Zurückweisung eines verspätet eingebrachten Antrags
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch RA, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. zzz betreffend Zurückweisung eines Antrages zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom , Erfassungsnummer zZz, setzte das damalige Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der NN1, Adresse1, die Erbschaftssteuer fest (Erwerb von Todes wegen nach NN2, gestorben am ttmmjjjj).
In der Bescheidbegründung heißt es dazu:
„Legat laut Kodizill vom ist eine monatliche Zahlung von € 1.000,00 auf Lebensdauer. Bewertung laut § 16 Abs. 2 BewG: € 1.000,00 x 12 x Faktor 9,721352 = € 116.656,23 Barwert der Rente.“
Am TTMMJJ verstarb Frau NN1. Mit Einantwortungsbeschluss vom TTMM 2014 wurde die Verlassenschaft nach NN1 ihrem Enkelsohn, dem unbedingt erbantrittserklärten NN3 zum gesamten Nachlass eingeantwortet.
Im Jahr 2015 nahm der nunmehrige Beschwerderführer (Bf.), Herr Bf, Sohn der NN1 und Vater des NN3, telefonisch bzw. per E-Mail mit dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in Wien (kurz: FAG) Kontakt auf.
Mit dem mit datierten, der Post am zur Beförderung übergebenen und beim FAG am eingelangten Schriftsatz beantragte der Bf. im eigenen Namen, die „Forderungen zu überprüfen“. Das FAG wertete diese Eingabe als Antrag gem. § 16 Abs. 3 BewG auf Berichtigung des o.a. Erbschaftssteuerbescheides vom .
Mit dem nunmehr angefochtenen an den Bf. gerichteten Bescheid vom wies das FAG diesen Antrag als verspätet zurück. Die Rentenzahlung sei durch das Ableben der Berechtigten am TTMMJJ weggefallen. Die Frist zur Antragstellung sei daher am abgelaufen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom .
Das FAG wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Der Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
Die für den Streitfall wichtigsten Bestimmungen des Bewertungsgesetzes (BewG) in der entscheidungsmaßgeblichen Fassung lauten:
§ 16 (1) Der Wert von Renten, wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen sowie dauernden Lasten, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, ergibt sich aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte sämtlicher Rentenzahlungen, der einzelnen wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen, sowie dauernden Lasten abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen (versicherungsmathematische Berechnung). Dabei ist der Zinssatz gemäß § 15 Abs. 1 anzuwenden.
(2) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, an Hand anerkannter Methoden durch Verordnung festzusetzen, von welchen Erlebenswahrscheinlichkeiten auszugehen ist.
(3) Hat eine Rente, wiederkehrende Nutzung oder Leistung sowie dauernde Last tatsächlich weniger als die Hälfte des nach Abs. 1 und 2 ermittelten Wertes betragen und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten, so ist die Festsetzung von nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklichen Höhe der Rente Nutzung, Leistung oder Last zu berichtigen. § 5 Abs. 2 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend. Ist eine Last weggefallen, so bedarf die Berichtigung keines Antrages.
§ 5 (1) Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, werden wie unbedingt erworbene behandelt. Die Vorschriften über die Berechnung des Kapitalwertes der Nutzungen von unbestimmter Dauer (§ 15 Abs. 2 und 3, § 16, § 17 Abs. 3) bleiben unberührt.
(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. Die Antragsfrist ist eine Ausschlußfrist.
Die für den Streitfall wichtigsten Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO) lauten:
§ 85 (1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
§ 113 Die Abgabenbehörden haben den Parteien, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, auf Verlangen die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben und sie über die mit ihren Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren; diese Anleitungen und Belehrungen können auch mündlich erteilt werden, worüber erforderlichenfalls ein Aktenvermerk aufzunehmen ist.
Zum Bescheidadressaten
Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Die mit der Personenumschreibung getroffene Wahl des Normadressaten ist wesentlicher Bestandteil jedes Bescheides. Die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will, ist notwendiges Inhaltserfordernis des individuellen Verwaltungsaktes und damit konstituierendes Bescheidmerkmal (vgl. z.B. ).
Der Bf. meint, der angefochtene Bescheid leide schon deshalb an Rechtswidrigkeit, weil er an einen unrichtigen Bescheidadressaten gerichtet sei. Im konkreten Fall gehe es um eine, der mittlerweile verstorbenen NN1 mit Bescheid vom vorgeschriebene Erbschaftssteuer für den Erhalt einer lebenslangen Rente aufgrund eines Kodizills, die in Folge des vorzeitigen Ableben von Frau NN1 dementsprechend abgeändert werden sollte. Herr Bf, der Sohn der verstorbenen NN1 sei gemäß Amtsbestätigung vom berechtigt, die Verlassenschaft nach NN1 zu vertreten. Da er selbst nicht Erbe nach NN1 sei, sei er selbst nicht Partei des Verfahrens, sondern immer und ausschließlich als Vertreter der Verlassenschaft bzw. seines Sohnes, NN3, der erbantrittserklärte Erbe nach NN1 sei, aufgetreten.
Dem ist zu entgegnen, dass der Bf. das dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende o.a. Anbringen vom eindeutig im eigenen Namen eingebracht hat. Dass er in Vertretung eines Dritten einschreiten würde, wird nach den unmissverständlichen Formulierungen dieses Antrags nicht einmal angedeutet.
Wenn der Bf. meint, er sei aufgrund der vorliegenden Amtsbestätigung vom (Nachweis der Vertretungsbefugnis gem. § 172 AußStrG iVm § 810 ABGB) als Alleinvertreter der Verlassenschaft nach NN1 eingeschritten, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Denn die am TTMM 2014 erfolgte Einantwortung bewirkte den Übergang aller Rechte und Pflichten der Erblasserin im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an den erbantrittserklärten NN3.
Das subjektive Recht des Erben auf Vertretung der Verlassenschaft besteht schon bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 810 Abs. 1 ABGB, nämlich der Antritt der Erbschaft (Abgabe einer Erbantrittserklärung), ausreichender Ausweisung des Erbrechts und Nichtvorliegen einer anderen Verfügung des Verlassenschaftsgerichtes, ohne dass es einer konstitutiven Überlassung durch das Gericht bedarf (vgl. Schwimann, ABGB³, § 810 Rz 1).
Der Bf. war daher im Jahr 2016 nicht mehr zur Vertretung der Verlassenschaft befugt. Ein nach Einantwortung zugestellter an die Verlassenschaft gerichteter Bescheid ginge ins Leere ().
Dafür, dass der Bf. (wie in der Beschwerde vorgebracht) in der dem bekämpften Zurückweisungsbescheid zugrunde liegenden Eingabe als Vertreter seines Sohnes NN3 aufgetreten ist, bestehen nach der Aktenlage keinerlei Hinweise. Der Bf. hat in seinem Antrag mit keinem Wort auf ein Vertreterhandeln hingewiesen und auch keine entsprechende Vollmacht seines Sohnes vorgelegt. Der Bf. selbst bestätigt auf Seite 5 des Beschwerdevorbringens ausdrücklich, dass er als ausgewiesen Vertreter der Verlassenschaft nach NN1 Kontakt mit dem Finanzamt aufgenommen hat und sieht das dabei geführte Telefonat vom als fristgerechte Antragstellung.
Das FAG hat mit dem angefochtenen Bescheid über das im eigenen Namen eingebrachte Anbringen des Bf. vom abgesprochen. Dem Finanzamt kann daher kein berechtigter Vorwurf gemacht werden, wenn es diesen Bescheid an den Bf. gerichtet hat.
Zur Fristversäumnis
Fristen sind Zeiträume, innerhalb derer oder nach deren Ablauf eine bestimmte Handlung rechtswirksam vorgenommen werden muss, um die vorgesehenen Rechtswirkungen auszulösen.
Gesetzliche Fristen sind solche, deren Dauer in Gesetzen oder in Verordnungen festgelegt wird.
Gemäß § 110 Abs. 1 BAO können gesetzlich festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
Sind Ansprüche fristgebunden, so bewirkt der Ablauf einer hierfür vorgesehenen materiell-rechtlichen Frist das Erlöschen eines Anspruches. Der ungenützte Ablauf, also die Versäumung der Frist hat den Untergang, den Verlust des fristgebundenen Rechtes zur Folge, fristgebundene Ansprüche sind verwirkt.
Die Bestimmungen des § 16 Abs. 3 BewG enthalten eine Berichtigungsmöglichkeit von nicht laufend veranlagten Abgaben – also auch für die in Rede stehende Erbschaftssteuer – für den Fall, dass die geleisteten Rentenzahlungen nicht einmal die Hälfte des Barwertes ausmachen (siehe Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band 3, Rz. 91d zu § 19 ErbStG).
Durch den Verweis in § 16 Abs. 3 vorletzter Satz BewG wird deutlich, dass dabei die in § 5 Abs. 2 BewG normierten Fristen zu beachten sind.
Die in der zuletzt zitierten Norm festgelegte „Antragsfrist“ ist im Gesetz ausdrücklich als „Ausschlussfrist“ bezeichnet, womit jeder Zweifel ausgeschlossen ist, dass es sich hier um eine unerstreckbare Frist handelt, bei der eine Hemmung oder Unterbrechung des Fristenlaufes, aber auch eine Nachfirst oder Erstreckung bei Fristversäumnis aus Billigkeitsgründen nicht möglich ist. Denn nach Lehre und Rechtsprechung ist bei Ausschlussfristen des materiellen Rechtes der Anspruch mit Ablauf der Frist verwirkt, bzw. erloschen, und zwar auch dann, wenn der Berechtigte sein Recht nicht kannte oder während der Frist die zur Sicherung des Anspruches erforderliche Handlung nicht vornehmen konnte (vgl. ).
Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die Rentenzahlung durch das Ableben der Berechtigten, Frau NN1, am tt.mm.2014 weggefallen ist. Die in § 5 Abs. 2 BewG festgelegte Frist endete daher mit Ablauf des Folgejahres, also am . Zum Zeitpunkt der Einbringung des mit datierten Anbringens am war somit die Frist zur Antragstellung zweifellos bereits abgelaufen.
Dem Einwand, durch das Telefonat mit dem Finanzamt am sei die Frist gewahrt worden, kann aus den nachstehenden Gründen nicht gefolgt werden:
Anträge auf Berichtigung gem. § 16 Abs. 3 BewG sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten im Sinne des § 85 Abs. 1 BAO und somit zwingend schriftlich einzubringen. Der Bf. irrt daher, wenn er behauptet, es bestehe keine Formvorschrift, die es unzulässig oder unwirksam mache, einen Antrag beim Finanzamt mündlich zu stellen.
Dazu kommt, dass telefonische Anfragen auch keine "mündlichen" Anbringen im Sinne des § 85 BAO sind (siehe ). Eine telefonische Mitteilung stellt weiters keinen für eine Bescheiderlassung hinreichenden Formalakt dar (vgl. mwN).
Die Antragstellung ist somit außerhalb der dafür vorgesehenen Frist erfolgt und der Zurückweisungsbescheid des FAG ist zu Recht ergangen.
Die Andeutungen des Bf. betreffend die Verletzung der Manuduktionspflicht des FAG vermögen an dieser Feststellung nichts zu ändern:
Der Bf. gibt an, Frau NN4 vom Finanzamt habe ihm am mitgeteilt, er möge sich mit dem Team 11 ins Einvernehmen setzen, wobei vor Weihnachten sicherlich keine Bearbeitung seines Antrags mehr erfolgen könne.
Daraus folgt zum einen, dass Frau NN4 die Anfrage des Bf. dahingehend verstanden hatte, dass er Auskunft über das für sein Begehren zuständige Team erlangen wollte. Diese Information hat ihm die Bedienstete des Finanzamtes zweifellos zutreffend erteilt. Darüber hinaus geht aus der Beantwortung der Frau NN4 hervor, dass sie von einer Antragstellung vor Weihnachten 2015 ausgegangen ist. Denn nur dann macht ihre Auskunft Sinn, wonach vor Weihnachten mit einer Bearbeitung des Anbringens nicht zu rechnen sei.
Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes liegt daher kein Verstoß gegen die in § 113 BAO geregelte Rechtsbelehrungspflicht vor.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen. Es musste daher der Revisionsausschluss zum Tragen kommen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 110 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 113 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7105101.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at