Kosten einer Dacherneuerung wegen Baumängeln sind keine ag Belastung, wenn auf eine gerichtliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen verzichtet wurde
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Jud.Ex hinsichtlich der Beschwerde des Bf., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2010 zu Recht
erkannt:
Der Beschwerdewird teilweise stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Berufungsvorentscheidung vom abgeändert. Das Einkommen beträgt sohin € 27.517,36, die daraus abgeleitete Einkommensteuer€ 826,24.
Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der genannten Berufungsvorentscheidung zu entnehmen.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (in der Folge auch bloß: Bf.) machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2010 Werbungskosten resultierend aus seinen nichtselbständig ausgeübten Tätigkeiten im Ausmaß von € 6.641,23 sowie außergewöhnliche Belastungen aufgrund einer Dacherneuerung im Betrag von € 17.065,71 geltend.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab das Finanzamt dem Begehren des Bf. nur teilweise statt. Die Kosten für die Dachsanierung seien als Sonderausgaben gemäß § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 berücksichtigt worden. Dazu wird seitens des Bundesfinanzgerichtes (im Folgenden auch nur: Finanzgericht oder Gericht) bemerkt, dass der Sonderausgabenhöchstbetrag gemäß § 18 Abs. 3 Z 3 EStG 1988 ohnehin schon durch die geltend gemachten Versicherungsbeiträge und Darlehensrückzahlungen ausgeschöpft war und deshalb die Kosten der Dacherneuerung de facto zur Gänze unberücksichtigt geblieben sind. Von den Werbungskosten wurde nur ein Teilbetrag von € 4.605,06 in Ansatz gebracht. Gekürzt wurden die begehrten Werbungskosten durch die Verteilung der Kosten für einen mehrjährig nutzbaren Digitalrecorder um € 266,67, durch die Streichung der Kosten für einen im häuslichen Arbeitszimmer verwendeten Bürostuhl im Anschaffungswert von € 183,70 sowie durch die Nichtgewährung der Kosten für das erwähnte häusliche Arbeitszimmer in Höhe von € 645,73. Schließlich kürzte das Finanzamt noch die dem Bf. im Rahmen seiner Tätigkeit für das Stift M-Stadt erwachsenen Reisekosten um € 552,05, da diese durch das Pendlerpauschale abgedeckt wären, sowie die im Zusammenhang mit anerkannten Fortbildungskosten stehenden Reisekosten im Raum B-Stadt im Ausmaß von € 388,02, weil diese am Dienstort ihren Ursprung gehabt hätten.
Seine dagegen fristgerecht erhobene und nach der damals geltenden Rechtslage noch als Berufung bezeichnete Beschwerde begründete der Bf. zusammengefasst damit, dass sämtliche Erfordernisse für die Anerkennung der Dacherneuerungskosten erfüllt wären. Unter ausführlicher Darstellung seiner beruflichen Tätigkeiten wendete sich der Bf. auch gegen die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung der Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer (€ 645,73), den darin befindlichen Drehstuhl (€ 183,70) und für Fahrtkosten im Betrag von € 156,41, welche in diesem Ausmaß zu berücksichtigen seien.
Selbst unter Berücksichtigung der – zum Teil auch über Vorhalt nachgereichten – umfangreichen Unterlagen und des gesamten Vorbringens des Bf. gelangte das Finanzamt hinsichtlich der Dacherneuerung zu keiner anders lautenden Rechtsansicht und wies daher dieses Begehren in seiner ausführlich begründeten Berufungsvorentscheidung ab. Bezüglich der Werbungskosten legte das Finanzamt die Sach- und Rechtslage ebenfalls ausführlich dar, anerkannte aber zusätzlich nur den Aufwand für die Fahrtkosten mit dem Betrag von € 156,41, sodass insgesamt abzugsfähige Werbungskosten in Höhe von € 4.761,47 in Ansatz gebracht wurden.
Zu den in der Berufungsvorentscheidung erstmals umfangreich und detailliert enthaltenen Ausführungen des Finanzamtes reichte der Bf., wie in seinem Vorlageantrag angekündigt, eine weiterreichende Stellungnahme nach. Darin wird allerdings nur auf die Frage der steuerlichen Anerkennung der Kosten für die Dacherneuerung Bezug genommen. Auch diesem Schreiben legte der Bf. weitere Unterlagen bei. Äußerungen zu den nicht anerkannten Werbungskosten hat der Bf. indes nicht getätigt.
Einziger Beschwerdepunkt ist auch im Vorlagebericht des Finanzamtes, der dem Bf. ebenfalls zugeleitet worden ist, nur die Versagung der Anerkennung der Aufwendungen für die Dacherneuerung als außergewöhnliche Belastung.
Gegenstand des vom Finanzgericht durchgeführten Erörterungsgespräches waren demnach auch bloß die Kosten der Dacherneuerung. Im Verlaufe dessen brachte der Bf. noch Ergänzungen zum Sachverhalt vor und betonte besonders, dass aus wirtschaftlichen Überlegungen die Versuche, die Kosten anderweitig (bei den beteiligten Professionisten oder über diverse Versicherungen) zurückzubekommen, nicht fortgeführt worden wären.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Einleitend wird festgehalten, dass einer Berufungsvorentscheidung nach herrschender Rechtsmeinung der Charakter eines Vorhaltes zukommt. Da der Beschwerdeführer den ausführlichen Darstellungen hinsichtlich Höhe und Art der vom Finanzamt anerkannten Werbungskosten in der Berufungsvorentscheidung nicht entgegengetreten ist und auch den Umstand, dass in dem auch ihm zugekommenen Vorlagebericht des Finanzamtes als einziger Beschwerdepunkt die Dacherneuerung genannt ist, nicht kommentiert hat, geht das Finanzgericht davon aus, dass nur mehr die Frage der außergewöhnlichen Belastung zu klären ist.
Dessen ungeachtet wurde vom Gericht im Zuge der Aktenaufbereitung die Rechtsansicht des Finanzamtes betreffend die Werbungskosten den Grunde und der Höhe nach überprüft und der mit der Berufungsvorentscheidung festgelegte Betrag von € 4.761,47 als zutreffend erkannt.
Ausgehend vom Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und dem Ergebnis des Erörterungsgespräches wird seitens des Bundesfinanzgerichtes nachstehender
Sachverhalt
als verwirklicht und entscheidungsrelevant festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist (gemeinsam mit seiner Gattin) Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses, welches im Jahr 2005 von der Firma AB-GmbH als Bauträgerin und Generalunternehmerin in Holzbauweise mit bekiestem Flachdach errichtet worden war.
Bereits im November 2005 hatte es im Bereich des beim Hauseingang situierten Vorbaues bzw. der dort befindlichen Garderobe geringfügige Wassereintritte gegeben, welche aber laut Überprüfung durch die AB-GmbH nicht mehr vorkommen würden.
Im Winter 2005/2006 waren größere Schneemengen gefallen, die bewirkt hatten, dass die auf dem Flachdach unter dem aufgebrachten Kies befindliche Sarnafilfolie an mehreren Stellen beschädigt worden ist. Im Zuge der Schneeschmelze kam es an diesen Stellen dann im Frühjahr 2006 zu Wassereintritten, die an der Decke und entlang der Wand im Schlafzimmer im Obergeschoß über die Wand des darunter liegenden Wohnzimmers bis an dessen Parkettboden Feuchtigkeitsschäden verursachten.
Über Reklamation bzw. Mängelrüge bei der AB-GmbH beauftragte diese die Firma Sub-GmbH mit der Überprüfung und Sanierung des Flachdaches. Die Sub-GmbH dichtete, nachdem die Kiesauflage zuvor weggeschaufelt worden war, die beschädigten Stellen ab und verlegte erstmalig über die gesamte Dachfläche ein Schutzvlies zwischen der reparierten Sarnafilfolie und den Kies. Auch beim Vordach erfolgten eine Reparatur der Folie und die Erstverlegung eines Schutzvlieses durch die Sub-GmbH. Die AB-GmbH hatte gleichzeitig im Inneren des Hauses die schadhafte Geschoßdecke im Schlafzimmer saniert.
Hinsichtlich der Tragung der angeführten Sanierungskosten wendete sich der Bf. über Anraten der AB-GmbH an seine Gebäudeversicherung, die NIX-Vers. Der von Letzterer beauftragte Sachverständige SV-1 gelangte in seinem mit Juni 2006 datierten Gutachten, abgesehen von der Feststellung, dass die von der Sub-GmbH unzulänglich reparierte Sarnafilfolie schon wieder sanierungsbedürftig wäre, zum Schluss, dass es sich eindeutig und ausschließlich um einen Ausführungsfehler bzw. einen Baumangel handeln würde. Zwar sei der Wassereintritt bei der beschädigten Sarnafilfolie erfolgt, doch wäre es bei einer schon von Anfang an ordnungsgemäß und der entsprechenden ÖNORM vorgenommenen Verlegung des Schutzvlieses trotz des Schneedruckes gar nicht erst zu einer Beschädigung der Sarnafilfolie und sohin nicht zu einem Schadenseintritt gekommen. Da der Sachverständige zur Ansicht gelangte, dass entgegen der Anregung durch die AB-GmbH eine künstliche Austrocknung nicht mehr erforderlich wäre, hatte der Bf. in der Folge darauf auch verzichtet.
Die Kosten der Sanierung waren dem Bf. von der Sub-GmbH und von der AB-GmbH nicht in Rechnung gestellt worden.
Die AB-GmbH ist im Jahr 2007 in Konkurs gegangen und aufgelöst worden.
In den Jahren 2008 und 2009 kam es bei Gewittern im Bereich des Vorbaues/Garderobe wieder zu Wassereintritten. Nach Sanierung durch die Sub-GmbH im Jahr 2008 erfolgte im Herbst 2009 eine technische Trocknung durch die Firma Sub-Sub., wobei die angefallenen Kosten von der NIX-Vers übernommen wurden, da von der Gebäudeversicherung auch Regenschäden umfasst waren.
Im Februar 2010 beauftragte der Bf. wegen an der Obergeschoßdecke im Schlafzimmer aufgetretener brauner Wasserflecken wiederum die Firma Sub-Sub. mit einer Überprüfung. Im Verlauf der vorgenommenen Öffnung der Decke wurde ersichtlich, dass die gesamte Dachkonstruktion massiv in Mitleidenschaft gezogen worden war. Festgestellt wurden morsches Holz, Holzschwamm, Schimmel und eine Durchnässung der Dämmung.
Der vom Bf. im Anschluss daran beauftragte Sachverständige SV-2 kam in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass Niederschlagswasser von oben in die Dachkonstruktion gelangt sein musste. Wo dies der Fall gewesen sei, könne erst festgestellt werden, wenn das Dach schneefrei wäre. Nach seiner Ansicht handle es sich jedenfalls um einen Totalschaden der Dachkonstruktion.
Diesen Befund leitete der Bf. gemeinsam mit einer Schadensmeldung an die NIX-Vers weiter.
Die NIX-Vers wiederum bestellte im April 2010 einen weiteren Gutachter, SV-3, zur Befundung des gemeldeten Schadens. Unter anderem hielt SV-3 fest, dass vermutlich im Zuge der Sanierungsarbeiten im Frühjahr 2006 die Abdichtungsfolie beim Abschaufeln des Kieses beschädigt worden sei.
Zusammenfassend führte der Sachverständige in seinem Gutachten, zuletzt ergänzt am , abschließend aus, dass der vorgefundene Aufbau der Dachkonstruktion von Beginn an nicht sach- und fachgerecht hergestellt worden sei. Der im Winter 2005/2006 wegen der schadhaften, dann aber reparierten Sarnafilfolie in Verbindung mit massiven Schneelasten entstandene Wassereintritt sowie weitere Feuchtigkeitseintritte bei extremen Wetterereignissen hätten im Regelfall rasch und schadensfrei wieder austrocknen müssen. Aber wegen der bauphysikalischen Mängel sei es speziell in den Wintermonaten zur Bildung von Kondenswasser, welches im Zusammenwirken mit anderen, witterungsbedingten Wassereintritten zu dem langsam im Laufe der Jahre entstandenen Totalschaden der Dachkonstruktion geführt hätten, gekommen. Bei einer der ÖNORM entsprechenden Durchlüftung des Dachaufbaues wäre es nie zu einer derart gravierenden Beschädigung gekommen. Eine Schadenskausalität mit Gewittersturm- oder Schneedruckereignissen sei in Anbetracht der – gerade angeführten – wesentlichen Einflussfaktoren weitgehend auszuschließen. Aus Sicht des Sachverständigen sei daher eine Zuständigkeit der NIX-Vers zur Schadenstragung nicht gegeben, sondern läge dies im Verantwortungsbereich des Generalunternehmers AB-GmbH bzw. dessen Subunternehmen. Aufgrund der stark beschädigten Holzelemente wäre eine Begehung der Dachkonstruktion gefahrlos nicht mehr möglich, weshalb der Sachverständige dem Bf. wegen der Gefährlichkeit zu einer umgehenden Schadensbehebung geraten hat.
Im Lichte dieses Gutachten legte die NIX-Vers dem Bf. gegenüber dar, dass ein Versicherungsfall wegen Sturm, Hagel oder Schneedruck nicht vorliege, sondern einzig ein von ihr nicht zu verantwortender Mangel in der Bauausführung. Da von der Gebäudeversicherung aber auch Schäden durch Regenwasser umfasst waren, bot die NIX-Vers dem Bf. eine Kostenabdeckung im Betrag von € 3.700,00 gegen Abgabe einer Abfindungserklärung an. Die Kosten der vom Bf. dann in Auftrag gegebenen Erneuerung sowohl des Flachdaches als auch des im gleichen Ausmaß beschädigten Vordaches beliefen sich auf insgesamt € 20.765,71.
Sämtliche vom Bf. und seiner Gattin unter Beiziehung eines Rechtsanwaltes und nach Absage seitens der eigenen Rechtschutzversicherung unternommenen Versuche, von der Haftpflichtversicherung der AB-GmbH, von anderen Subunternehmern, sowie von der Sub-GmbH oder deren Haftpflichtversicherung Schadenersatz zu erlangen, sind erfolglos geblieben.
Unter dem Eindruck dieser Umstände und im Lichte der sehr angespannten finanziellen Situation und einer schwierigen Beweisführung haben der Bf. und seine Gattin über Anraten ihres anwaltlichen Vertreters aus wirtschaftlichen Überlegungen davon Abstand genommen, gerichtliche Schritte gegenüber der NIX-Vers, der Sub-GmbH und den Haftpflichtversicherungen sowohl der AB-GmbH als auch der Sub-GmbH einzuleiten.
Lediglich das Angebot der NIX-Vers über die teilweise Kostenabdeckung in Höhe von € 3.700,00 hatte der Bf. angenommen und die geforderte Abfindungserklärung unterfertigt, und wurde ihm dieser Betrag dann ausbezahlt.
Das Finanzgericht gelangte im Hinblick auf den geschilderten Sachverhalt, speziell mit Rücksicht auf die überzeugenden und mit zahlreichen Fotos dokumentierten Ausführungen des Sachverständigen SV-3, zur Auffassung, dass für die erforderliche und dann vom Bf. beauftragte Dacherneuerung gravierende Baumängel, und zwar die Errichtung eines Holzflachdaches ohne normgerechte Durchlüftung, welche zur jahrelangen Bildung von Kondenswasser bzw. zum zerstörerischen Unterbleiben dessen Auftrocknung geführt hatte, kausal gewesen war.
Die Höhe der angefallenen Kosten und deren Bezahlung durch den Bf. wurden von den Verfahrensparteien außer Streit gestellt.
Der solcherart festgestellte Sachverhalt ist
rechtlich wie folgt zu würdigen:
Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1) Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2) Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3) Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Die angeführten Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein, also in ihrer Gesamtheit.
Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2). Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3). Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Aufwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser-, Erdrutsch-, Vermurungs- und Lawinenschäden im Ausmaß der erforderlichen Ersatzbeschaffungskosten, können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (Abs. 6).
In seiner gegenständlichen Beschwerde begehrte der Bf. die Berücksichtigung der angefallenen und letztlich von ihm getragenen Aufwendungen für die Dacherneuerung als außergewöhnliche Belastung.
Wie aus den als Ergebnis des Ermittlungsverfahrens resultierenden Feststellungen erhellt, liegt die entscheidende Ursache für die massive Schädigung des Flachdaches und des Vordaches nicht in einer unabwendbaren Katastrophe. Die Ursache gründet sich vielmehr auf eine nicht fachgerechte und nicht den anzuwendenden ÖNORMEN entsprechende Bauausführung durch die AB-GmbH. Schon das Fehlen eines Schutzvlieses hatte einen Tauwassereintritt in die Dachkonstruktion hervorgerufen, welcher indes allein nicht diese gravierenden Schäden hervorgerufen hätte. Trotz der durchgeführten Beseitigung dieses Mangels hat die schon von Anfang an fehlende Hinterlüftung des Dachaufbaues dazu geführt, dass durch die damit einhergehende Bildung von Kondenswasser im Laufe der Jahre die Vermorschung der Dachkonstruktion eingetreten ist.
§ 34 Abs. 6 EStG konnte daher nicht zur Anwendung gelangen.
Es war daher im Lichte der vom Gesetz geforderten Voraussetzungen zu prüfen, ob die aus den Baumängeln resultierenden Aufwendungen eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 Abs. 1-4 EStG 1988 darstellen.
Außergewöhnlich im Sinne des Abs. 2 leg. cit. ist eine Belastung, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwächst (Jakom/Peyerl, EStG, 2018, § 34 Rz 36). Auf die Außergewöhnlichkeit des – den Aufwand auslösenden – Ereignisses kommt es hingegen nicht an (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , 96/15/0197). Das Merkmal der Außergewöhnlichkeit dient der Abgrenzung atypischer Aufwendungen (Peyerl, a.a.O., Rz 37). Es erfordert einen Vergleich mit den üblichen Belastungen eines Steuerpflichtigen () bzw. mit den im Leben üblichen Erscheinungen (). Außergewöhnlich können nur Aufwendungen sein, die der Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen (Urteil des dt. Bundesfinanzhofes (BFH) zur vergleichbaren Rechtslage vom , III R 12/92, BStBl. II 95, 774); sie dürfen nicht “gewöhnlich“ sein, das heißt, unter gleichen Umständen alle Steuerpflichtigen treffen (). Davon kann im gegenständlichen Verfahren wohl nicht die Rede sein. Aufwendungen für eine gänzliche Dacherneuerung im Gefolge von Baumängeln zählen nach Auffassung des Finanzgerichtes weder zu den üblichen Erscheinungen bzw. Belastungen eines einzelnen und schon gar nicht für alle Steuerpflichtigen. Die dem Beschwerdeführer anerlaufenen Kosten stellen sich daher als außergewöhnlich dar, weshalb die Voraussetzung des § 34 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 erfüllt ist.
Anders verhält es sich indes mit dem Erfordernis der Zwangsläufigkeit gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, wonach eine Belastung dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig erwächst, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Bezüglich des Vorliegens tatsächlicher Gründe wird auf die herrschende Ansicht von Lehre (Wanke in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG, § 34, Anm. 27) und Rechtsprechung (, vom , 94/13/0207, und vom , 93/14/0018) verwiesen, wonach darunter Ereignisse zu verstehen sind, die unmittelbar den Steuerpflichtigen selbst betreffen.
Die Vermorschung der Dachkonstruktion hat nun den Beschwerdeführer tatsächlich selbst betroffen. Unter dem Gesichtspunkt, dass auch seine Gattin – und Miteigentümerin – das gemeinsame, beschädigte Haus bewohnt hat, ergibt sich, dass für den Bf. aufgrund des Zivilrechts auch eine rechtliche Verpflichtung zur Schadensbehebung bestanden hat.
Allerdings ist zu beachten, dass bei zerstörten Wirtschaftsgütern des Privatvermögens nur ausnahmsweise von zwangsläufig erwachsenen Aufwendungen gesprochen werden kann, wenn nämlich dem Steuerpflichtigen die weitere Lebensführung ohne Wiederbeschaffung des zerstörten Wirtschaftsgutes nicht zuzumuten ist (, und vom , 2012/15/0178). Unbestritten ist, dass dem Bf. (und dessen Gattin) aufgrund der vom Gutachter attestierten Einsturzgefahr ein weiteres Leben unter dem massiv beschädigten Dach nicht mehr zumutbar war.
Nach der bereits zitierten Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom , 96/15/0197) kommt es auf die Außergewöhnlichkeit des – den Aufwand auslösenden – Ereignisses nicht an. Gleiches muss nach Ansicht des Gerichtes auch für die Zwangsläufigkeit gelten. Obschon also die fast völlige Zerstörung der Dachkonstruktion an sich für den Bf. zwangsläufig eingetreten ist, muss zusätzlich noch überprüft werden, ob die ihm durch die Schadensbeseitigung erwachsenen Kosten bzw. Aufwendungen ebenfalls zwangsläufig entstanden sind.
Dazu wurde von Lehre (Wanke, a.a.O., Anm. 26; Peyerl, a.a.O., Rz 41(3)) und Rechtsprechung (, vom , 95/15/0025, und vom , 2006/13/0081) die Rechtsmeinung entwickelt, wonach eine Belastung u.a. dann nicht zwangsläufig erwächst, wenn sie eine unmittelbare Folge eines Verhaltens ist, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken, also freiwillig, entschlossen hat.
Weil nahezu jedes Ereignis letztlich in irgendeiner Form auf ein “freiwilliges“ Verhalten zurückgeführt werden kann (was nach Wanke, a.a.O., Anm. 37, letzter Absatz, teilweise in der Judikatur in der Kausalkette zu weit zurückgeht), ist dieses Element jeweils im Einzelfall genau zu beurteilen. Hinsichtlich einer Inanspruchnahme von Ersatzansprüchen, Kostenersätzen oder Zuschüssen wird man von einer Zwangsläufigkeit nur dann sprechen können, wenn der Steuerpflichtige etwaige Ersatzansprüche gegenüber Dritten geltend gemacht hat, sofern ihm dies zumutbar war (Wanke, a.a.O., Anm. 37b)).
Im gegenständlichen Verfahren hat nun der Beschwerdeführer sowohl beim Finanzamt als auch vor Gericht angegeben und betont, dass er und seine Gattin aufgrund der sehr angespannten finanziellen Situation und einer schwierigen Beweisführung aus wirtschaftlichen Überlegungen davon Abstand genommen hätten, Ersatzansprüche gegenüber den Haftpflichtversicherungen der bauausführenden bzw. der mit der Sanierung beauftragten Firma gerichtlich geltend zu machen. Gerade darin liegt nach Meinung des Finanzgerichtes das die Zwangsläufigkeit ausschließende Moment der Freiwilligkeit. Es wäre dem Bf. trotz des Abratens durch seinen anwaltlichen Vertreter dennoch zumutbar gewesen, ein gerichtliches Verfahren in die Wege zu leiten und daraus eventuell eine Abdeckung seiner nach der Abschlagszahlung von seiner eigenen Gebäudeversicherung restlich verbliebenen Aufwendungen zu erreichen. Nach dem gewöhnlichen Rechtsempfinden eines durchschnittlichen Steuerbürgers kann es nicht statthaft sein, dass freiwillig unterbliebene Möglichkeiten zur Abdeckung eines Vermögensschadens dann im Wege einer Steuererleichterung bzw. –minderung von der Allgemeinheit getragen werden müssen.
Einer Rückprojizierung der Freiwilligkeit in der Kausalitätskette bis zum Entschluss zur Beauftragung einer bestimmten Baufirma oder gar bis zum Erwerb eines Wohnhauses, wie dies etwa im Erkenntnis des , unter Verweis auf , betreffend Erwerb einer Eigentumswohnung, geschehen ist, bedarf es im vorliegenden Beschwerdefall daher gar nicht mehr.
Weiters ist ins Treffen zu führen, dass nach herrschender Rechtsansicht Ausgaben, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führten, nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können. Die vom Bf. getätigte Dacherneuerung hat zweifellos zu einer Vermögensumschichtung geführt, weil dadurch ein Gegenwert erlangt wurde, nämlich ein ordnungsgemäß ausgeführtes, gegen äußere Einflüsse Schutz bietendes Dach. Im Hinblick darauf, dass ein Erwerber für ein Gebäude mit einem de facto zerstörten und daher auszutauschenden Dach naturgemäß weit weniger zu bieten bzw. zu bezahlen bereit ist, hat das Grundstück durch die Herstellung eines mangelfreien Daches beim Haus eben eine entsprechende Werterhöhung erfahren (idS ).
Auch in der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/2969-W/10, wurde ausgesprochen, dass als außergewöhnliche Belastungen nur solche zu verstehen seien, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verbunden seien. Nur ein so genannter "verlorener“ Aufwand sei berücksichtigungsfähig; soweit die Aufwendungen einen Gegenwert mit nicht nur eingeschränkter Verkehrsfähigkeit schafften, seien sie grundsätzlich keine "Belastung". Zu dieser Gegenwerttheorie, die ihre größte Bedeutung in Bereich der Anschaffung oder Verbesserung langlebiger Wirtschaftsgüter hat, siehe auch die Entscheidung des , und Doralt, EStG Kommentar, § 34 Tz 20, mit weiteren zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung.
Wie bereits das Finanzamt im angefochtenen Bescheid zutreffend zum Ausdruck gebracht hat, sind die Aufwendungen für die Dacherneuerung als Sonderausgaben gemäß § 18 EStG 1988 zu qualifizieren, weshalb auch dieses – negative – Abgrenzungskriterium des § 34 Abs. 1 EStG 1988 erfüllt ist.
Zusammengefasst wird sohin festgehalten, dass aus den aufgezeigten Gründen eine Anerkennung und ein Abzug der Aufwendungen für die Dacherneuerung unter dem Titel einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 EStG 1988 nicht erfolgen konnte.
Aus dem Umstand, dass die geltend gemachten Werbungskosten – wie in der Berufungsvorentscheidung vom rechtsrichtig zum Ausdruck gebracht wurde – mit einem Betrag von € 4.761,47 anerkannt wurden, ergibt sich, dass der gegenständlichen Beschwerde daher teilweise stattzugeben war.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof hatte zu erfolgen, da im Hinblick auf die oben aufgezeigte umfangreiche Judikatur die Entscheidung über eine Revision nach Ansicht des Finanzgerichtes nicht mehr von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängig sein wird.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Dacherneuerung Baumangel Verzicht auf Ersatzansprüche Dachsanierung Wassserschaden Vermögensumschichtung Vermögensminderung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100174.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at