zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.10.2019, RV/7104887/2019

Keine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde der NN, vertreten durch Rechtsanwalt RA, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom , Abgabenkontonummer 09, über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung nach der am durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit dem Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten in der Höhe von 85.905,79 Euro herangezogen.

Die gegen den Haftungsbescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit dem Erkenntnis des , als unbegründet abgewiesen.

Gegen das Erkenntnis wurde eine außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht.

Mit dem Bescheid vom bewilligte das Finanzamt einen im Zuge des Haftungsverfahrens von der Bf. gestellten Antrag auf Aussetzung der Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben.

Infolge der Erledigung der für die Aussetzung Anlass gebenden Beschwerde durch das oben angeführte Erkenntnis des BFG verfügte das Finanzamt mit dem hier angefochtenen Bescheid vom den Ablauf der Aussetzung der Einhebung.

Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. durch ihren Rechtsvertreter das Rechtsmittel der Beschwerde ein und begründete dieses wie folgt:

Nach dem insoweit keinen Zweifel offen lassenden Wortlaut der Vorschrift des § 212a BAO ist der Ablauf der Ausssetzung anlässlich einer das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung, die über eine Beschwerde im Sinne des Abs. 1 ergeht, zu verfügen (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beispielsweise , , , , , ).

Eine abschließende Erledigung ist bis dato nicht erfolgt, da gegen die Beschwerdeentscheidung des ein Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof gestellt wurde, der mittlerweile auch bewilligt wurde. Die Entscheidung des BFG ist daher noch nicht rechtskräftig.

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom als unbegründet ab.

Die Abgabenbehörde sei bei Vorliegen eines Tatbestandes gemäß § 212a Abs. 5 BAO zur Verfügung des Ablaufes der Aussetzung der Einhebung verpflichtet.

Der Verfügung des Ablaufes stehe auch nicht die Tatsache entgegen, dass gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei. Der klare Wortlaut des § 212a BAO stehe im Falle einer Revision an den VwGH einer sinngemäßen Anwendung entgegen ().

Im Schriftsatz vom beantragte die Bf., die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte aus:

... Begründend führt die belangte Behörde das Erkenntnis des zu GZ 2002/14/0126 an.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die geltende Rechtslage zur Zeit des von der belangten Behörde zitierten VwGH-Erkenntnisses im Gegensatz zur heutigen Rechtslage keine meritorische Entscheidungsbefugnis des VwGH vorsah und daher die Voraussetzungen des verfahrensgegenständlichen Rechtsfalles andere sind als jene, die der damaligen Entscheidung zu Grunde lagen.

Die belangte Behörde übersieht auch, dass die Beschwerdeführerin im Zuge der einzubringenden außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis des GZ RV/7105910/2018 an den VwGH einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG stellen kann. Bei positiver Erledigung dieses Antrages wäre die Rechtskraft des bekämpften Erkenntnisses noch nicht eingetreten.

In der am 01.10. abgehaltenen mündlichen Verhandlung erklärte der Vertreter der Bf., in der Zwischenzeit beim Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf aufschiebende Wirkung eingebracht zu haben. Über diesen Antrag sei noch nicht entschieden worden.

Der Vertreter der Bf. hielt seine Rechtsansicht im Vorlageantrag vom aufrecht und beantragte, der Beschwerde stattzugeben.

Der Vertreter des Finanzamtes verwies auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

§ 212a Abs. 1 BAO lautet:

Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

§ 212a Abs. 5 BAO lautet:

Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. (...)

§ 30 VwGG lautet auszugsweise:

(1) Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung. Dasselbe gilt für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist.

(2) Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

(4) Beschlüsse gemäß Abs. 2 und 3 sind den Parteien zuzustellen. Wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt, ist der Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses aufzuschieben und sind die hiezu erforderlichen Anordnungen zu treffen; der Inhaber der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung darf diese nicht ausüben.

(5) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden.

§ 212a BAO regelt, dass die Einhebung einer Abgabe aussetzbar ist, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt. Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich eines über die Beschwerde ergehenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes zu verfügen.

Hinsichtlich der Anfechtung der im Verwaltungsverfahren ergangenen Beschwerdeentscheidungen bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts führte der VwGH im Erkenntnis vom , 98/13/0044, wörtlich aus:

Die Rechtslage ist eindeutig. Die Beschwerdeführerin lässt mit ihren Ausführungen vom Grundsatz her schon den Umstand außer Betracht, dass gemäß § 254 BAO durch Einbringung einer Berufung die Wirksamkeit des angefochtenen Bescheides nicht gehemmt und insbesondere auch die Einhebung und zwangsweise Einbringung einer Abgabe nicht aufgehalten wird. Das Rechtsmittel im Abgabenverfahren hat zunächst vom Grundsatz her schon keine aufschiebende Wirkung. Die unter den besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des § 212a BAO (vgl. insbesondere dessen Abs. 2) vom Gesetz ermöglichte Aussetzung der Einhebung erstreckt sich nach dem keine andere Deutung zulassenden Wortlaut des § 212a Abs. 5 BAO ausschließlich auf das Verwaltungsverfahren. Dieses endet spätestens mit dem Ergehen der Berufungsentscheidung auch dann, wenn diese Berufungsentscheidung in der Folge vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes angefochten wird. Eine solche Anfechtung hat nämlich auf die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung keinen Einfluss; die Voraussetzungen der Erwirkung eines Vollzugsaufschubes auf Grund einer an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gerichteten Beschwerde richten sich ausschließlich nach den Gesetzen, die das Verfahren vor diesen Gerichtshöfen regeln (§ 85 Abs. 2 VfGG und § 30 Abs. 2 VwGG).

Die Rechtsansicht, ein solcher Ablauf der Aussetzung der Einhebung wäre nicht zu verfügen, wenn die Abgabepflichtige eine (außerordentliche) Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhebt, ist verfehlt. § 212a Abs. 5 BAO und § 30 VwGG stehen unverändert in Geltung.

Nach wie vor endet das Verwaltungsverfahren spätestens mit dem Ergehen eines Erkenntnisses oder Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes. Nach wie vor sieht § 30 VwGG einen Aufschub des Vollzuges der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes unter bestimmten Voraussetzungen vor. Für eine über das Verwaltungsverfahren hinausgehende aufschiebende Wirkung des § 212a BAO besteht daher weder eine Notwendigkeit noch eine gesetzliche Grundlage.

Die im Vorlageantrag von der Bf. ins Spiel gebrachte, im § 42 Abs. 4 VwGG unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache selbst ändert nichts daran, dass nach der bestehenden Rechtslage eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO nur bewilligt werden kann, solange eine Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgericht anhängig ist.

Gemäß § 30 VwGG kommt einer Revision keine aufschiebende Wirkung zu.

Dem Abgabenschuldner, der gegen den seine Beschwerde gegen eine Abgabenfestsetzung erledigenden Bescheid Revision an den VwGH erhebt, steht - sofern die dort genannten Voraussetzungen zutreffen - das Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung nach § 30 Abs.2 VwGG zur Verfügung. Ein solcher Antrag wurde vom Rechtsvertreter der Bf. mittlerweile eingebracht.

 

Die grundlegende Voraussetzung des § 212a BAO, das Vorliegen einer Bescheidbeschwerde, von deren Erledigung unmittelbar oder mittelbar die Einhebung einer Abgabe abhängt, ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Ablauf der Aussetzung der Einhebung war daher von der Abgabenbehörde nach Ergehen des Erkenntnisses vom zwingend zu verfügen und die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob der Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes eine aufschiebende Wirkung im Sinne des § 212a BAO zukommen kann, ist nach dem Wortlaut des Gesetztes eindeutig zu verneinen.

Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 30 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104887.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at