Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.09.2019, RV/7103657/2018

Überwiegende Unterhaltskostentragung

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2019/16/0170.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache Bf. über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Rückforderung zu Unrecht für die Kinder N. und O. K. für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2016 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe (FB) und Kinderabsetzbetrag (KG) wird dahingehend abgeändert, dass er zu lauten hat:


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Name des Kindes
Art der Beihilfe
Zeitraum von - bis
K.N.
FB
August 2014 - Juli 2016
 
KG
August 2014 - Juli 2016
K.O.
FB
Mai 2015 - Juli 2016
 
KG
Mai 2015 - Juli 2016

Der Rückforderungsbetrag beträgt:


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Art der Beihilfe
Summe in €
FB
€ 6.564,90
KG
€ 2.277,60
Rückforderungsbetrag gesamt:
€ 8.842,50

Im Übrigen, sohin für den Zeitraum März 2013 bis Juli 2014 hinsichtlich beider Kinder und für den Zeitraum August 2014 bis April 2015 hinsichtlich des Sohnes K. O. wird der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig. 

Entscheidungsgründe

Der an die Beschwerdeführerin (Bf.) gerichtete beschwerdegegenständliche Bescheid vom wurde erlassen wie folgt:
Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für die Kinder
Namen der Kinder Geb.datum … 09 94 / 02 96


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Art der Beihilfe
Zeitraum von – bis
FB
März 2013 – Juli 2016
KG
März 2013 – Juli 2016

Die Rückforderung beträgt … € 17.567,70
Begründung:
Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Da eine überwiegende Kostentragung des Unterhalts an die Kinder vom Kindesvater geleistet wurde (lt. BFG Erkenntnis vom ), muss die Familienbeihilfe im oben genannten Zeitraum rückgefordert werden.

Die Beschwerde wurde erhoben wie folgt:
Mit gegenständlichem Bescheid wurde ich verpflichtet die zu Unrecht bezogene Familienleistung für meine in o.a. Zeitraum in Polen und in Wien lebenden Kinder: N…, geb. … 09.1994 sowie O…, geb. … 02.1996, gem. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.
In Ihrer Begründung führen Sie folgendes aus: [Wiedergabe]
Das, was in der BFG-Erkenntnis behauptet wird, total der Wahrheit nicht entspricht!
Laut Scheidungsurteil (rechtskräftigt seit ) die elterliche Obsorge hinsichtlich der beiden o.a. Kinder der Kindesmutter stand (inzwischen beide volljährig geworden sind), und die Unterhalts- und Erziehungskosten den beiden Elternteile zugeschrieben wurden.
An den Erziehungskosten der beiden Kinder, bis auf die Englischkurskosten für O… im Zeitraum 03/2013-04/2015, der Kindesvater (KV) niemals beteiligt war! Wegen fälligen Zahlungen an Unterhalt, haben wir ihn 3 Jahre (2010-2013) lang gesucht! Bis dato, die vom KV an seinen Anwalt geleistete Rückstände (ca. € 6.300,00), die Kinder nicht erreicht haben.
Der KV seiner Pflicht, die gerichtlich zugesprochene Unterhalts-Zahlungen, erst vor ca. 2 Jahren praktisch nachgekommen war. Die Zahlungs-Bestätigungen (Geldtransfer) aus den o.a. betroffenen Zeitraum, jederzeit zur Vorlage beim Finanzamt vorhanden sind.
Der KV immer den „ärmsten spielte“! Er verdient(e) ausreichend, um den Kinder deren zustehenden Unterhalt immer pünktlich und in entsprechender Höhe zu zahlen! Ohne Gnade, und dabei er keine Rechtshilfe von seinen Anwälten braucht(e). Das, was er seit Jahren gegen mich und die Kinder ausübt, der Psychoterror heißt. Auch dieses Beihilfen-Verfahren.
Als Nachweis, wie viel an Unterhalts-Gelder den Kindern meinerseits, entweder über meine Großmutter J… S… (betreffend nur Sohn), oder direkt (betreffend Tochter und Sohn) in den betroffenen Jahren ausbezahlt waren, lege ich zu meiner Beschwerde die entsprechenden ihre Erklärungen vom (betreffend Großmutter) bzw. vom (betreffend die Kinder), ohne fachmännischer Übersetzung hiermit bei.
Andere Nachweise über bezahlten Lebenshaltungskosten vorhanden sind.
Aus den angeführten Gründen stelle ich daher die Beschwerdeanträge, das Finanzamt möge der Beschwerde Folge geben und aussprechen, dass einerseits der genannte Bescheid über die Rückforderung behoben wird, andererseits die oben erwähnte Familienleistung für o.a. Zeitraum für o.a. Kinder mir wieder gewährt wird.

Der Beschwerde waren folgende Erklärungen beigelegt (polnisch maschinenschriftlich, teilweise handschriftlich überschrieben):

Ich, Unterzeichnende, … erkläre, dass ich von meiner Enkelin (Name, Geb.datum und Anschrift der Bf.) im Zeitraum von März 2013 bis August 2015 folgende Gelder erhalten habe:
1.) März 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
2.) April 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
[Monat um Monat idente Angaben/identer Betrag]
30.) August 2015 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
Ich erkläre, dass alle o.a. Beträge zur Gänze für die Unterhaltskosten des Berechtigten O…, Sohn von (… Name der Bf.), geb. (Geb.datum des Sohnes der Bf.) … verfügt wurden.

Ich, Unterzeichnende, Tochter (… Name der Bf.) erkläre, dass ich von meiner Mutter (Name, Geb.datum und Anschrift der Bf.) im Zeitraum von März 2013 bis Juli 2016 folgende Gelder erhalten habe:
1.) März 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
2.) April 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
3.) Mai 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
4.) Juli 2013 – Betrag 1.650 Zloty – Überweisung
5.) Sept. 2013 – Betrag 3.820 Zloty – Überweisung
6.) Okt. 2013 – Betrag 1.950 Zloty – Überweisung
7.) Nov. 2013 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
8.) Dez. 2013 – Betrag 1.000 Zloty – Überweisung
1.) Feb. 2014 – Betrag 2.300 Zloty – Überweisung
2.) April 2014 – Betrag 243 Euro – erhalten persönlich
3.) Mai 2014 – Betrag 687 Zloty – Überweisung
4.) Juni 2014 – Betrag 5.000 Zloty erhalten persönlich
5.) Sept. 2014 – Betrag 2.400 Zloty – Überweisung
6.) Okt. 2014 – Betrag 4.910 Zloty – Überweisung
7.) Dez. 2014 – Betrag 5.000 Zloty – eigene Zahlung
1.) Jän. 2015 – Betrag 3.800 Zloty – Überweisung
2.) Feb. 2015 – Betrag 2.350 Zloty – Überweisung
3.) April 2015 – Betrag 3.000 Zloty – Überweisung
4.) Juni 2015 – Betrag 2.500 Zloty – Überweisung
5.) Aug. 2015 – Betrag 2.100 Zloty – Überweisung
6.) Sept. 2015 – Betrag 676 Zloty – Überweisung
7.) Okt. 2015 – Betrag 2.500 Zloty – Überweisung
8.) Nov. 2015 – Betrag 2.100 Zloty – Überweisung
9.) Dez. 2015 – Betrag 2.000 Zloty – Überweisung
1.) Feb. 2016 – Betrag 2.340 Zloty – Überweisung
2.) März 2016 – Betrag 858 Zloty – Überweisung
3.) April 2016 – Betrag 2.500 Zloty – Überweisung
4.) Mai 2016 – Betrag 3.950 Zloty – Überweisung
5.) Juni 2016 – Betrag 700 Zloty – Überweisung
6.) Juli 2016 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
Hiermit erkläre ich, dass alle vorangehend genannten mir zugeführten Beträge für meine Unterhaltskosten verwendet wurden.

Ich, Unterzeichnender, Sohn (… Name der Bf.) erkläre, dass ich von meiner Mutter (Name, Geb.datum und Anschrift der Bf.) im Zeitraum von März 2013 bis Juli 2016 folgende Gelder erhalten habe:
6.) Sept. 2015 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
7.) Okt. 2015 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
[Monat um Monat idente Angaben/identer Betrag]
7.) Juli 2016 – Betrag 420 Euro – erhalten persönlich
Hiermit erkläre ich, dass alle vorangehend genannten mir zugeführten Beträge für meine Unterhaltskosten verwendet wurden.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung wurde mit folgender Begründung erlassen:
Sachverhalt:
Sie sind polnische Staatbürgerin, geschieden und in Österreich beschäftigt und hier wohnhaft. Die Kinder wohnen in Polen im eigenen Haushalt. Der Kindesvater ist ebenfalls in Österreich beschäftigt und wohnhaft.
Es wurde Ihnen die Familienbeihilfe für den Zeitraum aberkannt, weil Sie mit den Kindern nicht im gemeinsamen Haushalt wohnen und nicht überwiegend für deren Unterhalt aufkommen. 
In Ihrer Beschwerde erklären Sie, dass der Kindesvater nicht den überwiegenden Unterhalt zahlte.
Rechtliche Grundlagen:
Anspruch auf Familienbeihilfe hat nach § 2 Abs. 2 FLAG vorrangig die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Nach § 2 Abs. 5 FLAG gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten. In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.
Gemäß Artikel 60 der VO (EG) Nr. 987/2009 ist bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen.
Würdigung:
Unionsrechtlich ist die Beihilfe entweder der den Unterhalt (überwiegend) leistenden Person oder der haushaltsführenden Person zu gewähren. Wer anspruchsberechtigt ist, ist nach nationalem Recht zu beurteilen.
Entsprechend den nationalen Bestimmungen hat vorrangig jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein die Anspruchsvoraussetzungen erfüllendes Kind, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Der Tatbestand der "überwiegenden Kostentragung" (§ 2 Abs. 2 zweiter Satz FLAG) ist als Anspruchsvoraussetzung subsidiär gegenüber dem Tatbestand der Haushaltszugehörigkeit (§ 2 Abs. 2 erster Satz FLAG). Jemand, der die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, ohne dass das Kind bei ihm haushaltszugehörig ist, hat nur dann (nachrangig) Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn das Kind bei keinem anderen Elternteil haushaltszugehörig ist.
Da weder Sie noch der Kindesvater mit den Kindern im gemeinsamen Haushalt gewohnt haben, ist in Ihrem Fall die überwiegende Kostentragung für den Familienbeihilfenanspruch zu prüfen.
Aufgrund des BFG-Erkenntnisses vom wurde festgestellt, dass der Kindesvater im Zeitraum März 2013 bis April 2016 überwiegend für den Unterhalt der Kinder aufgekommen ist.
Für den Zeitraum Mai bis Juli 2016 konnte Ihrerseits keine überwiegende Kostentragung nachgewiesen werden. Der Kindesvater bezahlt rund 390 € pro Kind pro Monat. Sie leisten monatlich 420 PLN (das sind rund 100 Euro).
Sie leisteten im strittigen Zeitraum daher keinen überwiegenden Unterhalt und es besteht daher für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung.
Ihre Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Der Vorlageantrag wurde mit folgender Begründung eingebracht:
Zu meinem Antrag möchte ich noch folgendes ergänzend anführen:
- Meine Kinder nicht im eigenen Haushalt in Polen wohnen bzw. im oben erwähnten Zeitraum gewohnt haben, sondern die von mir zur Verfügung gestellte meine eigene Wohnung bzw. später 2 Wohnungen dort benutzt haben. Diese Wohnung(en) ca. 1 km von meiner Anmeldeadresse entfernt ist (sind). Notariatsakte jederzeit zur Vorlage vorhanden sind. Selbstverständlich die Wohnungskosten von mir ebenfalls bedeckt waren und, nach wie vor, werden.
- Der Kindesvater in dem betroffenen Zeitraum nur PLN 600,00 (ca. € 140,00 an O.) sowie PLN 900,00 (ca. € 220,00 an N.) an Unterhalt bezahlt hat. Aber damals nicht mehr! Aller sonstigen Kosten, wie die Ausbildungs-, Krankheits- und Urlaubskosten, samt Fahrtkosten nach Österreich, Gewand, etc. habe ich immer bezahlt. Belege vorhanden.
- Im BFG-Erkenntnis vom keine „Erklärungen mit rechtlicher Tragweite“ der Kinder, wie diese zu meiner Beschwerde, vorgelegt wurden, daher die Angaben über meiner überwiegenden Kostentragung nicht korrekt waren.
- In keinem Monat ein Betrag von 420,00 PLN (ca. 100,00 €, wie sie in „Würdigung“ anführen, sondern 420,00 € (!) von mir geleistet wurde. Siehe nochmals die beigelegten Erklärungen sowie die neuen (betreffend die Jahren 2016 und 2017), die zu Ihrer „Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe“ vom jetzt beigelegt sind. Erst im Herbst 2017 die Summe des fälligen Unterhaltsbetrages vom Kindesvater, bei den Kinder eingelangt ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt, einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf Familienbeihilfe vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge ab ().

Für den Anspruch auf österreichische Familienleistungen kommt es nach § 2 Abs. 2 2. Satz FLAG 1967 nicht auf die rechtliche Unterhaltspflicht und deren Erfüllung, sondern auf die tatsächliche überwiegende Tragung der tatsächlichen Unterhaltskosten an.
(vgl. ). Ohne (zumindest schätzungsweise) Feststellungen der gesamten Unterhaltskosten lässt sich, wenn das nicht wegen der geringen absoluten Höhe der geleisteten Unterhaltsbeiträge ausgeschlossen werden kann, somit nicht sagen, ob die Unterhaltsleistung in einem konkreten Fall eine überwiegende war (vgl. ; ; ).

In der Entscheidung vom , RV/0372-S/10, erwog der unabhängige Finanzsenat:
Die Bw hat aber in dem beantragten Zeitraum tatsächlich keinen Unterhalt geleistet. Daran ändert sich auch durch den Umstand nichts, dass für diesen Zeitraum eine Unterhaltsverpflichtung der Bw gegeben war. Tatsächlich ist sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, sodass eine überwiegende Kostentragung zu keinem Zeitpunkt des relevanten Zeitraumes bis zur Volljährigkeit des Sohnes gegeben war.
Eine Nachzahlung des Unterhalts kann zu keiner anderen Beurteilung führen, denn der Anspruch auf Familienbeihilfe ist nach den tatsächlichen Umständen Monat für Monat zu beurteilen.
Für die Beurteilung, ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, sind einerseits die Höhe der gesamten Unterhaltskosten für das Kind und andererseits die Höhe der von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge maßgebend; die bloße Verpflichtung zur Erbringung bestimmter Unterhaltsleistungen ist hiebei unerheblich.
Die Verpflichtung ist zwar nachträglich festgestellt worden, es erfolgte im fraglichen Zeitraum aber keine tatsächliche Zahlung.
Eine Bestimmung, die Unterhaltsnachzahlungen eine Relevanz für jenen Zeitraum beimisst, für den sie geleistet worden sind, ist im Familienlastenausgleichsgesetz nicht enthalten.
Ein Anspruch auf Familienbeihilfe ist somit nicht gegeben.

Die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge waren im beschwerdegegenständlichen Zeitraum von März 2013 bis Juli 2016 wie folgt:

Bf. (Mutter der Kinder:)

Die Bf. stellte beiden Kindern in Polen eigene Wohnungen zur Verfügung (der Tochter eine von der Bf. mit Fremdmittel finanzierte Eigentumswohnung und war der Kredit noch nicht abbezahlt), die Kosten wurden von der Bf. getragen. Der Wert der Überlassung blieb unbeziffert.
Die Kinder bekamen „ca. 1.000,- im Monat Geld in Hand“ (Angabe der Bf. im Dezember 2015 gegenüber dem Finanzamt).
Die beiden Kinder der Bf. erhielten regelmäßig die von ihrer „Mutter (Name, Anschrift und SV-Nummer der Bf.) bezogene Familienbeihilfe, sowie je nach Bedarf auch darüber hinausgehende Unterstützung, die u.a. für folgende Bedarfsaufstellung aufgewendet wird: Lebensmittel, Bekleidung, … sowie …fahrten nach Hause zur Mutter in Wien.“ (Bestätigung im Dezember 2015).
Die Bf. übergab ihrer Großmutter Geldbeträge in nicht feststellbarem Ausmaß, die diese für Unterhaltskosten des in den Jahren 2013 und 2014 17- bzw. 18-jährigen Sohnes der Bf. verwendete (Erklärung der Großmutter); zur Urgroßmutter fuhr der Sohn zum Essen (Beschluss vom , S 4).
Einmal im Monat verbrachten ihre Kinder das Wochenende bei der Bf. in Wien und wurden von der Bf. verpflegt.

Hinsichtlich der drei vorgelegten Erklärungen ist auszuführen:

Die Zusammenschau der drei Erklärungen und der zwei zur Verfügung gestellten Wohnungen zeigt folgendes Bild:


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der Großmutter bzw. in der Folge dem Sohn persönlich übergebene Beträge iHv monatlich

420 EUR
der Tochter persönlich übergebene Beträge iHv monatlich
420 EUR
Kreditrückzahlungen betreffend die Eigentumswohnung
nicht bekannt gegeben
Betriebskosten der der Tochter zur Verfügung gestellten Eigentumswohnung

nicht bekannt gegeben
Betriebskosten der dem Sohn Verfügung gestellten Wohnung

nicht bekannt gegeben

Stellt man diesen Beträgen die Einkünfte bzw. den Gesamtbetrag der Einkünfte der Bf. gegenüber - der Gesamtbetrag der Einkünfte 2013 belief sich bspw. auf € 12.513,02 - und berücksichtigt, dass bspw. die (Miet- und Betriebs-)Kosten ihrer Wiener Mietwohnung und ihre, wie behauptet, zahlreichen Fahrten nach Polen abzudecken waren, bedarf es keiner weiteren Ausführungen, dass es sich bei den vorgelegten Erklärungen um bloße Gefälligkeitsbescheinigungen bzw. um Bescheinigungen mit überhöht angegebenen Beträgen handelt.

Vater der Kinder:

Der KV war auf Grund des Urteiles vom zur Leistung von Unterhaltszahlungen
- an seine Tochter iHv Zloty 600,00 verpflichtet und
- an seinen Sohn iHv Zloty 500,00.

Im Zeitraum Juni 2010 bis September 2012 leistete der KV tatsächlich Unterhaltszahlungen
- an seine Tochter iHv € 215,71 und
- an seinen Sohn iHv € 138,00.

Im Zeitraum Oktober 2012 bis August 2014 leistete der KV tatsächlich monatliche Unterhaltszahlungen
- an seine Tochter iHv € 216 (Zloty 900) und
- an seinen Sohn iHv € 144,00 (Zloty 600).
Hinzu kamen Zusatzzahlungen wie folgt:
2012: Führerschein Zloty 900 (€ 216) und Kleidung Zloty 400 (€ 96), Schule Zloty 1.150 (€ 276)
2013: Schule Zloty 2.300 (€ 588)
2014: Schule Zloty 1.150 (€ 276)

Mit Beschluss vom wurde dem KV ein ab zu leistender Unterhaltsbetrag in Höhe von monatlich
€ 360,00 für seine Tochter und
€ 360,00 für seinen Sohn
auferlegt.

Mit Beschluss vom wurde der KV weiters verpflichtet, den für die Zeit vom bis fällig gewordenen Rückstand iHv € 2.485,20 abzüglich der bezahlten Schulkosten iHv € 587,50 und € 95,53, sohin insgesamt € 1.802,17 binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Beschlusses, die künftig fällig werdenden Beträge jeweils am Ersten eines jeden Monats im voraus zu leisten. (Beschluss vom , S 2).

Für den Zeitraum ab März 2013 überwies der KV für die Tochter monatlich Zloty 900,00. Daneben wurde für die Tochter N. die Hälfte der Schulkosten iHv € 587,50 bezahlt. (Beschluss vom , S 3f).

Für den Zeitraum von März 2013 bis August 2014 leistete der KV (an die Kanzlei S.)
- für die Tochter N. eine Nachzahlung in zwei Raten
1. Nachzahlungs-Rate am iHv € 874,50
2. Nachzahlungs-Rate am iHv € 1.574,04
- für den Sohn O. eine Nachzahlung in zwei Raten (das Erkenntnis weist auf S 10 betreffend die 2. Nachzahlung am 11. Mai anstelle der Jahresangabe 2015 unrichtig die Jahresangabe 2014 aus: vgl. Beleg D.):
1. Nachzahlungs-Rate am iHv € 390,00
2. Nachzahlungs-Rate am 11. Mai 2015 iHv € 4.749,90

Im Zeitraum September 2014 bis Dezember 2015 leistete der KV tatsächlich Unterhaltszahlungen an seine Tochter wie folgt:
- September und Oktober 2014: Zloty 1.502 (= € 360) – November 2014: Zloty 1.512
- Dezember 2014: Zloty 1.500 – Jänner 2015: Zloty 1.540 – Februar 2015: Zloty 1.520
- März 2015: Zloty 1.491 – April 2015: Zloty 1.462 – Mai 2015: Zloty 1.440
- Juni 2015: Zloty 1.591 – Juli 2015: Zloty 1.625 – August 2015: Zloty 1.600
- September und Oktober 2015: Zloty 1.638 – November und Dezember 2015: Zloty 1.657

Im Zeitraum September 2014 bis April 2015 leistete der KV tatsächlich Unterhaltszahlungen an seinen Sohn wie folgt: Zloty 886 (€ 210).
Im Zeitraum ab Mai 2015 leistete der KV tatsächlich Unterhaltszahlungen an seinen Sohn iHv Zloty 1.638 (€ 390).

Zeitraum von März 2013 bis Juli 2014 :

Die Unterhaltsleistungen der Bf. an ihre Kinder bestanden
- in den zur Verfügung gestellten Wohnungen, deren Wert der Überlassung unbeziffert blieb (Internetabfrage: ww…bmgev.de/mieterecho/ archiv/2010/detailansicht/article/der-polnische-wohnungsmarkt-in-zahlen: Wohnkosten: Billiger Wohnraum bleibt somit im Niedriglohnland Polen, das einen statistischen Durchschnittslohn von knapp 3.200 Złoty (= ca. 800 Euro) aufweist, absolute Mangelware. Laut der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza mussten Mitte 2008 für eine 2-Zimmer-Wohnung in Warschau durchschnittlich 2.220 Złoty aufgewendet werden; in Kraków waren es 1.643 Złoty, in Wrocław 1.900 Złoty und in Poznań 1.470 Złoty. Wenn man bedenkt, dass auch noch Kosten für Strom, Gas und Telefon anfallen, wird ersichtlich, dass Durchschnittsverdiener/innen in Polens Großstädten mehr als zwei Drittel ihres Lohns für die Wohnkosten ausgeben müssen, wollten sie in Verhältnissen leben, wie sie etwa in Deutschland üblich sind).,
- in ihren Kindern übergebenen Geldbeträgen iHv monatlich ca. Zloty 1.000 (€ 240),
- in ihrer Großmutter übergebenen Geldbeträgen, die diese für Unterhaltskosten des Sohnes der Bf. verwendete und
- in Wochenendverpflegungen, einmal im Monat.

Die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge des Vaters der Kinder bestanden
- in Unterhaltszahlungen an seine Tochter iHv € 216 (Zloty 900) und an seinen Sohn iHv € 144,00 (Zloty 600), zusammen somit € 360,00; hinzu kamen Zusatzzahlungen im Jahr 2013 iHv € 588,00 und im Jahr 2014 iHv € 276,00.

Damit ist bezogen auf die tatsächlich geleisteten Unterhaltsleistungen erwiesen, dass der Unterhalt im Zeitraum von März 2013 bis Juli 2014 überwiegend von der Bf. geleistet wurde.

Der Beschwerde wird daher, soweit sie den Zeitraum März 2013 bis Juli 2014 betrifft, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid insoweit ersatzlos aufgehoben.

Zeitraum August 2014 bis Juli 2016:

Die tats ächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge der Bf. an ihre Kinder bestanden
- in den zur Verfügung gestellten Wohnungen,
- in ihrer Tochter überwiesenen Geldbeträgen – hinsichtlich welcher lediglich eine Erklärung der Tochter vorgelegt wurde,
- in ihrem Sohn persönlich übergebenen Geldbeträgen – hinsichtlich welcher lediglich eine Erklärung des Sohnes vorgelegt wurde,
- in ihrer Großmutter vom März 2013 bis August 2015 übergebenen Geldbeträgen, die diese für Unterhaltskosten des Sohnes der Bf. verwendete – hinsichtlich welcher lediglich eine Erklärung der Großmutter vorgelegt wurde und
- in Wochenendverpflegungen, einmal im Monat.

Tochter der Bf .:

Hinsichtlich der Tochter der Bf. bestanden die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge des KV im gesamten Zeitraum (August 2014 bis Juli 2016) in Unterhaltszahlungen an seine Tochter iHv monatlich € 360,00.

Stellt man den von der Bf. tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträgen, die allesamt entweder unbeziffert geblieben sind oder nicht bewiesen wurden, die vom KV in Geld tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge (samt Nachzahlungen) gegenüber, ist unter Bedachtnahme auf die Höhe des Betrages davon auszugehen, dass der KV mit seinem Geldunterhalt von monatlich € 360,00 die überwiegenden Unterhaltskosten seiner Tochter bestritten hat.

Die Beschwerde wird daher, soweit sie den Zeitraum August 2014 bis Juli 2016 und die Tochter der Bf. betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Sohn der Bf .:

  • Zeitraum August

    2014 bis April 2015

    :

    Hinsichtlich des Sohnes der Bf. bestanden die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge des KV im Zeitraum September 2014 bis April 2015 in Unterhaltszahlungen an seinen Sohn iHv monatlich € 210,00.

    Stellt man den von der Bf. tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträgen, die wenngleich allesamt entweder unbeziffert geblieben sind oder nicht bewiesen wurden, die vom KV in Geld tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge gegenüber, ist unter Bedachtnahme auf die Höhe des Betrages davon auszugehen, dass die Bf. mit ihrem Unterhalt die überwiegenden Unterhaltskosten ihres Sohnes bestritten hat.

    Der Beschwerde wird daher, soweit sie den Zeitraum August 2014 bis April 2015 und den Sohn der Bf. betrifft, Folge gegeben.

  • Zeitraum ab Mai 2015

    :

    Die tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge des KV im Zeitraum ab Mai 2015 bestanden in Unterhaltszahlungen an seinen Sohn iHv monatlich € 390,00 (sowie der Nachzahlungs-Rate vom ).

    Stellt man den von der Bf. tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträgen, die allesamt entweder unbeziffert geblieben sind oder nicht bewiesen wurden, die vom KV in Geld tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeiträge gegenüber, ist unter Bedachtnahme auf die Höhe des Betrages davon auszugehen, dass der KV mit seinem Unterhalt die überwiegenden Unterhaltskosten seines Sohnes bestritten hat.

    Die Beschwerde wird daher, soweit sie den Zeitraum Mai 2015 bis Juli 2016 und den Sohn der Bf. betrifft, als unbegründet abgewiesen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.7103657.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at