Festsetzung eines Säumniszuschlages während eines Insolvenzverfahrens bei Fälligkeit der Abgabenforderung vor Insolvenzeröffnung zulässig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt FA vom betreffend die Festsetzung eines Säumniszuschlages zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensverlauf
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt nach Durchführung einer Lohnsteuer- und Kommunalsteuerprüfung bei der beschwerdeführenden Gesellschaft betreffend den Zeitraum von bis einen Säumniszuschlag in Höhe von (iHv) 51,90 Euro fest. Zur Begründung verwies die Behörde auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , wonach der bereits fällig gewesene Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2017 wegen Abfuhrdifferenzen iHv 2.595,15 Euro nicht entrichtet worden sei.
Mit Eingabe vom erhob die Beschwerdeführerin (Bf) gegen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages für den Dienstgeberbeitrag das Rechtsmittel der Beschwerde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es aufgrund der am eröffneten Insolvenz zu keiner Säumnis kommen könne, da es sich um eine Forderung aus dem Jahre 2017 handle, die im Konkursverfahren zur Anmeldung zu bringen sei. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre ein Säumniszuschlag nicht zu verhängen gewesen, weshalb die Bf die ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragte.
Das Finanzamt erledigte die Beschwerde am mit Beschwerdevorentscheidung. Darin wies die belangte Behörde das Beschwerdebegehren ab und führte in der Begründung zusammengefasst aus, dass es sich beim Dienstgeberbeitrag 2017 um eine Selbstbemessungsabgabe handle, die von der Bf bis spätestens zu entrichten gewesen sei. Damit sei die Säumnis sehr wohl vor Konkurseröffnung eingetreten.
Mit Schreiben vom beantragte die Bf die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass es durchaus möglich sei, dass die grundsätzliche Regelung des § 217 Abs. 1 BAO den Eintritt der Verpflichtung allein davon abhängig macht, dass eine Abgabe spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Allerdings könne die Bundesabgabenordnung nicht einzelne Insolvenzordnungen derogieren.
Mit dem Tag der Insolvenzeröffnung würden alle bedingten und betagten Forderungen fällig werden. Es trete ein Zinsenstopp ein und Forderungen, die vor diesem Zeitpunkt entstanden seien, dh vor dem Eröffnungszeitpunkt, seine Insolvenzforderungen bzw. Konkursforderungen. Wenn nachträglich festgestellt werde, dass auf Grund einer Prüfung im Zeitpunkt nach der Insolvenzeröffnung Zahlungen aus der Zeit vor Konkurseröffnung zu leisten gewesen wären und diese Forderungen erst durch die Prüfung entstanden seien, so könne die Fälligkeit nicht fiktiv auf eine Zeit vor der Konkurseröffnung festgelegt werden, wenn das Datum der Vorschreibung nach dem Insolvenzeröffnungstag liege. Diese Regelung des § 217 Abs. 1 BAO korrespondiere nicht mit den Bestimmungen der Insolvenzordnung. Im Insolvenzverfahren gingen diese aber vor.
Das Finanzamt legte dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde am zur Entscheidung vor und führte dazu im Wesentlichen aus, dass nur dann, wenn die Fälligkeit einer vor Konkurseröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Konkursverfahrens eintrete, bei einer verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages bestehe. In diesem Fall gingen die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vor. Liege die Fälligkeit der Abgaben – wie im konkreten Fall – noch vor der Konkurseröffnung seien jedoch die abgabenrechtlichen Vorschriften anzuwenden.
Eine solchermaßen bereits eingetretene Verpflichtung erlösche nicht dadurch, dass in der Folge das Konkursverfahren über das Vermögen des Abgabenschuldners eröffnet wird. Vielmehr könne sie auch nach diesem Zeitpunkt bescheidmäßig geltend gemacht werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Säumniszuschlagspflicht vor Konkurseröffnung zutreffen ( mit Hinweis auf ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Entscheidungsrelevanter Sachverhalt
Mit Beschluss vom des Landesgerichtes LG wurde über das Vermögen der Bf der Konkurs eröffnet.
Nach Durchführung einer Lohn- und Kommunalsteuerprüfung vom bis zum wurden vom Finanzamt ua hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages für das Jahr 2017 Abfuhrdifferenzen iHv 2.595,15 Euro festgestellt. Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt hinsichtlich des Dienstgeberbeitrages 2017 einen Säumniszuschlag iHv 51,90 Euro fest.
Nach Durchführung der Schlussverteilung wurde der Konkurs am rechtskräftig aufgehoben.
Beweiswürdigung
Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt der vorgelegten Akten, den elektronischen Steuerakt und die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz .
Die Feststellungen der Außenprüfung, insbesondere hinsichtlich der Abfuhrdifferenzen beim Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2017, wurden von der Bf weder bekämpft noch bestritten.
Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung
§ 198 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:
"(1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die
Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu
enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über
die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer
Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit."
§ 217 Abs. 1 und 2 BAO lautet:
" (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages."
Gemäß § 43 Abs. 1 erster Satz Familienlastenausgleichsgesetz 1967 ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten.
Für Abgaben wie den Dienstgeberbeitrag tritt die Fälligkeit unabhängig von der bescheidmäßigen Geltendmachung zum gesetzlich festgelegten Zeitpunkt ein. Im Fall der nachträglichen Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages handelt es sich um eine Festsetzung der Abgabe nach der Fälligkeit. Weil die Zahlung auf Grund der Nachforderung erst nach Fälligkeit erfolgt, ist jedoch grundsätzlich ein Säumniszuschlag verwirkt (vgl diesbezüglich zur Umsatzsteuer ).
Die Vorschreibung des Säumniszuschlages ist eine objektive Säumnisfolge. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (; , 93/15/233). Der Säumniszuschlag hat weder den
Charakter einer Verzinsung des seiner Vorschreibung zu Grunde liegenden
Abgabenrückstandes noch denjenigen einer Schadenersatzregelung betreffend den Schaden des Abgabengläubigers aus der verspäteten Abgabenentrichtung.
Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass die Nachforderung aufgrund von Abfuhrdifferenzen beim Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2017, auf die sich der Säumniszuschlag bezieht, spätestens am fällig geworden aber nicht entrichtet worden ist. Dieser Zeitpunkt liegt vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am .
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages. Eine solchermaßen eingetretene Verpflichtung erlischt nicht dadurch, dass in der Folge ein Insolvenzverfahren über das Vermögen
des Abgabenschuldners eröffnet wird. Vielmehr kann sie auch nach diesem Zeitpunkt
bescheidmäßig geltend gemacht werden (vgl ; , 94/13/0067).
Die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen gehen aber den abgabenrechtlichen Vorschriften vor. Sofern die Fälligkeit nach Eröffnung des Konkursverfahrens eintritt, kann bei (nach Abgabenrecht) verspäteter Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen ().
Dem Vorbringen der Bf ist zu entgegnen, dass nur dann, wenn die Fälligkeit einer vor Insolvenzeröffnung entstandenen Abgabenschuldigkeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintritt, bei einer verspäteten Entrichtung keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages entstehen kann, weil diesfalls die insolvenzrechtlichen Fälligkeitsregelungen den abgabenrechtlichen Vorschriften vorgehen.
Der Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2017 war aber im gegenständlichen Fall am , dh bereits vor der Insolvenzeröffnung am , fällig. Somit ist auch die Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlages vor der Insolvenzeröffnung eingetreten. Dass die bescheidmäßige Festsetzung erst im Rahmen der Außenprüfung – und damit nach der Insolvenzeröffnung – erfolgt ist, ist nach der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbeachtlich. Auf die Festsetzung des Säumniszuschlages waren im vorliegenden Fall daher die abgabenrechtlichen Vorschriften anzuwenden.
Die Festsetzung des Säumniszuschlages erweist sich aus den dargelegten Gründen als rechtmäßig. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die zu klärende Rechtsfrage, dh die Anwendbarkeit der abgabenrechtlichen Vorschriften betreffend die Festsetzung eines Säumniszuschlages während eines Insolvenzverfahrens, ist durch die zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden und eine ordentliche Revision somit nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 198 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 43 Abs. 1 Satz 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102876.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at