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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.07.2019, RV/4200006/2017

Trotz Fehlens der zugehörigen Rechnung bestehen keine begründeten Zweifel am Transaktionswert

Entscheidungstext

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf., vertreten durch Vertreter1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65010/2016, betreffend Eingangsabgaben und Nebenansprüche sowie vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Zollamt Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65010/3/2016, betreffend Eingangsabgaben und Nebenansprüche zu Recht erkannt: 

1.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65010/2016, wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2.

Der Beschwerde gegen den Bescheid des Zollamtes Klagenfurt Villach vom , Zl. 420000/65010/3/2016, wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

3.

Der Antrag auf Kostenersatz wird abgewiesen.

4.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Zu Spruchpunkt 1.:

Mit Bescheid vom , Zl. 420000/65010/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Beschwerdeführerin (Bf.) gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 Zollkodex (ZK) iVm § 2 Abs.1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) eine Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 600.206,89 (Zoll: € 186.733,15; vorläufiger Antidumpingzoll: € 3,82; Einfuhrumsatzsteuer: € 413.469,16; EUSt-Sicherheit: € 0,76) entstanden sei. Buchmäßig erfasst wurden jedoch Eingangsabgaben im Betrage von € 161.200,76 (Zoll: € 47.859,51; vorläufiger Antidumpingzoll: € 3,82; Einfuhrumsatzsteuer: € 113.336,67; EUSt-Sicherheit: € 0,76), weshalb der Differenzbetrag von € 439.006,13 (Zoll: € 138.873,64; Einfuhrumsatzsteuer: € 300.132,49) weiterhin gesetzlich geschuldet und gemäß Art. 220 Abs.1 ZK nachzuerleben sei. Als Folge dieser Nacherhebung sei gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung im Betrage von € 25.806,42 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Verzollung der gegenständlichen Importwaren in den Zollanmeldungen jeweils Kaufgeschäfte zwischen der Bf. und dem jeweiligen chinesischen Lieferanten als Verkäufer angemeldet wurden. Demgemäß seien die in den jeweiligen Rechnungen aufscheinenden Preise für die Zollwertermittlung im Sinne des Art. 29 ZK herangezogen worden. Anlässlich einer Betriebsprüfung Zoll wurde festgestellt, dass die Bf. nicht Käuferin der Waren gewesen sei und somit der Zollwert nach der Schlussmethode des Art. 31 ZK iVm § 184 BAO zu schätzen sei. Basis der nunmehrigen Zollwertermittlung seien alle im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren (Koffer, Taschen, Textilien und Schuhe) dieser Positionen. Dabei sei gemäß Art. 151 Abs.3 Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) der niedrigste von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogene Transaktionswert als Zollwert herangezogen worden.

Dagegen wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es für ein Kaufgeschäft im Sinne des Art. 29 ZK nicht darauf ankomme, ob der Kaufpreis zwischen dem chinesischen Lieferanten und den Endabnehmern aus Italien vereinbart und bezahlt worden sei. Die Bf. beantragte die Herausgabe der Daten der österreichischen Zollverwaltung betreffend Zollwerte gleichartiger Waren und für den Fall, dass das das Zollamt von einem Scheingeschäft ausgehe, die Vernehmung von A.B., Hongkong, als Zeugin.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/60673/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Waren direkt vom Endabnehmer beim chinesischen Lieferanten bestellt und die Waren entsprechend den Vorgaben des Lieferanten ohne Aufschlag von der Bf. an die Endabnehmer weiterverrechnet worden seien. Die Bf. habe ihren Aufwand, der im Wesentlichen in der Abwicklung der Zoll- und Einfuhrformalitäten bestand, je nach Lieferkondition dem Lieferanten oder dem Abnehmer pro Container und nicht pro gelieferter Ware gesondert in Rechnung gestellt. Der Zahlungsvorgang sei direkt vom Endabnehmer an den chinesischen Lieferanten erfolgt, die Bf. habe keine Haftung für Zahlungsausfälle getragen. Die verfahrensgegenständlichen Fakturen würden die Bf. zu Unrecht als Käuferin ausweisen, weshalb die darin enthaltenen Preise zur Ermittlung des Transaktionswertes ungeeignet seien. Die niedrigsten und höchsten Werte sowie die Durchschnittswerte der im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren der gegenständlichen Positionen seien dem angefochtenen Bescheid angeschlossen gewesen, die belangte Behörde habe dabei gemäß Art. 151 Abs.3 ZK-DVO nur den niedrigsten Transaktionswert herangezogen.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einen Kostenersatz.

Zu Spruchpunkt 2.:

Mit Bescheid vom , Zl. 420000/65010/3/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach festgestellt, dass für die Bf. gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.3 ZK iVm § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Eingangsabgabenschuld in der Höhe von € 17.892.009,42 (Zoll: € 5.190.158,38; Antidumpingzoll: € 770,13; Einfuhrumsatzsteuer: € 12.701.080,91) entstanden sei. Buchmäßig erfasst wurden jedoch Eingangsabgaben im Betrage von € 5.362.880,39 (Zoll: € 1.414.469,19; Antidumpingzoll: € 770,13; Einfuhrumsatzsteuer: € 3.947.641,07), weshalb der Differenzbetrag von € 12.529.129,03 (Zoll: € 3.775.689,19; Einfuhrumsatzsteuer: € 8.753.439,84) weiterhin gesetzlich geschuldet und abzüglich der Bagatellfälle von € 65,72 (Zoll: € 3,92; EUSt: € 61,80) gemäß Art. 220 Abs.1 ZK nachzuerheben sei. Als Folge dieser Nacherhebung sei gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG eine Abgabenerhöhung im Betrage von € 576.721,80 zu entrichten. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei der Verzollung der gegenständlichen Importwaren in den Zollanmeldungen jeweils Kaufgeschäfte zwischen der Bf. und dem jeweiligen chinesischen Lieferanten als Verkäufer angemeldet wurden. Demgemäß seien die in den jeweiligen Rechnungen aufscheinenden Preise für die Zollwertermittlung im Sinne des Art. 29 ZK herangezogen worden. Anlässlich einer Betriebsprüfung Zoll wurde festgestellt, dass die Bf. nicht Käuferin der Waren gewesen sei und somit der Zollwert nach der Schlussmethode des Art. 31 ZK iVm § 184 BAO zu schätzen sei. Basis der nunmehrigen Zollwertermittlung seien alle im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren (Koffer, Taschen, Textilien und Schuhe) dieser Positionen. Dabei sei gemäß Art. 151 Abs.3 ZK-DVO der niedrigste von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogene Transaktionswert als Zollwert herangezogen worden.

Dagegen wendet sich die in offener Frist eingebrachte Beschwerde vom . Begründend verwies die Bf. auf den Schriftsatz vom zu Punkt 2., welcher zur Niederschrift anlässlich der Schlussbesprechung der Betriebsprüfung Zoll des Zollamtes Klagenfurt Villach abgegeben wurde. Darin wurde die gewählte Methode zur Zollwertberechnung bemängelt, da eine stichprobenartige Überprüfung ergeben habe, dass die vom Zollamt errechneten Warenwerte teils niedriger sind, als in den vorliegenden Dokumenten zum Vorgang angegeben. Es seien daher vielmehr die Kaufverträge der Zollwertberechnung zugrunde zu legen, auf deren Grundlage der Bf. von den chinesischen Verkäufern die Verfügungsmacht eingeräumt worden sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , Zl. 420000/60675/2016, hat das Zollamt Klagenfurt Villach die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Waren direkt vom Endabnehmer beim chinesischen Lieferanten bestellt und die Waren entsprechend den Vorgaben des Lieferanten ohne Aufschlag von der Bf. an die Endabnehmer weiterverrechnet worden seien. Die Bf. habe ihren Aufwand, der im Wesentlichen in der Abwicklung der Zoll- und Einfuhrformalitäten bestand, je nach Lieferkondition dem Lieferanten oder dem Abnehmer pro Container und nicht pro gelieferter Ware gesondert in Rechnung gestellt. Der Zahlungsvorgang sei direkt vom Endabnehmer an den chinesischen Lieferanten erfolgt, die Bf. habe keine Haftung für Zahlungsausfälle getragen. Die verfahrensgegenständlichen Fakturen würden die Bf. zu Unrecht als Käuferin ausweisen, weshalb die darin enthaltenen Preise zur Ermittlung des Transaktionswertes ungeeignet seien. Die niedrigsten und höchsten Werte sowie die Durchschnittswerte der im Zeitraum bis aus China in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführten Waren der gegenständlichen Positionen seien dem angefochtenen Bescheid angeschlossen gewesen, die belangte Behörde habe dabei gemäß Art. 151 Abs.3 ZK-DVO nur den niedrigsten Transaktionswert herangezogen. Hinsichtlich der unter Punkt 2.1 des Schriftsatzes vom angeführten 5 Zollanmeldungen seien die anlässlich der Abfertigung festgesetzten Bemessungsgrundlagen in gleicher Höhe für die Schätzung herangezogen worden.

Mit Eingabe vom stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf. beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einen Kostenersatz.

Zu Spruchpunkt 1. und 2.:

Mit Eingabe vom wurde ein im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu GZ. RV/4100072/2014 vorgelegter Schriftsatz vom übermittelt. Daraus ergebe sich, dass die Bf. aufgrund der Kaufverträge mit den chinesischen Verkäufern Verfügungsmacht über die eingeführten Artikel erlangt habe, ein Umstand, der mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/4100072/2014 bestätigt worden sei, und, dass die der Bf. von den chinesischen Verkäufern in Rechnung gestellten Kaufpreise nachweislich bezahlt worden seien. Die angemeldeten Kaufpreise seien daher die Transaktionswerte und damit die jeweiligen Zollwerte.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2017/15/0022, wurde das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/4100072/2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Lieferung der Waren unmittelbar vom chinesischen Lieferanten an den jeweiligen Kunden erfolgt ist und von der Bf. nur sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports erbracht wurden. In Entsprechung dieses Erkenntnisses wurde mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. RV/4100657/2018, der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer versagt.

Mit Eingabe vom teilte die Bf. mit, sie habe gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Die Rechtsordnung habe den Gestaltungswillen des Steuerpflichtigen zu akzeptieren, sofern die Gestaltung nicht rechtsmissbräuchlich sei. Dies sei jedenfalls nicht der Fall, da die Bf. innergemeinschaftliche Lieferungen mittels Verfahrenscode 4200 vermeiden wollte und kein Spediteur sei. Die Bf. regte diesbezüglich ein Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH an, ob Umsätze umqualifiziert werden dürfen, ohne dass gegen den Grundsatz des Verbots des Missbrauchs von Rechtsvorschriften verstoßen worden ist. Im Übrigen sei der vom VwGH wertungsmäßig angenommene Kaufvertrag zwischen den chinesischen Verkäufern und den Letztabnehmern in der Union ein „Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft“ iSd Art. 29 ZK, da die Letztabnehmer die ihnen in Rechnung gestellten Kaufpreise bezahlt haben. Da hier die Bf. als Einkaufskommissionär tätig geworden wäre, seien die nunmehr als Vermittlungsprovisionen anzusehenden Kaufpreise herauszurechnen.

In der mündlichen Verhandlung vom verwies der Vertreter der Bf. darauf, dass der Zollwert zwingend als Transaktionswert zu ermitteln sei, unabhängig davon, ob die chinesischen Lieferanten direkt an die italienischen Abnehmer verkauft haben oder aber zuerst an die Bf. und diese dann an die italienischen Abnehmer. Die Kaufpreise, die der Zollwertberechnung zu Grunde gelegt worden sind, seien auch bezahlt worden. Ein gegen die Bf. geführtes gerichtliches Finanzstrafverfahren sei von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingestellt worden. Ein vom Zollamt Klagenfurt Villach als Finanzstrafbehörde erster Instanz eingeleitetes Verfahren wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung sei eingestellt worden. Der Vertreter des Zollamtes verwies auf das , wonach es zulässig sei, den Zollwert der eingeführten Waren anhand des Transaktionswertes gleichartiger Waren zu bestimmen, wenn der angegebene Transaktionswert im Vergleich zum statistischen Mittel der bei der Einfuhr gleichartiger Waren festgestellten Kaufpreise als ungewöhnlich niedrig angesehen wird.

In weiteren schriftlichen Eingaben vom und führte der Vertreter der Bf. aus, dass das Zollamt Klagenfurt Villach das formalisierte Verfahren des Art. 181a ZK-DVO nicht eingehalten habe. Die Begründung des Zollamtes Klagenfurt Villach, die Bf. sei nicht Käuferin der Waren gewesen, rechtfertige kein Verfahren nach Art. 181a ZK-DVO. Das genannte Urteil des EuGH stelle lediglich fest, dass abweichende statistische Werte begründete Zweifel iSd Art. 181a ZK-DVO darstellen können. Die „günstigen“ Preise der eingeführten Waren seien jedoch mit einer minderen Qualität erklärbar, wovon sich das Zollamt durch die gezogenen Proben überzeugen könne.

Das Zollamt Klagenfurt Villach wies in Stellungnahmen vom und darauf hin, dass das Verfahren nach § 181a ZK-DVO sehr wohl eingehalten wurde, da der Bf. bereits mit Schreiben vom , Zl. 420000/65048/2015, und auch in der Niederschrift der Betriebsprüfung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom vorgehalten worden sei, dass der von den chinesischen Lieferanten an die Bf. ausgewiesene Rechnungsbetrag keinen Transaktionswert darstelle, da die Bf. nicht Käuferin der Waren sei. Der Bf. sei Gelegenheit gegeben worden, Unterlagen zur allfälligen Anwendung einer Bewertungsmethode nach Artikel 30 ZK vorzulegen. Welchen Betrag die Käufer der Waren tatsächlich bezahlt haben, habe vom Zollamt Klagenfurt Villach nicht ermittelt werden können.

Sachverhalt:

Die Bf. ist eine seit dem Jahre 2013 in der  Rechtsform einer GmbH geführte Import-Export Firma, die zu dem Zweck gegründet wurde, Bekleidung, Taschen, Schuhe und sonstige Modeaccessoires aus der Volksrepublik China zu importieren und in der Europäischen Union zu verkaufen. Anstoß zur Gründung des Unternehmens bildete eine Anfrage von Abnehmern in Italien, welche Interesse an einer praktikablen Möglichkeit des Importes von Waren aus China inklusive der Kaufabwicklung hatten.

Über die Firma C-GmbH (Herr I.J.), Adresse, und Herrn D.E. (Firma K-GmbH) wurde Herr F.G. (Geschäftsführer der L-GmbH) mit der Angelegenheit befasst und die Bf. zu diesem Zweck gegründet. Zur Abwicklung der Lieferungen wurden von der Bf. sowohl mit den Lieferanten („Business Contract“) als auch mit den Abnehmern („Business/Buying Contract“) Grundverträge abgeschlossen mit im Wesentlichen folgenden Vertragsinhalten:

a. Vereinbarungen mit den Lieferanten:

1. Vertragsgegenstand:

Vertragsgegenstand ist der Zwischenhandel zwischen der Bf. (folgend kurz: A) und dem chinesischen Lieferanten (folgend kurz: B).

2. Vertragsinhalt:

- A kauft Frachtgut und verkauft es per Container weiter an andere Kunden in der EU;

- B erhält die Bezahlung des Rechnungsbetrages und Warenwertes direkt vom Endabnehmer;

- A verrechnet B nach der Lieferung ein Entgelt für seinen Aufwand;

- Lieferkondition DDP, Frachtkosten und Zoll werden dem Lieferanten B von dem von ihm bestimmten Frachtführer in Rechnung gestellt;

- B ist für die Produktqualität verantwortlich, diese muss den Vorschriften der EU entsprechen;

- A akzeptiert keine Waren, bei denen es sich um Produktpiraterie handelt;

- Mängelbeschwerden werden von den Endabnehmern direkt an B gerichtet;

- A übernimmt keine Haftung für Zahlungsausfälle zwischen den Endabnehmern und B;

- B garantiert, dass der Rechnungspreis dem tatsächlichen Handelswert entspricht;

3. Verpflichtungen von A:

- Abwicklung der Zollformalitäten im eigenen Namen;

- eingehende Kommunikation mit dem Frachtführer bei der Lieferung der Container;

- eingehende Prüfung der Importdokumente auf Richtigkeit für die Verzollung;

- Rechnungslegung an die Endabnehmer in der EU auf Grundlage der Verkaufsverträge;

- korrekte steuerliche Meldung jedes Containers und jeder Handelsrechnung;

- monatliche Steuererklärung an die österreichischen Steuerbehörden;

- Extrastatbericht für jeden Container;

- A übernimmt die Verantwortung für allfälligen Warenverlust während der Verzollung;

4. Dokumentation:

5. Warenart und Lieferumfang:

Die Vereinbarungen und Bedingungen sind wesentliche Vertragsgrundlagen für A und

können nicht geändert werden.

b. Vereinbarungen mit den Endabnehmern:

- Der Käufer bestätigt, Bestellungen in den Streitjahren aus dem Warensortiment, welches vom Vertragspartner der Bf. in China hergestellt wird, vorzunehmen;

- Sortiment und Mengen werden nach Bedarf beim Verkaufsvertreter von der Bf., der C-GmbH angefordert;

- die Qualitätskontrolle der Waren wird teilweise vom Endabnehmer in China nach Abschluss der Produktion organisiert;

- die Zahlungsvereinbarung lautet DDP grundsätzlich 90 Tage nach Auslieferung direkt an den Produzenten in China;

- die ordnungsgemäße Meldung an die Finanzbehörde betreffend Intrastat und Steuern wird vom Abnehmer oder dessen Steuerberater vorgenommen.

Auf der Grundlage dieser Rahmenvereinbarungen wurden die Importlieferungen von den Hauptlieferanten unter Anwendung der Kondition DDP (delivered duties paid, frei Haus verzollt), von anderen Lieferanten (auch) unter der Anwendung der Kondition CIF (cost insurance freight; Kosten Versicherung und Fracht bis zum Bestimmungshafen) abgewickelt. In den in der Anlage zum angeführten Verzollungsbescheid angeführten Fällen gelangten die Waren per Schiff von China in den slowenischen Seehafen Koper, von dort nach Übergabe der Dokumente nach H. (Österreich), wo die Verzollung durchgeführt wurde, und danach nach Italien oder Ungarn.

Hinsichtlich der Rechnungslegungen und der Zahlungsflüsse ergibt sich grundsätzlich folgendes Bild:

Vom jeweiligen chinesischen Lieferanten wurde eine Rechnung an die Bf. in US-Dollar mit der Lieferkondition DDP oder CIF Koper ausgestellt. Von der Bf. wurde eine Rechnung mit dem gleichen Rechnungsbetrag (umgerechnet in EUR) und der gleichen Lieferkondition an den jeweiligen Kunden ausgestellt.

Im Falle der Lieferkondition DDP werden die Kosten der Bf. in der Höhe von € 220,00, später € 300,00 pro Container dem chinesischen Lieferanten in Rechnung gestellt. Darin sind die Kosten für die Abwicklung der Importlieferungen sowie ein pauschaler Aufschlag enthalten. Da der Zahlungsweg zumeist direkt von den Kunden an den Lieferanten in China erfolgt, sind die € 220,00 im Einkaufspreis der Bf. enthalten und separat ausgewiesen. Ihrerseits bezahlte die Bf. an die C-GmbH, eine Provision in Höhe von anfänglich € 80,00, später € 50,00 und zuletzt € 20,00 pro Container (zuzügl. 20% USt) für die „Vermittlung der Handelsgeschäfte“. Im Falle der CIF-Koper Lieferungen wurden der Bf. von den beauftragten Speditionen Fracht- und Verzollungskosten sowie der angefallene Zoll berechnet. Diese Kosten wurden von der Bf. an die Warenempfänger mit einer separaten Faktura weiter verrechnet und von diesen an die Bf. bezahlt.

Hinsichtlich der Bestellvorgänge ist festzuhalten, dass die Bf. damit nicht direkt befasst war. Die Bestellungen wurden direkt von den Abnehmern nach China übermittelt bzw. teilweise von der Firma C-GmbH übernommen. In einigen Fällen erfolgte die Bestellung telefonisch bei der C-GmbH, die die Liefermöglichkeit dann mit den chinesischen Produzenten prüfte. Nach Warenversand erhielt die Bf. von den Lieferanten ein „AVISO“, in dem die Warenartikel sowie die Empfänger angeführt sind.

Die an die Bf. ausgestellten Dokumente (Bill of Landing, Original-Rechnungen, Packlisten, chinesische Ausfuhr in Kopie, Original-Ursprungszeugnis) wurden von den chinesischen Lieferern per DHL an Herrn I.J. übermittelt und an den Generalbeauftragten der Bf. für die Logistik, die K-GmbH weitergeleitet. Die K-GmbH organisierte die Freistellung der Container in Koper, erteilte die Transport- und Verzollungsaufträge an die Firma L-GmbH, (Tochterunternehmen der M-GmbH) und besorgte die Übermittlung der Originalunterlagen an die L-GmbH und an die Bf.. Die verfahrensgegenständlichen Waren wurden bei der Zweigstelle N. von der M-GmbH als direkter Vertreter der Bf. zur Überführung der gegenständlichen Waren in den freien Verkehr angemeldet. Als Warenempfänger war in den Zollanmeldungen die Bf. angegeben. Die K-GmbH verrechnete die Gesamtkosten (Transportkosten, Verzollungskosten, etc.) bei DDP an die chinesischen Versender bzw. bei CIF-Lieferungen die Gesamtkosten ab Koper (Transportkosten, Verzollungskosten, etc.) an die Bf..

Aufgrund der Annahme der von der M-GmbH, als direkter Vertreter der Bf. abgegebenen, vom Zollamt O. angenommenen und unter den in der Anlage des angefochtenen Bescheides angeführten CRN (Customs Registration Numbers) registrierten Zollanmeldungen zur Überführung der angemeldeten Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union sind für die Bf. die auf die angemeldeten Waren entfallenden Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuldigkeiten jeweils mit Annahme der betreffenden Zollanmeldungen gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a und Abs.2 Zollkodex (ZK) entstanden und gemäß Art. 221 Abs.1 ZK mitgeteilt worden.

I m Zuge einer bei der Bf. abgeführten abgabenbehördlichen Außenprüfung gemäß § 25 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 147 Abs.1 BAO traf der Prüfer des Zollamtes Klagenfurt Villach in seinem Bericht vom die Schlussfolgerung, die angemeldeten Kaufpreise können nicht als Transaktionswerte für die Zollwertermittlung herangezogen werden, da es sich bei den Rechnungen der chinesischen Lieferanten an die Bf. um keine bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preise handelt. Das Zollamt Klagenfurt Villach hat daher bezogen auf die von der Zollanmelderin jeweils in den Zollanmeldungen bekannt gegebenen Positionen der Kombinierten Nomenklatur eine Aufstellung erstellt, die für alle im Zeitraum bis in Österreich in den zollrechtlich freien Verkehr überführten Waren dieser Positionen den niedrigsten von der Zollverwaltung nicht in Zweifel gezogenen Zollwert ausweist. Die entsprechenden Zollwerte wurden als Anhang I der Niederschrift vom beigelegt.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2017/15/0022, wurde das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes RV/4100072/2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Lieferung der Waren unmittelbar vom chinesischen Lieferanten an den jeweiligen Kunden erfolgt ist und von der Bf. nur sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports erbracht wurden. Der Wert der beförderten Waren gehört nicht zu den Kosten, die in die von der Bf. erbrachten Leistungen einfließen, weshalb die darauf entfallende Vorsteuer nicht abgezogen werden kann. Begründend wurde weiters ausgeführt, dass die Waren nicht für das Unternehmen der Bf. eingeführt wurden, da die Gegenstände weder zum Gebrauch, zum Verbrauch oder zum Verkauf bestimmt waren. Die Bf. habe lediglich Leistungen im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports (zum Teil an den chinesischen Lieferanten, zum Teil an die Endabnehmer) erbracht, während die Lieferung der Ware als unmittelbar vom chinesischen Lieferanten an den jeweiligen Kunden als erfolgt zu werten ist. Soweit in diesem Zusammenhang der Bf. auch die Verfügungsbefugnis an Gegenständen – etwa durch Übergabe von Traditionspapieren – eingeräumt wurde, diente dies lediglich dazu, diese Abwicklung durch die Bf. zu ermöglichen.

Ein gegen die Bf. bzw. deren Verantwortliche wegen der Hinterziehung von Eingangsabgaben gemäß § 35 Abs.2 des Finanzstrafgesetzes geführtes gerichtliches Finanzstrafverfahren wurde von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingestellt. Ein vom Zollamt Klagenfurt Villach als Finanzstrafbehörde erster Instanz eingeleitetes Verfahren wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung wurde ebenfalls eingestellt.

Beweiswürdigung:

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Klagenfurt Villach vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere die Niederschrift anlässlich der Schlussbesprechung vom , sowie die Eingaben der Bf. vom , , und , die Eingaben des Zollamtes Klagenfurt Villach vom und , das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2017/15/0022, und die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom . Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unbestritten.

Die bei der Bf. durchgeführten Außenprüfungen haben keinerlei formelle Mängel im Rechenwerk, in welches die Kauf- und Verkaufsvorgänge Eingang gefunden haben, ergeben. Daraus ergibt sich unzweifelhaft der festgestellte Sachverhalt, dass die Waren mit den zwischen den (italienischen) Warenempfängern und den (chinesischen) Lieferanten vereinbarten und damit zu zahlenden Preisen zuerst vom Lieferanten an die Bf. und anschließend mit denselben Preisen von der Bf. an die Warenempfänger fakturiert wurden. Dies entspricht nicht nur den Feststellungen der Betriebsprüfung des Zollamtes Klagenfurt Villach, sondern auch den vertraglichen Verpflichtungen der Bf. mit den chinesischen Lieferanten. Dafür, dass von den italienischen Käufern an die chinesischen Lieferanten höhere Beträge, als in den vorliegenden Rechnungen ausgewiesen, bezahlt wurden, die vorliegenden Rechnungen somit betragsmäßig unrichtig (unterfakturiert) sind, findet sich in den Verwaltungsakten kein Hinweis. Auch in der mündlichen Verhandlung vom wurden keine Verdachtsmomente vorgebracht. Derartige Zweifel wurden der Bf. vom Zollamt Klagenfurt Villach gemäß Art. 181a Abs.2 ZK-DVO auch nicht im Schreiben vom oder in der Niederschrift der Betriebsprüfung des Zollamtes Klagenfurt Villach vom mitgeteilt. Ein von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen der Hinterziehung von Eingangsabgaben gemäß § 35 Abs.2 des Finanzstrafgesetzes geführtes Verfahren wurde eingestellt (Schreiben vom ), ebenso ein vom Zollamt Klagenfurt Villach als Finanzstrafbehörde erster Instanz eingeleitetes Verfahren wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung. Es liegen somit nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes trotz Fehlens der zugehörigen Rechnungen keine hinreichend begründeten Zweifel vor, dass die von der Bf. angemeldeten Transaktionswerte nicht den von den (italienischen) Warenempfängern an die chinesischen Lieferanten gezahlten oder zu zahlenden Preisen entsprechen.

Zu den übermittelten Unterlagen, wonach einige Kunden mit der Bf. keine Geschäftsbeziehungen unterhalten hätten, obgleich diese als Kunden der Bf. geführt worden seien, ist zu bemerken, dass ein Nachweis darüber, dass die Bf. in Umsatzsteuermalversationen verwickelt gewesen wäre, nicht erbracht wurde. Auch diesbezüglich ist auf die eingestellten Finanzstrafverfahren zu verweisen.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß Art. 201 Abs.1 Buchstabe a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird.

Gemäß Art. 201 Abs.2 ZK entsteht die Zollschuld in dem Zeitpunkt, in dem die betreffende Zollanmeldung angenommen wird.

Gemäß Art. 201 Abs.3 ZK ist Zollschuldner der Anmelder. Im Falle der indirekten Vertretung ist auch die Person Zollschuldner, für deren Rechnung die Zollanmeldung abgegeben wird. Liegen einer Zollanmeldung für ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Angaben zugrunde, die dazu führen, dass die gesetzlich geschuldeten Abgaben ganz oder teilweise nicht erhoben werden, so können nach den geltenden innerstaatlichen Vorschriften auch die Personen als Zollschuldner angesehen werden, die die für die Abgaben der Zollanmeldung erforderlichen Angaben geliefert haben, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie unrichtig waren.

Gemäß Art. 220 Abs.1 ZK hat, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Artikeln 218 und 219 buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist, die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrags oder des nachzuerhebenden Restbetrags innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung). Diese Frist kann nach Artikel 219 verlängert werden.

Gemäß Art. 29 Abs.1 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass

a) keine Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauchs der Waren durch den Käufer bestehen, ausgenommen solche, die durch das Gesetz oder von den Behörden in der Gemeinschaft auferlegt oder gefordert werden; das Gebiet abgrenzen, innerhalb dessen die Waren weiterverkauft werden können; sich auf den Wert der Waren nicht wesentlich auswirken;

b) hinsichtlich des Kaufgeschäfts oder des Preises weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden kann;

c) kein Teil des Erlöses aus späteren Weiterverkäufen, sonstigen Überlassungen oder Verwendungen der Waren durch den Käufer unmittelbar oder mittelbar dem Verkäufer zugutekommt, wenn nicht eine angemessene Berichtigung gemäß Artikel 32 erfolgen kann;

d) der Käufer und der Verkäufer nicht miteinander verbunden sind oder, wenn sie miteinander verbunden sind, der Transaktionswert gemäß Absatz 2 für Zollzwecke anerkannt werden kann.

Gemäß Art. 30 Abs.1 ist der Zollwert, wenn er nicht nach Artikel 29 ermittelt werden kann, in der Reihenfolge des Absatzes 2 Buchstaben a) bis d) zu ermitteln, und zwar nach dem jeweils ersten zutreffenden Buchstaben mit der Maßgabe, dass die Inanspruchnahme der Buchstaben c) und d) auf Antrag des Anmelders in umgekehrter Reihenfolge erfolgt; nur wenn der Zollwert nicht nach einem bestimmten Buchstaben ermittelt werden kann, darf der nächste Buchstabe in der in diesem Absatz festgelegten Reihenfolge herangezogen werden.

Gemäß Abs.2 leg. cit. ist der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert einer der folgenden Werte:

a) der Transaktionswert gleicher Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

b) der Transaktionswert gleichartiger Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd zu demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

c) der Wert auf der Grundlage des Preises je Einheit, zu dem die eingeführten Waren oder eingeführte gleiche oder gleichartige Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an Personen verkauft werden, die mit den Verkäufern nicht verbunden sind;

d) der errechnete Wert, bestehend aus der Summe folgender Elemente:

- Kosten oder Wert des Materials, der Herstellung sowie sonstiger Be- oder Verarbeitungen, die bei der Erzeugung der eingeführten Waren anfallen;

- Betrag für Gewinn und Gemeinkosten, der dem Betrag entspricht, der üblicherweise von Herstellern im Ausfuhrland bei Verkäufen von Waren der gleichen Art oder Beschaffenheit wie die zu bewertenden Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft angesetzt wird;

- Kosten oder Wert aller anderen Aufwendungen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe e).

Gemäß Artikel 31 Abs.1 ZK ist der Zollwert der eingeführten Waren, wenn er nicht nach den Artikeln 29 und 30 ermittelt werden kann, auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln, die übereinstimmen mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln

- des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens,

- des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens sowie

- der Vorschriften dieses Kapitels.

Gemäß Abs.2 leg. cit. darf der nach Absatz 1 ermittelte Zollwert  nicht zur Grundlage haben:

a) den Verkaufspreis in der Gemeinschaft von Waren, die in der Gemeinschaft hergestellt worden sind;

b) ein Verfahren, nach dem jeweils der höhere von zwei Alternativwerten für die Zollbewertung heranzuziehen ist;

c) den Inlandsmarktpreis von Waren im Ausfuhrland;

d) andere Herstellungskosten als jene, die bei dem errechneten Wert für gleiche oder gleichartige Waren nach Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe d) ermittelt worden sind;

e) Preise zur Ausfuhr in ein Land, das nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehört;

f) Mindestzollwerte;

g) willkürliche oder fiktive Werte.

Gemäß Art. 181 Abs.1 ZK-DVO muss die in Artikel 178 Absatz 2 genannte Person der Zollstelle eine Ausfertigung der der Zollanmeldung zugrunde liegenden Rechnung über die eingeführten Waren vorlegen.

Gemäß Art. 181a Abs.1 ZK-DVO müssen die Zollbehörden den Zollwert von eingeführten Waren nicht auf der Grundlage des Transaktionswertes ermitteln, wenn sie unter Einhaltung des in Absatz 2 genannten Verfahrens wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis gemäß Artikel 29 entspricht.

Gemäß Abs.2 leg. cit. können die Zollbehörden in den Fällen, in denen sie Zweifel im Sinne des Absatzes 1 haben, gemäß Artikel 178 Abs.4 zusätzliche Auskünfte verlangen. Bestehen die Zweifel fort, sollen die Zollbehörden der betroffenen Person vor einer endgültigen Entscheidung auf Verlangen schriftlich die Gründe für ihre Zweifel mitteilen und ihr eine angemessene Antwortfrist gewähren. Die abschließende mit Gründen versehene Entscheidung ist der betroffenen Person schriftlich mitzuteilen.

Gemäß § 2 Abs.1 ZollR-DG gelten das im § 1 genannte Zollrecht der Union, dieses Bundesgesetz und die in Durchführung dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen sowie die allgemeinen abgabenrechtlichen Vorschriften und das in Österreich anwendbare Völkerrecht, soweit sie sich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben beziehen (Zollrecht im Sinn des Artikels 1 des Zollkodex) weiters in allen nicht vom Zollkodex erfassten unionsrechtlich und innerstaatlich geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß § 108 Abs.1 ZollR-DG ist, wenn außer in den Fällen des Absatz 2 eine Zollschuld nach den Artikeln 202 bis 205 oder 210 oder 211 ZK entsteht oder eine Zollschuld gemäß Artikel 220 nachzuerheben ist, eine Abgabenerhöhung zu entrichten, die dem Betrag entspricht, der für den Zeitraum zwischen dem Entstehen der Zollschuld und dem der buchmäßigen Erfassung, bei Nacherhebung gemäß Artikel 220 ZK zwischen der Fälligkeit der ursprünglich buchmäßig erfassten Zollschuld und der buchmäßigen Erfassung der nachzuerhebenden Zollschuld, an Säumniszinsen angefallen wäre.

Nach den Bestimmungen des Art. 29 ZK ist der Zollwert eingeführter Waren der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis.

Nach den Vereinbarungen mit den Lieferanten sollte die Zahlung des Rechnungsbetrages (für die Waren) unmittelbar vom Endabnehmer erfolgen. Die Eingangsfakturen der Bf. waren mit den Ausgangsfakturen in Bezug auf den ausgewiesenen Rechnungsbetrag identisch. Die Leistungen der Bf. im Zusammenhang mit der Abwicklung des grenzüberschreitenden Transports wurden mittels Pauschalbetrag pro Container, welcher im Falle der dem Lieferanten verrechnet wurde (Lieferkondition DDP) abgegolten. Bei Lieferkonditionen CIF Koper wurden die Speditions- und Verzollungskosten dem Warenempfänger separat verrechnet.

Die wesentlichen Merkmale des zollwertrechtlichen Verkaufbegriffs sind auf der einen Seite die Eigentumsverschaffung an der eingeführten Ware (Verschaffung der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmacht) und auf der anderen Seite die Entgeltzahlung, wobei zur Abgrenzung von Vermittlergeschäften maßgeblich ist, wer das finanzielle Risiko trägt ( Gebr. Hepp); Witte Zollkodex Art. 29 Rz. 17 f.). In den vorliegenden Fällen hat die Bf. keine Haftung für Zahlungsausfälle getragen. Die Eigentumsverschaffung erfolgte von den (chinesischen) Lieferanten direkt an die (italienischen) Warenempfänger (siehe auch ).

Die bei der Zollwertermittlung nach Art. 29 ZK maßgebliche Transaktion muss ein Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft sein. Das bedeutet, dass die Ware unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages aus einem Drittland in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt werden muss. Für Waren, die nur einmal vor der Bewertung verkauft worden sind, reicht die bloße Tatsache der Anmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Europäischen Union als ausreichendes Indiz dafür aus, dass sie zum Zwecke der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden (Art. 147 Abs.,1 ZK-DVO).

Ausgangspunkt für den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis und damit für den Transaktionswert ist der zwischen dem Verkäufer und dem Käufer für die Einfuhrware individuell vereinbarte Kaufpreis. Deckt dieser Preis alle vom Käufer an den Verkäufer als Gegenleistung im Rahmen des Verkaufsvorgangs erbrachten Zahlungen ab, so ist das der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Sinne des Art. 29 Abs.1 ZK.

In den verfahrensgegenständlichen Zollanmeldungen wurden nicht die tatsächlichen (italienischen) Warenempfänger, sondern die Bf. als Warenempfängerin angegeben, auf welche vom jeweiligen (chinesischen) Lieferanten auch die Rechnungen ausgestellt wurden. Wird nicht die dem Kaufgeschäft zugehörige Rechnung vorgelegt, müssen die Zollbehörden gemäß Art. 181a Abs.1 ZK-DVO den Zollwert nicht auf der Grundlage des Transaktionswertes ermitteln, wenn sie unter Einhaltung des in Art. 181a Abs.2 ZK-DVO genannten Verfahrens wegen begründeter Zweifel nicht überzeugt sind, dass der angemeldete Wert dem gezahlten oder zu zahlenden Preis gemäß  Art. 29 ZK entspricht (Dorsch, Kommentar Zollrecht Art. 29 Rz.13).

Auf Grund der vorgenommenen Würdigung der vorgelegten Beweise und des festgestellten Sachverhaltes erweisen sich die der Betriebsprüfung des Zollamtes Klagenfurt Villach vorgelegten Rechnungen der chinesischen Lieferanten an die Bf. und jene der Bf. an ihre (italienischen) Abnehmer nicht nur als echt, vielmehr bestehen trotz Fehlens der den vorliegenden Kaufgeschäften zugehörigen Rechnungen keine begründeten Zweifel im Sinne des Art. 181a ZK-DVO, dass die von den chinesischen Verkäufern an die Bf. und von der Bf. an die Endabnehmer fakturierten Kaufpreise den Transaktionwerten, also den bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft von den (italienischen) Käufern an die chinesischen Verkäufer gezahlten oder zu zahlenden Preisen im Sinne des Art. 29 ZK entsprechen.

Die angefochtenen Bescheide waren daher (ersatzlos) aufzuheben.

Zur Anregung auf Vorlage der von der Bf. aufgeworfenen Frage an den EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens ist festzustellen:

Die Bestimmung des Art. 267 AEUV normiert:

„Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung

  • über die Auslegung der Verträge,

  • über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union.

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. […]

Die aufgeworfene Frage, ob Umsätze umqualifiziert werden dürfen, ohne dass gegen den Grundsatz des Verbots des Missbrauchs von Rechtsvorschriften verstoßen worden ist, zeitigt keinen derartigen Stellenwert, dass dem Bundesfinanzgericht Zweifel an der Vereinbarkeit seiner Entscheidung mit dem Unionsrecht aufkommen, zumal die angefochtenen Bescheide antragsgemäß aufgehoben werden und die Klärung der aufgeworfenen Frage für die Erledigung der Bescheidbeschwerden nicht erforderlich ist.

Zur aufgeworfenen Herausrechnung des der Bf. für ihre Leistungen bezahlten Entgeltes aus dem Transaktionswert ist zu bemerken, dass anlässlich der jeweiligen Verzollung der Zollwert gemäß Art. 29 Abs.1 ZK ermittelt wurde. Über die Nacherhebung gemäß Art. 220 ZK hinausgehende Eingangsabgaben könnten nur im Wege der Erstattung rückgefordert werden.

Zum Antrag auf Kostenersatz

Gemäß § 312 BAO sind, sofern sich aus diesem Bundesgesetz oder aus sonstigen gesetzlichen Vorschriften nicht anderes ergibt, die Kosten für die Tätigkeit der Abgabenbehörden und der Verwaltungsgerichte von Amts wegen zu tragen

Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgabenverfahren und im Beschwerdeverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten.

Die Geltendmachung des Ersatzes von Kosten im Beschwerdeverfahren ist auf Grund der vorstehenden Bestimmungen ausgeschlossen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig. Die Frage, ob begründete Zweifel vorliegen, dass die erklärten Transaktionswerte nicht den tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preisen entsprochen haben, war einzelfallbezogen im Rahmen der Beweiswürdigung zu beurteilen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 29 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 181a ZK-DVO, VO 2454/93, ABl. Nr. L 253 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.4200006.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at