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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2019, RV/7105224/2016

1. Familienbeihilfe bei „Doppelresidenz“ 2. Unrichtiges Antragsdatum im Abweisungsbescheid

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 4090/2019 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.


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Rechtssätze
Folgerechtssätze
RV/7105224/2016-RS1
wie RV/7100659/2018-RS3
Da der Gesetzgeber von einem Vorrang der Haushaltszugehörigkeit gegenüber der Unterhaltskostentragung ausgeht, ist im Fall einer "Doppelresidenz" monatsbezogen zu prüfen, wessen Haushalt das Kind jeweils überwiegend angehört hat. Der für einen Monat nur einfach gebührende Beihilfenanspruch steht daher, wenn das Kind im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten gehört hat, in Anwendung des Überwiegensprinzips demjenigen zu, der für den längeren Zeitraum den Haushalt geführt hat oder nach § 2a FLAG 1967 als Haushaltsführender vermutet wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate September und Oktober 2015 sowie über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe vom , zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Dieser Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Streitzeitraum September und Oktober 2015 für seine außereheliche Tochter T (geboren am ) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Die Tochter lebt - wie im Folgenden näher dargestellt - abwechselnd beim Bf. und bei der Kindesmutter, von der sich der Bf. im Jahr 2004 getrennt hat.

Anlässlich der Überprüfung des Anspruchs auf Familienbeihilfe im Oktober 2015 wurde der Bf. vom Finanzamt aufgefordert, eine detaillierte Aufstellung über die Aufenthalte der Tochter in seinem Haushalt und im Haushalt der Kindesmutter ab vorzulegen.

Der Bf. teilte dem Finanzamt mit Schreiben vom mit, dass die gemeinsame Tochter jeweils 50 % der Zeit bei jedem Elternteil verbringt. Genau genommen betreue er die Tochter allerdings zu mehr als 50 %, da er sie seit Jahren früher von der Schule (zuvor: vom Kindergarten) abhole. Freitags hole er sie grundsätzlich nach Schulschluss (aktuell: 13:40 Uhr) ab, während sie von der Kindesmutter erst gegen 17:00 Uhr abgeholt werde. Dies gelte auch für die Wochentage Mittwoch und Donnerstag, an denen die Tochter grundsätzlich bei ihm sei und vergleichsweise länger als bei ihrer Mutter (am Montag, Dienstag und Freitag) betreut werde.

Die Zeitaufteilung sei folgende:

Mutter: grundsätzlich Montag 9:00 Uhr bis Mittwoch 9:00 Uhr

Vater: grundsätzlich Mittwoch 9:00 Uhr bis Freitag 9:00 Uhr.

Die Wochenenden verbringe die Tochter abwechselnd bei den Elternteilen. Im Juli werde sie grundsätzlich von ihrer Mutter betreut, im August grundsätzlich von ihm. Die Weihnachtsferien seien geteilt (eine Woche da, eine Woche dort). Bei den Oster- und Semesterferien werde jährlich abgewechselt, ebenso bei den Feiertagen.

Die Kosten für die Tochter würden grundsätzlich von beiden Elternteilen getragen. Mit der Obsorge seien laut Gerichtsbeschluss beide Elternteile betraut.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Vorlage einer detaillierten Auflistung jener Tage (seit August 2015), an denen die Tochter tatsächlich in seinem Haushalt gelebt hat.

Mit Antwortschreiben vom legte der Beschwerdeführer dem Finanzamt Kalenderblätter für die Monate August, September, Oktober und November 2015, auf welchen die von der Tochter bei ihm verbrachten Tage eingetragen waren, vor.

Nach den vom Bf. für die Monate September und Oktober 2015 vorgelegten Kalenderblättern hat die Tochter im September 13 Tage und im Oktober 15 Tage im Haushalt des Bf. gelebt.

Nach einer (auf Aufforderung durch das Finanzamt) von der Kindesmutter vorgelegten Aufstellung hat sich die Tochter im September 2015 an 18 Tagen bei ihr, an 11 Tagen beim Kindesvater und an 1 Tag bei einer Freundin aufgehalten. Im Oktober 2015 hat sich die Tochter an 16 Tagen bei ihr, an 12 Tagen beim Kindesvater und an 3 Tagen jeweils bei einer Freundin aufgehalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt vom Bf. die von ihm für seine Tochter für die Monate September und Oktober 2015 bezogene Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 489,20 € (Familienbeihilfe: 372,40 €, Kinderabsetzbeträge: 116,80 €) gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 iVm § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück. Dies mit folgender Begründung:

"Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen (Aufenthaltsauflistungen, Aufenthaltsvereinbarung, Gerichtsbeschluss) lag in den obigen Monaten der überwiegende Aufenthalt und damit die Haushaltszugehörigkeit bei der Kindesmutter (vgl. , )."

Der Bf. erhob gegen den Rückforderungsbescheid mit Schriftsatz vom (eingebracht am ) Beschwerde, in welcher er insbesondere Folgendes ausführte:

Die Betreuung der Tochter erfolge durch jeden Elternteil zu je 50 %. Dies werde auch im aktuellen Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals bestätigt. Eine überwiegende Betreuung der Tochter gebe es über das Jahr gerechnet nicht. Hier verweise er auf das bisherige Vorbringen. Faktisch sei es so, dass die Tochter von ihm geringfügig mehr betreut werde, weil er im Gegensatz zur Kindesmutter die Tochter gleich nach Unterrichtsende von der Schule abhole.

Außer in den Ferienwochen (Juli, August, Dezember, Jänner, Semesterferien, Osterferien), in welchen sich manchmal alternierende Betreuungsüberhänge für einen Elternteil ergeben, nivelliere sich die Betreuung der Tochter über das Jahr gerechnet auf jeweils 50 %.

Ein allenfalls sich monatlich ergebender Betreuungsüberhang zugunsten eines Elternteiles könne - kalenderbedingt - bestenfalls wenige Stunden pro Monat betragen. Die Auszahlung der gesamten Familienbeihilfe in solchen Monaten zugunsten des geringfügig mehr betreuenden Elternteiles sei ungerechtfertigt, unverhältnismäßig und stehe im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz. Dies schon deswegen, weil sich dieser "Mehrbetreuungsaufwand" unter einem Prozent bewege, sich trotzdem aber Betreuungskosten von über 49 % für den in diesem Monat nicht bezugsberechtigten Elternteil ergeben (abgesehen von den Ferienmonaten, in denen die Betreuung geblockt sei).

Die nunmehr bescheidmäßig erteilte Rückforderung müsse schon deswegen abgelehnt werden, weil die betreffenden Beträge von ihm gutgläubig für die Tochter ausgegeben worden seien.

Im letzten Absatz des Beschwerdeschriftsatzes vom führte der Bf. Folgendes aus:

Er betreue die Tochter seit 2005 in seinem Haushalt getrennt von der Kindesmutter. Seit damals zu 50 %. Dennoch habe die Kindesmutter immer die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag zur Gänze allein bezogen. Dies zu Unrecht. Denn die Betreuungszeiten seien jedenfalls 50:50 gewesen. Durch den faktischen Betreuungsüberhang (außer jeweils Juli bzw. jedes zweite Jahr während der Osterferien bzw. alternierend während der Semesterferien) ergebe sich ein faktischer Betreuungsüberhang zu seinen Gunsten im Verhältnis von 10 Monaten zu 2 Monaten. Er beantrage hiermit auch die nachträgliche Auszahlung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages rückwirkend bis Anfang 2005 für jeweils 10 Monate im Jahr, mindestens jedoch für jeweils 6 Monate im Jahr.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Vorlage einer Kopie des Beschlusses des Bezirksgerichtes Hernals sowie um Bekanntgabe, ob und wann dieser Beschluss rechtskräftig wurde. Das Finanzamt wies weiters darauf hin, dass nach den in den vom Bf. vorgelegten Kalenderblättern angegebenen Betreuungszeiten für September und Oktober 2015 ein Betreuungsverhältnis zugunsten der Kindesmutter (17 Tage zu 13 Tage im September und 16 Tage zu 15 Tage im Oktober) vorgelegen sei. Gemäß der ständigen Rechtsprechung habe die Kindesmutter aufgrund der überwiegenden Betreuung Anspruch auf die Familienbeihilfe für diese Monate. Der Bf. werde ersucht, dazu Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom übermittelte der Bf. dem Finanzamt die verlangte Kopie des (damals noch nicht rechtskräftigen) Beschlusses des Bezirksgerichtes Hernals. Eine Stellungnahme zu den Ausführungen des Finanzamtes betreffend das sich aus den vorgelegten Kalenderblättern ergebende Betreuungsverhältnis zugunsten der Kindesmutter erfolgte nicht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung ist nach Darstellung der Rechtslage Folgendes ausgeführt:

"Gemäß den von Ihnen und von der Kindesmutter vorgelegten Aufzeichnungen der kalendermäßigen Betreuungstage im Rückforderungszeitraum sowie der in der Betreuungsvereinbarung vom festgelegten Zeitregelung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von folgendem Betreuungsverhältnis auszugehen:

September: 17 Tage Kindesmutter (1.-8., 14.-15., 18.-22., 28.-29.), 13 Tage Kindesvater (9.-13., 16.-17., 23.-27., 30.)

Oktober: 16 Tage Kindesmutter (2.-6., 12.-13., 16.-20., 26.-27., 30.-31.), 15 Tage Kindesvater (1., 7.-11., 14.-15., 21.-25., 28.-29.)

Der Wechsel erfolgte laut Ihren Angaben jeweils um 9 Uhr.

Da somit im Rückforderungszeitraum September bis Oktober 2015 eine überwiegende Haushaltszugehörigkeit bei der Kindesmutter vorlag, muss Ihre Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden."

Der Bf. brachte gegen die Beschwerdevorentscheidung eine - als Vorlageantrag zu wertende - Beschwerde ein, in welcher er seine bisherigen Ausführungen wie folgt ergänzte:

Laut aktuellem Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen (42 R 137/16g) sei nunmehr die gemeinsame Obsorge und die Doppelresidenz rechtskräftig. Darin hieße es:

"Der Rekurswerberin ist entgegenzuhalten, dass das sogenannte Doppelresidenzmodell im vorliegenden Fall dem eigenen Vorbringen folgend bereits über 10 Jahre lang - und zwar im Hinblick darauf, dass die Minderjährige selbst damit sehr zufrieden ist, offenbar durchaus erfolgreich - gelebt wird. Die Änderung der Gesetzeslage bietet nun ohne Zweifel eine ausreichende Grundlage dafür, auch den Vater, der die Minderjährige bereits seit vielen Jahren abwechselnd mit der Mutter betreut und pflegt, mit der Obsorge zu betrauen."

Aus diesen Ausführungen (wie schon aus dem bisher Vorgebrachten) gehe unmissverständlich hervor, dass die Tochter gleichteilig von beiden Elternteilen betreut werde. Nach ständiger Rechtsprechung stünde jenem Elternteil die Familienbeihilfe zu, der für die überwiegenden Unterhaltskosten aufkommt. Nachdem beide Elternteile aber den fast exakt gleichen Betreuungsaufwand - und Unterhaltskosten - tragen, sei die Familienbeihilfe auch jeweils zu 50 % auf die Eltern aufzuteilen. Im Übrigen seien die in der Beschwerdevorentscheidung dargestellten tatsächlichen Betreuungsverhältnisse nicht nachvollziehbar. Dies deswegen, weil eine Darlegung der Angaben der Kindesmutter fehle und das Gericht zweifelsfrei festgestellt habe, dass die Betreuungsleistung zu gleichen Teilen (50 % zu 50 %) erfolge.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt einen "Antrag vom auf Familienbeihilfe" für den Zeitraum ab März 2011 mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 10 Abs. 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gebührt für einen Monat Familienbeihilfe nur einmal.

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Laut den Angaben der im Obsorgeverfahren beteiligten Gerichte lag seit zumindest 2009 eine Betreuung des Kindes im Verhältnis 50:50 vor. Weiters wurde festgestellt, dass die der Kindesmutter vor dem rechtlich alleine zukommende Betreuung seit nun rechtlich in eine (fiktive) hauptsächliche Betreuung des Kindes durch die Kindesmutter übergegangen ist.

Da die alleinige bzw. hauptsächliche Betreuung durch die Kindesmutter für den gesamten Antragszeitraum festgelegt wurde und auf Grund der vorliegenden Unterlagen kein überwiegender tatsächlicher Aufenthalt nachgewiesen werden konnte, muss Ihr Antrag auf Familienbeihilfe für die Zeiträume März 2011 bis Juli 2015, November bis Dezember 2015, Februar 2016, April bis Mai 2016 und ab Juli 2016 abgewiesen werden.

Die Zeiträume August bis Oktober 2015 sowie Jänner, März und Juni 2016 sind abzuweisen, da Ihnen die zuerkannte Familienbeihilfe bereits ausbezahlt wurde (betreffend September und Oktober 2015 besteht ein offenes Rechtsmittelverfahren)."

Der Bf. erhob gegen den Abweisungsbescheid vom Beschwerde, in welcher er die ersatzlose Aufhebung dieses Bescheides und die Auszahlung der Familienbeihilfe an ihn (zumindest in Höhe von 50 %) für die Zeiträume März 2011 bis Juli 2015, November bis Dezember 2015, Februar 2016, April bis Mai 2016 und Juli 2016 beantragte.

Ein Antrag vom ist nicht aktenkundig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung findet sich im vorletzten Absatz der Hinweis, dass im Abweisungsbescheid irrtümlich der als Antragsdatum angegeben wurde. Die Antragstellung sei am erfolgt.

Der Bf. stellte gegen die Beschwerdevorentscheidung einen Vorlageantrag.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

1.) Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate September und Oktober 2015

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gemäß § 7 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe für ein Kind nur einer Person gewährt.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 10 Abs. 4 FLAG 1967 gebührt für einen Monat Familienbeihilfe nur einmal.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Wie sich aus § 2 Abs. 2 FLAG 1967 ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit an.

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 FLAG 1967 näher umschrieben. So kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an (vgl. ; ; ).

Eine derartige einheitliche Wirtschaftsführung im Rahmen einer Wohngemeinschaft bestand im Beschwerdezeitraum sowohl beim Vater als auch bei der Mutter.

Das FLAG 1967 geht davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (vgl. ). Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu zwei Haushalten in einem Monat hat der Gesetzgeber im FLAG 1967 nicht vorgesehen.

So wird gemäß § 7 FLAG 1967 für ein Kind Familienbeihilfe nur einer Person gewährt, auch gibt es unter dem Gesichtspunkt "Haushaltszugehörigkeit" keine Regelungen über eine Reihung von potenziell anspruchsberechtigten Personen, etwa nach der Dauer oder dem Grad der Intensität einer solchen Zugehörigkeit (vgl. ; ).

Die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) sind monatsbezogene Leistungen. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches kann je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ; ).

Da der Gesetzgeber von einem Vorrang der Haushaltszugehörigkeit gegenüber der Unterhaltskostentragung ausgeht, ist im Fall einer "Doppelresidenz" monatsbezogen zu prüfen, wessen Haushalt das Kind jeweils überwiegend angehört hat. Der für einen Monat nur einfach gebührende Beihilfenanspruch steht daher, wenn das Kind im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten gehört hat, in Anwendung des Überwiegensprinzips demjenigen zu, der für den längeren Zeitraum den Haushalt geführt hat (vgl. ).

Im vorliegenden Fall wurden auf Aufforderung durch das Finanzamt von beiden Elternteilen Aufzeichnungen, an welchen Tagen die Tochter bei ihnen gewohnt hat, vorgelegt.

Für den Streitzeitraum (September und Oktober 2015) hat sich sowohl aus den Aufzeichnungen der Kindesmutter als auch aus den Aufzeichnungen des Bf. selbst ein Betreuungsverhältnis zugunsten der Kindesmutter ergeben.

Das Finanzamt ist dementsprechend zu Recht davon ausgegangen, dass die Tochter in den Monaten September und Oktober 2015 überwiegend dem Haushalt der Kindesmutter angehörte und somit die Kindesmutter Anspruch auf Familienbeihilfe für diese Monate hat.

Wie bereits oben ausgeführt, sind die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag monatsbezogene Leistungen. Entgegen den Beschwerdeausführungen ist für den Anspruch auf diese Leistungen nicht maßgebend, ob die Betreuung der Tochter über das Jahr gerechnet durch jeden Elternteil zu je 50 % erfolgt.

Nach der Rechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage, mit welcher Person ein Kind die Wohnung teilt, ganz wesentlich davon ab, in wessen Wohnung das Kind regelmäßig nächtigt (vgl. ). Nach den vom Bf. vorgelegten Aufzeichnungen hat die Tochter im September 2015 14-mal (am 1., 9.-13., 16.-17., 23.-27. und 30.) und im Oktober 2015 15-mal (am 1., 7.-11., 14.-15., 21.-25. und 28.-29.) und somit nicht überwiegend in seiner Wohnung genächtigt. Dem vom Bf. angeführten Umstand, dass er die Tochter früher als die Kindesmutter von der Schule abhole, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.

Zu den Beschwerdeausführungen, die gegenständliche Regelung stehe im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen darf (VfSlg 14.268/1995, 17.816/2006). Der Gleichheitssatz verbietet pauschalierende Regelungen dann nicht, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen (VfSlg 9624/1983, 13.726/1994, 19.633/2012). Eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes (VfSlg 17.931/2006, 19.196/2010), eine einfache und leichte Handhabbarkeit einer Regelung (VfSlg 12.670/1991) können Regelungen sachlich rechtfertigen.

Dass der Gesetzgeber keine Aliquotierung bei der Auszahlung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag vorsieht (z.B. Auszahlung an jeden Elternteil zu 50 %), erscheint aus verwaltungsökonomischen Gründen sachgerecht.

Der vom Bf. in der Beschwerde angeführte Umstand, dass er die betreffenden Beträge gutgläubig für die Tochter ausgegeben hat, steht der Rückforderung nicht entgegen. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. z.B. ).

Die Rückforderung der vom Bf. für die Monate September und Oktober 2015 bezogenen Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge ist somit zu Recht erfolgt.

2.) Abweisung eines Antrags auf Familienbeihilfe

Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe (abgesehen vom Fall des § 10a FLAG 1967 anlässlich der Geburt eines Kindes) nur auf Antrag gewährt.

Der angefochtene Bescheid vom spricht mit der Abweisung eines "Antrags vom " auf Familienbeihilfe über ein Anbringen ab, das überhaupt nicht gestellt wurde.

Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch eines Bescheides kommt es darauf an, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Abgabenbehörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand ().

Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen (). Gleiches gilt für nachträgliche Erläuterungen durch die Bescheid erlassende Behörde (vgl. ).

Da der Bf. am keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, durfte die belangte Behörde einen derartigen Antrag auch nicht abweisen.

Es kann angehen, wenn anstelle des im Anbringen angeführten Datums das Datum des Einbringens eines schriftlichen Anbringens oder das Datum des Einlangens dieses Anbringens als Datum einer Eingabe angeführt wird, wenn damit das Anbringen ohne Zweifel zu identifizieren ist.

Das richtige Datum eines Anbringens sowie dessen Einlangens oder dessen Postaufgabe ist nicht nur für die Identifizierbarkeit des Anbringens, sondern auch für die Berechnung von Fristenläufen maßgebend: Das Datum des Einlangens eines Anbringens ist gemäß § 284 BAO für den Lauf der sechsmonatigen Erledigungsfrist, das Datum des Einbringens eines Anbringens (Postaufgabe, persönliche Abgabe,...) gemäß § 110 BAO für den Lauf von Rechtsmittelfristen maßgebend.

Es ist daher fehlerhaft, ein Anbringen mit einem gänzlich anderen Datum zu bezeichnen.

Die richtige Bezeichnung von Anbringen (§ 85 BAO) und Bescheiden (§§ 92 - 96 BAO) ist gerade im Familienbeihilfenverfahren von Bedeutung (vgl. das auf Grund einer Amtsbeschwerde ergangene Erkenntnis ). Es ist keineswegs völlig unüblich, dass von Beihilfewerbern hintereinander an verschiedenen Tagen Anbringen mit unterschiedlichem Inhalt gestellt werden.

Wie ausgeführt, ist gemäß § 10 FLAG 1967 die Familienbeihilfe nur über Antrag zu gewähren. Dem Antragsdatum kommt daher, anders als etwa bei von Amts wegen einzuleitenden Verfahren wie einem Verfahren zur Rückforderung von Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG 1967, im Verfahren betreffend Zuerkennung von Familienbeihilfe wesentliche Bedeutung zu.

Als Sache des Beschwerdeverfahrens, somit als Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ist jene Angelegenheit anzusehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. für viele etwa , oder ).

Anders als etwa bei mangelhaften Eingaben, die auch vom Bundesfinanzgericht gemäß § 269 Abs. 1 BAO iVm § 85 Abs. 2 BAO einem Mängelbehebungsverfahren unterzogen werden können, oder bei einer Entscheidung "in der Sache" durch Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheides gemäß § 279 Abs. 1 BAO ist es dem Bundesfinanzgericht im Bescheidbeschwerdeverfahren verwehrt, durch Änderung des Antragsdatums, auf das sich ein antragsbedürftiger Bescheid in seinem Spruch bezieht, den Prozessgegenstand auszutauschen (vgl. ; uva.).

Spricht ein antragsbedürftiger Bescheid über einen Antrag vom Tag X ab, ist Sache des Bescheidbeschwerdeverfahrens ein Antrag vom Tag X und nicht ein solcher vom Tag Y. Hat die Behörde mit ihrem Bescheid ein nicht gestelltes Anbringen vom Tag X vermeintlich erledigt, ist der diesbezügliche Bescheid ersatzlos aufzuheben. Ein allfällig am Tag Y gestelltes Anbringen wurde mit einem Bescheid, der über einen Antrag vom Tag X abspricht, hingegen nicht erledigt (vgl. ; uva.).

Der Abweisungsbescheid vom betreffend einen nicht gestellten Antrag vom betreffend Familienbeihilfe für den Bf. ist daher rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG); er ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts gemäß § 279 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufzuheben (vgl. ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da das Bundesfinanzgericht der dargestellten Rechtsprechung folgt.

Wien, am

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