Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.09.2019, RV/7101100/2019

Säumniszuschlag - verspätete Entrichtung wegen Erkrankung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Säumniszuschlag, zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte die Abgabenbehörde von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten gemäß § 217 Abs.1 und 2 BAO erste Säumniszuschläge mit jeweils 2 % fest.


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Abgabe
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in Euro
Umsatzsteuer 10/2018
17.864,45
357,29
Lohnsteuer 11/2018
2.551,98
51,04
Summe
 
 
408,33

Die Festsetzungen seien erforderlich gewesen, weil  die angeführten Abgabenschuldigkeiten nicht innerhalb der obenstehenden Fristen entrichtet worden seien.

Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) dagegen das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte den Antrag auf Aufhebung der Säumniszuschläge iHv € 408,33.

Als Begründung führte die Bf wie folgt aus:

„Die Bezahlung der Abgaben erfolgte aufgrund der Erkrankung des Geschäftsführers, der im Zeitraum vom 15. bis Fieber hatte, bettlägerig war und Antibiotika einnehmen musste, nicht rechtzeitig. Das entsprechende Rezept liegt zum Nachweis bei, Herr S bezahlt die Abgabenschulden stets pünktlich. Auch stellt die Höhe der Säumniszuschläge angesichts der geringfügigen Verzögerung eine erhebliche Härte dar.

Im Sinn der obigen Ausführungen ersuche ich von der Vorschreibung der Säumniszuschläge Abstand zu nehmen.“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde vom als unbegründet ab und führte zur Begründung wie folgt aus:

§ 217 Bundesabgabenordnung bestimmt: Wird eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines ersten Säumniszuschlages ein.

Die Zahlung in Höhe von € 21.824,64 langte auf dem Nebenkonto des Finanzamtes am ein; unter Berücksichtigung einer dreitägigen Respirofrist (gemäß § 211 Absatz 2 Bundesabgabenordnung) ergab sich somit als Entrichtungstag der .

Dieser Entrichtungstag ist für die Fälligkeit der Umsatzsteuer 10/2018 () als verspätet anzusehen; somit war mit Ablauf des Fälligkeitstages ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 357,29 (2% von € 17.864,45 gemäß § 217 Abs. 2 Bundesabgabenordnung) verwirkt.

Dieser Entrichtungstag ist für die Fälligkeit der Lohnsteuer 11/2018 () als verspätet anzusehen; somit war mit Ablauf des Fälligkeitstages ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 51,04 (2% von € 2.551,98 gemäß § 217 Abs. 2 Bundesabgabenordnung) verwirkt.

§ 217 Abs. 5 Bundesabgabenordnung bestimmt: Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet hat.

Diese Bestimmung kann leider nicht zur Anwendung kommen, da die erforderliche sechsmonatige Säumnislosigkeit aufgrund der verspäteten Entrichtung der Körperschaftsteuer 2017 (fällig ) nicht gegeben ist.

Die Vorschreibung von Säumniszuschlägen ist eine objektive Säumnisfolge. Die Verwirkung eines Säumniszuschlages setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus. Daher sind auch die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, grundsätzlich unbeachtlich.

Der Säumniszuschlag hat weder den Charakter einer Verzinsung des seiner Vorschreibung zu Grunde liegenden Abgabenrückstandes noch denjenigen einer Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus der verspäteten Abgabenentrichtung.

Mit Vorlageantrag vom stellte die Bf den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht.

Als Begründung wurde wie folgt ausgeführt:

„Die gegenständliche Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen wird nun der Vorlageantrag eingebracht.

Als Begründung in der abweisenden BVE wird angeführt, dass die in § 217 Abs. 5 BAO geforderte 6-monatige Säumnislosigkeit nicht vorliegt, da die Körperschaftsteuer 2017 nicht rechtzeitig am bezahlt wurde. Diese Argumentation ist aber nicht zulässig, da § 217 Abs. 5 BAO klarstellt, dass die 6-monatige Säumnislosigkeit nur für gemeinsam zu verbuchende regelmäßig wiederkehrende Abgaben zu betrachten ist. Die im Zuge der Veranlagung vorgeschriebene KSt ist aber nicht mit den monatlich abzuführenden Lohnabgaben und Umsatzsteuer gemeinsam zu verbuchen. Bei den laufend zu erhebenden Abgaben liegt daher eine 6-monatige Säumnislosigkeit iSd § 217 Abs. 5 BAO vor, weshalb schon aus diesem Grund der Säumniszuschlag gar nicht erst vorgeschrieben hätte werden dürfen.

Darüber hinaus wird in der Begründung der BVE angeführt, dass es auf das Verschulden erst gar nicht ankommt. Das ist grundsätzlich richtig. Jedoch sieht § 217 Abs. 7 BAO die Möglichkeit vor, Säumniszuschläge herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als den Abgabepflichtigen kein grobes Verschulden trifft. Nachdem die Erkrankung des Geschäftsführers nachgewiesen ist, wäre der durch die in der Beschwerde angeführten Ausführungen indizierte Herabsetzungsantrag zu beachten gewesen.

Es wird daher ersucht die gegenständlichen Säumniszuschläge gem. § 217 Abs. 5 BAO aufzuheben oder zumindest gemäß § 217 Abs. 7 BAO aufgrund des schuldlosen Verhaltens des Geschäftsführers entsprechend herabzusetzen.“

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Laut Aktenlage wurden die am fällige Umsatzsteuer 10/2018 und Lohnsteuer 11/2018 erst am entrichtet, sodass die Säumniszuschlagsvorschreibung als objektive Säumnisfolge grundsätzlich zu Recht erfolgte.

Sofern die Bf das Vorliegen einer ausnahmsweisen Säumnis iSd § 217 Abs. 5 BAO einwendet, da die im Zuge der Veranlagung vorgeschriebene Körperschaftsteuer 2017 nicht mit den monatlich abzuführenden Lohnabgaben und Umsatzsteuer gemeinsam zu verbuchen sei, sodass bei den laufend zu erhebenden Abgaben eine 6-monatige Säumnislosigkeit iSd § 217 Abs. 5 BAO vorliege,  ist dem zu entgegnen, dass laut Kontoabfrage sowohl die Körperschaftsteuer 2017 als auch die Umsatzsteuer 10/2018 und Lohnsteuer 11/2018 am Abgabenkonto mit der St.Nr.: Z1 (Körperschaftsteuer 2017 am , Umsatzsteuer 10/2018 und Lohnsteuer 11/2018 am ) verbucht wurden.

Der Wortlaut des § 217 Abs. 5 BAO stellt nicht auf „ regelmäßig wiederkehrende“ oder „laufend zu erhebende“ Abgaben, sondern auf alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, ab, sodass mangels Vorliegens einer 6-monatigen Säumnislosigkeit iSd § 217 Abs. 5 BAO die Vorschreibung der Säumniszuschläge sehr wohl zu Recht erfolgte.

Der Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages hängt allein davon ab, dass eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Die Vorschrift berücksichtigt somit nicht die Gründe, aus welchen im Einzelfall eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wurde und ist die Höhe des Säumniszuschlages von der Dauer des Verzuges nicht abhängig ().

Das Vorbringen, dass die Abgaben aufgrund der Erkrankung des Geschäftsführers von 15. bis verspätet einbezahlt worden sei, vermag daher an der Rechtmäßigkeit des Säumniszuschlages ebenso nichts zu ändern wie die Geringfügigkeit der Verzögerung.

Sofern dieses Vorbringen infolge des Hinweises auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO einen Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO begründen soll, ist dazu zu bemerken, dass alleine mit einem Hinweis auf die Erkrankung des Geschäftsführers die Bf jene Umstände, die in ihrem Fall für das Fehlen groben Verschuldens sprechen hätten können, nicht in ausreichendem Maße dargetan hat .

In einem vom Antragsprinzip beherrschten, auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichteten Verfahren tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund (vgl. Ritz, BAO4, § 115 Tz 12). Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen will, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann.

Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen, dass auch die Büroorganisation von Kapitalgesellschaften in gleicher Weise wie eine Rechtsanwaltskanzlei dem Mindesterfordernis einer sorgfältigen Organisation entsprechen muss (Ritz, BAO³, § 308 Tz 17 mit Judikaturnachweisen). Unabdingbarer Bestandteil einer im Sinne der Judikatur sorgfältigen Organisation ist es dabei, dass entsprechende Vorkehrungen für den Fall der Erkrankung des für die termingerechte Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten verantwortlichen Mitarbeiters getroffen werden. Wird für den Fall der Erkrankung eines mit fristgebundenen Arbeiten befassten Mitarbeiters keine Vorsorge getroffen, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden (vgl. , und ). Dass derartige Vorkehrungen getroffen worden wären, wurde jedoch weder behauptet noch näher dargelegt.

Die Voraussetzungen für eine Nichtfestsetzung der Säumniszuschläge gemäß § 217 Abs. 7 BAO lagen somit nicht vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7101100.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at