Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.09.2019, RV/4100189/2018

Beschwerdevorentscheidung nach per E-Mail eingebrachter Beschwerde

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri
in der Beschwerdesache Bf, Adr1,
betreffend den Einkommensteuerbescheid für 2015 der belangten Behörde Finanzamt X vom zu Recht erkannt:

1.) Gemäß § 279 BAO wird die Beschwerdevorentscheidung vom    – ersatzlos – aufgehoben.

2.) Der Vorlageantrag vom wird zurückgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

A) Nachfolgender Sachverhalt ist der vorliegenden Aktenlage zu entnehmen:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz Bf.) beantragte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2015 unter anderem Umzugs- und Reisekosten, welche vom Finanzamt mit Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vom nicht anerkannt wurden.

Per E-Mail vom brachte der Bf.  Beschwerde nachfolgenden Inhaltes ein:
„.. Nach dem Telefonat mit Ihrem Vorgesetzten am Freitag möchte ich hiermit Einspruch gegen den am Freitag zugestellten Steuerbescheid erheben.
Da mir wie angegeben die Firma „X“ Kilometergeld gezahlt hat, sollte klar sein, dass ich mit dem eigenen PKW gefahren bin. Angegeben habe ich hauptsächlich die ‚Spesen für diese Tage, die ich gerne als Werbungskosten geltend machen würde.
Der erste Umzug von Judenburg nach Leoben war um jeden Tag 100 km Fahrtweg zu sparen. Laut Arbeiterkammer kann man es deswegen auch als Werbungskosten geltend machen.
Der zweite Umzug, dafür liegt Ihnen die Bestätigung vor, war nach Absprache mit „X“, das ich firmenintern die Arbeitsstelle wechsle, und nebenbei auch um einiges mehr verdiene. Also war dieser Umzug berufsbedingt und somit als Werbungskosten angegeben
…..“

Am erging eine abändernde Beschwerdevorentscheidung, mit welcher über die per E-Mail eingebrachte Beschwerde materiell abgesprochen wurde. Ein Teil der beantragten Werbungskosten wurde b erücksichtigt (Gutschrift € 330,00).

Mit Schreiben vom brachte der Bf. einen Vorlageantrag mit dem Begehren ein, dass alle Aufwendungen in Zusammenhang mit den erfolgten Umzügen unmittelbar mit seiner beruflichen Tätigkeit zu tun haben und daher als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.

In Folge legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vor.

B) Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Vorliegen einer Beschwerde:

Gemäß §  243 BAO (Bundesabgabenordnung) sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen haben, Beschwerde n (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nichts anderes bestimmt ist.

Nach § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des dritten Abschnittes der BAO schriftlich einzureichen (Eingaben).

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde gemäß § 85 Abs. 2 BAO noch nicht zu deren Zurückweisung; solche inhaltliche Mängel liegen dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen (z. B. Bezeichnung des Bescheides, gegen den sich die Beschwerde richtet, etc…).

Nach Maßgabe des § 86a Abs. 1 BAO können Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, auch telegraphisch, fernschriftlich oder, soweit es durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen zugelassen wird, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingereicht werden. Die für schriftliche Anbringen geltenden Bestimmungen sind auch in diesen Fällen mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Fehlen einer Unterschrift keinen Mangel darstellt.

Mit § 1 der Verordnung BGBl. Nr. 494/1991 wird für Anbringen im Sinne des § 86a Abs. 1 erster Satz BAO, die in Abgaben-, Monopol- oder Finanzstrafangelegenheiten an das Bundesministerium für Finanzen, an den unabhängigen Finanzsenat, an eine Finanzlandesdirektion, an ein Finanzamt oder an ein Zollamt gerichtet werden, die Einreichung unter Verwendung eines Telekopierers (Telefaxgerätes) zugelassen.

Mit der Verordnung BGBl. II Nr. 97/2006 (FinanzOnline-Verordnung 2006FOnV 2006) wird die automationsunterstützte Datenübertragung in Bezug auf Anbringen (§ 86a BAO), soweit nicht eigene Vorschriften bestehen, geregelt. Nach § 1 Abs. 2 der FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung für die Funktionen zulässig, die dem jeweiligen Teilnehmer in Finanz-Online zur Verfügung stehen. Gemäß § 5 FOnV 2006 sind andere als die in den Funktionen gemäß § 1 Abs. 2 dem jeweiligen Teilnehmer zur Verfügung gestellten Anbringen, ungeachtet einer allfälligen tatsächlichen Übermittlung in FinanzOnline, unbeachtlich.

Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund des § 86a BAO ergangenen beiden erwähnten Verordnungen die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, kommt einer E-Mail nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich auch nicht um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung zugängliche Eingabe handelt.

Ein mit einem E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, die von einem Anbringen (Eingabe) abhängig ist. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einem solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt ().

Im vorliegenden Fall folgt daraus, dass der Bf.   mit dem am mittels E-Mail erfolgten Schreiben nicht rechtswirksam eine Beschwerde eingebracht hat. Dieses "Anbringen" ist unbeachtlich.
Streitgegenständlich liegt daher aus rechtlicher Sicht keine Bescheidbeschwerde vor.
Es besteht diesbezüglich auch kein Ermessenspielraum der Behörde für eine andere Beurteilung.

2.) Beschwerde vorentscheidung – Vorlageantrag:

Gem. § 260 Abs. 1 lit.a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerde vorentscheidung ( §  262 BAO) oder mit Beschluss ( §  278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig (z.B. sich gegen einen rechtlich nicht - mehr - existenten Bescheid richtet, etc…) ist.

Nach § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Entsprechend § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann nach § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

§  264 Abs. 4 lit. e BAO normiert, dass § 260 Abs. 1 BAO (z.B. Unzulässigkeit) für Vorlagenträge sinngemäß anzuwenden ist.

Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht nach § 279 Abs. 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung hat zu erfolgen, wenn der angefochtene Bescheid von einer hiefür nicht zuständigen Behörde erlassen wurde. Eine ersatzlose (meritorische) Aufhebung im Sinne des § 279 Abs. 1 BAO darf dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt. (, , Ritz, BAO 5 , Rz 6 zu § 279).

Ein Vorlageantrag setzt zwingend eine im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung voraus (), welche aber wiederum nur aufgrund einer rechtswirksam erhobenen Beschwerde erlassen werden darf.
Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt deren Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Finanzamtes ().

Wie bereits oben ausgeführt [siehe B)1.)] ist streitgegenständlich keine (rechtswirksame) Beschwerde gegeben.

Der gegenständlich fristgerecht erhobene Vorlageantrag vom war aber grundsätzlich zulässig, da zwar die - mangels einer rechtswirksam eingebrachten Beschwerde - rechtswidrige, aber im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung vom  ergangen (vgl. , , RV/7103328/2016) war.

Die Beschwerdevorentscheidung vom  ist demnach im vorliegenden Fall mangels einer rechtswirksam eingebrachten Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht zur Herbeiführung eines rechtsrichtigen Verfahrenszustandes gemäß § 279 Abs. 1 BAO ersatzlos aufzuheben und in Folge der Vorlageantrag als unzulässig (geworden) zurückzuweisen.

Auf Basis dieser Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil die hier grundlegende Rechtsfrage, ob die mittels E-Mail eingebrachte "Eingabe" des Beschwerdeführers die Behörde berechtigt oder verpflichtet, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen, von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits eindeutig gelöst wurde (vgl. z.B. ).

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 86a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Beschwerde per E-Mail
Beschwerdevorentscheidung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4100189.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at