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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.09.2019, RV/1100953/2015

Pendlerpauschale, Pendlereuro und amtliche Kilometergelder bei zwei Dienstverhältnissen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der X., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) hat im Jahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von zwei Arbeitgebern erhalten. In der beim Finanzamt eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 (eingelangt beim Finanzamt am ) machte die Bf. verschiedene Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen geltend. Für die Fahrtaufwendungen zwischen der Wohnung und den beiden Arbeitsstätten (Arbeitsstätte-A und Arbeitsstätte-Schule) beantragte die Bf. die Berücksichtigung des "großen" Pendlerpauschales, des Pendlereuros und amtlicher Kilometergelder.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde die Bf. ersucht, die geltend gemachten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen durch Vorlage der entsprechenden Unterlagen und Belege nachzuweisen und zur leichteren Nachvollziehbarkeit eine Aufstellung über die einzelnen Posten (Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitsmittel, Fachliteratur, Reisekosten, sonstige Werbungskosten, Personenversicherungen, Wohnraumschaffung/-sanierung und Kirchenbeitrag) beizulegen.

Hinsichtlich des noch streitgegenständlichen Beschwerdepunktes der Berücksichtigung der Fahrtaufwendungen zwischen der Wohnung und den beiden Arbeitsstätten (" großes" Pendlerpauschale, Pendlereuro und amtliche Kilometergelder; die ursprünglich weiteren Beschwerdepunkte betreffend (weitere) Werbungskoten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen sind nicht mehr streitgegenständlich), wurde seitens des Finanzamtes im Ergänzungsersuchen ausgeführt, um die Voraussetzungen für die Anerkennung überprüfen zu können, werde um Mitteilung der genauen Anschrift der Arbeitsstätte/n; genaue Anschrift der der Arbeitsstätte nächstgelegenen Wohnung; kürzest befahrbare einfache Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in km; Wegstrecke bei Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels (Gehweg, Bus, ÖBB etc.) ersucht. Sollte die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels nicht möglich bzw. zeitlich nicht zumutbar sein, seien die entsprechenden Gründe (unter Angabe der Normalarbeitszeiten) zu erläutern bzw. die unzumutbare Wegzeit aufzuschlüsseln. Sollte die Bf. im Veranlagungsjahr verschiedene Arbeitsstätten aufgesucht haben, so seien die Angaben für jede Arbeitsstätte/jeden Arbeitszeitraum gesondert anzuführen. Weiters wurde ausgeführt, dass ein Pendlerpauschale nur insoweit berücksichtigt werden könne, als auch tatsächlich Aufwendungen für die Fahrten "Wohnung-Arbeitsstätte" angefallen seien.

Das Ergänzungsersuchen vom wurde (nach Fristverlängerung) von der Bf. unter Anschluss verschiedener Belege und Unterlagen mit Eingabe vom beantwortet. Darin werden die als sonstige Werbungskosten geltend gemachten amtlichen Kilometergelder für die Fahrtkosten von der Wohnung zur Schule mit 1.277,64 Euro beziffert (26 km 3 mal in der Woche = 78; 78 km mal 39 Wochen = 3042 km/Jahr; 3042 km mal 0,42 = 1.277,64).

Im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2013 (Ausfertigungsdatum ) wurden die in der Einkommensteuererklärung beantragten Fahrtaufwendungen von der Wohnung zu den beiden Arbeitsstätten ("großes" Pendlerpauschale, Pendlereuro und amtliche Kilometergelder) seitens des Finanzamtes als nicht abzugsfähig beurteilt. Begründend wurde vom Finanzamt hiezu angegeben, die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte seien durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten.

2. Dagegen erhob die Bf. Beschwerde (undatiertes Scheiben, eingegangen beim Finanzamt am ). Begründend wird darin zu den aberkannten Fahrtaufwendungen vorgebracht: „Die Kosten für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind laut Bescheid durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten. Die Reisekosten für meinen Hochschullehrgang finde ich darin aber nicht berücksichtigt, was mir nicht plausibel erscheint.“

Nach einem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom zur eingebrachten Beschwerde verwies die Bf. im Antwortschreiben (eingegangen beim Finanzamt am ) hinsichtlich der Arbeitszeiten an der Schule bzw. der Unterrichtszeit auf den angeschlossenen Stundenplan (Unterricht an zwei Tagen in der Woche; am Montag von 7.50 bis 12.20 und am Dienstag von 7.50 bis 12.20 und von 13.30 bis 15.15). Ergänzend dazu wurde von der Bf. angemerkt, dass sich grundsätzlich alle Lehrer bis 7.20 in der Schule einfinden sollten. Am Donnerstag fänden immer die "Schulveranstaltungen (Projekttage, Schitage, Wintersporttag, Waldtag, Sommersporttag, Ausflüge, Kulturveranstaltungen, Exkursionen, ... )" statt. An den Konferenzen (1 mal im Monat) hätten alle LehrerInnen anwesend zu sein, unabhängig davon, ob sie Unterricht hätten oder nicht. Weiters wurde ausgeführt, dass sich zusätzliche Termine und Fahrten (Supplierungen, Teambesprechungen, Unterrichtsvorbereitung u.a.) ergäben. Die Wegstrecke zwischen ihrem Wohnsitz und der Schule (26 km der Hin- und Retourfahrt) lege sie 3 mal in der Woche zurück (die zusätzlichen Termine und Fahrten seien hier nicht eingerechnet). Hinsichtlich der Arbeitszeiten in der Arbeitsstätte-A verwies die Bf. auf die beigebrachte Arbeitsbestätigung des Dienstgebers (datiert mit ; Arbeitszeiten von Montag bis Donnerstag jeweils von 16.00 bis 18.00 und am Freitag von 8.00 bis 11.00). Die Wegstrecke zwischen ihrem Wohnsitz und der Arbeitsstätte-A (ca. 6 km der Hin- und Retourfahrt) lege sie 5 mal in der Woche zurück.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die beantragten Fahrtaufwendungen für die beiden Arbeitswege (weiterhin) nicht gewährt. Begründend wurde dazu seitens des Finanzamtes angegeben, für den 3 km betragenden Arbeitsweg vom Wohnsitz (Ort-W) zur Hauptarbeitsstätte in der Arbeitsstätte-A (Ort-A) sei die Benützung von Massenbeförderungsmitteln zumutbar. Ein Pendlerpauschale könne daher gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 nicht gewährt werden. "Für den Arbeitsweg zur zweiten Arbeitsstätte (Arbeitsstätte-Schule) können keine Kilometergelder angesetzt werden. Ein Pendlerpauschale steht mangels Überwiegens nicht zu."

4. Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag vom (bezeichnet als "Beschwerde“) wird seitens der Bf. ausgeführt, in der Begründung des Finanzamtes werde die Arbeitsstätte-A als Hauptarbeitsstätte angeführt. Da die Bf. allerdings an der Schule mehr Stunden arbeite und eine höheres Einkommen erziele, sei fraglich, was als Hauptarbeitsstätte gelte. Weiters wird im Vorlageantrag vorgebracht, dass sie beide Arbeitsstätten mehr als 10 mal im Monat anfahre und ihr (laut Pendlerrechner) das große Pendlerpauschale in Höhe von 372 Euro zustünde.

Der eingebrachte Vorlageantrag vom wurde vom Finanzamt unter Anschluss der von der Bf. eingereichten Belege und Bestätigungen dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ). Seitens des Finanzamtes wird im Vorlagebericht beantragt, der Beschwerde insoweit stattzugeben, dass neben den bereits in der Beschwerdevorentscheidung gewährten Aufwendungen „(nur) das im Vorlageantrag beantragte Pendlerpauschale für 2-20 km iHv 372 EUR und der Pendlereuro iHv 6,00 EUR gewährt werden.“

Das Bundesfinanzgericht hat über die Beschwerde erwogen:

II. Sachverhalt

Die Bf. erzielte im Jahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und war im Rahmen zweier Dienstverhältnisse (Arbeitsstätte-A und Schule) beschäftigt. Die Fahrten zur Arbeitsstätte-A und zur Schule wurden jeweils vom Wohnort der Bf. in Ort-W, angetreten. Hinsichtlich ihrer Tätigkeit in der Arbeitsstätte-A beträgt die Entfernung zwischen ihrem Wohnsitz in Ort-W, und dem Standort der Arbeitsstätte-A in Ort-A, 2,8 km; diese Wegstrecke legte die Bf. 5 mal in der Woche zurück. Weiters ist die Bf. als Behindertenpädagogin (Arbeitgeber ist das Amt der Vorarlberger Landesregierung) an der Schule Ort-S, tätig. Diese Wegstrecke zwischen dem Wohnsitz der Bf. und dem Standort der Schule in Ort-S, beträgt 11,4 km.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt, den Angaben der Bf. und den ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichtes (über Internet vorgenommene Routenplanungen bzw. Eingabe der entsprechenden Daten in den Pendlerrechner).

III. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

Strittig ist, ob für die zurückgelegten Fahrten zwischen der Wohnung der Bf. in Ort-W, und der davon 2,8 km entfernten Arbeitsstätte-A (Standort in Ort-A) und für die zurückgelegten Fahrten zwischen der Wohnung der Bf. in Ort-W, und der davon 11,4 km entfernten Schule (Standort in Ort-S) das "große" Pendlerpauschale, der Pendlereuro und die geltend gemachten amtlichen Kilometergelder als abzugsfähig anzuerkennen sind.

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 über das Pendlerpauschale in der für den gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 53/2013 (gem. § 124b Z 242 erstmalig anzuwenden bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2013 bzw. für ab beginnende Lohnzahlungszeiträume; die lit. b trat allerdings gemäß § 124b Z 243 erst mit in Kraft) lautet auszugsweise:

„§ 16. (1) Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. […] Werbungskosten sind auch:

1. […]

6. Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a) Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b) Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu.

c) Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:

Bei mindestens 20 km bis 40 km            696 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km                   1 356 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km                                       2 016 Euro jährlich.

d) Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:

Bei mindestens 2 km bis 20 km              372 Euro jährlich,

bei mehr als 20 km bis 40 km                   1 476 Euro jährlich,

bei mehr als 40 km bis 60 km                   2 568 Euro jährlich,

bei mehr als 60 km                                       3 672 Euro jährlich.

e) Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:

– Fährt der Arbeitnehmer an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu zwei Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

– Fährt der Arbeitnehmer an mindestens vier Tagen, aber an nicht mehr als sieben Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte, steht das jeweilige Pendlerpauschale zu einem Drittel zu. Werden Fahrtkosten als Familienheimfahrten berücksichtigt, steht kein Pendlerpauschale für die Wegstrecke vom Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e) zur Arbeitsstätte zu.

Einem Steuerpflichtigen steht im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zu.

f) […]

[…]“

In § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 wurde durch das BGBl. I Nr. 53/1988 der Pendlereuro als Absetzbetrag eingeführt (gem. § 124b Z 242 mit Wirksamkeit ab der Veranlagung 2013 bzw. für ab beginnende Lohnzahlungszeiträume). Nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis als Absetzbetrag ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

Nach den Ausführungen der Bf. im Vorlageantrag sei laut Begründung des Finanzamtes die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar. Demgegenüber verkehrten nach dem Vorbringen der Bf. auf einem großen Teil des Arbeitsweges keine öffentlichen Verkehrsmittel, was auch durch den Pendlerrechner des Bundesministeriums für Finanzen bestätigt würde.

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 erfolgt die Berücksichtigung der Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1), wobei nach Maßgabe der lit. b bis j zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zusteht. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Bei mehreren Dienstverhältnissen - wie im Beschwerdefall - steht der Verkehrsabsetzbetrag nur einmal zu (vgl. ).

Seitens des Finanzamtes wird in der Stellungnahme zur Beschwerdevorlage (Vorlagebericht vom ) unter Hinweis auf die Lohnsteuerrichtlinien 2002 Rz 294 die Ansicht vertreten, dass die Arbeitsstätte Arbeitsstätte-A (Ort-A) als Hauptarbeitsstätte zu qualifizieren sei. Die Bf. arbeite in der Arbeitsstätte-A 5 mal in der Woche, während sie in der Schule in Ort-S laut Stundenplan nur 2 mal in der Woche am Montag und Dienstag arbeite. Damit würde sie in der Arbeitsstätte-A entsprechend der Richtlinie häufiger tätig. Bei dem Arbeitsweg zur Arbeitsstätte-A handle es sich um eine relativ kurze Wegstrecke (2,7 km). Für diesen Arbeitsweg benötige die Bf. mit öffentlichen Verkehrsmitteln laut Google Maps 28 Minuten, zu Fuß 26 Minuten und mit dem PKW lediglich 5 Minuten. Damit sei ihr die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar, weshalb ihr das große Pendlerpauschale iSd § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 in Höhe von 372,00 Euro und der Pendlereuro in Höhe von 6,00 Euro zuzusprechen sei. Für den Weg zur anderen Arbeitsstätte Schule stünden ihr entsprechend § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 keine weiteren Fahrtkosten zu.

Soweit das Finanzamt seinen Rechtsstandpunkt auf die Lohnsteuerrichtlinien 2002 (Rz 294) stützt, ist darauf hinzuweisen, dass Erlässe oder Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen keine für das Verwaltungsgericht maßgebende Rechtsquelle bilden (vgl. , uHa Vorjudikatur). Angemerkt sei auch, dass Rz 294 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 nicht die Fälle behandelt, in denen Fahrten zu den Arbeitsstätten wie im vorliegenden Fall jeweils von der Wohnung aus zurückgelegt werden.

Zum Pendlerpauschale ist seitens des Bundesfinanzgerichtes festzustellen, dass für beide Dienstverhältnisse bzw. Arbeitswege (jeweils Wohnung zu den beiden Arbeitsstätten) die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar ist. Dies ergibt sich aus den vom Finanzamt über Internet angestellten Routenplanungen, die dem Bundesfinanzgericht gemeinsam mit dem Vorlagebericht vom übermittelt wurden und ist auch nach den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlagebericht unstrittig. Die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung wird auch durch die vom Bundesfinanzgericht über Internet vorgenommenen Routenplanungen sowie nach Eingabe der entsprechenden Daten durch das Bundesfinanzgericht in den - allerdings erst ab 2014 anzuwenden – Pendlerrechner grundsätzlich bestätigt. Unstrittig zwischen dem Finanzamt und der Bf. ist, dass die Wegstrecke Wohnung zur Arbeitsstätte-A 5 mal in der Woche zurückgelegt wurde. Was die Wegstrecke zwischen der Wohnung und der Schule angeht, ist das Finanzamt unter Hinweis auf den beigebrachten Stundenplan der Ansicht, dass die Bf. diese Strecke 2 mal in der Woche zurückgelegt hat. Diesbezüglich wurde seitens des Finanzamtes im Ergänzungsersuchen vom um Bekanntgabe der Arbeitstage und der Dauer der Arbeitszeit ersucht. Im An twortschreiben dazu (eingegangen beim Finanzamt am ) wird seitens der Bf. ausgeführt, dass sie über den beigebrachten Stundenplan (zwei Unterrichtstage in der Woche) hinausgehend die Wegstrecke von der Wohnung zur Schule 3 mal in der Woche zurücklege. Dazu wird allgemein angemerkt, am Donnerstag fänden immer Schulveranstaltungen statt, an den Konferenzen (1 mal im Monat) hätten alle LehrerInnen anwesend zu sein, unabhängig davon, ob sie Unterricht hätten oder nicht und sich zusätzliche Termine und Fahrten (Supplierungen, Teambesprechungen, Unterrichtsvorbereitung u.a.) ergäben. Angaben zu Arbeitszeiten und insbesondere dahingehend, an welchen konkreten (datumsmäßig bezeichneten) Tagen die Bf. in diesem Zusammenhang an der Schule tätig war, hat die Bf. allerdings nicht gemacht. Für die Annahme, dass die Bf. diese Wegstrecke jede Woche 3 mal zurücklegte, wären allerdings detaillierte Angaben unter Anführung der konkreten (datumsmäßig bezeichneten) Arbeitstage samt diesbezüglicher Nachweise erforderlich. Eine solche Angabe samt Nachweisführung wäre nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im Übrigen auch umso mehr zu erwarten gewesen, als die Bf. für diese Wegstrecke zur Schule in der Einkommensteuererklärung amtliche Kilometergelder als sonstige Werbungskosten geltend gemacht hat. Davon ausgehend gelangt das Bundesfinanzgericht somit zur Feststellung, dass die Bf. die Wegstrecke von der Wohnung zur Schule an mindestens acht Tagen, aber an nicht mehr als zehn Tagen im Kalendermonat zurückgelegt hat.

In § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 wird angeordnet, dass einem Steuerpflichtigen im Kalendermonat höchstens ein Pendlerpauschale in vollem Ausmaß zusteht (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. e letzter Satz EStG 1988). Auf dieser Grundlage ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hinsichtlich der Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte-A in Ort-A, das "große" Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 in Höhe von 372 Euro jährlich (bei mindestens 2 km bis 20 km) als abzugsfähig anzuerkennen. Damit sind auch die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte der Schule Ort-S, abgegolten. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, dass die Gesamtwegstrecke der beiden Wegstrecken nicht mehr als 20 km beträgt (2,8 + 11,4 = 14,2) und zudem der Großteil der Wegstrecke zur Arbeitsstätte-A (2,8 km) auf der Wegstrecke zur Schule (11,4 km) gelegen ist.

Nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 hat. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 gegeben. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes erscheint eine verhältnismäßige Berücksichtigung der zurückgelegten Arbeitswege als sachgerecht (zur verhältnismäßigen Berücksichtigung von Pendlerpauschalien bei mehreren Dienstverhältnissen vgl. Lenneis in Jakom EStG, 12. Aufl. 2019, § 16 Rz 26 [Stellungnahme zum angeführten Beispiel 2 aus den Lonhsteuerrichtlinien 2002, Rz 272c]) und ist ein Pendlereuro nach § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 in Höhe von 14 Euro jährlich (11,4 km x 2 [Tage] + 2,8 km x 3 [Tage] = 31,2 km/5 [Tage] = 6,24 km; (aufgerundet) 7 km x 2 Euro = 14 Euro) zuzuerkennen.

Was abschließend die Berücksichtigung der für die Fahrten zur Schule geltend gemachten amtlichen Kilometergelder betrifft, handelt es sich dabei um geltend gemachte Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (an der Schule).  Die Fahrtkosten sind damit grundsätzlich insgesamt mit dem Pendlerpauschale abgegolten (vgl. Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, § 16 Tz 127, uHa , 90/14/01 36). Ein weitergehender Abzug der von der Bf. geltend gemachten amtlichen Kilometergelder für die Wegstrecke von der Wohnung zur Schule als Werbungskosten neben dem zuerkannten "großen" Pendlerpauschale ist somit ausgeschlossen.

Aus diesen Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100953.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at