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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.09.2019, RV/7102048/2015

Anerkennung von im Wege einer Aufrechnung vorgenommenen Prämienrückzahlungen im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die  Richterin Ri in der Beschwerdesache der Bf., adresse, vertreten durch HONORA Steuerberatungs KG, Hauptstraße 17, 3400 Weidling, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend die Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO stattgegeben.

Der Einkommensteuerbescheid 2012 wird abgeändert.

Die Einkommensteuer wird in Höhe von - 10.646,00 € festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) war bis als Geschäftsführerin bei der K.L. GmbH angestellt. Die im Streitjahr erhaltenen Bezüge wurden im verfahrensgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2012 als nicht selbständige Einkünfte berücksichtigt. Teil dieser Einkünfte waren auch Prämienzahlungen der GmbH an die Bf., die laut vorliegenden Gehaltsabrechnungen monatlich in Höhe von 2.000,00 € und grundsätzlich 14 mal jährlich ausbezahlt wurden. Die Bf. erhielt im Streitjahr 16.327,87 €  Prämienzahlungen.

Im Zuge der Auflösung des Dienstverhältnisses im Juli 2012 wären der Bf. von der GmbH eine gesetzliche Abfertigung von vier Monatsgehältern und eine freiwillige Abfertigung von zwei Monatsgehältern zugesagt worden.

Der Bf. seien sodann bis Ende Juli 2012 drei der insgesamt sechs auszuzahlenden Monatsgehälter in Höhe von 27.096,34 € brutto als Abfertigung ausbezahlt worden. Ein Monatsgehalt der gesetzlichen Abfertigung in Höhe von 9.032,11 € wurde im November 2012 ausbezahlt und für die freiwillige Abfertigung in Höhe von zwei Monatsgehältern wurde im Dezember 2012 ein Lohnzettel ausgestellt und der Bruttobetrag in Höhe von 18.064,23 € der freiwilligen Abfertigung zur Gänze mit 6 % versteuert. Der Nettobetrag dieser Abfertigungszahlung habe demnach 16.980,37 € betragen. Die laut diesem Lohnzettel vom Arbeitgeber zu leistende Auszahlung der freiwilligen Abfertigung sei jedoch nicht tatsächlich durchgeführt worden, da die GmbH die Ansicht vertreten habe, der Bf. wären im Jahr 2012 zu Unrecht Prämienzahlungen in Höhe von insgesamt 16.000,00 € ausbezahlt worden. Der vom Arbeitgeber so gesehene Rückzahlungsanspruch sei mit der freiwilligen Abfertigung (16.980,37 €) verrechnet worden, sodass sich dadurch der für die freiwillige Abfertigung mögliche Auszahlungsbetrag verringerte. Zweitens wurde von der restlichen freiwilligen Abfertigung ein Betrag von 480,38 €, der noch offen gewesen sei, auch nicht ausbezahlt worden.

Die im Veranlagungsakt befindliche Lohn/Gehaltsabrechnung für Dezember 2012 weist die von der GmbH vorgenommene Rückforderung in Höhe von 16.000,00 € sowie den restlichen noch zustehenden Nettobetrag in Höhe von 980,37 € aus.    

Die steuerliche Vertretung führte überdies in einem per email dem Finanzamt übermittelten Schriftsatz aus, dass die von der GmbH durchgeführte Verrechnung der freiwilligen Abfertigung mit bereits ausbezahlten Prämien in Höhe von € 16.000,00 Gegenstand eines Prozesses beim Arbeits- und Sozialgericht Wien gewesen sei.

Ein vorbereitender Schriftsatz vom und die Anberaumung einer Tagsatzung beim Arbeits- und Sozialgericht zeigen auf, dass die Verhandlung "wegen € 18.046,22 (Abfertigung)" anberaumt wurde. Dem Protokoll der Verhandlung vom ist darüber hinaus zu entnehmen, dass eine Vertagung der Tagsatzung zur Vorlage von Prämienabrechnungen ausgesprochen wurde. Letztlich habe sich die Bf. mit ihrem Arbeitgeber geeinigt, und es seien ihr am  und am   Geldbeträge von insgesamt 17.000,00 € überwiesen worden. Dabei habe die Bf. auf ein Drittel ihres Anspruches in Höhe von 17.564,22 € zuzüglich errechneter Zinsen von 1.226,57 € verzichtet und überdies Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.391,21 € erstattet bekommen.  

Mit dieser Auszahlung wären die Ansprüche der Bf. aus den rückgeforderten und mit der freiwilligen Abfertigung verrechneten laufenden Bezügen, die eingeklagten Zinsen und die Rechtsanwaltskosten abgedeckt worden.

Über Vorhalt des Bundesfinanzgerichts übermittelte die steuerliche Vertretung der Bf. ebenso einen vom Arbeitgeber der Bf. verfassten vorbereitenden Schriftsatz im Verfahren vor dem Arbeitsgericht, in welchem die Bf. als klagenden Partei gegen ihren Arbeitgeber als beklagte Partei auftritt.

In diesem erklärte die beklagte Partei ihren Rückforderungsanspruch in Bezug auf die im Jahr 2012 ausbezahlten Prämien und die Aufrechnung der zu Unrecht in diesem Jahr ausbezahlten Prämienakonti (16.000,00 €) gegen die Forderung der Klägerin auf den restlichen Abfindungsbetrag (16.980,37 €).

Des weiteren legte die Bf. ein am verfasstes Schreiben der rechtsfreundlichen Vertretung ihres Arbeitgebers an sie vor, in dem dargestellt wurde, dass unternehmensinterne Gründe gegen eine ergebnisabhängige Prämie an die Bf. gesprochen hätten. Die Bf. habe über viele Jahre hinweg eigenverantwortlich und ohne Mitwirkung des Geschäftsführers der genannten GmbH das Finanzwesen betreut und in dieser Funktion über die Bilanzposition der nicht abgerechneten Leistungen Ergebnisse beeinflusst, wonach unter anderem auch die mit dem Geschäftsführer lediglich für ein Jahr vereinbarte Prämie ihre vermeintliche Rechtfertigung gefunden habe. Es wurde daher nachstehender Vorschlag unterbreitet:

"Unsere Mandantschaft bezahlt binnen 14 Tagen ab Zustandekommen einer vollständigen Einigung die restliche Abfertigung (gesetzliche und freiwillige)


Tabelle in neuem Fenster öffnen
in Höhe von
27.096,34
abzüglich einbehaltender Lohnsteuer
-1.625,78
abzüglich der im Jahr 2012 an Sie ausbezahlten Prämienakonti in Höhe von
-16.000,00
 
 
insgesamt somit in Euro
9.470,56

Damit sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche bereinigt und verglichen"

Die steuerliche Vertretung vertritt zu dieser Vorgehensweise die Ansicht, dass die für 2012 rückgeforderten Geldbeträge in Höhe von 16.000,00 € im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG 1988 von der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Einkommensteuer 2012 abgezogen werden müssten. Demgegenüber wäre im darauffolgendem Jahr der im Zuge der Einigung entrichtete Geldbetrag von 17.000,00 € sowie die restliche Zahlung von 480,38 € als Abfertigungszahlung mit dem festen Steuersatz von 6 % zu besteuern gewesen. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Rechtsanwaltskosten, könnte die Bf. 2013 als Werbungskosten geltend machen.

Das Finanzamt verneinte im Einkommensteuerbescheid 2012 vom die Anwendung des § 16 Abs. 2 EStG und erkannte demnach eine Rückzahlung von bereits geleisteten Prämienzahlungen in Höhe von 16.000,00 € nicht an.

Gegen diesen Einkommensteuerbescheid erhob die steuerliche Vertretung Beschwerde und führte aus, dass die steuerliche Behandlung der Gegenverrechnung von strittigen Prämienzahlungen mit der freiwilligen Abfertigung von der Bf. durch ihren ehemaligen Arbeitgeber unrichtig erfolgt sei. Dies deshalb, da der gegenständliche Einkommensteuerbescheid die vom Arbeitgeber der Bf. vorgenommene Kürzung der Prämien nicht berücksichtigt hätte, was letztlich zu einer zu hohen Steuerlast für 2012 führte. Die steuerliche Vertretung wiederholte ihr Vorbringen zum Sachverhalt wie bereits oben dargestellt und brachte ergänzend vor, dass über diese Vorgehensweise eine Einvernahme zwischen der Bf. und ihrem Arbeitgeber nicht bestanden hätte, demnach von einer willkürlichen Verschiebung von Einkünften nicht ausgegangen werden könne.

Eine Willkür würde ein Einvernehmen voraussetzen, dass die streitgegenständlichen Prämien zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt würden. Der ehemalige Arbeitgeber der Bf. habe aber die Prämien keinesfalls zu einem späteren Zeitpunkt auszahlen wollen, er wollte sie gar nicht auszahlen. Deswegen wurde auch ein Arbeitsrechtsprozess zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bezüglich der Frage geführt, ob gewisse an die Bf.  ausgezahlten Prämien ihr auch zustehen würden und nicht von der freiwilligen Abfertigung abgezogen hätten werden dürfen.

Weiters könne die Willkürlichkeit einer Rückzahlung (im gegenständlichen Fall hat auch eine Gegenrechnung und keine Rückzahlung stattgefunden) nur die Anerkennung der Gegenrechnung der Prämien als Werbungskosten meiner Mandantschaft versagen, wenn die Rückzahlung vom Arbeitnehmer, der dann auch die Werbungskosten abziehen könnte, willkürlich – daher ohne jeden anderen als einen steuerlichen Grund – vorgenommen würde. Gegenständlich sei jedoch die Gegenrechnung vom Arbeitgeber vorgenommen worden, sodass auf Seiten der Bf.  sicher nicht von willkürlichem Handeln ausgegangen werden könne. Daher stünde einem Abzug als Werbungskosten nichts im Wege.

Überdies sei die „Willkürlichkeit“ der Gegenrechnung grundsätzlich in Frage zu stellen, da Willkür das Fehlen eines sachlichen Grundes außerhalb der gegebenen Steuerersparnis voraussetze (vgl. Hofstätter/Reichel, Kommentar § 16 Abs. 2 Tz 1 u. a. auch zitiert in UFS GZ. RV/2900-W/02).

Im gegenständlichen Sachverhalt wären aber sehr wohl sachliche Gründe für die Gegenrechnung der Prämienzahlungen durch den Arbeitgeber gegeben, da dieser die Rechtsansicht vertrat, dass der Bf. die im Jahre 2012 ausbezahlten Prämien nicht zustünden.

Auch wenn eine Rechtsansicht aufgrund derer eine Maßnahme wie die gegenständliche Gegenverrechnung sich in einem Prozess als unrichtig herausstellen würde, sei trotzdem nicht von einem willkürlichem Verhalten auszugehen gewesen, da es ja einen sachlichen Grund gegeben habe. Als einen Hinweis, dass die Rechtsansicht des Arbeitgebers nicht absolut unsachlich war, könne man auch aus der Vergleichsbereitschaft der Beschwerdeführerin ableiten, die auch auf einen guten Teil der ihr zustehenden Prämienzahlungen im Rahmen des abgeschlossenen Vergleichs verzichtet habe.

Die steuerliche Vertretung legte Lohn/Gehaltsabrechnungen der Monate Jänner 2012 bis Juli 2012 sowie November 2012 und Dezember 2012 vor.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab und führte in der Begründung wie folgt aus:

 "Im Zuge des Austritts aus dieser Gesellschaft hatte die Beschwerdeführerin aufgrund von Vereinbarungen einen Anspruch auf eine gesetzliche Abfertigung von vier Monatsgehältern sowie einen Anspruch auf freiwillige Abfertigung von zwei Monatsgehältern. Den Akten ist zu entnehmen dass der Beschwerdeführerin im Juli und im November 2012 insgesamt vier Monatsgehälter ausbezahlt wurden.

Zwei Monatsgehälter i.H.v. 16.980,38 € nach Abzug der Lohnsteuer blieben noch zur Auszahlung. Für diese Auszahlung wurde jedoch nur eine Akontierung i.H.v. 500,00 € vorgenommen. Auch wenn die willkürliche Absicht des Arbeitgebers, früher ausbezahlte Prämien einbehalten zu wollen, bestanden habe, würde jedoch de facto ein Abfertigungsanspruch nicht ausbezahlt worden sein. Die Bestimmung des § 16 Abs. 2 EStG 1988 kann daher nicht greifen, da die Rückzahlung eines Arbeitslohns nicht vorhanden ist, sondern die nicht Ausbezahlung eines Abfertigungsanspruches. Der dem Betriebsfinanzamt übermittelte Lohnzettel bildet den tatsächlichen Zahlungsfluss laut obiger Ausführung und war daher der Erledigung zugrunde zu legen."

Im Vorlageantrag führte die steuerliche Vertretung aus, dass die Auffassung der belangten Behörde, es liege eine Nichtausbezahlung der vereinbarten Abfertigung vor,  den Tatsachen im gegenständlichen Sachverhalt widerspreche. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.

Die Entscheidung des Finanzamtes aufgrund der Zahlungsflüsse greife zu kurz. Der ehemalige Arbeitgeber der Bf. sei der Meinung gewesen, dass die Zahlung von Prämien an sie im Jahr 2012 zu Unrecht erfolgt wären. Aus diesem Grunde habe er die Prämienrückforderung mit der letzten Tranche der auszubezahlenden Abfertigung verrechnet. Die Abfertigung sei korrekt versteuert, außerdem ein Lohnzettel erlassen worden, der die Rückforderung der gezahlten Prämien ausweise. Dies sei ein klares Indiz für die Würdigung des gegenständlichen Sachverhalts, dass es sich um eine Rückzahlung mittels Gegenverrechnung von Lohnbestandteilen der Bf. handelte. Weiters sei ein klares Indiz, dass ein Arbeitsrechtsprozess geführt worden sei und dass die Argumentation der GmbH darauf gerichtet war, dass die getätigten Prämienzahlungen Frau Bf. nicht zustehen. Dies könne man aus den Protokollen der Verhandlungen vor dem Arbeits- und Sozialgericht abgeleitet werden. Die Abfertigungszahlung wäre vom ehemaligen Arbeitgeber der Bf.  niemals in Zweifel gezogen worden, die Prämienzahlungen aber schon.

Die steuerliche Vertretung wurde in der mündlichen Senatsverhandlung am  ersucht, innerhalb einer festgesetzten Frist,  belegmäßig nachzuweisen, wie die Auszahlung der erfolgsabhängigen Prämien erfolgen sollte, und wie sich der Erfolg letztlich entwickelt hatte, sodass eine Rückforderung der Prämie im Streitjahr notwendig geworden war.

Mit Schriftsatz vom übermittelte die steuerliche Vertretung die gewünschten Unterlagen, die dem Finanzamt zur Kenntnisnahme übermittelt wurden:

- Vereinbarung über die Abfertigung

- Protokoll Arbeitsgericht vom

- Schreiben RA XY vom

- Schriftsatz RA XY

- Schriftsatz RA XY

- Ruhensanzeige vom

- Mails Vergleichsverhandlungen 1. bis

- Lohnzettel Dezember 2012

- Mail Bestätigung Eingang Geld Vergleichsverhandlungen

- Vergleichsbetrag mail2 17.000 Juni 2013

- Mails Vergleichsverhandlungen 2

- Aufstellung Lohnzettel und Zahlungen 2012 Frau Bf.

- FA Vergleichsbetrag mail 17000 Juni 2013

Zusammenfassend führte die steuerliche Vertretung dazu aus, dass durch zahlreiche Beweise belegt werden könne, dass Streitgegenstand die aufgerechneten erfolgsabhängigen Prämien war und nur ein geringer Teil der noch nicht bezahlten restlichen Abfertigung, die schon im Dezember 2012 voll versteuert wurde. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, wenn in Anwaltsschreiben, in sonstiger Anwaltskorrespondenz, in interner Korrespondenz, in den jeweiligen Lohnzetteln, in protokollierten Befragungen durch einen Richter, etc. jeweils von der Rückerstattung erfolgsabhängiger Prämien gesprochen werde und auch ein Prozess um diese erfolgsabhängige Prämien angestrengt werde und dann seitens der Finanzverwaltung behauptet werde, Streitinhalt wäre etwas Anderes gewesen. Diese Schlussfolgerung sei nicht nachvollziehbar und werde auch in keiner Weise durch Beweise untermauert.

Willkür im Sinne des § 16 Abs. 2 EStG könne daher nicht gegeben sein, da hier auch die Pflichten eines Geschäftsführers – vor allem in einer wirtschaftlich so schwierigen Situation, wie jene in der sich der ehemalige Arbeitgeber der Bf. befunden habe – der Geschäftsführer alle notwendigen Maßnahmen treffen müsse, um das Vermögen der Gesellschaft zu schützen und um selbst keine Haftungsrisiken einzugehen.

Die belangte Behörde nahm dazu am  schriftlich Stellung, wonach auf Grund der nun vollständig vorgelegten Unterlagen und der Ausführungen der steuerlichen Vertretung das Vorliegen von wirtschaftlichen Gründe begründet werden könne, die einer willkürlichen Verschieben iSd § 16 Abs. 2 EStG entgegenstehen.

Mit Schreiben vom zog die steuerliche Vertretung der Bf. den Antrag auf mündliche Senatsverhandlung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Feststellungen

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis der Aktenlage und des Schriftsatzes der steuerlichen Vertretung  vom sowie der Stellungnahme der belangten Behörde vom  nachfolgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen fest:

Mit Schreiben vom wurde nachgewiesen, dass Abfertigungsansprüche in Höhe von 16.000,00 € rechtswirksam gegen zu Unrecht ausbezahlte Prämienakonti in gleicher Höhe  aufgerechnet wurden, und eine restliche Zahlung der Abfertigung in Höhe von 480,38 € des Jahres 2012 noch offen war.

Korrespondenzen zwischen der Bf. und ihrem Arbeitgeber sowie Protokolle beim Arbeitsgericht und e-mails über durchgeführte Vergleichsverhandlungen legen glaubhaft dar, dass zwingende wirtschaftliche Gründe zur Prämienaufrechnung  geführt haben, zumal nach den Bilanzen des Arbeitgebers der Bf. in den Jahren 2010,2011 und 2012 Jahresfehlbeträge erwirtschaftet wurden und solcherart die GmbH aufgrund dieser wirtschaftlichen Situation zur Rückzahlung von an die Bf. geleisteten erfolgsabhängigen Prämien verpflichtet war.

Erwiesen ist zudem, dass die Bf. bis zum als Geschäftsführerin bei einer GmbH angestellt war und monatlich ein Bruttogehalt in Höhe von 9.466,17 € bezog. Mit diesem Gehalt wurde auch eine Fixprämie in Höhe von 2.000,00 € brutto ausbezahlt, die ihr 14 mal im Kalenderjahr zuerkannt worden war. Insgesamt erhielt die Bf. im Zeitraum Jänner 2012 bis Juli 2012 Prämienzahlungen in Höhe von 16.327,87 €.

Im Zuge der Auflösung des Dienstverhältnisses erhielt die Bf. von den ihr gesetzlich zustehenden Abfertigungsansprüchen im Ausmaß von vier Monatsgehältern drei Monatsgehälter im Juli 2012 (27.096,34 € brutto) und ein Monatsgehalt im November 2012 (9.032,11 € brutto). Zur Auszahlung gelangten laut den entsprechenden Lohnzettel im Juli 2012 ein Geldbetrag in Höhe von  25.470,56 € netto und im November in Höhe von 8.490,18 € netto.

Die Bf. hatte Anspruch auf zwei weitere Monatsgehälter in Höhe von 18.064,23 € als Abfertigung, die von der GmbH freiwillig ausbezahlt hätte werden sollen. Der diesbezüglichen Lohn/Gehaltsabrechnung für Dezember 2012 ist zu entnehmen, dass vom oben genannten Bruttobetrag 1.083,85 € Lohnsteuer  und 16.000,00 € als Rückzahlungsbetrag in Abzug gebracht wurden, sodass ein Restbetrag in Höhe von 980,38 € übrig blieb.

Aus den Akten ist überdies abzuleiten, dass von den 980,38 € nur ein Geldbetrag in Höhe von 500,00 € ausbezahlt wurde. Dies bedeutet, dass der Abfertigungsanspruch der Bf. in Höhe von 16.000,00 € und 480,38 € im Streitjahr nicht beglichen worden ist.

Nach den vorliegenden schriftlichen Informationen der steuerlichen Vertretung hat sich die Bf. mit ihrem Arbeitgeber im darauffolgendem Jahr 2013 über die nachträgliche Auszahlung eines Geldbetrages in Höhe von 17.000,00 € geeinigt, damit hat sie auf ein Drittel des Klagsbetrages in Höhe von 17.564,22 €  zuzüglich der Zinsen in Höhe von 1.226,57 € verzichtet und wurden ihr überdies die bisher angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.391,21 € erstattet.

In Streit steht, ob  nach der Aktenlage zu Recht davon ausgegangen werden kann, dass die an die Bf. im Streitjahr entrichteten Prämienakonti in Höhe von 16.000,00 € im Wege einer Aufrechnungserklärung ihres Arbeitgebers an diesen zurückbezahlt worden sind, oder ob lediglich die freiwilligen Abfertigungszahlungen in Höhe von 18.064,23 € brutto im Streitjahr nicht zur Auszahlung gelangt waren. Im zuerst genannten Fall wäre die Bemessungsgrundlage für die Anwendung des normalen Einkommensteuertarifs um den Betrag der Prämienzahlungen zu verringern und davon auszugehen, dass sämtliche 2012 zu versteuernde Abfertigungszahlungen an die Bf. ausbezahlt wurden. Im anderen Fall wären die insgesamt mit 6% zu versteuernden Abfertigungszahlungen um die nicht ausbezahlte Abfertigung zu mindern und die Prämienzahlungen mit dem Normalsteuertarif zu versteuern gewesen. 

Zur Frage der Wirksamkeit von Aufrechnungen ist zunächst auf § 1438 ABGB zu verweisen:

"Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig und so beschaffen sind, dass eine Sache, die dem einen als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem anderen entrichtet werden kann; so entsteht, insoweit die Forderungen sich gegeneinander ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeiten (Kompensation), welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirkt."

Bei einer Aufrechnung gem. § 1438 ABGB fließt der Forderungsbetrag im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufrechnung zu (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuer Handbuch 2).

Im Schreiben vom wurde eine Aufrechnung der gegenseitigen Forderungsansprüche dargestellt. Es handelt sich hierbei um eine einseitige Aufrechnungserklärung, die grundsätzlich mit ihrem Zugang wirksam wird und den Zugang der Schuldtilgung bewirkt, und zwar rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Entstehung der Aufrechnungslage und zwar in dem Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenübergestanden sind (vgl. ).

Demnach sind im Beschwerdefall die Voraussetzungen einer gültigen Aufrechnung erfüllt, zumal ebenso die Aufrechnungsbeträge der Höhe nach richtig bestimmt waren.

Ungeachtet dessen ist die Anwendung des § 16 Abs. 2 EStG 1988 zu prüfen, insbesondere, ob ein darin festgelegtes Erfordernis für die Nichtanwendung dieser Bestimmung, nämlich die willkürliche Festsetzung der Zahlung und die (Rückzahlung) von Prämien im Beschwerdefall erfüllt wurde oder nicht.

Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Werbungskosten liegen vor, wenn dem Steuerpflichtigen - wie sich in Umkehrung aus § 15 leg. cit. ergibt - Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der außerbetrieblichen Einkunftsarten abfließen (vgl. Taucher , Das Zufluß-Abfluß-Prinzip im Einkommensteuerrecht, Wien 1983, 14 f).

Zu den Werbungskosten zählt nach § 16 Abs. 2 EStG 1988 auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufließens der Einnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgesetzt wurde. Steht der Arbeitnehmer in einem aufrechten Dienstverhältnis zu jenem Arbeitgeber, dem er Arbeitslohn zu erstatten (rückzuzahlen) hat, so hat der Arbeitgeber die Erstattung (Rückzahlung) beim laufenden Arbeitslohn als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Wird die Rückzahlung von Einnahmen nicht vom Arbeitgeber beim laufenden Arbeitslohn als Werbungskosten berücksichtigt, kann der Arbeitnehmer die Rückzahlung im Rahmen der Veranlagung geltend machen.

Zahlungen sind dann nicht willkürlich, wenn zwingende wirtschaftliche Gründe, die rechtzeitige Auszahlung verhindert haben ( , 0128) . Willkür liegt gleichfalls nicht vor, wenn der Zeitpunkt der Rückzahlung in einem Urteil des Arbeitsgerichtes liegt. Willkür liegt nicht nur bei Missbrauch, sondern in allen anderen Fällen vor, in denen eine Verschiebung freiwillig erfolgt (vgl. VwGh , 1282/74) und weiters dann, wenn es der Arbeitgeber in der Hand gehabt hätte.

Im Beschwerdefall hat der Arbeitgeber der Bf. freiwillig Prämien an die Bf. bezahlt und diese über eine gültige Aufrechnungserklärung infolge einer erwiesenermaßen anhaltenden Verlustsituation der GmbH zurückerhalten. Demnach haben zwingende sachliche Gründe die Rückzahlung der in Streit stehenden Geldbeträge bedingt, sodass insgesamt gesehen von keinem willkürlichen Verhalten auszugehen, und die Anwendung des § 16 Abs. 2 EStG 1988 im Streitjahr zu bejahen war.

Die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung der Einkommensteuer 2012 und die Höhe der Abgabe wird in dem als Beilage ausgewiesenen Berechnungsblatt dargestellt. 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im Beschwerdefall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da sich die Frage, ob wirtschaftliche Gründe für die Rückzahlung von Prämien vorlagen, allein auf die Feststellung des Sachverhaltes bezog, und daher eine Revision nicht zulässig ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7102048.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at