Doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. RR. in der Beschwerdesache Mag. Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) reichte beim Finanzamt den Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung für 2018 ein und machte folgende Werbungskosten geltend:
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Pendlerpauschale - tatsächlich zustehender Jahresbetrag Nur ausfüllen, wenn nicht bereits durch Ihre Arbeitgeberin/Ihren Arbeitgeber in richtiger Höhe berücksichtigt. Berechnung laut Pendlerrechner unter w...bmf.gv.at/pendlerrechner/ | 5.113,00 € |
Pendlereuro (Absetzbetrag) - tatsächlich zustehender Jahresbetrag Nur ausfüllen, wenn nicht bereits durch ihre Arbeitgeberin/Ihren Arbeitgeber in richtiger Höhe berücksichtigt. Der Pendlereuro beträgt 2 Euro pro km des einfachen Arbeitsweges für das Kalenderjahr und ist aus dem Pendlerrechner ersichtlich. Berechnung laut Pendlerrechner unter www.bmf.gv.at/pendlerrechner/ | 260,00 € |
Beruflich veranlasste Reisekosten (ohne Fahrtkosten Wohnung/Arbeitsstätte und Familienheimfahrten) | 5.113,62 € |
Kosten für doppelte Haushaltsführung | 7.849,81 € |
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2018 Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 9.291,43 €.
Begründung:
Da Sie lt. eigenen Angaben 4x im Monat zu Ihrer Gattin fahren, wurde Ihnen die Pendlerpauschale gem. Pendlerrechner gekürzt.
Die Berichtigung erfolgte entsprechend Ihrer Anregung.
Wir berücksichtigen 60 Euro als Topf-Sonderausgaben z.B. für Wohnraumschaffung und
-sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen.
Der Grund: Die Topf-Sonderausgaben können wir nur zu einem Viertel anrechnen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter bis maximal 60 Euro (§ 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988).
Der Bf. brachte Beschwerde mit folgender Begründung ein:
Meine Pendlerpauschale wurde von ihnen gem. Pendlerrechner gekürzt, weil ich lt. eigenen Angaben nur 4 x pro Monat zu meiner Gattin fahre.
Das stimmt so nicht!
Ich fahre pro Monat mindestens 10x oder oft mehr zu meiner Gattin ins Burgenland. Ich habe zu meiner Einkommensteuererklärung 2018 auch die von mir unterzeichnete Erklärung/Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab mit Datum eingebracht. Darin habe ich angegeben, dass ich an mehr als 10 Tagen im Kalendermonat zu meiner Gattin fahre. Die Pendlerpauschale beträgt also 3.627,- jährlich und der Pendlereuro 260,- jährlich.
Leider habe ich das auf der 1. Seite der Erklärung nicht entsprechend korrigiert.
In der Anlage übermittle ich ihnen den aktualisierten Antrag zur Erklärung 2018 in Hinblick auf die Pendlerpauschale.
Anlage:
- Neuerlicher Antrag zur Einkommensteuererklärung 2018
- Formular L34 vom
- Einkommensteuerbescheid 2018 vom
Dadurch ergibt sich eine Gutschrift in der Höhe von 5.727,-. Ich bitte sie, mir den Differenzbetrag zur Gutschrift vom in der Höhe von 4.526,-, das wären 1.201,-- auf mein Konto zu überweisen.
Ich entschuldige mich für meinen Fehler und bitte sie dies entsprechend zu erledigen.
Das Finanzamt änderte den Bescheid mit Beschwerdevorentscheidung ab und begründete die Abweichung gegenüber dem Erstbescheid wie folgt:
Die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten stehen nur zu, wenn die Führung von zwei Haushalten beruflich veranlasst und die Wohnsitzverlegung unzumutbar ist. Dies wäre unter anderem dann der Fall, wenn die Ehegattin am Familienwohnsitz Einkünfte in relevanter Höhe erzielt.
Ihre Gattin ist seit Februar 2016 Pensionistin und daher ist die Verlegung des Familienwohnsitzes in die vorhandene Wohnung in Wien zumutbar.
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb Ihres Beschäftigungsortes ist daher privat veranlasst und die dadurch entstandenen Kosten stellen keine abzugsfähigen Werbungskosten dar.
Wir berücksichtigen 60 Euro als Topf-Sonderausgaben z. B. für Wohnraumschaffung und -sanierung sowie Beiträge für bestimmte Versicherungen.
Der Grund: Die Topf-Sonderausgaben können wir nur zu einem Viertel anrechnen. Liegt der Gesamtbetrag Ihrer Einkünfte über 36.400 Euro verringert sich der Betrag weiter bis maximal 60 Euro (§ 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988).
Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Ich habe mich bei der WKO erkundigt und da wurde mir mitgeteilt, dass, sollte der Partner nicht mehr berufsstätig sein, die doppelte Haushaltsführung für eine Dauer von 2 Jahren berücksichtigt werden kann.
Meine Frau ist außerdem in (Ort im Südburgenland) hauptgemeldet, ist Eigentümerin eines Hauses und wohnt auch dort. Sie hat 2 Enkelkinder zu betreuen und daher ist eine Verlegung des Familienwohnsitzes nach Wien nicht zumutbar. Meine Wohnung in Wien ist klein und nicht für zwei Personen geeignet. Habe mir deshalb auch eine günstige Wohnung genommen. Miete: 260,-/Monat
Die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb Wien ist daher nicht privat veranlasst und die Kosten dafür stellen sehr wohl abzugsfähige Werbungskosten dar.
Ich selbst trete am meine Pension an. Bis dahin muss ich in Wien wohnen bleiben.
Täglich zu pendeln ist nicht möglich. Ich bitte daher, mir die doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten bis 2020 zu gewähren.
Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Der Bf. bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Strittig ist, ob die Kosten der doppelten Haushaltsführung und der Familienheimfahrten als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Der Familienwohnsitz des Bf. liegt an der Adresse (Anschrift im Südburgenland). Am Arbeitsort ist der Bf. an der Adresse ... 1200 Wien gemeldet. Die Entfernung zwischen Familienwohnsitz und Arbeitsort beträgt je nach Route zwischen 133km und 145km.
Am Familienwohnsitz lebt die Ehegattin des Bf., welche seit Februar 2016 nur noch Pensionseinkünfte erzielt.
Der Bf. erfüllt mit die Voraussetzungen für die Alterspension.
Beweismittel:
Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2018 vom
Einkommensteuerbescheid 2018 vom
Beschwerde vom eingelangt am
BVE 2018 vom (Zustellung in die Databox)
Vorlageantrag vom eingelangt am
Aufstellung über die Werbungskosten vom
Vorhalt vom
Vorhaltsbeantwortung elektronisch vom
Vorhaltsbeantwortung gescannt vom
Entfernung Familienwohnsitz Arbeitsort vom
Stellungnahme:
Fraglich erscheint im vorliegenden Fall, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zumutbar ist.
Ein Grund die Unzumutbarkeit der Verlegung kann beispielsweise bei bevorstehender Pensionierung vorliegen, wenn davon auszugehen ist, dass der StPfl höchstens noch fünf Jahre berufstätig sein wird und dann an den Familienwohnsitz zurückkehren wird (; , 2008/15/0296, zu einem auf zwei Jahre befristeten Projekt, vgl. Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 16, V. ABC der Werbungskosten Rz 56 Stichwort: Doppelte Haushaltsführung lit. d)
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass der Bf. im Jahr 2021 in den Ruhestand übertreten wird.
Dementsprechend ist nach Wegfall des ursprünglichen Grundes für die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes (Erwerbseinkommen der Ehegattin bis 2016), damit zu rechnen, dass auch der Bf. seine Tätigkeit innerhalb von 5 Jahren einstellen wird und an den Familienwohnsitz zurückkehren wird.
Die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung liegen somit vor.
Zu berücksichtigen (zusätzlich zu den bereits in Erstbescheid und BVE anerkannten Werbungskosten) sind:
€ 2988,24 für die Wohnungsmiete am Arbeitsort
€ 888 für Strom und Gas am Arbeitsort
€ 300,85 für Internet am Arbeitsort (Privatanteil bereits ausgeschieden)
Für die Familienheimfahrten kann die höchste Pendlerpauschale (= € 3.672) angesetzt werden, da aufgrund des vorgelegten Serviceheftes glaubhaft erscheint, dass der Bf. pro Jahr ca. 15.000km zurücklegt. Bei monatlich vier Fahrten zwischen Arbeitsort und Familienwohnsitz würde der Bf. ca. auf 13.000 km kommen. Zudem deckt sich diese Schätzung mit der Aussage, dass der Bf. im Jahr 2018 ca. 14.000km aufgrund seiner Tätigkeit zurückgelegt hat und somit zusammen mit den Familienheimfahrten insgesamt über 30.000km im Jahr 2018 zurückgelegt wurden.
Hingegen kann ein Pendlereuro nicht berücksichtigt werden. Werden nämlich Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, kann kein Pendlerpauschale (und somit auch kein Pendlereuro) für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte berücksichtigt werden.
Dementsprechend wird beantragt der Beschwerde teilweise stattzugeben.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Familienheimfahrten (Pendlerpauschale/Pendlereuro):
Betreffend die Werbungskostenposition 'Familienheimfahrten' enthält die der Steuererklärung beigelegte Aufstellung Folgendes:
Familienheimfahrten
1 x wöchentlich: 52 x 258 km
13.416 km x 0,42 = € 5.634,72
Die Fahrtkosten (721) sind mit dem Höchstbetrag der großen Pendlerpauschale begrenzt:
Große Pendlerpauschale: 3.672,00 €
Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die oben wiedergegebene Stellungnahme der Beschwerdevorlage verwiesen.
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 bestimmt:
Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:
Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeits-(Tätigkeits-)ort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten), soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen (Berufs-)Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d angeführten Betrag übersteigen.
Der in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 angeführte Betrag beläuft sich
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bei mehr als 60 km | (auf) 3 672 Euro jährlich. |
§ 16 Abs. 1 Z 6 lit e EStG 1988 bestimmt: Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.
§ 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 bestimmt: Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis stehen folgende Absetzbeträge zu:
Ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.
Nach der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 steht jedoch für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz zur Arbeitsstätte kein Pendlerpauschale zu, wenn Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt werden ().
Da im vorliegenden Fall Kosten von Familienheimfahrten berücksichtigt werden, war die Berücksichtigung des Pendlereuros ausgeschlossen (o.a. BFG-Erkenntnis vom ).
Beruflich veranlasste Reisekosten:
Diese Werbungskostenposition ist nicht beschwerdegegenständlich (vgl. Seite 1 der Beschwerdevorentscheidung und Seite 2 der Beschwerdevorlage).
Kosten für doppelte Haushaltsführung:
Betreffend die Werbungskostenposition 'doppelte Haushaltsführung' enthält die der Steuererklärung beigelegte Aufstellung Folgendes:
Mietkosten Wien: € 249,08 x 12 = € 2.988,96 (Anlage 19)
Anteil Büro/Internet: € 25,23 x 12 = € 300,85 (Anlage 20)
Anteil Strom/Gas, alle 2 Monate 148,00 = € 888,00 (Anlage 21)
Hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die oben wiedergegebene Stellungnahme der Beschwerdevorlage verwiesen.
Die Kosten der doppelten Haushaltsführung betragen:
(€ 2.988,96 + € 888,00 + € 300,85 =) € 4.177,81.
Die Werbungskosten 2018, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, errechnen sich wie folgt:
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Familienheimfahrten | 3.672,00 € |
beruflich veranlasste Reisekosten | 5.113,62 € |
doppelte Haushaltsführung | 4.177,81 € |
Werbungskosten insgesamt | 12.963,43 € |
Berechnung der Einkommensteuer 2018:
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steuerpflichtige Bezüge | 52.223,55 € |
- Werbungskosten | -12.963,43 € |
Gesamtbetrag der Einkünfte | 39.260,12 € |
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988): | |
Pauschbetrag für Sonderausgaben | -60,00 € |
Einkommen | 39.200,12 € |
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt: | |
0% für die ersten 11.000,00 | 0,00 € |
25% für die weiteren 7.000,00 | 1.750,00 € |
35% für die weiteren 13.000,00 | 4.550,00 € |
42% für die restlichen 8.200,12 | 3.444,05 € |
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge | 9.744,05 € |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 € |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 9.344,05 € |
Steuer sonstige Bezüge | 472,77 € |
Einkommensteuer | 9.816,82 € |
Anrechenbare Lohnsteuer (260) | -15.284,29 € |
Rundung gem. § 39 Abs. 3 EStG 1988 | 0,47 € |
Festgesetzte Einkommensteuer | -5.467,00 € |
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2019:RV.7104529.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at