständlichen Vertragsurkunde inhaltlich nahezu vollständig ident abgefasster Kauf- und Anwartschaftsvertrag abgeschlossen wurde.
Zudem ergibt sich aus § 4 des Vertrages, dass der Rechtsanwalt bereits vor Unterfertigung des Vertrages von der Bauträgerin zum Treuhänder bestellt worden ist.
Wie aus dem oben zitierten VwGH-Erkenntnis vom , 2001/16/0353 ersichtlich, ist gerade dann, wenn – wie hier - der Käufer mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltene Bevollmächtigung gleichzeitig unterzeichnet, erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestandene Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und dem Käufer entstanden. Wäre der Fall eingetreten, dass mangels Vertragsunterfertigung kein Vertrag mit der Verkäuferin, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen wäre, wäre das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes, der ja bereits als Mustervertrag offenkundig vorgelegen ist (siehe § 1 Z 3 des Vertrages), nur bei der Verkäuferin gelegen und hätte nicht auch die Bf. getroffen. Diese Umstände sprechen laut VwGH für eine ausschließlich von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Vertragsverfassung. Ein weiteres Indiz dafür ist auch darin zu sehen, dass die Veräußerin bzw. Bauträgerin bereits vor der Vertragsunterzeichnung die Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung sowie die Fälligkeit dieser Zahlungen der Bf. bekanntgab (§ 1 Z 3 lit b des Vertrages).
Auch die Einbindung einer Regelung über die Höhe und Bezahlung der Vertragserrichtungskosten in den Vertrag ergibt nur dann rechtlich Sinn, wenn es sich dabei um eine von der Bf. gegenüber der Verkäuferin übernommene Verpflichtung zur Tragung von Kosten handelt. Wären dies nämlich solche Kosten gewesen, die die Bf. jedenfalls infolge ihrer Auftragserteilung an den Vertragsverfasser zivilrechtlich getroffen hätten, dann hätte es einer solchen vertraglichen Vereinbarung im Rahmen des Kaufvertrages zwischen den Vertragsparteien des Wohnungskaufes gar nicht bedurft. Vielmehr hätte wohl der Vertragsverfasser der Bf. als seiner Auftraggeberin von sich aus eine entsprechende Honorarnote gelegt.
Die Kosten der Vertragserrichtung waren daher - entsprechend der Ansicht der Abgabenbehörde – als sonstige Leistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Vertragserrichtungskosten einen Teil der grunderwerbsteuerlichen Gegenleistung bilden, liegt eine langjährige und umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.2100660.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at