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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 27.08.2019, RV/5100419/2016

Schätzung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit auf Grund festgestellter "Schwarzgeldzahlungen"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Mag. V und die weiteren Senatsmitglieder Dr. R, B1 und B2, im Beisein der Schriftführerin S, in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Adresse, vertreten durch Mag. C, Adresse1, über die Beschwerde vom gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 der belangten Behörde Finanzamt FA vom in der Sitzung am  nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2014 wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgabe ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf) reichte seine Einkommensteuererklärung 2013 elektronisch am beim zuständigen Finanzamt ein; der Einkommensteuerbescheid 2013 erging am . Im Bescheid waren u.a. drei Lohnzettel der Fa. D jun. enthalten.

Im Zuge einer Prüfung bei diesem Arbeitgeber wurde u.a. festgestellt, dass dem Bf „Schwarzlöhne“ ausbezahlt worden waren.

Die Abgabenbehörde berichtigte in der Folge einen dieser Lohnzettel, in welchem nunmehr anstatt steuerpflichtiger Bezüge von 1.940,14 € solche von 5.236,54 € ausgewiesen waren.

Aus diesem Grund wurde am das Einkommensteuerverfahren wiederaufgenommen und mit gleichem Datum ein neuer Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 unter Einbeziehung des geänderten Lohnzettels erlassen.

Die Einkommensteuererklärung 2014 wurde am elektronisch eingereicht.

Dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014 vom wurde der nach den Prüfungsfeststellungen geänderte Lohnzettel zu Grunde gelegt.

Mit Schreiben vom erhob der Bf Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 vom .

Das von der Behörde bestimmte Einkommen der Jahre 2013 und 2014 bei der Fa. D decke sich nicht mit seinem tatsächlichen Einkommen aus diesem Dienstverhältnis. Das von der Behörde mutmaßlich eigenmächtig und entgegen den Unterlagen des Steuerberaters festgesetzte Einkommen habe er weder erhalten, noch sei dies berechnet worden und wäre mit den Dienstzeiten auch gar nicht erzielbar.

Stelle man den Dienstzeiten das geschätzte Einkommen gegenüber, käme man rechnerisch auf einen vielfachen (!) kollektivvertraglichen Stundenlohn.

Bereits in der Vergangenheit seien bei der Fa. D mehrere Betriebsprüfungen durchgeführt worden, bei welchen es nie Beanstandungen hinsichtlich seines Lohnes gegeben habe. Er habe alle seine Dienste bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2014 nachvollziehbar durch Fahrtenbücher auf die Minute und den Kilometer genau aufgezeichnet.

Die rechtswidrige Schätzung seines Einkommens sei vielmehr, wie eine Rückfrage beim belangten Finanzamt bestätigt habe, dadurch zustande gekommen, dass die Fa. D im Jahr 2015 im Zuge eines Konkursverfahrens abermals geprüft worden sei.

Der Bf halte nochmals fest, dass sein Dienstverhältnis bereits ein Jahr davor, im Juni 2014, geendet habe.

Er weise darauf hin, dass dem Einkommen natürlich auch Ausgaben (Diäten, etc.) gegenüber stehen würden, welche berücksichtigt werden müssten. Diese seien auch in den neuen Bescheiden nicht berücksichtigt worden bzw. sei sein Gehalt regelmäßig von einem externen Steuerberater berechnet und entsprechend versteuert worden.

Die rechtswidrige Festsetzung sei ohne jegliche Einvernahme oder Befragung seiner Person erfolgt.

Er stelle daher den Beweisantrag, die Behörde möge die Fahrtenbücher vorlegen, welche von der Fa. D auch nachweislich geführt worden seien (siehe Beilage) und die eindeutig belegen würden, dass der Schätzung jegliche Grundlage fehle. Aus diesen Aufzeichnungen gingen seine Dienstzeiten genau hervor, und diese habe er im Einzelnen unterzeichnet.

Als Beweisanbot nannte der Bf die beiliegenden Lohnkonten der externen Lohnverrechnung, ZV, PV, Fahrtenbücher.

Er beantrage daher die Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2013 auf die Fassung vom sowie die Korrektur des Einkommensteuerbescheides 2014 auf Grundlage der Angaben der externen Lohnverrechnung unter Berücksichtigung der Aufwände in diesen Jahren.

Sollte eine Beschwerdevorentscheidung nicht zu seinen Gunsten erfolgen, beantrage er eine öffentliche mündliche Verhandlung sowie eine Senatsentscheidung und begehre dafür Kosten und Aufwandsersatz.

Der Bf legte der Beschwerde Lohnkonten für die Jahre 2013 und 2014 sowie eine Kopie des Umschlags eines Fahrtenbuches für das polizeiliche Kennzeichen E bei.

Mit Ergänzungsersuchen vom forderte das Finanzamt den Bf auf, sämtliche Beweise laut „Beweisanbot“ vorzulegen.

Mit Eingabe vom übermittelte der Bf die für ihn geführten Lohnkonten der Jahre 2012 bis 2014. Laut beiliegender E-Mail habe auch der Masseverwalter das tatsächlich erhaltene Entgelt bestätigt.

In der genannten E-Mail bestätigte der Masseverwalter die Bezüge, die der Bf laut Lohnverrechnung erhalten hatte.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom wurden die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 als unbegründet abgewiesen.

In der gesonderten Bescheidbegründung vom verwies das Finanzamt auf nachstehende Feststellungen, die im Zuge der Prüfung bei der Fa. D getroffen worden seien.

Die im Betrieb vorliegenden Lohnkonten entsprächen nicht den tatsächlich ausbezahlten Löhnen. Hr. D habe seine Taxifahrer zumindest seit 2013 angewiesen, zwei Listen für den jeweils gleichen Zeitraum anzufertigen, und zwar eine Liste mit den tatsächlichen Umsätzen, wovon der Fahrer etwa 35 % als Fuhrlohn (teils „schwarz“) erhalten habe, sowie eine geschönte Liste für die Buchhaltung, welche weniger als 50 % des Umsatzes beinhaltet habe.

Für die Jahre 2013 und 2014 lägen Original-Fahreraufzeichnungen vor, die folgende Angaben enthalten würden: Name des Fahrers, Kennzeichen des Fahrzeuges, Anfangs- und Endkilometerstand, Abfahrts- und Zielort, Kilometer der einzelnen Fahrten sowie den vereinnahmten Fahrpreis. Auf allen diesen Originalaufzeichnungen des Bf sei ersichtlich, wie von ihm der etwa 35%-Anteil vom Tagesumsatz handschriftlich errechnet und festgehalten worden sei. Bei den Aufzeichnungen vom 17. und liege neben den Originalaufzeichnungen auch die gefälschte Umsatzliste vor.

Die „fiktive“ Entlohnung des Bf sei wesentlich unter der etwa 35%-igen Umsatzbeteiligung gelegen. Der Abgabenbehörde liege auch die Aussage von Herrn D vor, wonach der Bf ca. 35 % Umsatzbeteiligung erhalten und sich bei den Tagesabrechnungen (Übergabe des Tagesumsatzes sowie der zwei Umsatzlisten an Herrn D bzw. dessen Vertreter) seinen Anteil gleich einbehalten habe. Die Original-Fahreraufzeichnungen seien in der Folge zum Großteil vernichtet worden; das in der Beschwerde angeführte Fahrtenbuch liege nicht vor. Da eine Berechnung bzw. Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Bf bei der Fa. D daher für die Abgabenbehörde nicht möglich gewesen sei, seien die Bemessungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt worden.

Die Schätzung sei erfolgt, indem die laut Buchhaltung vom Bf kassierten Taxi-Umsätze verdoppelt worden seien und davon 35 % als Bruttolohn angesetzt worden sei. Die angeführten und beiliegenden Aufzeichnungen würden belegen, dass diese Schätzung jedenfalls nicht zu hoch gegriffen sei. Der bei den vorliegenden Original-Fahreraufzeichnungen durchschnittlich berechnete Fahreranteil am Gesamtumsatz 2013 betrage 38,36 %, der für 2014 39,84 %.

Da die im Vorhalteverfahren am übermittelten Unterlagen keine andere Würdigung des Sachverhaltes rechtfertigten, sei die Beschwerde abzuweisen.

Im fristgerechten Vorlageantrag wiederholte der Bf eingangs seine Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Entscheidung durch den Senat sowie auf Kosten- und Aufwandersatz.

Er ergänze seine Beschwerdeausführungen dahin gehend, dass die unhaltbaren Anschuldigungen des Finanzamtes F, samt Strafanzeige gegen Taxilenker, nur als Versuch gesehen werden könnten, von den eigenen Fehlern bzw. von der Inkonsequenz aus der Betriebsprüfung im Jahr 2013 bei der Fa. D abzulenken. Der Bf weise darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft G die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn bereits beantragt habe.

Eine Akteneinsicht am habe überdies bestätigt, dass es keine Aufzeichnungen gebe, die ihm zuzuordnen seien. Vielmehr seien ihm die in der Bescheidbegründung vom erwähnten Aufzeichnungen vorgelegt worden. Sein Verdacht, dass diese Zettel weder seinen Namen tragen würden, noch ihm sonst irgendwie zugeordnet werden könnten, habe sich bestätigt. Auf diesen Zetteln finde sich auch kein Hinweis auf eine Auszahlung. Sämtliche Belege seien ihm völlig unbekannt.

Dazu hätten sich zwei Belege mit seinem Namen (in Blockbuchstaben) im Akt befunden, welche aber auch keinen Hinweis auf etwaige Auszahlungen zeigten. Dem Anschein nach dürften diese Fortsetzungsblätter sein, zumal sich auf diesen Aufzeichnungen kein Kilometerstand befinde.

Der Bf weise darauf hin, dass aus den Fahrtenbüchern ganz genau hervorgehe, an welchen Tagen er ein Fahrzeug betrieben habe. Ein Verschwinden dieser Beweisurkunden könne wohl nicht zu seinem Nachteil gewertet werden. Sämtliche Vorgänge im Dienstverhältnis zwischen ihm und der Fa. D seien korrekt abgehandelt worden.

Mit Schreiben vom ersuchte die Richterin den Bf, zu nachstehendem Sachverhalt Stellung zu nehmen:

„Nach § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Die Verpflichtung zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln; auf ein Verschulden der Partei am Fehlen von Aufzeichnungen kommt es nicht an.

Im Rahmen einer bei Ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Fa. D, durchgeführten Hausdurchsuchung wurden u.a. Fahreraufzeichnungen aufgefunden und beschlagnahmt. Diese Originalaufzeichnungen betrafen beinahe ausschließlich in den Jahren 2013 bis 2015 durchgeführte Taxifahrten und enthielten auch den Namen des jeweiligen Fahrers.

Im Zuge einer anschließenden Außenprüfung wurde festgestellt, dass neben den offiziellen Lohnzahlungen auch Schwarzlöhne ausbezahlt worden waren.

In der Buchhaltung wurden demnach fingierte Fahreraufzeichnungen abgelegt, während die – bis auf die bei der Hausdurchsuchung noch vorgefundenen – Originalaufzeichnungen vernichtet worden waren.

Sowohl der Firmeninhaber als auch eine Angestellte bestätigten im Zuge ihrer Vernehmungen, dass die Belege mit dem Namenskürzel „H“ Ihnen zuzurechnen waren (vgl. die beiliegende Vernehmung von D).

Herr D zählte auch die Fahrer  – u.a. Sie - auf, die mit 35 % am Umsatz beteiligt waren.

Vernehmungen des Firmeninhabers, von Fahrern und Angestellten ergaben, dass D seine Taxifahrer zumindest seit 2013 angewiesen hatte, zwei Listen anzufertigen, und zwar eine Liste mit den tatsächlichen Fuhrlöhnen, wovon die Fahrer etwa 35 % - teilweise „schwarz“ – erhielten und eine zweite, geschönte Liste für die Buchhaltung, welche weniger als 50 % des Umsatzes beinhaltete.

Auf beinahe allen im Zuge der Hausdurchsuchung aufgefundenen Originalaufzeichnungen ist die handschriftliche Berechnung des 35%-igen Anteils der Fahrer am Tagesumsatz ersichtlich.

In einer Besprechung vom bestätigten sowohl D als auch der Buchhalter des Unternehmens, dass ab dem Jahr 2013 die Umsätze, die die Prüferin den einzelnen Fahrern zugewiesen hatte, den tatsächlichen Umsätzen entsprechen würden.

Die Prüferin verdoppelte die Umsätze laut den in der Buchhaltung abgelegten Fahreraufzeichnungen und ermittelte davon 35 %.

Konkret betrugen Ihre Umsätze laut Buchhaltung im Jahr 2013 8.307,00 € und im Jahr 2014 6.450,00 €. Die Ihnen tatsächlich zugeflossenen Beträge wurden daher auf 5.814,90 € für 2013 und 4.515,00 € für 2014 geschätzt und diese Beträge den berichtigten Lohnzetteln zu Grunde gelegt (vgl. die Sie betreffende Umsatzliste).

Anhaltspunkte dafür, dass die an den vorgefundenen Fahrerbelegen orientierte Schätzung nicht den Tatsachen entsprechen würde, ergaben sich nicht.

Nach amtswegiger Berichtigung der Lohnzettel nahm das Finanzamt das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013 wieder auf und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid bzw. wurde die Veranlagung für das Jahr 2014 unter Berücksichtigung des korrigierten Lohnzettels durchgeführt.

Anzumerken ist, dass der Einkommensteuerbescheid 2014 auch unter Zugrundelegung des berichtigten Lohnzettels eine Einkommensteuer von Null ergibt.

Für das Gericht ist kein Grund ersichtlich, weshalb sich Herr D durch Schilderung einer nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechenden Abrechnungspraxis selbst hätte belasten sollen.

Zu Ihrem Vorbringen, wonach auch Ausgaben (z.B. Diäten) zu berücksichtigen gewesen wären, ist darauf hinzuweisen, dass Werbungskosten von der Partei zu beantragen und an Hand geeigneter Unterlagen nachzuweisen sind.

Im Übrigen ist auf die gesetzliche Bestimmung des § 313 BAO zu verweisen, wonach die Parteien die ihnen im Abgaben- und Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten haben.“

Diesem Schreiben wurde eine Aufstellung über die dem Bf zuzurechnenden Schwarzzahlungen sowie eine Vernehmung seines ehemaligen Arbeitgebers beigelegt, wobei die Richterin die Namen der weiteren Fahrer schwärzte.

Eine Stellungnahme zu diesem Schreiben langte nicht ein.

Am ersuchte die Richterin die Amtspartei um Bekanntgabe, ob im Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Arbeitgeber des Bf bereits eine Gerichtsentscheidung ergangen sei und ersuchte, diese allenfalls vorzulegen.

Mit E-Mail vom legte diese dem Gericht sowohl die finanzbehördliche Strafverfügung, als auch das damit in Zusammenhang stehende Gerichtsurteil vor.

Mit E-Mail vom übermittelte das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht die Beschuldigtenvernehmung des D vom und die Beschuldigtenvernehmung der im Unternehmen angestellten L vom .

Darüber hinaus teilte es mit, dass im Einkommensteuerbescheid 2014 noch Einkünfte des Bf in Höhe von 15.169,06 € zu berücksichtigen seien, die dieser aus einer Beteiligung an der Fa. M KG erzielt habe.

Am wurde die mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und des Vertreters des Finanzamtes durchgeführt.

Der Bf bekräftigte, keine Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben. Es könne nicht sein, dass er die Konsequenzen für die Betrügereien der Fa. D zu tragen habe. Ihm könne nicht angelastet werden, dass im Unternehmen sämtliche Unterlagen vernichtet worden seien. Auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.

Der Bf verwies weiters darauf, dass es ihm auf Grund seiner Tätigkeit für die Fa. M KG zeitlich nicht möglich gewesen wäre, zusätzliche Fahrten für die Fa. D zu übernehmen.

Der Finanzamtsvertreter entgegnete, dass das Unternehmen erst im Juli 2014 gegründet worden sei und sich die beiden Tätigkeit höchstens ein, zwei Monate überschnitten hätten.

Der Finanzamtsvertreter überreichte dem Bf den Feststellungsbescheid 2014 für die M KG, wonach dem Bf Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 15.169,06 € zuzurechnen waren, die bisher noch nicht besteuert worden waren.  

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Aktenteilen und den Finanzamtsdatenbanken, insbesondere den in der so genannten Datenbank „BP-2000“ elektronisch abgelegten Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen.  

Rechtslage

Nach § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs 1) wesentlich sind.

Dem Wesen nach ist die Schätzung ein Beweisverfahren, bei dem der Sachverhalt unter Zuhilfenahme mittelbarer Beweise (indirekte Beweisführung) ermittelt wird.

Ziel der Schätzung ist, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.

Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent; wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen.

Die Befugnis bzw. Verpflichtung zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen. Die Schätzungsberechtigung setzt daher kein Verschulden der Partei z.B. am Fehlen von Aufzeichnungen voraus.

Im Schätzungsverfahren besteht eine Mitwirkungspflicht der Partei.

Das Parteiengehör ist bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zu wahren. Der Partei sind daher vor Bescheiderlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis zur Kenntnis zu bringen. Es liegt danach an der Partei, begründete Überlegungen vorzubringen, die z.B. für eine andere Schätzungsmethode oder gegen einzelne Elemente der Schätzung sprechen.

Die Behörde hat auf alle substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen einzugehen und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn die Richtigkeit der Behauptungen erst durch weitere Erhebungen geklärt werden muss.

Verletzt die Abgabenbehörde das Recht auf Parteiengehör, so ist dies im Beschwerdeverfahren sanierbar (Ritz, BAO6, § 115 Tz 21).

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss, wenn die Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand dieser Tatsache nicht im "naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn“ nachweisen (Ritz, BAO6, § 167 Tz 8).

Nach § 114 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden darauf zu achten, dass alle Abgabepflichtigen nach den Abgabenvorschriften erfasst und gleichmäßig behandelt werden, sowie darüber zu wachen, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden. Sie haben alles, was für die Bemessung der Abgaben wichtig ist, sorgfältig zu erheben und die Nachrichten darüber zu sammeln, fortlaufend zu ergänzen und auszutauschen.

 Nach § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Gemäß § 313 BAO haben die Parteien die ihnen im Abgaben- und Beschwerdeverfahren erwachsenen Kosten selbst zu bestreiten.

Werbungskosten sind von Amts wegen zu berücksichtigen [Schubert in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 16 Anm 14 (Stand , rdb.at)]. Sie müssen aber  nachgewiesen oder, falls dies nicht zumutbar ist, zumindest glaubhaft gemacht werden.

Will eine Partei die Berücksichtigung höherer Werbungskosten an Stelle der für sie in Betracht kommenden Werbungskostenpauschbeträge erreichen, hat sie sämtliche Werbungskosten nachzuweisen ().

Stehen Werbungskosten dem Grunde nach fest, ist aber ihre Höhe nicht erwiesen, haben die Behörde bzw. das Gericht diese zu schätzen. Die Partei ist bei der Schätzung zur Mitwirkung verpflichtet.

Erwägungen

Strittig war, ob der Bf als Taxifahrer der Fa. D neben offiziellen Lohnzahlungen auch Schwarzlohnzahlungen erhalten hatte. Der Bf bestritt dies.

Er reichte die Einkommensteuererklärung 2013 am elektronisch bei der zuständigen Abgabenbehörde ein. Im Bescheid, der am erging, wurden folgende Lohnzettel berücksichtigt: Ein Lohnzettel von bis der Fa. K GmbH sowie drei Lohnzettel der Fa. D von bis , von bis und von bis .

Auf den Lohnzetteln der Fa. D waren Bruttobezüge von 272,06 €, 306,34 € und 1.940,14 € ausgewiesen.

Nach einer in diesem Unternehmen durchgeführten Außenprüfung erstellte das Finanzamt einen geänderten Lohnzettel für den Zeitraum bis . Auf diesem Lohnzettel waren nunmehr an Stelle von Bruttobezügen von 1.940,14 € solche von 5.236,54 € ausgewiesen.

Dieser Lohnzettel hatte zur Folge, dass das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2013 am wiederaufgenommen und mit gleichem Datum ein geänderter Einkommensteuerbescheid 2013 erlassen wurde, der zu einer Einkommensteuerfestsetzung von 1.162,00 € (anstatt von bisher -216,00 €) führte.

Dem Einkommensteuerbescheid 2014 wurde der durch das Finanzamt berichtigte Lohnzettel der Fa. D vom bis zu Grunde gelegt. Auf diesem waren Bruttobezüge von 4.515,00 € (im Vergleich zu 2.079,05 € auf dem vom Arbeitgeber übermittelten Lohnzettel) ausgewiesen. Daneben lagen für den Bf Meldungen des Arbeitsmarktservice von bis vor; für den Zeitraum von bis  waren keine Bezüge dokumentiert.

Als Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sah das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Laut Stellungnahme der Prüferin vom war der Bf mit Unterbrechungen und zum Teil geringfügig von bis bei der Fa. D als Taxifahrer angemeldet.

Im Zuge einer im Unternehmen durchgeführten Hausdurchsuchung wurden u.a. Fahreraufzeichnungen aufgefunden und beschlagnahmt. Diese Originalaufzeichnungen betrafen nahezu ausschließlich in den Jahren 2013 bis 2015 durchgeführte Taxifahrten.

Eine Außenprüfung sowie Vernehmungen des Firmeninhabers, von Fahrern und Angestellten ergab, dass D seine Taxifahrer zumindest seit 2013 angewiesen hatte, zwei Listen anzufertigen, und zwar eine Liste mit den tatsächlichen Fuhrlöhnen, wovon die Fahrer etwa 35 % - teilweise „schwarz“ – erhielten, und eine zweite, geschönte Liste für die Buchhaltung, welche weniger als 50 % des Umsatzes beinhaltete.

Auf beinahe allen im Zuge der Hausdurchsuchung aufgefundenen Originalaufzeichnungen war die handschriftliche Berechnung des 35%-igen Anteils der Fahrer am Tagesumsatz ersichtlich.

Beim Vergleich dieser Erlöse mit den Erlösen laut Buchhaltung stellte die Prüferin fest, dass eine rund 50%-ige Umsatzkürzung vorgenommen worden war. Im Rechenwerk waren fingierte Fahreraufzeichnungen abgelegt, die Originalaufzeichnungen waren – bis auf die bei der Hausdurchsuchung vorgefundenen – vernichtet worden. Die fiktiven Entlohnungen der Fahrer laut Buchhaltung lagen wesentlich unter der 35%-igen Umsatzbeteiligung.

Die Prüferin verdoppelte die Umsätze, die die einzelnen Fahrer laut den in der Buchhaltung abgelegten Fahreraufzeichnungen erzielt hatten. Von diesem erhöhten jährlichen Fahrerumsatz diente die 35%-ige Beteiligung als Grundlage für die Festsetzung der lohnabhängigen Abgaben für die einzelnen Fahrer.

Sowohl D als auch die im Unternehmen angestellte L bestätigten in ihren Einvernahmen, dass die Aufzeichnungen mit dem Kürzel „H“ dem Bf zuzuordnen waren.

Nicht nur der ehemalige Arbeitgeber des Bf, sondern auch mehrere Arbeitnehmer waren zu den Schwarzlohnzahlungen geständig.

D nannte in seiner Einvernahme die in den einzelnen Jahren am Umsatz beteiligten Fahrer (darunter den Bf!) und gab an, dass es insbesondere bei Taxifahrten am Wochenende bzw. während der Nacht zu den beschriebenen Malversationen gekommen war.

Konkret wurden dem Bf laut Buchhaltung Umsätze von 8.307,00 € für 2013 und 6.450,00 € für 2014 zugewiesen. Diese Umsätze verdoppelte die Prüferin und berechnete davon den dem Bf zugeflossenen 35%-Anteil (2013: 5.814,90 €; 2014: 4.515,00 €). Auf Basis dieser geschätzten Einkünfte erstellte das Finanzamt die korrigierten Lohnzettel, die den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 zu Grunde gelegt wurden.

In einer Besprechung vom bestätigten sowohl der Firmeninhaber als auch dessen Buchhalter, dass die Schätzung der Prüferin ab dem Jahr 2013 den Tatsachen entspreche.

Nach den Ergebnissen der beim Arbeitgeber des Bf durchgeführten Hausdurchsuchung, einer abgabenbehördlichen Prüfung bei diesem sowie dessen Vernehmung flossen dem Bf neben den offiziellen Lohnzahlungen auch Schwarzlohnzahlungen zu. Da diese Einkünfte nicht erklärt worden waren, war eine Schätzungsberechtigung gegeben.

Zu den vom Bf als Beweismittel vorgelegten Lohnkonten war festzustellen, dass diese, wie sich im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung herausstellte, gerade nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelten, weil neben den offiziellen Beträgen weitere Beträge „schwarz“ ausbezahlt wurden. Ein externer Steuerberater vermochte aber Berechnungen nur auf Basis der ihm tatsächlich zur Verfügung gestellten Unterlagen anzustellen. Die Vorlage der Lohnkonten konnte der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.

Auch dem Hinweis des Bf, dass die Staatsanwaltschaft G die Einstellung der Ermittlungen gegen ihn bereits beantragt habe, kam keine entscheidende Bedeutung zu, da aus einer E-Mail vom u.a. hervorging, dass eine gerichtliche Belangung von Arbeitnehmern als Mittäter nur in den Fällen, in denen höhere Beträge an Abgaben bzw. Sozialversicherung hinterzogen worden waren, erfolgen sollte.

D wurde sowohl durch die Finanzstrafbehörde EFG als auch durch das Landesgericht G schuldig gesprochen.

Gründe, weshalb dieser sich durch nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelnde Angaben hätte selbst belasten und die o.a. Bestrafungen akzeptieren sollen, waren nicht erkennbar.

Im Hinblick auf die Beweislage war daher das Vorbringen des Bf, keine Schwarzlohnzahlungen erhalten zu haben, nicht glaubwürdig.

Das Bundesfinanzgericht ging nach den vorliegenden Unterlagen vielmehr davon aus, dass dem Bf in den Beschwerdejahren 2013 und 2014 Schwarzlöhne in der von der Prüferin festgestellten Höhe zugeflossen waren.

Im Zuge einer Besprechung vom bestritt D weder die Höhe der ermittelten Beträge noch den durch die Prüferin angewandten Abrechnungsmodus, weshalb von der Richtigkeit des im Zuge der Prüfung ermittelten Zahlenmaterials auszugehen war.

Der Bf wandte in seiner Beschwerde weiter ein, dass ihm Ausgaben (Diäten, etc.) erwachsen seien, die berücksichtigt werden müssten. Trotz Aufforderung der Richterin präzisierte er diese Ausgaben weder dem Grunde noch der Höhe nach, weshalb solche nicht anerkannt werden konnten.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Durch Ansatz der bisher unberücksichtigten Einkünfte aus der Beteiligung des Bf an der Fa. M KG in Höhe von 15.169,06 € ergaben sich für das Jahr 2014 die Bemessungsgrundlage und Einkommensteuerfestsetzung laut beiliegendem Berechnungsblatt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Frage, ob der Bf im gegenständlichen Fall Schwarzlohnzahlungen erhalten hat, ist von der Würdigung des festgestellten Sachverhaltes abhängig und keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100419.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

ECLI Nummer:
ECLI:AT:BFG:2019:RV.5100419.2016

Fundstelle(n):
XAAAC-22102