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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.09.2019, RV/1100514/2016

Großes Pendlerpauschale - Wegstrecke?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Kofler in der Beschwerdesache des Bf., Gde X, G-Straße-xx, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Y, GDe Y, S-Straße-yy, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2014 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.

Im Hinblick auf die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die (gemäß § 293 BAO mit Bescheid vom berichtigte) Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) bezog im Beschwerdejahr als Grenzgänger nach der Schweiz (KR bei der Fa. XY AG, CH-Ge Z, E-Straße-zz) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Mit seiner am elektronisch bei der Abgabenbehörde eingelangten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2014 samt Belege beantragte er ua. unter dem Titel "Pendlerpauschale" einen jährlichen Pauschbetrag in Höhe von 696,00 € [= jährlicher Pauschbetrag (sog. kleines Pendlerpauschale) für eine einfache Fahrtstrecke von mindestens 20 km bis 40 km] als Werbungskosten. Außerdem beantragte er die Gewährung eines Pendlereuros in Höhe von jährlich 26,00 €.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer für das Jahr 2014 veranlagt; dabei ließ es unter Verweis auf die Beschwerdevorentscheidung für das Jahr 2013 das geltend gemachte Pendlerpauschale sowie den beantragten Pendlereuro unberücksichtigt.

In der am elektronisch eingelangten Beschwerde begehrte der Bf. wiederum die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales iHv 696,00 € als Werbungskosten sowie eines Pendlereuros (Absetzbetrag) iHv 41,00 € geltend. Begründend gab er dazu an, dass er im Schichtbetrieb arbeite.

In weiterer Folge gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und änderte den angefochtenen Bescheid vom mit Einkommensteuerbescheid 2014 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom (berichtigt gem. § 293 BAO mit Bescheid vom ) insofern ab, als es nunmehr ein Pendlerpauschale iHv 372,00 € [= jährlicher Pauschbetrag (sog. großes Pendlerpauschale) für eine einfache Fahrtstrecke von mindestens 2 km bis 20 km] als Werbungskosten und einen Pendlereuro (Absetzbetrag) iHv 30,00 € in Ansatz brachte. Dazu führte die Abgabenbehörde im Wesentlichen begründend aus, dass der Bf. im Antwortschreiben vom betreffend Einkommensteuer 2013 angegeben habe, dass es ihm aufgrund der Schichtarbeit und der schlechten Verbindungen im öffentlichen Verkehr nicht möglich sei, die Wegzeit vom Wohnort zum Arbeitsort innerhalb zumutbarer Grenzen zurückzulegen. Die Abgabenbehörde gehe daher davon aus, dass das sog. große Pendlerpauschale für die vorliegende Wegstrecke grundsätzlich zustehe. Bei Unzumutbarkeit der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels sei die schnellste Straßenverbindung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte heranzuziehen (Verweis auf Pendlerverordnung). Im vorliegenden Fall betrage die einfache Wegstrecke bei Abfrage der schnellsten Straßenverbindung aufgerundet 15 km.

In der Folge beantragte der Bf. mit Anbringen (FinanzOnline) vom (bei der Abgabenbehörde am eingelangt), die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen; dazu führte er aus, dass die Wegstrecke knapp 20 km betrage. Da er im Schichtbetrieb arbeite, ersuche er um Berücksichtigung eines Pendlerpauschales iHv 1.476,00 € [= jährlicher Pauschbetrag (sog. großes Pendlerpauschale) für eine einfache Fahrtstrecke von mehr als 20 km bis 40 km].

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt schließlich - wie dem Bf. mitgeteilt wurde - die in Rede stehende Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei gab die Abgabenbehörde noch an, dass die einfache Wegstrecke Wohnort - Arbeitsort unter Berücksichtigung der schnellsten Straßenverbindung lt. Routenplanabfrage aufgerundet 15 km betrage.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Unstrittig gehen die Parteien des finanzgerichtlichen Verfahrens im konkreten Fall davon aus, dass für den Bf. die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht möglich bzw. nicht zumutbar war und er daher Kosten des Individualverkehrs im Wege der Pauschbeträge nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 geltend machen konnte.

Uneinigkeit besteht im konkreten Fall darüber, ob - wie das Finanzamt glaubt - die sog. große Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke bei mindestens 2 km bis 20 km oder - wie der Bf. meint - die sog. große Pendlerpauschale für eine einfache Wegstrecke bei mehr als 20 km bis 40 km als Werbungskosten zu berücksichtigen ist. Im Konkreten bestand damit allein Streit über die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Z 6 dieser Gesetzesstelle (idF BGBl. I Nr. 53/2013) zählen zu den Werbungskosten die Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Intention des Gesetzgebers des EStG 1988 war es, durch Neuregelung der Absetzbarkeit von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den bis dahin steuerlich begünstigten, aus umweltpolitischer Sicht aber unerwünschten Individualverkehr einzudämmen und die Bevölkerung zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen (, 0003). Vor diesem Hintergrund wurde § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 geschaffen und ist diese Bestimmung daher so zu verstehen und auszulegen.

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. a EStG 1988 sind die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht.

Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 stehen grundsätzlich nur dann zu, wenn

- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (sog. kleines Pendlerpauschale) oder

- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens zwei Ki­lometer beträgt (sog. großes Pendlerpauschale).

Bei Anspruch auf das Pendlerpauschale steht nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 auch ein Pendlereuro zu.

In zeitlicher Hinsicht müssen die entsprechenden Verhältnisse im Lohnzahlungszeitraum grundsätzlich überwiegend (dh. an mehr als der Hälfte der Arbeitstage im Lohnzahlungszeitraum) gegeben sein. An dieser Stelle wird auch auf die Aliquotierungsregelung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e EStG 1988 verwiesen.

Beträgt die einfache Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann sind die in § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c iVm § 124b Z 182 EStG 1988 genannten (vollen; dh. ab 11 Fahrten im Kalendermonat) Pauschbeträge zu berücksichtigen. Danach beträgt das sog. kleine Pendlerpauschale:


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Entfernung
PAUSCHBETRÄGE
jährlich
monatlich
täglich
bei mindestens 20 km bis 40 km
696,00 €
58,00 €
1,93 €
bei mehr als 40 km bis 60 km
1.356,00 €
113,00 €
3,77 €
bei mehr als 60 km
2.016,00 €
168,00 €
5,60 €

Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, dann werden gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d iVm § 124b Z 242 EStG 1988 an Stelle der (vollen) Pauschbeträge nach lit. c leg. cit. folgende Pauschbeträge (sog. großes Pendlerpauschale) berücksichtigt:


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Entfernung
PAUSCHBETRÄGE
jährlich
monatlich
täglich
bei mindestens 2 km bis 20 km
372,00 €
31,00 €
1,03 €
bei mehr als 20 km bis 40 km
1.476,00 €
123,00 €
4,10 €
bei mehr als 40 km bis 60 km
2.568,00 €
214,00 €
7,13 €
bei mehr als 60 km
3.672,00 €
306,00 €
10,20 €

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. j EStG 1988 wird der Bundesminister für Finanzen (BMF) ermächtigt, Kriterien zur Festsetzung der Entfernung und der Zumutbarkeit der Benützung eines Massenverkehrsmittels mit Verordnung festzulegen.


Nach § 3 Abs. 1 der grundsätzlich ab der Veranlagung 2014 bzw. ab (sofern sich durch die Anwendung der Pendlerverordnung für den Abgabepflichtigen steuerliche Nachteile ergeben, gilt die Verordnung erst ab ) geltenden (geänderten) Pendlerverordnung (BGBl. II Nr. 276/2013 idF BGBl. II Nr. 154/2014) ist für Verhältnisse innerhalb Österreichs für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. zwischen Arbeitsstätte und Wohnung und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar oder unzumutbar ist, der vom BMF im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden; das Ergebnis ist daher grundsätzlich verpflichtend heranzuziehen. Gemäß § 3 Abs. 5 der Verordnung ist das Ergebnis des Pendlerrechners dann (ausnahmsweise) nicht heranzuziehen, wenn nachgewiesen wird, dass bei der Berechnung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. der Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnung oder bei der Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist, unrichtige Verhältnisse berücksichtigt werden.

Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar (§ 2 Abs. 1 der VO), bemisst sich die Entfernung nach den Straßenkilometern der schnellsten Straßenverbindung. Beträgt die Gesamtstrecke zumindest zwei Kilometer, sind angefangene Kilometer auf volle Kilometer aufzurunden. Bei der Ermittlung von Straßenkilometern sind generell nur abstrakte durchschnittliche Verhältnisse zu berücksichtigen, die auf einer typisierenden Betrachtung beruhen (insbesondere Durchschnittsgeschwindigkeit). Konkrete Verhältnisse (insbesondere Staus oder privat veranlasste Umwege) sind nicht zu berücksichtigen (vgl. § 1 Abs. 9 und 10 der VO; siehe dazu zB auch Jakom/Lenneis EStG, 2019, § 16 Rz 28; Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG20, § 16 Tz 119 ).

Im Falle der (im konkreten Fall unstrittig vorliegenden) Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels (großes Pendlerpauschale) ist bei Bemessung der Entfernung bzw. der Wegstrecke - wie von der Abgabenbehörde richtig ausgeführt wurde - sohin die schnellsteStraßenverbindung heranzuziehen. Die Berechnung der Entfernung erfolgt nach den oben angeführten Kriterien der Pendlerverordnung, unabhängig davon, welche Strecke der Arbeitnehmer tatsächlich benutzt (vgl. ).

Unter Zuhilfenahme von gängigen Routenplanern (maps.google.de: 19 min, 12,4 km; reiseplanung.de: 24 min, 12,6 km; viamichelin.at: 16 min, 14,1 km; falk.de: 19 min, 14,71 km; oeamtc.at: 23 min, 14,7 km) war im Beschwerdefall unter Heranziehen der schnellsten Verkehrsverbindung von einer einfachen Wegstrecke zwischen der Wohnung des Bf. (Gde X, G-Straße-xx) und seiner Arbeitsstätte (CH-Ge Z, E-Straße-zz) von zweifelsohne unter 20 km auszugehen.

Angesichts dieser Ausführungen war daher der Vorgehensweise des Finanzamtes in der (gemäß § 293 BAO berichtigten) Beschwerdevorentscheidung, nämlich der

Berücksichtigung des sog. großen Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 für eine einfache Wegstrecke von mindestens 2 km bis 20 km iHv 372,00 € als Werbungskosten und eines Pendlereuros (Absetzbetrag) iHv 30,00 € zuzustimmen und war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - dem hier in Rede stehenden Beschwerdebegehren im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge zu geben.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz bzw. in der anzuwendenden Verordnung eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2019:RV.1100514.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at