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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.09.2019, RV/6100164/2018

Anspruchsvoraussetzungen für Familienbeihilfe im ersten Studienjahr

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache Bf, Adresse1, vertreten von Vertreter, Adresse2, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Stadt vom , betreffend Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum April bis September 2016 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Zufolge der "Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe" beim Sohn A der Beschwerdeführerin, geboren am X, wurde dem Finanzamt eine Studienbestätigung der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) vorgelegt, wonach der Sohn im Wintersemester 2015/2016 als ordentlicher Studierender des Studiums Humanmedizin angemeldet und erfolgreich Lehrveranstaltungen absolviert hatte. Mit wurde der Sohn, laut Auskunft der PMU abgemeldet. Des Weiteren wurde der Einberufungsbefehl des Militärkommandos an den Sohn beigebracht, wonach dieser ab
den 6-monatigen Grundwehrdienst abzuleisten hat.

Das Finanzamt hat daraufhin von der Bf mit Bescheid vom , für den Zeitraum April 2016 bis September 2016 zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge, diese im Betrag von gesamt € 1.405,20 zurückgefordert und unter Verweis auf § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) begründend ausgeführt:
„Da Ihr Sohn vom bis nicht als ordentlicher Hörer eingeschrieben war, bestand für diesen Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.“

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde eingewendet, dass der Sohn im Zeitraum vom bis als ordentlicher Studierender des Studiums Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg gemeldet war.

Das Finanzamt forderte in der Folge die Beschwerdeführerin, unter dem Hinweis, dass für eine Ausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG die Anmeldung zum Studium alleine nicht ausreichend sei, auf, Unterlagen zum Nachweis eines von Ihrem Sohn im Sommersemester 2016 tatsächlich betriebenen Studiums, wie Bestätigungen über die Teilnahme Ihres Sohnes an Übungen, Seminaren, Vorlesungen etc.; sowie Mitschriften zu diesen Lehrveranstaltungen und dazu abgelegte bzw. verfasste schriftliche Arbeiten vorzulegen.

Mit Eingabe vom teilte die Beschwerdeführerin Folgendes mit:
Wie Sie in Ihrem Bescheid auch festhalten, sieht § 2 Abs 1 lit b FLAG vor, dass die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt. Die Inskriptionsbestätigungen als Nachweis dazu liegen Ihnen für das Winter- und das Sommersemester 2015/16, als erstes Studienjahr, von der PMU und der Universität Salzburg vor.

Ein Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht ua dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Zum Beleg dazu lege ich Ihnen einen Studienerfolgsnachweis im Umfang von 16 ECTS bei.

Bitte berücksichtigen Sie, dass mein Sohn ab Oktober 2016 den Heeresdienst angetreten hat und diesen bis zum Beginn des Studiums in Würzburg im Oktober 2017 verlängerte.“

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung begründete das Finanzamt damit:
„Bei Absolvierung einer Berufsausbildung besteht Familienbeihilfenanspruch nur dann, wenn die Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben wird. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Prüfungen die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den Prüfungsterminen innerhalb eines angemessenen Zeitraums antritt.

Nach Rechtsansicht des VwGH liegt eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nur dann vor, wenn neben dem laufenden Besuch der Einrichtung auch das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg deutlich erkennbar zum Ausdruck kommt (z.B. ). Maßgebend ist auch, dass zu den erforderlichen Prüfungen angetreten wird. Dies gilt für alle Berufsausbildungen iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG.

Eine Einschreibung zum Studium alleine ist für eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht ausreichend.“

Daraufhin beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Ergänzend wurde ausgeführt:
Der Beschwerdevorentscheidung ist nicht Folge zu geben, da Familienbeihilfe nicht am Ende eines Studiums rückwirkend zuzuerkennen ist, sondern nach der Bestimmung des § 10 FLAG für den einzelnen Monat bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für diesen jeweiligen Monat (VwGH 2010/16/0084 vom ).

Dazu legt der VwGH in seiner Entscheidung VwGH Ro 2015/16/0033 vom fest, dass Familienbeihilfe zwar monatlich gewährt wird und die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Kalendermonat vorliegen müssen, doch sei es im Hinblick auf die in den Materialien zum Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 erwähnte akademische Freiheit, ein Studium und den Studienfortgang völlig frei zu bestimmen (Hinweis 465 BlgNR. 18. GP, 6 ff), nicht erforderlich, über den pauschalierten Erfolgsnachweis hinaus, der eben im ersten Studienjahr ex-ante nicht erbracht werden kann, detaillierte Nachweise zu erbringen, ob und wie in einem bestimmten Monat studiert wird (siehe auch VwGH 2010/16/0084 vom ).

§ 2 Abs 1 lit b FLAG legt ausdrücklich fest, dass die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt (in diesem Sinn auch Hebenstreit in: Lenneis/Anke/Csaszar (Hrsg): FLAG-Kommentar [2011], § 2 Rz 57f). Somit lässt das FLAG selbst grundsätzlich einmal offen, ob die Erbringung eines Erfolgsnachweises über das erste Studienjahr erforderlich ist (VwGH Ra 2017/16/0036 vom ).

Zieht man zu einer Gesetzesinterpretation die Regierungsvorlage zur Änderung des § 2 Abs 1 lit b FLAG durch das Bundesgesetz BGBl 311/1992 heran, mit welcher die von der Rechtsprechung geforderte zusätzliche Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe („nur dann anzunehmen, wenn") umgesetzt wurde, ist festzustellen, dass als Kriterien für ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium lediglich Studiennachweise genannt werden, die allerdings eine expost- Betrachtung zur Folge hätten. Der nachfolgend beschlossene Gesetzestext legte jedoch den bisherigen Studienerfolg als (zusätzliche) Voraussetzung für den Anspruch ab dem zweiten und den folgenden Studienjahren fest. Für das erste Studienjahr ist ausdrücklich determiniert: „Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr." Erst diese Klarstellung ermöglicht eine durchgehende ex-ante-Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen. Die Forderung eines Studienerfolgsnachweises für das erste Studienjahr stünde einer solchen diametral entgegen. Der Gesetzgeber hat damit dem Rechtsunterworfenen die Möglichkeit einer jederzeitigen, klaren ex-ante-Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben (VwGH Ro 2015/16/0033 vom ). Eine andere Auslegung würde zu einer Rechtsunsicherheit führen und stünde dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip entgegen.

In einer ex-ante-Betrachtung liegen daher seit Beginn des Studiums der Humanwissenschaften im August 2016 alle Voraussetzungen für den Bezug einer Familienbeihilfe für meinen Sohn vor.

Unbeschadet der Voraussetzungen für das erste Jahr besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG der Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe ab jedem weiteren Studienjahr nur dann, wenn für das vorhergehende Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird, womit für jedes Studienjahr ein quantitativ genau definierter Studienerfolg zu erbringen ist (VwGH Ra 2017/16/0036 vom ).

Zum Zeitpunkt des Studienwechsels meines Sohnes, welcher aus gesundheitlichen Gründen und in der Folge mangels Erfolgs im Studium erforderlich wurde, wurde meinerseits eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen vorgenommen, da Tatsachen, die ein Erlöschen des Anspruchs auf Beihilfe bewirken können, umgehend dem Finanzamt zu melden sind. Dazu lagen mir folgende Anhaltspunkte vor: Für das erste Studienjahr war die Aufnahme als ordentlicher Hörer erforderlich, was sowohl für das Studium der Humanmedizin als auch für das Studium der Rechtswissenschaften meines Sohnes objektiv und ex-ante gegeben war. Der quantitativ genau definierte Studienerfolg von 16 ECTS-Punkten für einen Anspruch ab dem zweiten Jahr war durch den Studienerfolgsnachweis der PMU in vollem Umfang bereits gegeben. Somit lagen bereits zu diesem Zeitpunkt in dieser Hinsicht alle Anspruchsvoraussetzungen in einer ex-ante-Prüfung für das zweite Studienjahr vor.

Ein zu einem ungünstigen Studienerfolg führender Wechsel des Studiums war nicht gegeben. Denn ein solcher wäre nach § 17 StudFG nur dann anzunehmen, wenn das Studium öfter als zwei Mal gewechselt (§ 17 Abs 1 Z 1 StudFG) oder das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester geändert wurde (§ 17 Abs 1 Z 2 StudFG). Das Studium wurde jedoch nicht öfter als zwei Mal gewechselt und der Wechsel wurde jeweils bereits nach dem ersten inskribierten Semester vorgenommen. Überdies wäre kein günstiger Studienerfolg bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium gegeben, sofern aus dem vorhergehenden Studium kein günstiger Studienerfolg nachgewiesen wurde (§ 17 Abs 1 Z 3 StudFG). Ein solcher Nachweis aus dem vorhergehenden Studium liegt im Falle meines Sohnes vor. Objektiv und in einer ex-ante-Betrachtung sind somit alle Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe gegeben.

Durch den Wechsel zum Studium der Rechtswissenschaften wurde meinem Sohn kein Aufschub für den Heeresdienst mehr gewährt und wurde er daher am zum Bundesheer eingezogen. Dieser Umstand, der den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen zur Folge hatte, wurde dem Finanzamt umgehend zur Kenntnis gebracht.

Abschließend ist festzustellen, dass aus den genannten Gründen und da mein Sohn auch vom bis als ordentlicher Hörer eingeschrieben war, auch für diesen Zeitraum ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestand. Der Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge ist daher aufzuheben.“

Am brachte der rechtliche Vertreter der Beschwerdeführerin beim Bundesfinanzgericht eine Vorlageerinnerung ein.

Sachverhalt

Der Sohn der Beschwerdeführerin absolvierte von Oktober 2015 bis März 2016 (letzte Prüfung am ) das Studium der Humanmedizin. Von bis war er als ordentlicher Hörer für das Studium Rechtswissenschaften gemeldet. Am begann der Sohn seinen Grundwehrdienst.

Für den Zeitraum 4/2016 bis 9/2016 wurde die Familienbeihilfe für den Sohn zurückgefordert, da die Anmeldung zum Studium alleine nicht ausreichend für den Anspruch auf Familienbeihilfe ist. Nachweise über den regelmäßigen Besuch von für dieses Studium vorgesehen Lehrveranstaltungen durch den Sohn (wie z.B. Bestätigungen über die Teilnahme an Übungen, Proseminaren, Seminaren, Vorlesungen etc.; Mitschriften zu diesen Lehrveranstaltungen, dazu abgelegte bzw. verfasste schriftliche Arbeiten) wurden von der Beschwerdeführerin trotz zweimaliger Aufforderung nicht vorgelegt.    

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 in der im Streitzeitraum geltenden Fassung haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studien­förderungs­gesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten […]. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studien­förderungs­gesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchs­voraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorher­gehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studien­förderungs­gesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen […].

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familien­lasten­ausgleichs­gesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familien­lasten­ausgleichs­gesetzes 1967 anzuwenden.

§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 normiert im ersten Satz den Anspruch auf Familienbeihilfe für Personen, deren volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für einen Beruf ausgebildet werden. Der 2. und die weiteren Sätze der genannten Gesetzesbestimmung enthalten sodann besondere Ausführungen zum Besuch einer in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtung.

Der Familienbeihilfenanspruch für volljährige Kinder hat nach dieser Gesetzesbestimmung somit zur Voraussetzung, dass das volljährige Kind in Berufsausbildung steht. Wie bereits das Finanzamt ausgeführt hat, liegt eine Berufsausbildung vor, wenn der Studierende sich nach außen erkennbar ernstlich und zielstrebig um den Studienfortgang und den Studienabschluss bemüht. Ein derartiges Bemühen manifestiert sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur im laufenden Besuch der angebotenen Lehrveranstaltungen, sondern und insbesondere auch dadurch, dass die Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, abgelegt werden ( ) bzw. zu diesen zumindest angetreten wird ( ). Alleine der laufende Besuch von Lehrveranstaltungen reicht somit nicht aus, um eine Berufsausbildung annehmen zu können ( ). Das Ablegen von Prüfungen, die in einem Hochschulstudium nach der jeweiligen Studienordnung vorgesehen sind, stellt einen essentiellen Bestandteil des Studiums und somit der Berufsausbildung selbst dar ( ).

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass der erste Satz des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 in jenen Fällen, in welchen das Kind eine in § 3 StudFG 1992 genannte Einrichtung besucht, keine Bedeutung haben soll und will das Bestehen eines Anspruches auf Familienbeihilfe ausschließlich davon abhängig machen, dass das Kind zu einem Studium zugelassen worden ist. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

Bereits der zweite Satz des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967, wonach bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl Nr 305, genannte Einrichtung besuchen, eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen ist, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten, weist klar in die Richtung, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich das Kind, auch wenn es ein Studium an einer Universität beginnt, tatsächlich in Berufsausbildung befinden muss, um einen Beihilfenanspruch zu vermitteln. Dieser zweite Satz wird in der Beschwerde völlig außer Acht gelassen und konzentriert sich die Argumentation der Beschwerdeführerin - aus dem Regelungszusammenhang gerissen - auf eine einzelne Gesetzespassage, die im Text des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 erst viel später enthalten ist. 

Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung, auf den Zusammenhang mit anderen Normen sowie die Absicht des Gesetzgebers abzustellen. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des VwGH nur zulässig, wenn feststeht, dass der Gesetzgeber etwas Anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit eindeutiger Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (vgl.  Zl.  2008/15/0300 ).
Bereits der erste Satz der Erläuterungen zur Regierungsvorlage (465 der Beilagen XVIII. GP), mit welcher die in Rede stehenden Bestimmungen durch das BGBl 311/1992 eingefügt wurden, bringt klar zum Ausdruck, dass für volljährige, nicht behinderte Kinder die Familienbeihilfe grundsätzlich nur gewährt wird, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden.

In der Folge wird sodann auf die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Rechtslage und Judikatur Bezug genommen und festgehalten, dass es bei Studierenden notwendig ist, bestimmte Kriterien über den Studienfortgang als Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe in das Gesetz aufzunehmen. Letztlich ist den Erläuternden Bemerkungen noch zu entnehmen, dass mit der Novellierung beabsichtigt war, eine Verankerung des Studienfortganges als Anspruchsvoraussetzung vorzunehmen. Dies, weil bei einem z.B. Universitätsstudium die Studierenden im Rahmen der akademischen Freiheit ihr Studium und den Studienfortgang frei bestimmen und diese Freiheit in Bezug auf die Familienbeihilfe eine gewisse Einschränkung erfahren sollte.

Zusammengefasst war es somit der Wille des Gesetzgebers durch die neu aufgenommenen Passagen Mindesterfordernisse für z.B. Universitätsstudien ins Gesetz aufzunehmen, die nur bei einem gewissen Studienfortgang einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Ausnahmeregelung des § 2 Abs 1 lit h FLAG 1967, behinderte Kinder ausdrücklich von der Erfüllung der strengen Anforderungen hinsichtlich des Studienerfolges in § 2 Abs 1 lit b zweiter bis letzter Satz FLAG 1967 ausgenommen hat, wodurch der Gesetzgeber den erschwerten Ausbildungs- bzw. Studienbedingungen für behinderte Kinder Rechnung getragen hat (vgl. ErlRV zu BGBl Nr 201/1996, 72 BlgNR 20. GP 295). Er hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass bei der Beantwortung der Frage nach dem Vorliegen einer Berufsausbildung eines behinderten Kindes jedenfalls ein Maßstab anzulegen ist, der sich zwar an der Beurteilung dieses Umstandes nach dem Grundtatbestand des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 - wie in der Rechtsprechung dargestellt - zu orientieren hat, darüber hinaus aber auch die für behinderte Kinder mit einem Studium verbundenen Schwierigkeiten zu berücksichtigen sind.

Wenn in den Erläuternden Bemerkungen - wie oben ausgeführt - das Wort "grundsätzlich" verwendet wird, hat dies seinen Ursprung in der Tatsache, dass der Gesetzgeber auch Anspruchsgründe geschaffen hat, in welchen der Beihilfenanspruch auch dann gegeben ist, wenn keine Berufsausbildung vorliegt, diese aber aus berücksichtigungswürdigen Gründen eben nicht möglich ist.

Es kann dem Gesetzgeber vernünftiger Weise nicht - auch nicht im Interpretationswege - unterstellt werden, dass es mit der beabsichtigten Verschärfung der Anspruchsvoraussetzungen im Zusammenhang mit einer Berufsausbildung an z.B. einer Universität gewollt war, Familienbeihilfe auch für Kinder auszuzahlen, die mit Ausnahme des Formalaktes der Anmeldung an einer Universität keinerlei studentische Aktivitäten entfalten und somit überhaupt nicht (mehr) in Berufsausbildung stehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des ) und auch sonst keine berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen.

Die Beschwerdeführerin wurde vom Finanzamt am aufgefordert Nachweise über den regelmäßigen Besuch von für dieses Studium vorgesehen Lehrveranstaltungen durch den Sohn (wie z.B. Bestätigungen über die Teilnahme an Übungen, Proseminaren, Seminaren, Vorlesungen etc.; Mitschriften zu diesen Lehrveranstaltungen, dazu abgelegte bzw. verfasste schriftliche Arbeiten) vorzulegen. I n der Beschwerdevorentscheidung vom wurde nochmals darauf hingewiesen, dass die Einschreibung zum Studium alleine nicht für die Gewährung der Familienbeihilfe ausreichend ist. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach Einbringung eines Vorlageantrages der Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich der darin enthaltenen Sachverhaltselemente Vorhaltscharakter zukommt.

Die Bf. ist diesen Fakten im Vorlageantrag nicht entgegengetreten; dies ist der Nichtbeantwortung des Vorhaltes gleichzusetzen. Die Fakten können somit als richtig angenommen werden (vgl. ). Aus diesem Grund hat es das Bundesfinanzgericht auch unterlassen, zum wiederholten Male dieselben Fragen an die Beschwerdeführerin zu stellen. Aufgrund der vorliegenden Sachverhalte war eine Entscheidung auch ohne neuerliche Ermittlungen möglich und zulässig.

Bei einer Berufsausbildung im Rahmen eines Studiums, dh. bei Besuch einer in § 3 StudFG 1992 genannten Einrichtung, sind die Anspruchsvoraussetzungen nur dann erfüllt, wenn die im zweiten bis letzten Satz des § 2 Abs. 1 lit b FLAG näher festgelegten Voraussetzungen vorliegen. Nach dieser Bestimmung gelten die im Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für die Gewährung der Familienbeihilfe. Anspruch auf Familienbeihilfe liegt demnach nur vor, wenn nach § 16 StudFG 1992 ein günstiger Studienerfolg vorliegt.
Ein günstiger Studienerfolg liegt vor, wenn der Studierende
1. sein Studium zielstrebig betreibt
2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet
3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen vorlegt (§§ 20 bis 25 StudFG).

Als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt grundsätzlich die Aufnahme als ordentlicher Hörer. Nach der Judikatur des unabhängigen Finanzsenates und des Bundes­finanzgerichtes genügt allerdings das Vorlegen von Studienbestätigungen (Bestätigungen der Meldung als ordentlicher Studierender) als reiner Formalakt nicht, um im ersten Studienjahr von einer Berufsausbildung ausgehen zu können. Das Ablegen von Prüfungen und der Besuch von Lehrveranstaltungen sind essenzielle Bestandteile, um eine Berufsausbildung als Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe anzuerkennen (vgl. z.B. -G/03 ; ; ).

Wird im ersten Studienjahr über die Aufnahme als ordentlicher Hörer hinaus keine Aktivität in Richtung eines Studiums gesetzt, liegt keine Berufsausbildung vor (vgl.  ).

Die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 sind somit im gegenständlichen Fall mangels Nachweis des tatsächlichen Studierens nicht gegeben. Die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge wurden somit vom Finanzamt zu Recht zurückgefordert.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes folgt.

Salzburg-Aigen, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise
VwGH, Ro 2015/16/0033
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100164.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at