TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.09.2019, RV/3100363/2019

Grundstückstausch: Ermittlung des gemeinen Wertes der hingegebenen Tauschliegenschaft

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache X-KG, Adr, vertreten durch Steuerberater , über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr, betreffend Festsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 201 BAO zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird ausgehend von der Bemessungsgrundlage von € 1.562.319 mit 3,5 v. H., sohin im Betrag von € 54.681,17, festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach
Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Im Tauschvertrag vom war vereinbart, dass die X-KG (= Beschwerdeführerin, Bf) die ihr gehörige Liegenschaft Gst1 in EZ1, Fläche (nach Grundteilung) 4.257 m², im Tauschwege an die Fa. A übergibt; im Gegenzug tauscht und übergibt die Fa. A die ihr gehörige Liegenschaft Gst2 in EZ2 Fläche 3.041 m², in das Eigentum der Bf.
Das Gst2 ist zum Zweck eines Tankstellenbetriebes bis Ende 2023 in Bestand gegeben; die diesbezüglichen Baulichkeiten stehen als Superädifikate im Eigentum der Bestandnehmerin. Das Gst1 sowie angrenzende Gst sind von der Bf an den Tauschpartner vermietet; diese Mietverträge werden nach Abschluss des Tauschvertrages aufgelöst (unter Vertragspunkt V.).
Die Vertragsparteien erklärten, dass "hinsichtlich der Tauschobjekte Wertgleichheit besteht und wechselseitig keine Aufzahlungen zu leisten sind" (Punkt III.). Der Besitzübergang erfolgte zu dem der Vertragsunterfertigung folgenden Monatsersten (Punkt IV.). Unter Vertragspunkt VII. wurde festgehalten, dass für Gebührenzwecke die Verkehrswerte beider Tauschobjekte von den Vertragsparteien mit je € 1.116.047 beziffert werden.
Laut Akteninhalt war ausgehend von dieser Bemessungsgrundlage die Grunderwerbsteuer in Höhe von € 39.061,65 selbstberechnet und an das Finanzamt abgeführt worden.

Aufgrund einer von der Großbetriebsprüfungsabteilung übermittelten Kontrollmitteilung vom wurde dem Finanzamt ua. zu vorgenanntem Grundstückstausch zur Kenntnis gebracht, dass das Nachbargrundstück zu Gst2 GB-M, nämlich Gst3 GB-M, Fläche 1.399 m², mit (in der Beilage vorgelegtem) Kaufvertrag vom von der Bf um einen Kaufpreis von € 790.435 bzw. umgerechnet € 565/m² erworben wurde (Verkäufer Mag. B).

Das Finanzamt hat daraufhin mit Festsetzungsbescheid gem. § 201 BAO vom , StrNr, der Bf ausgehend von einer Tauschleistung von € 1.718.165 (= geschätzter Wert des Gst2: 3.041 m² x € 565/m²) die 3,5%ige Grunderwerbsteuer in Höhe von € 60.135,78 (bzw. unter Berücksichtigung des selbstberechneten Betrages eine Nachforderung von € 21.074,13) vorgeschrieben.
In der gesonderten Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Festsetzung erfolge gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, da aufgrund der durch die Kontrollmitteilung neu hervorgekommenen Tatsache (Verkaufspreis des Nachbargrundstückes im Jahr 2013: € 565/m²) die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO vorgelegen wären. Im Rahmen des zu übenden Ermessens sei insbesondere auf den Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit sowie auf den Umstand, dass die steuerlichen Auswirkungen nicht bloß geringfügig seien, Bedacht genommen worden.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde wird die Festsetzung der Grunderwerbsteuer in Höhe des selbstberechneten Betrages begehrt und nach Darstellung der geltenden Gesetzeslage (§ 4 Abs. 3 GrEStG idgF.; § 10 BewG) eingewendet, das Finanzamt orientiere sich ausschließlich an dem Grundstückserwerb der Bf von Mag. B (Adresse X-Straße1). Dieser Transaktion seien allerdings besondere Umstände zugrunde gelegen, die zu dem erheblich über dem damaligen Verkehrswert liegenden Kaufpreis von € 565 pro m² geführt hätten. Die Bf sei bereit gewesen, mehr als den Verkehrswert zu bezahlen, da dieser Erwerb die Bebauung mehrerer Grundstücke an der X-Straße ermögliche. Zudem sei im Hinblick auf den Gesellschaftszweck der Bf die Nähe zu Kindergarten und Volksschule xxx wesentlich. Damit seien höchstpersönliche Umstände auf Käuferseite vorgelegen, die beim gemeinen Wert iSd § 10 BewG nicht zu berücksichtigen seien. Der tatsächliche gemeine Wert habe nur € 367 betragen. Dem lägen sorgsam erhobene Vergleichswerte zugrunde, die den objektivierten gemeinen Wert dokumentierten. Dazu wurden die Aussagen des Ing. C, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Liegenschaftsbewertungen, zitiert, der im beigelegten Schreiben an die Bf vom (= "Kurzfassung - rechnerische Ermittlung von Verkehrswerten" betr. mehrere Grundstücksgeschäfte der Bf im Bereich X-Straße/GB-M) ua. zu "Gst3 GB-M, Flächenwidmung Mischgebiet, 1.399 m²" ausführte:
"Der Bodenwert ergibt sich üblicherweise aus dem Vergleich mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Grundstücke … Zum Vergleich geeignet sind nur Kaufpreise, die in zeitlicher Nähe zum Wertermittlungsstichtag im redlichen Geschäftsverkehr bezahlt wurden … Im gegenständlichen Fall liegt ein Verkaufspreis in direkter Umgebung vor. Dieser betrug im Jahr 2012 € 363/m². Dieses unbebaute Grundstück liegt ebenfalls direkt an der X-Straße mit einer annähernd gleichen Bebaubarkeit … Verkauf der Liegenschaften im Jahr 2010 … € 359/m² und … € 287/m². …". Somit errechne sich lt. Sachverständigem der Verkehrswert des Gst3 (1.399 m² x € 363/m²) nach Abzug eines Bebauungsabschlages (pauschal - € 20.000) mit € 487.837.
Laut Beschwerdevorbringen sei daher gegenständlicher Tauschwert mit € 1.116.047 zutreffend im Vertrag festgehalten, der einem m²-Preis von € 367 entspreche. Im Übrigen habe das Finanzamt in einem anderen Verfahren für den grundsätzlich höherpreisigen Stadtteil yyy noch im Zeitraum 2014 lediglich einen Wert von € 280/m² zur Bemessung herangezogen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 BAO wurde beantragt.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde ergänzend noch dahin begründet, dass das hingegebene Grundstück Gst1 (= Tauschleistung) eine um 1.261 m² größere Grundfläche aufweise als das von der Bf erworbene Grundstück. Ausgehend vom m²-Preis des Nachbargrundstückes € 565/m² sei daher das hingegebene Grundstück in der Mindesthöhe von € 1.718.165 zu schätzen.

Der Vorlageantrag vom beinhaltet kein weiteres Vorbringen; es wurde nochmals die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Nach Vorlage der Beschwerde hat das Bundesfinanzgericht (BFG) Folgendes erhoben:

1. Durch Einsichtnahme in das Firmenbuch:
Bei der Bf handelt es sich um ein 100 %-Tochterunternehmen der GemeindeD mit dem Geschäftszweck "Immobilienverwaltung".

2. Durch Einsichtnahme in das Grundbuch und den tiris-Lageplan (siehe unter: www.tirol.gv.at/tiris):

- Das Tauschgrundstück Gst1 liegt inmitten der nördlich der X-Straße gelegenen größeren Betriebsanlage der Fa. A (Autohaus mit mehreren Werkhallen etc.) im Bereich eines Gewerbegebietes, das sich weitläufig entlang der X-Straße und nach Norden hin bis zu einer Bahntrasse erstreckt.

- Beim Tauschgrundstück Gst2 handelt es sich um eine unmittelbar südlich der X-Straße gelegene, als "Mischgebiet" gewidmete Liegenschaft, die gewerblich genutzt wird und woran das Gst3 direkt im Osten anschließt.

- Aufgrund fortlaufender Erwerbe ab 2003 (Tausch, Kauf, Einbringungen seitens der GemeindeD) befinden sich derzeit folgende, unmittelbar nebeneinander und südlich angrenzende Liegenschaften im Eigentum der Bf:
Gst3, Gst2, Gst4, Gst5, Gst6 und Gst7 GB-M im gesamten Flächenausmaß von nahezu 25.000 m². Hinzu kommen die unmittelbar westlich an das Gst7 angrenzenden Gst8, Gst9 und Gst10 GB-M mit der Fläche von zusammen 3.319 m², die im Eigentum der GemeindeD stehen.

3. Durch Einsichtnahme in den BFG-Beschwerdeakt RV/3100376/2016:

Dem dortigen Verfahren war an Sachverhalt der Erwerb eines Baurechtes an einem im Einzugsbereich des genannten Gewerbegebietes, gelegen zwischen X-Straße und nördlicher Bahntrasse, befindlichen Grundstück im Ausmaß von 4.606 m² mit Vertrag von September 2014 zugrunde gelegen. In Streit gezogen war der "gemeine Wert" der Liegenschaft, wozu ein Verkehrswertgutachten eines gerichtlich beeideten und zertifizierten Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung vorgelegt worden war. Demnach hatte der Gutachter – unter Dokumentation ua. der Lage des Objektes, der infrastrukturellen Erschließung sowie der Flächenwidmung ("Gewerbegebiet") – in Anwendung des Vergleichswertverfahrens anhand einer Übersicht von Liegenschaftsverkäufen im Gewerbegebiet M (Zeitraum 2010 – 2016) den Verkehrswert der Liegenschaft zum Stichtag mit € 369 pro m² festgestellt.
Im Hinblick auf dieses sach- und fachgerecht erstellte, sohin als schlüssig zu qualifizierende Gutachten hatte das BFG im abschließenden Erkenntnis vom diesen Wertansatz als gemeinen Wert anerkannt und zur Grunderwerbsteuerbemessung herangezogen.

4. Als eines der "Vergleichsgrundstücke" war in dem genannten Gutachten der Verkauf eines bestimmten Gst in der GB-M mit Vertrag vom März 2012, vereinbarter Kaufpreis € 363/m², angeführt.
Zufolge tiris-Lageplan liegt dieses Gst im betr. Gewerbegebiet nördlich der X-Straße und in relativer Nähe (westlich) zu beiden gegenständlichen Tauschgrundstücken (Gst2, Gst1).

5. Durch Einsichtnahme in den Immobilienpreisspiegel der Kammer der Immobilientreuhänder für 2013:
Darin werden die m²-Durchschnittspreise für "Grundstücke Betrieb" im Bundesland XX mit € 178,88 bzw. in der GemeindeD mit € 380,63 und für "Baugrundstücke" mit € 324,15 bzw. € 674,03 ausgewiesen. Dabei handelt es sich allerdings um einen pauschalen Preis-Durchschnitt, völlig unabhängig zB von Größe und Lage.

6.Mit Vorhaltschreiben vom 21.6., 25.7. und hat das BFG nach Darstellung der Rechtslage der Bf das vorläufige Ermittlungsergebnis zur Kenntnis gebracht und um Stellungnahme ersucht.

7. Im Antwortschreiben vom wird zunächst dem zugestimmt, dass beim Tausch zwecks Steuerbemessung der Wert des hingegebenen Grundstückes maßgebend ist.
Zugleich sei der Umstand zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien Wertadäquanz vereinbart hätten. Ausgehend von dem wertgleich festgelegten Verkehrswert der Tauschobjekte von € 1.116.047 betrage daher der Wert je m² des von der Bf hingegebenen Grundstückes (= 4.257 m²) € 262,17 und jener des vom Tauschpartner hingegebenen Grundstückes (= 3.041 m²) € 367.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde zurückgezogen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1.) Gesetzliche Bestimmungen:

Im Beschwerdefall gelten die Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG), BGBl 1987/309 idF des Bundesgesetzes BGBl I 2013/1 (anzuwenden auf alle bis verwirklichten Erwerbsvorgänge).

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte (zB Tauschverträge), die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 idgF. ist die Steuer (grundsätzlich) vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach § 4 Abs. 3 GrEStG 1987 idgF. ist bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteils zu berechnen.

Gegenleistung bei einem Tausch ist gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 idgF. die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung.

Gemäß § 10 Abs. 2 Bewertungsgesetz (BewG), BGBl. 1955/148 idgF., wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

2.) Geltende Rechtslage und Judikatur:

a) Beim Grundstückstausch, also bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil einen Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet, ist die Steuer sowohl vom Wert der Leistung des einen, als auch vom Wert der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen (§ 4 Abs. 3 GrEStG); es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Die "Tauschleistung des anderen Vertragsteiles" besteht dabei in dem vom Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebenen (vertauschten) Grundstück, das als Gegenleistung mit dem Verkehrswert zu bewerten ist (vgl. u.v.a.).

Die Grunderwerbsteuer ist demnach beim Grundstückstausch vom gemeinen Wert (§ 10 BewG) des für das erworbene Grundstück hingegebenen Tauschgrundstückes (zuzüglich einer allfälligen Tauschaufgabe/Zuzahlung) zu bemessen (vgl. u.v.a.).

b) Der gemeine Wert wird gem. § 10 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei dessen Veräußerung zu erzielen wäre. Alle, aber nur die gewöhnlichen Umstände, die den Preis beeinflussen, sind bei der Bestimmung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen. Der gemeine Wert muss ein "gewogener Durchschnittspreis" und darf kein Höchstpreis sein.

Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse - zB persönliche Notlage, persönliche Vorliebe oder besondere, mit den gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbare Verwertungsmöglichkeiten - sind gem. § 10 Abs. 2 Satz 3 BewG nicht zu berücksichtigen. Hatte der Erwerber ein besonderes Interesse an dem vom Vertragspartner hingegebenen Liegenschaftsteil, so handelte es sich dabei um bei der Bewertung nicht zu berücksichtigende subjektive Aspekte, die bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nach § 10 BewG keine Bedeutung haben ().

Beim gemeinen Wert handelt es sich um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, und zwar ausgehend von einem objektiven Maßstab (vgl. u.v.a.). Der gemeine Wert ist eine objektive Größe (vgl. u.a.).

Die brauchbarste Methode für die Feststellung des gemeinen Wertes eines Grundstückes wird der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe zum Feststellungszeitpunkt erfolgten Kaufgeschäften sein (zB ). Er kann durch verschiedene Beweismittel, zB Kaufpreis bei nicht lange (ca. ein Jahr) zurückliegendem Ankauf oder Kaufpreis von vergleichbaren Liegenschaften oder Immobilienpreisspiegel glaubhaft gemacht oder mit einem Schätzungsgutachten nachgewiesen werden.
(vgl. zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz 16 ff. zu § 4, Rz. 25 ff. und 109 zu § 5 GrEStG).

Da bei der Bewertung von Tauschleistungen die Grundstücke mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind, sind Parteienbewertungen für die Besteuerung grundsätzlich ohne Belang (siehe in: Arnold/Bodis, Kommentar Grunderwerbsteuer, Band I, Rzn. 171 – 173 zu § 5 GrEStG).

3.) Erwägungen:

Das Finanzamt hat infolge der zugemittelten Kontrollmitteilung – wie eingewendet – allein auf einen (1) Erwerbsvorgang, nämlich den käuflichen Erwerb des Nachbargrundstückes Gst3 GB-M im Jahr 2013 durch die Bf abgestellt und den dort vereinbarten Kaufpreis von € 565/m² als "gemeinen Wert" der Besteuerung zugrunde gelegt.

Abgesehen davon, dass es sich hiebei um einen zeitnahen Verkauf gehandelt hat, ist anhand näherer Überprüfung durch das BFG (siehe eingangs) hervorgekommen, dass sowohl das Gst3 wie auch die gegenständlich von der Bf erworbene Tauschliegenschaft Gst2 GB-M in unmittelbarem Verband bzw. unmittelbar angrenzend zu mehreren, der Bf sowie der GemeindeD (= die Bf beherrschende Gesellschafterin) gehörigen Liegenschaften gelegen sind. Aufgrund dieses feststehenden Sachverhaltes kann nach Ansicht des BFG davon ausgegangen werden, dass mit Erwerb dieser Liegenschaften sozusagen die Erweiterung bzw. ein "Lückenschluss" (Gst2) ganz offenkundig zwecks Schaffung einer insgesamt weitläufig zusammenhängenden Grundfläche (gesamt letztlich rund 28.000 m²) – zu welchem Zweck auch immer (allenfalls zukünftige umfassend mögliche Bebauung etc. im Rahmen des Geschäftszweckes der Bf) erfolgen sollte.

Anhand dieser Umstände erscheint dem BFG im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch durchaus nachvollziehbar, dass die Bf entgegen der damaligen gutachterlichen Feststellung (siehe die "Kurzfassung-rechnerische Ermittlung von Verkehrswerten" des C vom ), wonach der Verkehrswert der Liegenschaft Gst3 GB-M mit € 487.837 ausgewiesen wurde, dennoch laut Kaufvertrag vom bereit war, den wesentlich höheren Kaufpreis von € 790.435 zu bezahlen.
Des Weiteren erscheint daraus auch erklärbar, dass die Bf für den Erwerb des Gst2 im Ausmaß von 3.041 m² das wesentlich größere Tauschgrundstück Gst1 im Ausmaß von 4.257 m² an den Tauschpartner ohne jede Aufzahlung hinzugeben bereit gewesen ist und dieses insofern als "wertgleich" erachtet hat.

Dem Beschwerdevorbringen, dem vom Finanzamt zum Vergleich herangezogenen Erwerb des Gst3 (Kaufpreis € 565/m²) lägen sohin besondere und höchstpersönliche Umstände zugrunde, da hiedurch die Bebauung mehrerer Grundstücke ermöglicht werden sollte, kommt insofern Berechtigung zu. Aufgrund obiger Umstände ist darauf zu schließen, dass die Bf ein ganz besonderes Interesse am Erwerb des Gst3 wie auch des Gst2 GB-M hatte. Nach oben dargelegter VwGH- und BFG-Judikatur handelt es sich allerdings bei einem "besonderen Interesse" am Erwerb bzw. beim Merkmal der "besonderen Vorliebe" oder bei Vorliegen von "gewöhnlichen Verhältnissen nicht vergleichbaren Verwertungsmöglichkeiten" um solche ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse, die geeignet sind, den marktüblichen Preis zu beeinflussen, sodass diesen rein subjektiven Aspekten bei der Ermittlung des gemeinen Wertes iSd § 10 BewG grundsätzlich keine Relevanz zukommt. Der gemeine Wert ist unabhängig davon vielmehr als eine gewogener und objektiver Durchschnittspreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre, zu bestimmen.

Wie aus den weiteren Erhebungen des BFG hervorkommt, handelt es sich bei den Tauschliegenschaften um im Gewerbegebiet bzw. im "Mischgebiet" gelegene und gewerblich genutzte Grundstücke. Deren gemeiner Wert ist ausgehend von einem objektiven Maßstab mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln, wozu als brauchbarste Methode der Vergleich mit tatsächlich in zeitlicher Nähe erfolgten Kaufgeschäften/ Erwerbsvorgängen zu vergleichbaren Liegenschaften herangezogen werden kann. Zum Beweis dienen etwa auch Immobilienpreisspiegel oder Schätzgutachten.

Festzuhalten ist zunächst, dass nach dem vorliegenden Immobilienpreisspiegel der Kammer der Immobilientreuhänder für das Jahr 2013 der m²-Durchschnittspreis für "Grundstücke Betrieb" in der GemeindeD mit € 380, 63 ausgewiesen wird, wobei es sich allerdings um einen Pauschalwert ohne Berücksichtigung konkret von Größe und Lage der Grundstücke handelt.

Daneben liegt dem BFG – wie eingangs dargestellt - in Zusammenhalt mit einem Erwerbsvorgang im September 2014 (Beschwerdeverfahren RV/3100376/2016) zu einem in dem betreffenden Gewerbegebiet gelegenen gewerblichen Grundstück mit einer Fläche von 4.606 m² bereits ein schlüssiges und daher anzuerkennendes Verkehrswert-Gutachten eines Immobiliensachverständigen vor. In Anwendung des Vergleichswertverfahrens wurden darin vom Gutachter mehrere Kaufgeschäfte im Zeitraum 2010 – 2016 zu vergleichbaren Grundstücken (ua. Verkauf eines Gst in der GB-M mit zeitlich nahem Vertrag von März 2012, Kaufpreis € 363/m²) im Detail aufgelistet mit dem Ergebnis, dass der Verkehrswert/gemeine Wert auf den maßgebenden Stichtag € 369 pro m² betrage.

Im Hinblick darauf, dass es sich bei gegenständlichen Tauschliegenschaften um sowohl nach der Lage wie auch nach Größe und Art durchaus vergleichbare Grundstücke handelt, sieht sich das BFG veranlasst, sich bei seiner Schätzung des gemeinen Wertes an diesem gutachterlichen Wertmaßstab zu orientieren. Unter Bedachtnahme auf den ein Jahr zuvor im September 2013 abgeschlossenen Tauschvertrag kann daher dem Beschwerdevorbringen, der objektivierte gemeine Wert habe tatsächlich € 367 pro m² betragen, nicht entgegen getreten werden, diesbezüglich der Beschwerde Folge zu geben ist.

Zugleich ist nicht zu übersehen, dass die Steuerbemessung bislang fälschlich ausgehend von dem von der Bf erworbenen Gst2 GB-M mit der Grundstücksfläche von 3.041 m² erfolgte. Die "Tauschleistung" besteht allerdings in dem vom Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebenen (vertauschten) Grundstück, das als Gegenleistung mit dem Verkehrswert zu bewerten ist. Beim Grundstückstausch ist daher die Grunderwerbsteuer nicht – wie bisher – vom erworbenen, sondern vielmehr vom gemeinen Wert des für das erworbene Grundstück hingegebenen Tauschgrundstückes, di. das Gst1 GB-A mit einer Fläche von 4.257 m², zu bemessen.

Wenn in diesem Zusammenhalt zuletzt vorgebracht wird, es sei die vereinbarte "Wertadäquanz" zu beachten, woraus sich in Form einer Rückrechnung von dem von den Parteien insgesamt festgelegten Verkehrswert von € 1.116.047 hinsichtlich des von der Bf hingegebenen Grundstückes (4.257 m²) der gemeine Wert mit lediglich € 262,17/m² ergebe, so kann dem nicht beigepflichtet werden. Wie oben dargelegt, handelt es sich beim gemeinen Wert um eine fiktive Größe, die mit Hilfe einer Preisschätzung zu ermitteln ist, dh. ausgehend von einem objektiven Maßstab und unabhängig von subjektiven Parteienbewertungen. Dieser objektive Wert errechnet sich nach oben angewandter Bewertungsmethode mit € 367 pro m². Es kann nicht angehen, dass anhand einer subjektiv gewählten Bemessungsmethode - nämlich wie hier der Rückrechnung ausgehend vom gemeinen Wert für das flächenmäßig geringere Grundstück auf gegenständlich hingegebenes größeres Gst - dieser objektive Wertmaßstab eine Veränderung erfährt. Des Weiteren ist nicht zu übersehen bzw. davon auszugehen, dass - wie bereits ausgeführt - die Bf allein wegen ihres besonderen persönlichen Interesses am Erwerb des Gst2 zur Hingabe des wesentlich größeren Tauschgrundstückes an den Vertragspartner ohne jede Aufzahlung bereit war, insoferne sie dieses wohl als "wertgleich" erachtete.

4.) Ergebnis:

Unter Beachtung der hier spezifisch vorliegenden subjektiven Umstände ist auf Grundlage des obbezeichneten Sachverständigengutachtens von einem gemeinen Wert der Tauschliegenschaft von € 367 pro m² auszugehen. Gleichzeitig gilt zu bedenken, dass als Bemessungsgrundlage die Tauschleistung der Bf der Grunderwerbsteuer zu unterwerfen ist, dh. der gemeine Wert des von der Bf hingegebenen Grundstückes. Hieraus errechnet sich die festzusetzende Grunderwerbsteuer wie folgt:

Tauschleistung hingegebenes Gst1 GB-A:
Fläche 4.257 m² x € 367/m² =           € 1.562.319
davon Grunderwerbsteuer 3,5 % =   € 54.681,17

In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage war daher der Beschwerde insgesamt teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der in Streit stehenden Frage nach der Höhe des Verkehrswertes/gemeinen Wertes der im Tauschweg übergebenen Liegenschaft handelt es sich um eine im Rahmen der Beweiswürdigung zu klärende Sachverhaltsfrage, nicht jedoch um eine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung", sodass eine Revision nicht zulässig ist.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at